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Beurteilungsfehler vermeiden: Arten, Beispiele & Effekte

Ob im Job oder im Alltag: Wir werden ständig Opfer von dem ein oder anderen Beurteilungsfehler. Wir glauben, Personen oder Situationen rational, objektiv und genau beurteilen zu können, sind aber in Wahrheit sehr schlecht darin. Tatsächlich sehen wir die Dinge nicht, wie sie sind, sondern werden von zahlreichen psychologischen Effekten beeinflusst. Wir zeigen 10 Beispiele für häufige Beurteilungsfehler und geben Tipps, wie Sie diese vermeiden…



Beurteilungsfehler vermeiden: Arten, Beispiele & Effekte

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Definition: Was sind Beurteilungsfehler?

Beurteilungsfehler sind psychologische Effekte, durch die wir andere Personen, Sachverhalte, Situationen oder auch Objekte falsch beurteilen und von denen wir uns in unserem Urteil unbewusst beeinflussen lassen. Unsere Wertungen sind alles andere als objektiv oder rational. Emotionen, Werte, unsere Weltanschauung, die eigene Persönlichkeit und zahlreichen psychologische Verzerrungen bestimmen, wie wir Menschen wahrnehmen.

Neben den persönlichen Faktoren entstehen Beurteilungsfehler vor allem durch die Art, wie das Gehirn Informationen möglichst schnell verarbeitet. Aus unzähligen Reizen, Wahrnehmungen und äußeren Einflüssen muss es in Millisekunden ein Urteil fällen. Das funktioniert über Denkmuster, Schubladendenken und Priorisierung. Die Vereinfachung ist notwendig, macht aber anfällig für unterschiedliche Formen von Beurteilungsfehlern.

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Beispiele: 10 häufige Beurteilungsfehler

Es gibt eine Vielzahl von Effekten, die Ihre Wertung beeinflussen und ein objektives Urteil trüben können. Wir stellen Ihnen 10 häufige Beurteilungsfehler vor und erklären, wie sich diese auf Ihre Wahrnehmung auswirken.

1. Halo-Effekt

Der Halo-Effekt ist eine Urteilsstörung aufgrund einer einzelnen Eigenschaft, diese alles andere überstrahlt. (im Englischen halo = Heligenschein). Anhang dieser einen markanten Charaktereigenschaft oder Verhaltensweise eines Menschen schließen wir auf seine gesamtes Wesen. Unser vollständiges Urteil basiert letztlich nur auf einer auffälligen Besonderheit. Das kann gutes Aussehen, tolle Manieren, großer Charme oder beeindruckende Eloquenz sein.

2. Horn-Effekt

Als Gegenteil zum Halo-Effekt funktioniert der Horn-Effekt auf gleiche Art und Weise – aber im Negativen. Aus einer einzelnen negativen Eigenschaft entsteht ein komplett schlechter Eindruck über eine Person. Ein Tippfehler im Bewerbungsschreiben kann guten Inhalt völlig zunichte machen. Es bleibt das Urteil: Wer so einen Fehler macht, muss inkompetent oder zumindest total schlampig sein. Wird ein Aspekt so extrem schlecht aufgefasst, unterstellen wir demjenigen auch andere negative Charakterzüge.

3. Primacy-Effekt

Gemäß dem Primacy-Effekt (deutsch als Primäreffekt bezeichnet) erinnern wir uns an Informationen, die wir zuerst erhalten, besonders gut und lassen diese stärker in Unser Urteil einfließen. Das gilt insbesondere bei neuen Kontakten, die man vorher noch nie getroffen hat. Der erste Eindruck ist prägend und hält auch gegensätzlichen Informationen stand, die später hinzukommen.

4. Recency-Effekt

Erstaunlicherweise gibt es auch hier das genaue Gegenteil: Der Recency-effekt (deutsch: Rezenz-Effekt) besagt, dass Eindrücke, die wir zuletzt gewonnen haben, im Kurzzeitgedächtnis noch so präsent sind, dass sie die größten Auswirkungen haben. Fanden Sie einen Film über lange Strecken eher langweilig, das Ende war aber der absolute Hammer, bleibt der positive Eindruck. Das Phänomen wird auch als Nikolaus-Effekt bezeichnet. Grund: Für die Beurteilung, ob ein Kind lieb oder böse war, zählen hauptsächlich die letzten Tage oder Wochen vor dem Nikolaustag. Die restlichen 11 Monate bleiben meist unberücksichtigt.

5. Similar-to-me-Effekt

Der Similar-to-me-Effekt ist ein bekannter psychologischer Beurteilungsfehler. Das Prinzip: Ist uns eine Person ähnlich, erkennen wir eigene Eigenschaften in anderen oder können wir uns gut mit demjenigen identifizieren, empfinden wir automatisch größere Sympathie und bewerten positiver. Wir mögen Menschen, die wie wir selbst sind (Englisch: similar to = ähnlich wie). Andersherum verspüren wir intuitiv Abneigung und fällen ein schlechtes Urteil, wenn jemand das völlige Gegenteil von uns selbst ist.

6. Better-than-Average-Effekt

Beurteilungsfehler verzerren nicht nur das Urteil über andere Personen – auch bei uns selbst liegen wir oft weit daneben. Fast alle Menschen bewerten sich selbst deutlich über dem Durchschnitt – der sogenannte Better-than-Average Effekt. Wir halten uns für schlauer, netter, besser als die Mehrheit. Typisches Beispiel: Autofahrer meckern ständig über den Fahrstil anderer, jeder hält sich selbst für einen besonders guten Fahrer.

7. Hierarchie-Effekt

Wer es auf der Karriereleiter weit nach oben geschafft hat, muss eine hervorragende Führungskraft sein – ein echter Erfolgstyp mit guten Leistungen, Durchsetzungskraft, Motivation, Fachwissen und Kompetenz sowieso. Laut Hierarchie-Effekt gehen wir davon aus, dass Menschen in höheren Positionen besonders gut sind und über viele positive Eigenschaften verfügen. Ein Beurteilungsfehler – denn nur aus der Hierarchiestufe lassen sich solche Erkenntnisse nicht ableiten.

8. Lorbeer-Effekt

Vergangene Erfolge werden als essenzieller Grad für die aktuelle und zukünftige Leistung genutzt. Wer zum Beispiel im letzten Jahr der beste im Team war, wird für das laufende Jahr erneut als Leistungsträger wahrgenommen. Das gilt selbst dann, wenn momentan gar keine herausragenden Leistungen gezeigt werden. Die Lorbeeren der Vergangenheit haften weiter an und führen zur Unterstellung weiterer Erfolge.

9. Klebeeffekt

Im Job ist der Klebeeffekt ein gefährlicher Beurteilungsfehler für Mitarbeiter. Wer lange in derselben Position arbeitet und nicht befördert wird, hat zunehmend schlechtere Aufstiegschancen. Das Urteil („Er oder sie hat sich nicht genug weiterentwickelt und bekommt keine Beförderung“) bleibt an Betroffenen kleben. Es wird an der vorherigen Beurteilung festgehalten – umso stärker, je länger der Zustand andauert.

10. Andorra-Effekt

Welche Auswirkungen Beurteilungsfehler haben können, zeigt der Andorra-Effekt (benannt nach dem gleichnamigen Drama von Max Frisch). Urteile, die wir über andere Menschen treffen, können zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Betroffene passen sich zunehmend an die Bewertung anderer Menschen an, bis sie den Erwartungen und dem Urteil schließlich entsprechen. Sie ändern das Verhalten, zeigen die Ihnen zugeschriebenen Merkmale und werden zu der Person, die andere in ihnen gesehen haben – obwohl es ihnen eigentlich nicht entspricht.

Persönlichkeit des Beurteilers beeinflusst Ergebnisse

Diese Beurteilungsfehler sind allzu menschlich und passieren jedem. Trotzdem können die Bewertungen mehrerer Beurteiler völlig unterschiedlich ausfallen. In unser Urteil über andere fließen immer auch die eigenen Meinungen, Werte und Vorurteile ein. Teilweise wird sogar bewusst und absichtlich schlecht beurteilt, um dem anderen zu schaden.

Ebenso beeinflusst die Persönlichkeit das Urteil. Manche Menschen gestehen anderen größere Freiheiten zu und haben geringere Erwartungen an ihr Umfeld. Das führt zu insgesamt besseren Urteilen, weil es leichter ist, diesen Erwartungen zu entsprechen oder sie zu übertreffen. Andere sind sehr streng und strikt. Sie stellen höchste Ansprüche an sich und andere. Wer diesen nicht gerecht werden kann, wird als schlecht, unfähig oder unfreundlich eingestuft.


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Beurteilungsfehler vermeiden: 6 Tipps

Bei all diesen Beurteilungsfehlern stellt sich die Frage: Sind Sie diesen schutzlos ausgeliefert und müssen sich damit abfinden, dass Ihr Urteilsvermögen davon beeinträchtigt wird? Oder können Sie sich schützen? Einfach ist es nicht, da die zugrundeliegenden Denkmuster und psychologischen Effekte tief verankert sind. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, mit denen Sie Beurteilungsfehler vermeiden können. Diese 6 Tipps helfen:

  • Beurteilungsfehler kennen
    Den ersten Schritt haben Sie bereits getan: Sie müssen typische Beurteilungsfehler kennen und verstehen, dass Sie diesen zum Opfer fallen. Schon dieses Wissen hilft Ihnen dabei, kritischer zu denken und im besten Fall bessere und weniger vorschnelle Bewertungen abzugeben.
  • Eigene Muster feststellen
    Jeder achtet und reagiert auf unterschiedliche Aspekte besonders stark. Lernen Sie diese Muster bei sich selbst zu erkennen, um nicht unbemerkt Beurteilungsfehler zu machen. Neigen Sie dazu, Frauen für besonders sympathisch zu halten? Werten Sie Männer meist als kompetenter? Wenn Sie Ihre Muster verstehen, können Sie diese durchbrechen und objektiver urteilen.
  • Urteile hinterfragen
    Nachdem Sie sich eine Meinung zu einer Person oder einer Situation gemacht haben – hinterfragen Sie diese noch einmal kritisch. Haben Sie wirklich alle Beobachtungen fair berücksichtigt? Waren Sie möglicherweise voreingenommen?
  • Kriterien bestimmen
    Gerade im Job ein absolutes Muss: Bestimmen Sie messbare und eindeutige Kriterien für die Beurteilung von Mitarbeitern. Das reduziert das Risiko für Beurteilungsfehler und macht das Verfahren objektiver.
  • Meinung diskutieren
    Da Beurteilungsfehler oft auf subjektiven Vorurteilen, Werten oder Erfahrungen beruhen, sollten Sie Ihre Sicht der Dinge mit anderen besprechen. Fragen Sie nach, welchen Eindruck ein Kollege oder ein guter Freund von der anderen Person gewonnen hat. Das gibt eine zusätzliche Perspektive und hilft Ihnen, die eigene Wertung zu reflektieren.
  • Ansichten aktualisieren
    Halten Sie nicht für immer an einem einmal getroffenen Urteil fest. Geben Sie Menschen eine zweite Chance und bleiben Sie bereit, Ihre Meinung zu ändern. Vielleicht haben Sie Ihren Gegenüber anfangs durch einen Beurteilungsfehler falsch eingeschätzt.

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[Bildnachweis: Danielala by Shutterstock.com]

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