Innerer Kritiker: Ganz einfach zum Schweigen bringen

Der innere Kritiker – das ist die Stimme im Kopf, die Zweifel säht, eigene Fähigkeiten schlecht redet und unser Selbstvertrauen vergiftet. Einfach ausblenden und ignorieren? Schwer. Wirksamer ist es, den inneren Kritiker zu verstehen und seine Zwangsgedanken in den Griff zu bekommen…

Definition: Wer ist der innere Kritiker?

Der innere Kritiker ist die negative Stimme im Kopf, die wir hören, wenn wir unseren Erwartungen nicht entsprechen, unsicher sind oder scheitern. Er ist der Schwarzseher, der uns permanent kritisiert, Pessimismus verbreitet und ohnmächtig macht.

Beim inneren Kritiker kommt die Selbstkritik aus den eigenen Gedanken – zum Beispiel vor wichtigen Aufgaben, Entscheidungen oder Lebensveränderungen. Studien sagen, dass wir 90 Prozent des inneren Dialogs gegen uns selbst richten. Das Sprichwort stimmt: „Unser schlimmster Feind sind wir selbst.“

Innerer Kritiker – Beispielsätze

Die Sätze des inneren Kritikers machen uns klein, geben uns die Schuld oder reden uns schlecht. Typische Beispielsätze solcher Selbstgespräche sind:

  • „Du machst immer alles falsch.“
  • „War klar, dass du das nicht schaffst.“
  • „Du bist einfach zu blöd.“
  • „Mach dir gar keine Mühe, klappt sowieso nicht.“
  • „Was stimmt bloß nicht mit dir?“
  • „Du hast keine Freunde.“
  • „Du musst dich noch mehr anstrengen!“
  • „Du bist eine totale Niete!“

Die übertriebene und destruktive Kritik ist Gift für unser Selbstwertgefühl und erzeugt (selbstgesteckte) Grenzen im Kopf, die das Leben schwer machen.

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Ursache: Woher kommt der innere Kritiker?

Unter dem inneren Kritiker leiden viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Dahinter stecken oft negative Glaubenssätze und falsche Überzeugungen. Die Psychologie geht heute davon aus, dass diese bereits in der Kindheit und in der Beziehung zu engen Bezugspersonen geprägt werden.

Vor allem die Eltern geben uns vor, was gut oder schlecht ist, welches Verhalten erwünscht oder verboten ist. Betroffene lernen so zum Beispiel, dass sie nur geliebt oder gelobt werden, wenn sie vorgegebene Richtlinien und Erwartungen erfüllen. Um den Schmerz zu vermeiden, entwickeln sie unbeholfene Strategien.

Mit den Jahren kommen zu dem Vorbild der Eltern noch die Ansprüche der Freunde, Kollegen und des Chefs hinzu. Ebenso gesellschaftliche Normen und Benimmregeln. Diese können schließlich zu starken Schuldgefühlen führen, wenn man sich nicht anpasst.

Übung: Den inneren Kritiker besser kennenlernen

Nehmen Sie sich Zeit, die Stimme in Ihrem Kopf besser kennenzulernen und herauszufinden, was dahinter steckt:

  • Wann haben Sie den inneren Kritiker zuletzt gehört? Was waren die Auslöser und Aussagen?
  • Erkennen Sie alle (negativen) Glaubenssätze, die sich hinter den Aussagen des Kritikers verbergen.
  • Notieren Sie die Glaubenssätze in der linken Spalte eines Blatt Papiers – und stellen Sie diesen positive Affirmationen gegenüber.
  • Vergleichen Sie beide Spalten: Was „glauben“ Sie einfach nur, was stimmt tatsächlich?

Indem Sie die innere Stimme nicht einfach nur hören und hinnehmen, sondern besser kennenlernen, können Sie dieser in Zukunft viel leichter widersprechen und alternative Glaubenssätze entgegen halten.

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Innerer Kritiker: Wie sehr schadet er mir?

Für Kinder hat der innere Kritiker noch einen wichtigen Zweck: Er dient der Entwicklung richtiger Verhaltensweisen und stärkt die Bindung zu den Eltern. Problematisch wird es aber, wenn der innere Kritiker noch im Erwachsenenalter Einfluss nimmt und zum inneren Feind wird.

Durch seine überlaute und permanente Kritik zerstört er das Selbstvertrauen von innen heraus. Betroffene haben das Gefühl, nichts zu können oder nichts wert zu sein.

Die Folgen für…

  • Beziehung

    Im Privatleben wird es immer schwerer, Beziehungen einzugehen. Betroffene können nicht verstehen, was andere an Ihnen finden könnten – und ziehen Sie sich zurück.

  • Beruf

    Im Job bleibt Erfolg aus, weil die Menschen nicht mehr an die eigenen Leistungen und Fähigkeiten glauben. Es entwickelt sich ein negatives Selbstbild. Zufriedenheit und Glück rücken in weite Ferne.

  • Selbstwert

    Je mehr jemand das Bewusstsein entwickelt, nichts wert zu sein, desto weniger wird diese Person auf sich achten oder sich selbst respektieren. Das kann zu Depressionen oder zu selbstzerstörerischem Verhalten führen.

Unterschätzen Sie nicht die Macht der Gedanken! Aus ihnen werden Überzeugungen und schließlich eine selbsterfüllende Prophezeiung: Wer an seinen Beschränkungen glaubt, wird sie behalten.

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Tipps: Mit dem inneren Kritiker Freundschaft schließen

Sie leiden unter dem inneren Kritiker? Dann müssen Sie die negative Stimme unter Kontrolle bringen oder sogar richtig zu nutzen! Nicht wenige versuchen, das innere Lästermaul einfach zu ignorieren. Das funktioniert jedoch nicht oder bewirkt sogar das Gegenteil: Statt zu schweigen, redet der innere Kritiker nur noch lauter…

Wirksamer ist, mit dem inneren Kritiker Freundschaft zu schließen und zu lernen, mit der Stimme im Kopf konstruktiver umzugehen. Die folgenden Tipps helfen, den inneren Kritiker in den Griff zu bekommen:

  1. Hinterfragen Sie die Kritik

    Der innere Kritiker wird gefüttert von außen – durch Erfahrungen in der Kindheit und akute Erwartungen. Diese können eine Orientierung sein, es bleiben aber fremde Maßstäbe! Halten Sie sich vor Augen, dass Sie es nicht immer allen anderen recht machen müssen.

  2. Trennen Sie Gedanken und Realität

    „Ich kann das nicht!“ ist eine absolute Aussage, die keinen Platz für Zweifel lässt. Entsprechend niederschlagend wirkt sie. Aber stimmt das? Ändern Sie die Formulierungen des inneren Kritikers und machen Sie daraus: „Ich kann das NOCH nicht.“ Oder: „Ich denke nur, dass ich das nicht kann.“ Der Unterschied gibt Ihnen den Mut, es doch zu probieren – und zu schaffen.

  3. Widerlegen Sie den Kritiker

    Reflektieren und prüfen Sie, was Ihnen die Stimme einredet. Oft sind es eben nur Annahmen – keine Fakten! Machen Sie sich bisherige Erfolge wieder bewusst und widerlegen Sie die falschen Sätze des inneren Kritikers. Dadurch bekommen Sie ihn Schritt für Schritt unter Kontrolle. Und mit jedem Erfolgserlebnis wächst Ihr Selbstwertgefühl wieder.

  4. Trösten Sie den inneren Kritiker

    Manchmal ist der innere Kritiker einfach nur das innere Kind, das Angst hat oder Sie einfach nur vor Verletzungen und Enttäuschungen schützen möchte. In dem Fall können Sie sich einfach nur zuhören und sich damit trösten, dass es keinen Grund zur Sorge gibt: Wer wagt, kann auch gewinnen und daran wachsen!

Generell hilft auch eine andere Einstellung zu der Stimme im Kopf: Sehen Sie darin keinen böswilligen Nörgler, sondern einen nützlichen Begleiter, der vor voreiligem Aktionismus oder Unvernunft schützen will. Auch bei der Kreativtechnik der Disney-Methode gibt es den Kritiker.

Der meint das gar nicht böse, wie es klingt, sondern soll vor Spinnereien schützen. Deswegen muss er aber nicht zwangsläufig recht haben. Auch Kritiker können irren. Sehen Sie es positiv: Jedesmal, wenn Sie mit Ihrem Kritiker streiten und ihn überzeugen, sind Sie ein Stück über sich hinausgewachsen und auf dem richtigen Weg!


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