Definition: Was ist eine Persönlichkeitsanalyse?
Die Persönlichkeitsanalyse versucht – ähnlich wie die Potenzialanalyse – ein möglichst genaues Bild vom Charakter eines Menschen, dessen wesentlichen Eigenschaften und Wesenszügen zu ermitteln. Dazu gibt es unterschiedliche Tests, Fragebögen und Persönlichkeitsmodelle.
Bei der Persönlichkeitsanalyse werden vor allem zwei Testmethoden unterschieden:
- Projektive Persönlichkeitsanalyse
Hierbei bekommen Testpersonen abstrakte Muster, Bilder oder uneindeutige Materialien vorgelegt, die sie interpretieren sollen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der Rorschach-Test, bei dem Tintenkleckse gedeutet werden. Bei anderen projektiven Persönlichkeitsanalysen werden kreative Aufgaben gelöst. Die Erklärungen dazu geben dann Aufschluss über die Persönlichkeit. - Psychometrische Persönlichkeitsanalyse
Diese Persönlichkeitsanalysen (auch: objective personality tests, OPT) sind eine Alternative zu klassischen Fragebögen, die oft anfällig für Verfälschungen sind. Diese Persönlichkeitsanalyse läuft in der Regel computergestützt und wird bei der Auswertung nicht interpretiert.
Auch wenn die Persönlichkeitsanalyse häufig als „Test“ bezeichnet wird, gibt es hierbei kein „richtig“ oder „falsch“. Es wird kein Wissen abgefragt, niemand kann dabei durchfallen. Vielmehr handelt es sich um ein Instrument, das Arbeitgebern Zugang zu wesentlichen Persönlichkeitsmerkmalen ermöglichen soll (siehe: Einstellungstest).
Warum Persönlichkeitsanalyse?
Persönlichkeitsanalysen werden vor allem in der Eignungsdiagnostik, Bewerbung und Personalauswahl eingesetzt. Sie dienen dort als Entscheidungshilfe, um herauszufinden, ob und wie gut Kandidaten auf eine Stelle oder zum Unternehmen und ins Team passen. Damit bildet die Persönlichkeitsanalyse eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche und langfristige Besetzung – zum Beispiel im Rahmen eines Assessment-Center.
Gleichzeitig werden Persönlichkeitsanalysen im Coaching und zur Persönlichkeitsentwicklung eingesetzt, teils auch in der Psychotherapie und klinischen Psychiatrie zur Erkennung psychischer Erkrankungen.
Persönlichkeitsanalyse Methoden: Welche gibt es?
Bei den meisten Persönlichkeitsanalysen wird auf psychometrische Persönlichkeitstests zurückgegriffen. Dabei müssen die Probanden Fragen beantworten, deren Antworten mittels Skalenwerten analysiert und differenziert werden. Oft geht darum, Aussagen danach zu bewerten, was auf einen mehr oder weniger zutrifft (etwa von 1 bis 5).
Für die Persönlichkeitsanalyse gibt es heute zahlreiche (populäre) Tests und Methoden. Je nach Art der Analyse werden Verhalten, Kompetenzen, Motive oder der EQ (Emotionale Intelligenz) getestet. Wir stellen Ihnen im Folgenden die bekanntesten davon vor:
1. Big Five Persönlichkeitsanalyse
Die sogenannten Big Five bzw. das OCEAN-Modell gilt in der Psychologie als das bisher einzig wissenschaftlich anerkannte Modell zur Persönlichkeitsanalyse. Der Name „Big Five“ oder OCEAN bezieht sich auf die fünf wesentlichen Ausprägungen und Merkmale einer Persönlichkeit. Deren englische Anfangsbuchstaben ergeben das Akronym OCEAN:
- Openness (Offenheit)
Beschreibt Neugierde, Wissbegier und Experimentierfreudigkeit einer Person. - Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit)
Beschreibt, wie stark Sorgfalt, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit bei einer Person ausgeprägt ist. - Extraversion (Extraversion)
Zeigt, wie gesellig, gesprächig und aktiv eine Person ist. - Agreeableness (Verträglichkeit)
Gibt Auskunft, wie kompromissbereit, mitfühlend und verständnisvoll jemand ist. - Neuroticism (Neurotizismus)
Zeigt, wie häufig oder weniger häufig jemand verlegen, nervös, beschämt oder auch ängstlich ist.
Weil diese fünf Faktoren bei jedem Menschen anders ausgeprägt sind, sind die Big Five bei der Persönlichkeitsanalyse dazu geeignet, ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Charaktere zu bekommen. Hilfreich ist das zum Beispiel, wenn es um Neustrukturierungen im Team geht oder bei Konflikten.
Weiterentwicklungen der Big Five Persönlichkeitsanalyse sind das Deep OCEAN-Modell (10 Merkmale) sowie das Hexaco-Modell (5 + 1 Merkmal).
2. Persönlichkeitsanalyse per DISG-Modell
Das DISG-Modell bzw. die DISG-Persönlichkeitsanalyse nach William Moulton Marston und John G. Geier unterscheidet Menschen nach vier Merkmalstypen und soll den vorherrschenden Verhaltensstil ermitteln sowie die zwischenmenschliche Kommunikation verbessern. DISG-Modell und -Test gehören heute zwar zu den populärsten Persönlichkeitstests in Unternehmen, stehen aber genauso in der Kritik und bleiben wissenschaftlich umstritten.
Das Akronym DISG steht für die Einordnung in vier dominanten Verhaltensmuster:
- 🔴 Dominant (D-Typ)
Steht für Direktheit und Durchsetzungsvermögen, beschreibt also eine entscheidungs- und risikofreudige Führungspersönlichkeit. - 🟡 Initiativ (I-Typ)
Steht für Team- und Kommunikationsfähigkeit, beschreibt Personen, die auf andere Menschen zugehen und begeistern können. - 🟢 Stetig (S-Typ)
Steht für Personen, die sich durch Hilfsbereitschaft und Loyalität auszeichnen, auf andere sehr sympathisch wirken. - 🔵 Gewissenhaft (G-Typ)
Steht für Sorgfalt bis zum Perfektionismus, diese Personen sind kritisch und analytisch, mögen routinierte Arbeiten.
Ziel dieser Persönlichkeitsanalyse ist, herauszufinden, in welcher Verteilung die vier Merkmale vorliegen. Der dazugehörige Test soll so herausfinden, welche persönliche Stärken oder welchen Arbeitsstil jemand hat, welches Umfeld er oder sie braucht, um gut arbeiten zu können und welche Konfliktpotenziale es mit anderen Persönlichkeitstypen gibt.
3. Myers Briggs Test und Persönlichkeitsanalyse
Der Myers Briggs Test (auch: MBTI Test) erfasst den Charakter eines Menschen und unterscheidet zwischen 16 Persönlichkeitstypen oder Temperamenttypen. Ermittelt wird bei dem Test, wie wir Entscheidungen treffen, wie wir denken, fühlen oder intuitiv handeln und wie wir unsere Umwelt wahrnehmen oder beurteilen.
Benannt ist der Myers-Briggs-Typenindikator nach seinen Entwickelrinnen Katherine Briggs und Isabel Briggs Myers. Auf Basis der Forschungen und Erkenntnis des Psychiaters Carl Gustav Jung, der die analytische Psychologie begründete, teilt der MBTI die Persönlichkeit in vier Dimensionen und zwei extremen Ausprägungen – von denen jeweils eine überwiegt:
- Verstand
Intraversion (I) und Extraversion (E) - Energie
Intuition (N) und Sensing (S) - Natur
Feeling (F) und Thinking (T) - Taktiken
Judging (J) und Perceiving (P)
Aus den jeweils dominanten Merkmalen entsteht als Ergebnis der bekannte Buchstaben-Code für die Persönlichkeiten von Menschen – zum Beispiel INFP, ESFP oder ISTJ-Typen.
4. GPOP-Persönlichkeitsanalyse
Bei der GPOP-Persönlichkeitsanalyse müssen sich die Teilnehmer zunächst auf einer mehrstufigen Skala mit 121 Items selber einschätzen. Hierbei gibt es kein „richtig“ oder „falsch“, sondern nur Präferenzen. GPOP ist ein Akronym für „Golden Profiler of Personality“ nach John Golden, der sich namentlich in dem Test verewigte. Die Persönlichkeitsanalyse basiert wie der MBTI-Test auf 16 Typen, die der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung entwickelte.
Die GPOP Persönlichkeitsanalyse wird weltweit eingesetzt – zum Beispiel im Bereich:
- Karrierecoaching
- Verkaufskommunikation
- Führungsentwicklung
- Konfliktbewältigung
- Laufbahnberatung
- Teambuilding
Auch diese Analyse eignet sich, um festzustellen, wo die Stärken eines Arbeitnehmers liegen oder welche Berufsbilder sich für die Person eignen. Das kann für Berufsanfänger wie Berufserfahrene hilfreich sein – zum Beispiel im Vorfeld eines Jobwechsels oder einer beruflichen Neuorientierung.
5. Persönlichkeitsanalyse per Stimme
Inzwischen gibt es – dank Künstlicher Intelligenz (KI) – sogar Persönlichkeitsanalysen auf Grundlage von Sprachanalysen, wie sie zum Beispiel das deutsche Unternehmen Precire Technologies anbietet. Dabei wird eine 15-minütige Sprach- und Stimmprobe von einer KI mit Referenzdaten verglichen und analysiert, sodass daraus schließlich Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen abgeleitet werden.
Per Sprachanalyse herausfinden, wie risikobereit ein Verkäufer oder wie gewissenhaft ein Controller ist? Das ist zwar noch überwiegend Zukunftsmusik, könnte aber hohes Diskriminierungsrisiko bergen – zum Beispiel, wenn Versicherungsnehmer oder Kreditnehmer aufgrund solcher Analysen abgelehnt werden.
Was andere dazu gelesen haben