Studie: Karriereberatung in Deutschland
Zunächst die Fakten. Die Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V. (DGfK) hat kürzlich eine Marktstudie zur Karriereberatung in Deutschland erstellt. Ergebnis:
- Etablierte Karriereberater haben im Durchschnitt rund 50 Klienten.
- Das dabei am häufigsten genutzte Format ist das persönliche Gespräch (92 Prozent), gefolgt von der Beratung per Telefon (48 Prozent) und per E-Mail (41 Prozent). Mehrfachnennungen waren möglich.
- Auch die Karriereberatung per Videochat und Skype ist auf dem Vormarsch. Fast die Hälfte der befragten Karriereberater gab an, diese Technik ab und an für Beratungsgespräche zu nutzen.
- In der Regel umfasst eine Karriereberatung drei bis fünf Gespräche (44 Prozent), gefolgt von sechs bis neun Gesprächen (31 Prozent), die jeweils zwischen 1,5 und 2,5 Stunden dauern.
- Der Stundensatz der etablierten und langjährigen Karriereberater liegt dabei zwischen 150 und 200 Euro. Preisnachlässe sind aber bei umfangreicheren Beratungspaketen üblich.
- Am häufigsten lassen sich Menschen im Alter zwischen 41 und 50 Jahren in Sachen Karriere coachen und beraten. Sie blicken dann im Schnitt auf eine Berufserfahrung von zehn bis 20 Jahren zurück und sind in ungekündigter Festanstellung beschäftigt.
Das sind natürlich nur Durchschnittswerte. Karrierecoaching oder Karriereberatung basieren enorm auf persönlicher Basis. Zwischen Coach und Coachee muss die Chemie stimmen. „It’s a people business“, würde der Angelsachse sagen. Und nicht jeder Coach ist in jeder Branche, in jeder Fragestellung gleich kompetent. Der professionelle Hintergrund des Coaches und seine Erfahrung mit Ihrer Branche und/oder verwandten Fachbereichen gehört daher zu den ersten Auswahlkriterien bei der Suche nach dem passenden Berater.
Lesetipp: Karriereoptimismus im Karrierecoaching (SpringerProfessional)
Karriereberatung: Passt Ihre Motivation?
Der zweite Schritt ist, die eigene Motivation zum Karrierecoaching kritisch zu hinterfragen. Damit das Coaching einen überhaupt weiterbringen kann, sind einige Voraussetzungen nötig:
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Sind sie bereit, sich zu verändern?
Wer glaubt, schon ziemlich perfekt zu sein, sucht eher Bestätigung. Coaching aber führt Sie in der Regel aus Ihrer Komfortzone heraus, stellt sie vor neue Herausforderungen und zwingt sie, mehr Verantwortung für Ihr Leben zu übernehmen.
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Freuen Sie sich auf neue Perspektiven?
Ein guter Coach, wird Ihnen dabei helfen, Horizonte zu erweitern, neue Ziele zu entdecken und zu setzen. Damit daraus ein Erfolg wird, sollten Sie nicht nur Veränderungswillen mitbringen, sondern auch echten Abenteuerwillen. Die Lust und Neugier auf Neues ist dabei essenziell. Das ist etwas anderes als: „Na gut, dann probier ich das halt mal aus…“
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Sind Sie bereit, mehr über sich zu erfahren?
Vor allem dann, wenn es weh tut? Ein guter Jobcoach wird Ihnen immer wieder den Spiegel vorhalten, womöglich auch Kritik üben. Zwar immer wohlwollend und konstruktiv, aber wirken kann das nur, wenn Sie nicht sofort in die Defensive gehen, zuhören und das Gehörte ehrlich reflektieren.
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Sind Sie aufmerksam gegenüber anderen?
Ein umfassendes Coaching Gespräch beinhaltet auch Ihre Wirkung auf andere, den Abgleich von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Auch dazu benötigt der Coachee Offenheit und Reflexionsvermögen. Andernfalls bleibt das Coaching inhaltlich eher schmalspurig.
Die 7 Phasen des Coachings
Um einige Antworten des Coaches bewerten zu können, sollten Sie die sieben typischen Phasen des Coachings kennen. Natürlich werden diese Phasen in der Praxis nie so scharf abgegrenzt, aber sie zeigen ebenfalls, worauf Sie bei der Coach-Wahl achten sollten:
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Vorgespräch
In der Aufwärmphase lernen sich Coach und Coachee zunächst kennen, klären berufliche Hintergründe und Arbeitsweisen, bauen gegenseitiges Vertrauen auf und identifizieren die Schwerpunkte der Karriereberatung. Oft wird dabei schon die aktuelle Situation des Managers angesprochen sowie die Ziele und der zeitliche Rahmen für das Coaching.
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Vereinbarung
Die Chemie stimmt. Bevor es losgeht, müssen beide aber noch den Rahmen fixieren: Ziele? Erwartungen? Wie viele Sitzungen soll es geben? Wo und wann finden sie statt? Was ist, wenn einer absagt? Und natürlich: Was wird es kosten?
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Analyse
Das Coaching beginnt. Der Personal Coach stellt nun vor allem Fragen, sammelt Informationen, identifiziert Problemfelder, konkretisiert sie und analysiert mögliche Blockaden und Potenziale beim Klienten. Konkrete Tipps gibt er jetzt noch nicht.
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Veränderung
Der Coach gibt nun erstes Feedback, reflektiert seine Analyse, stellt Handlungsoptionen und Strategien vor. Das sind jedoch keine Anweisungen, vielmehr moderiert er die vom Klienten gewünschten Veränderungsschritte. Allenfalls hinterfragt er noch Details oder verstärkt den Klienten in seiner Entscheidung.
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Umsetzung
Jetzt gibt es Hausaufgaben. Der Coach überträgt die identifizierten Handlungsschritte in konkrete Alltagsaufgaben. Entscheidend für den Erfolg ist jetzt der Wille und die Disziplin des Coachees – und damit das Selbstcoaching.
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Erfolgskontrolle
Was ist passiert? Was hat sich verändert? Coach und Coachee analysieren nach einer vereinbarten Zeit die Effizienz und den Erfolg der vereinbarten Strategien. Daraus leiten sie weitere Schritte ab oder aber beide orientieren sich neu und entwickeln neue Strategien und Hausaufgaben.
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Abschluss
Coaching sollte nicht einfach auslaufen. Es endet erst mit einem abschließenden Resümee: Was hat der Coachee gelernt? Welche Methoden und Kompetenzen hat er neu entwickelt? War er mit der Beratung zufrieden? Und traut er sich zu, die behandelten Probleme künftig ohne Coach zu meistern? Denn ein Ziel hat jedes Coaching: Die Hilfe zur Selbsthilfe.
Karrierecoaching: Kriterien für die Coach-Wahl
Sind Sie bereit, sich coachen zu lassen und auch möglicherweise unangenehme Veränderungen anzugehen, stehen Recherche und Auswahl des passenden Coaches an. Die Recherche ist – Google sei Dank – verhältnismäßig einfach, doch bei der Wahl des individuell passenden Coaches sollten Sie einige Kriterien im Blick behalten…
Neben den fachlichen Qualifikationen – etwa beim Bewerbungscoaching – sollte einer Ihre Schwerpunkte auf der persönlichen Wellenlänge und Sympathie liegen. Egal wie kompetent oder fachlich fit ein Coach auch sein mag: Wenn Sie mit ihm auf menschlicher Ebene nicht klar kommen, ist die Zusammenarbeit eher fruchtlos und bringt Sie nicht weiter.
Checkliste zum Karrierecoaching
Scheuen Sie sich daher nicht, ein kostenloses Erstgespräch in Anspruch zu nehmen und danach auch nach Sympathie und Wohlbefinden zu entscheiden. Darüber hinaus sind diese fachlichen Faktoren wichtig:
- Verfügt der Coach über Erfahrung in Ihrer Branche?
- Passt seine Ausrichtung zu Ihren Zielen und Wünschen?
- Wo liegt der fachliche Schwerpunkt des Karriereberaters?
- Kann er seinen Coaching-Prozess klar beschreiben?
- Benennt er Kosten klar und deutlich?
- Besteht er auf einem Erstgespräch?
- Nimmt er sich die Zeit, Ihnen zuzuhören?
- Geht er im Erstgespräch auf Ihre Ziele und Situation ein?
- Stellt er sinnvolle Rückfragen zu Ihren Zielen?
- Kann er Ihre initialen Fragen beantworten?
- Kann er auch kritische Fragen überzeugend beantworten?
- Beschreibt er die Chancen des Coachings realistisch?
- Geht er das Coaching systematisch an?
- Mit welchen Tests und Methoden arbeitet der Coach?
Beratercheck: 7 wichtige Fragen an Karriereberater
Neben der obigen Checkliste können Sie den Karriereberater auch gezielt mit den folgenden Fragen konfrontieren. Sie stellen eine Art Essenz dar:
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Was genau bieten Sie an?
Schon die Website des Anbieters sollte konkrete Hinweise auf Ansatz und Vorgehensweise geben. Doch nicht jeder Karriereberater präsentiert seine Leistungen klar und verständlich. Bevor Sie die Frage stellen, sollten Sie sich aber auch selbst klar darüber sein, was Sie suchen: Bewerbungsoptimierung, Potenzialanalyse, Weiterbildungsberatung? Das sind ganz verschiedene Dinge!
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Wo haben Sie Ihren Schwerpunkt?
Jemand aus der Verwaltung hat einen ganz anderen Berufshintergrund als jemand aus einem internationalen Konzern. Das ist bei der Karriereplanung, Bewerbungsberatung und Weiterbildungsberatung aber wichtig. Finden Sie also heraus, was der Karriereberater besonders gut kann und wo er relevante Erfahrungen hat.
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Wie gehen Sie vor?
Gerade bei Karrierefragen wie beruflicher Neuorientierung gibt es eine erhebliche Methodenvielfalt, vom einfachen Fragenstellen bis hin zu einem ausgeklügelten Beratungsprozess. Die Wege können alle gut und richtig sein – nur sollten diese erklärt und begründet werden können.
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Haben Sie schon einen Kunden wie mich gehabt?
Gute Frage! Keiner möchte der Erste sein, der am offenen Herzen operiert wird; außerdem schadet es nicht, wenn der Karriereberater ein paar Referenzen kennt.
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Was kostet es?
Beim ersten Termin muss klar sein, welche Kosten auf Sie zukommen. Damit es keine Missverständnisse gibt, sollten die Honorar-Vereinbarung schriftlich fixieren. Ist eine bestimmte Stundenzahl vereinbart, trägt der Berater das Zeitrisiko – er muss in dieser Zeit die vereinbarte Leistung erbringen. Vereinbaren Sie sechs Stunden und lässt der Coach sieben verstreichen, darf er nur sechs abrechnen. Seine AGB, also Allgemeine Geschäftsbedingungen, sollten Sie sich unbedingt durchlesen.
Definition: Was ist Karrierecoaching, Beratung, Mentoring?
Mithilfe der obigen Kriterien sollte die Auswahl des passenden Coaches oder Karriereberaters kein Problem mehr sein… Allerdings sollten Sie sich ebenfalls klar darüber werden, ob Sie tatsächlich eher einen Coach oder einen Berater suchen.
Auch wenn der Begriff „Karrierecoaching“ in den vergangenen Jahren populär geworden ist und als Synonym für so manche Dienstleistung herhalten muss – es gibt inhaltliche Unterschiede. Insbesondere Karriereberatung, Mentoring oder Supervision haben oft andere Schwerpunkte und setzen auch andere Methoden ein. Um herauszufinden, welche der verschiedenen Leistungen für Sie in Frage kommen, können Sie die folgende Begriffsdefinition zu Rate ziehen:
Karrierecoaching hat in der Regel die Persönlichkeit des Klienten im Fokus. Der Coach hilft dem Coachee spezielle berufliche Fähigkeiten auszubauen oder zu verbessern, wobei dieser Entwicklungsprozess in erster Linie eine Art Selbstreflextion und Hilfe zur Selbsthilfe bleibt.
Von einem Coach wird man selten konkrete Tipps oder Ratschläge hören. Im Gegensatz zur Beratung soll der Coachee die Lösung hier selber finden. Typisch für Coaching sind daher Fragen. Zumindest in der reinen Form. Coaching kann aber auch ein Mix sein aus Beratung, Feedbackgespräch und praxisorientiertem Training.
Das Training dient in erster Linie dem Erlernen konkreter Fähigkeiten oder Verhaltensweisen. Dabei konzentriert sich der Trainer – anders als beim Coaching – weniger auf die Selbstreflexion seines Klienten, sondern auf konkrete Übungen und ein klares Trainingsziel. Die Rollen sind klar verteilt: Der Trainer ist der Experte und Meister, der Klient sein Schüler. Typisch für Trainings sind Angebote wie Workshops oder Seminare.
Mentoring wiederum ist ein Personalentwicklungsinstrument. Dabei kommt es zu einer Patenschaft zwischen einer unerfahrenen Führungskraft, dem Mentee, und einem meist älteren, erfahreneren Manager, dem Mentor. Dieser gibt dann sein Wissen und seine Erfahrungen an den Protegé weiter.
Ziel ist, dem Mentee bei seiner persönlichen oder beruflichen Entwicklung auf die Sprünge zu helfen. Im besten Fall wohlwollend. Denn im Unterschied zum Coaching nimmt der Mentor keine neutrale Position ein, auch hier herrscht vorrangig ein Meister-Schüler-Verhältnis. Falls beide für dasselbe Unternehmen arbeiten, kann es vorkommen, dass der Mentor eher die Interessen des Arbeitgebers verfolgt und nicht zwingend die seines Mentees. Im schlimmsten Fall ist der Mentor nur ein eitler Profilneurotiker, der sich daran labt, dem Mentee seine Großartigkeit zu beweisen. Da hilft dann nur: auswechseln.
Karriereberatung bleibt häufig auf einen kurzen Zeitraum begrenzt, manchmal gar nur auf ein einziges Treffen, das der Ratsuchende häufig aus eigener Tasche bezahlt. Denn Karriereberater sind unabhängige Dienstleister, die man bezahlt wie einen Anwalt oder Steuerberater auch.
Typisch für eine Karriereberatung sind konkrete und kurzfristige Fragen zu akuten Jobproblemen: Wie kann ich mich besser bewerben? Wie handele ich mehr Gehalt raus? Wie überzeuge ich meinen Chef? Die Rollen sind auch hier klar verteilt: Der Kunde fragt – der Berater gibt konkrete Tipps.
Supervision ist eine Beratungsform. Dabei werden meist die Interaktionen und Verhaltensmuster innerhalb eines Teams oder einer Organisationen analysiert, um sie entweder zu verbessern oder potenzielle Konfliktherde zu beseitigen. Supervisor und Klienten legen dabei vorher fest, nach welchen Spielregeln das Ganze ablaufen soll. Im Prozess selbst werden dann oft konkrete Situationen und das Innenleben der Beteiligten reflektiert, um die jeweiligen Motive transparenter zu machen.
Mediation ist ein freiwilliges und außergerichtliches Schlichtungsverfahren bei akuten Konflikten. Beide mediierenden Parteien müssen dem Verfahren deshalb vorher unbedingt zustimmen. Der Mediator wiederum ist zur Überparteilichkeit verpflichtet, er trifft daher auch keine Entscheidungen oder Urteile, sondern leitet neutral die Aussprache und unterbreitet anschließend Vorschläge, auf die sich beide Parteien selbst einigen müssen. Auch eine Art Beratung ist dabei eher unüblich, das wäre dann „Konflikt-Coaching“.
Psychotherapie konzentriert sich auf die Behandlung von Menschen mit geistig-seelischen, körperlichen und psychosomatischen Krankheiten. Diese Aufgabe dürfen nur entsprechend ausgebildete Psychotherapeuten (mit Einschränkungen auch Heilpraktiker) übernehmen. Zwei Formen sind dabei besonders häufig: In der Tiefenpsychologie setzt sich der Patient vor allem mit seinem Unterbewusstsein auseinander. In der Verhaltenstherapie wird ihm geholfen, sich seine Gedanken und Bewertungen bewusst zu machen und – falls gewünscht – zu verändern.
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