Definition: Was ist Reframing?
Reframing ist eine psychologische Methode, bei der Situationen, Verhaltensweisen und Eindrücke neu bewertet und umgedeutet werden. Wörtlich bedeutet Reframing: „etwas einen neuen Rahmen geben.“ Dabei nehmen Sie einen neuen Blickwinkel ein, verändern Ihre Perspektive und geben dem Geschehen eine neue Bedeutung.
Beispiel: Durch den Wechsel unseres Standpunkts verändern wir bewusst unsere Wahrnehmung. So können Menschen selbst in einer schwierigen Lage oder nach einem Schicksalsschlag das Positive darin sehen. Ziel der Methode ist, Ereignissen eine andere (positive) Bedeutung zu geben und so seine Reaktion zu beeinflussen bzw. wieder handlungsfähig zu werden.
Das Konzept stammt ursprünglich von dem Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Größere Bekanntheit erhielt es durch die Familientherapeutin Virginia Satir. Weiterentwickelt wurde das Reframing von Milton H. Erickson und Gregory Bateson (siehe auch: Framing-Effekt).
Reframing im Alltag
Jeder praktiziert Reframing. Täglich und oft ohne es zu bemerken: Wir interpretieren Ereignisse vor dem Hintergrund bestimmter Denkmuster und Erwartungen und verpassen ihnen so einen neuen Rahmen. Das kann je nach Tagesform eine positive oder negative Umdeutung zur Folge haben.
Reframing: Beispiele für die Methode
Reframing ist in nahezu jeder Situation möglich. Ob im Job oder privat: Überall können Sie Ereignisse in einen neuen Rahmen setzen und damit deren Bedeutung verändern. Beispiele für die Methode aus der Psychologie:
Jobabsage
Sie haben eine Bewerbung für eine tolle Stelle geschrieben, bekommen aber leider eine Absage. Statt sich zu ärgern, ändern viele den Blickwinkel, sagen: „Der Job hätte sowieso nicht gepasst!“ und sind überzeugt, dass sie nun eine noch bessere Position und den wahren Traumjob finden.
Streit
Der Chef meckert, ein Kollege schnauzt Sie an oder zuhause nörgelt der Partner. Reframing kann jetzt helfen, sich weniger angegriffen und gekränkt zu fühlen. Vielleicht haben alle anderen gerade nur einen schlechten Tag! Der Ärger und das Verhalten der anderen haben eigentlich gar nichts mit Ihnen zu tun…
Trennung
Eine Trennung ist immer schmerzhaft. Durch Reframing können Sie trotzdem positive Aspekte darin finden: Ab sofort haben Sie mehr Zeit für sich, können den eigenen Bedürfnissen nachgehen und haben größere Flexibilität bei den Hobbys oder müssen weniger Kompromisse eingehen. Die neue Perspektive kann über den Liebeskummer hinweghelfen.
Optimismus
Ob Sie etwas als Chance oder Risiko sehen, ist nur eine Frage der inneren Einstellung: Sie selbst entscheiden, ob Sie die Möglichkeiten und Potenziale in den Vordergrund rücken oder sich nur auf die Gefahren konzentrieren. Bildlich gesprochen ist Reframing in dem Fall eine simple Frage: „Ist das Glas halb voll oder halb leer?“
Reframing in Witzen
Typisch ist Reframing auch in Witzen. Oft wird einer Situation ein anderer, überraschender Sinn gegeben. Die unerwartete Wendung sorgt für den lustigen Effekt. Beispiel: „Chef, darf ich heute früher Schluss machen? Meine Frau möchte mit mir einkaufen gehen.“ – „Auf gar keinen Fall!“ – „Vielen Dank. Ich wusste, ich kann mich auf Sie verlassen!“
2 Arten von Reframing
Reframing lässt sich je nach Anwendung in zwei Arten unterscheiden. Experten sprechen dabei entweder von Bedeutungsreframing oder Kontextreframing:
1. Bedeutungsreframing
Bedeutungsreframing verändert die Bedeutung einer Situation oder eines Verhaltens. Ziel ist, eine neue (positive) Interpretation zu finden. Im obigen Beispiel der Trennung von einem Partner könnte es die Erkenntnis sein, dass die Beziehung ohnehin zerrüttet und Sie unglücklich waren. Die Trennung ist somit keine Belastung, sondern eine Befreiung.
2. Kontextreframing
Beim Kontextreframing werden Rahmenbedingungen neu definiert. Eine Situation kann – je nach Kontext – nachteilig oder vorteilhaft sein. Beispiel: Sie sind eher zurückhaltend und skeptisch. Je nach Situation und Kontext ist das eine Stärke, weil Sie Fehler erkennen, kritisch nachfragen und so bessere Ergebnisse erzielen.
Reframing: Fragen Sie nicht WARUM sondern WOZU!
Ein Trick, um für das Reframing einen neuen Kontext zu finden, ist die Frage nach dem WOZU. Viele Menschen fragen: „Warum ist mir das passiert?“ Fragen Sie stattdessen: „Wozu ist mir das passiert?“ Kleine Änderung, großer Effekt: Das Warum blickt ausschließlich in die Vergangenheit und auf das Problem. Die Frage nach dem WOZU analysiert den Kontext, blickt in die Zukunft und sorgt so für einen neuen Rahmen:
- Wozu war es gut, den Job nicht zu bekommen?
- Wozu musste ich diese Erfahrung machen?
- Wofür kann ich diese Erfahrung nutzen?
Kritik an Reframing: Realitätsverweigerung oder sinnvolle Methode?
Reframing hat zahlreiche Vorteile: Sie können besser mit schwierigen Situationen umgehen, empfinden mehr Zufriedenheit und entwickeln größere Resilienz. Zudem verbessern Sie Ihre Problemlösungskompetenz, weil Sie durch den Perspektivwechsel neue Lösungen finden.
Gleichzeitig kritisieren andere: Reframing sei nichts anderes als Selbstbetrug und Selbstmanipulation. Die häufigsten Kritikpunkte sind:
- Aktive Verdrängung
Negative Erlebnisse werden nicht verarbeitet, sondern verdrängt. Wer immer einen positiven Rahmen sucht, lässt seine eigenen Gefühle nicht zu und verlernt, damit umzugehen. Negative Emotionen, wie Trauer und Wut haben ebenfalls wichtige Funktionen. - Keine Entwicklung
„Ich war nicht schlecht, ich bin nur Zehnter (von 10) geworden!“ – Der zwanghafte Fokus auf einen positiven Aspekt nimmt Ihnen die Chance zum persönlichen Wachstum. Betroffene reden sich jede Situation und jedes Ergebnis schön, statt sich selbstkritisch zu hinterfragen und besser zu werden. - Rechtfertigende Haltung
Durch Reframing kann jedes negative Verhalten gerechtfertigt und jeder Angriff positiv erklärt werden. So können Sie selbst beim schlimmsten Verhalten Ihres Gegenübers einen Grund finden, warum es gar nicht so schlimm war. Das führt dazu, dass Sie sich schlecht behandeln lassen und nie lernen, für sich selbst einzustehen oder „Nein“ zu sagen. - Verleugnete Realität
In extremen Fällen kann Reframing zu regelrechter Realitätsverweigerung führen. Alles, was Ihnen nicht passt, wird ausgeblendet und in einen schönen Rahmen verpackt. Es gibt keine Negativität, keine schlechten Nachrichten, keine Probleme – nur eine rosoarote Traumwelt.
Richtige Balance für Reframing finden
Entscheidend ist, dass Sie das richtige Maß für die Umdeutung finden. Mit der Reframing-Methode können Sie neue Facetten erkennen und positive Aspekte finden. Das darf aber nicht zu Verleugnung von Tatsachen führen.
Übung: Tipps für erfolgreiches Reframing
Reframing klingt einfach, braucht aber Übung. Ein einfaches „Ist doch halb so schlimm…“ reicht nicht aus, um Situationen umzudeuten. Diese drei Tipps helfen als Übung, wenn Sie die Methode ausprobieren wollen:
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Akzeptieren Sie die Situation
Damit Reframing nicht in Verleugnung endet, müssen Sie zunächst die unangenehme Situation akzeptieren. Rückschläge, Krisen und Probleme gehören nun mal zum Leben dazu. Verschließen Sie nicht die Augen vor dem Ist-Zustand, sondern entwickeln Sie Akzeptanz.
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Erkennen Sie Ihre Emotionen
Zur Akzeptanz gehört ein Verständnis der eigenen Emotionen: Wie fühlen Sie sich? Was sind die Gründe dieser Gefühle? Wodurch werden diese ausgelöst, verstärkt oder abgeschwächt? So können Sie diese besser verarbeiten und gleichzeitig im Reframing positivere Gefühle erzeugen.
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Suchen Sie eine neue Perspektive
Diese Übung ist der Kern der Reframing-Methode: Suchen Sie eine neue Perspektive auf die aktuelle Situation: Aus welchem (anderen) Blickwinkel können Sie das Erlebnis betrachten, um etwas Positives zu finden? Finden Sie einen Vorteil, der nicht gleich offensichtlich ist oder entdecken Sie eine Chance, daraus zu lernen!
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