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Availability Bias: Deshalb schätzen wir Gefahren falsch ein

Ein Availability Bias liegt vor, wenn Menschen Wahrscheinlichkeiten falsch einschätzen. Daran ist die betroffene Person meist sogar völlig unschuldig. Ihre Sinne oder Erinnerungen spielen ihr Streiche – oder andere Menschen tun es. Von diesen Wahrnehmungsstörungen ist jeder hin und wieder betroffen. Das Problem ist nur: Der Availability Bias schadet uns. Manchmal nur ein wenig, manchmal massiv. Er kann sogar tödlich sein…


Availability Bias: Deshalb schätzen wir Gefahren falsch ein

Availability Bias Definition: Was ist das?

Den Availability Bias könnte man ganz nüchtern als Fehleinschätzung von Risiken definieren. Als Einschätzung, die auf falschen Annahmen beruht.

Wenn wir etwas für wahrscheinlicher halten, als es in Wirklichkeit ist, weil wir zum Beispiel überproportional oft davon hören oder lesen oder sprechen. Oder weil wir uns an eine Anekdote erinnern, die uns früher widerfahren ist – und wir sie deshalb in die Gegenwart oder Zukunft projizieren.

Der Begriff Availability Bias geht auf die Psychologen Amos Tversky und Daniel Kahneman zurück, die ihn 1973 prägten. In ihrer Arbeit zeigten sie damals, dass Menschen dazu neigen, die Eintrittswahrscheinlichkeiten eines Szenarios zu überschätzen, wenn sie sich dieses leicht vorstellen oder sich daran erinnern konnten.

Beispiel: Wer einen Tsunami miterlebt hat, hält die Wahrscheinlichkeit, durch einen Tsunami zu sterben, in der Regel für vergleichsweise hoch. Dabei ist das Risiko – nüchtern betrachtet – minimal. Wer Zeuge eines Mordes wird, überschätzt häufig das Risiko, selbst irgendwann Opfer eines Mordes zu werden – selbst wenn die allgemeine Mordrate danach drastisch sinken sollte.

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Fehlprognosen über die Zukunft

Tversky und Kahneman näherten sich diesem Phänomen zunächst auf wenig spektakuläre Weise. Sie fragten ihre Probanden, ob bestimmte Buchstaben häufiger am Anfang eines Wortes oder an dritter Stelle auftauchen würden. Gibt es mehr Wörter, die mit K, L, N, R und V beginnen oder Wörter, die diese Buchstaben an dritter Position führen?

Mit überwältigender Mehrheit entschieden sich die Teilnehmer für Variante A. Es gebe deutlich mehr Wörter, die mit diesen Buchstaben beginnen würden. Die falsche Antwort. Aber woher kommt diese Fehleinschätzung?

Tversky und Kahnemann vermuteten, dass die Wörter mit den Anfangsbuchstaben präsenter sind. Sie kommen einem sofort in den Sinn. Wer hingegen kann schon aus dem Stegreif ein Wort nennen, dass ein K an dritter Stelle hat?

Um noch mal auf die mutmaßlichen Todesursachen zurückzukommen: Hier spielt auch die mediale Ausschlachtung eine Hauptrolle. Nahezu jede Hai-Attacke auf dem Planeten – und ihre Opfer – werden in den Medien thematisiert. Von Herzinfarkten dagegen hört man nur, wenn es einen Prominenten erwischt hat.

Folge: Die Häufigkeit von Hai-Angriffen wird über-, die von Herzinfarkten eher unterschätzt.

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Availability Bias: Wie schadet er uns?

Der Availability Bias spielt uns ständig Streiche, sorgt für massive Wahrnemungsstörungen. Auch im Berufsleben.

Beispiel: Wer gerade einen neuen Job als Einzelhandelsverkäufer gefunden hat – und das gleich mit der ersten Bewerbung – muss fast zwangsläufig denken, dass der Arbeitsmarkt für Verkäufer gerade sehr günstig ist. Nach dem Motto: Wer jetzt keinen Job findet, ist selbst dran schuld.

Mit den Fakten muss diese Einschätzung überhaupt nichts zu tun haben.

Das gilt natürlich auch anders herum: „Als Elektriker finde und finde ich einfach keinen Job. In Deutschland ist es gerade fast unmöglich, Arbeit als Elektriker zu finden, oder etwa nicht?“ Wer hier mit offiziellen Arbeitsmarktzahlen wedelt, wird den Availabilty Bias seines Gegenübers nicht besiegen.

Oder, um sich noch tiefer in den Berufsalltag zu begeben: Hier können einzelne Geschehnisse die Wahrnehmung einer Person auf Jahre hinaus prägen – im Guten wie im Schlechten.

Angenommen, Sie erlauben sich auf der Jahresversammlung einen rotzfrechen Zwischenruf. Alle Augen sind auf Sie gerichtet. Sie werden für die Kollegen aus den anderen Abteilungen, die Sie sonst kaum zu sehen bekommen, auf Jahre hinaus nur noch der Zwischenrufer sein – egal, was Sie sonst so den lieben langen Tag tun.

Oder wenn Ihnen eine Präsentation vor der gesamten Belegschaft außerordentlich gut gelingt. Die Kollegen werden Sie in guter Erinnerung behalten – sogar dann, wenn Sie ansonsten ein totaler Minderleister sind.

Singuläre Ereignisse prägen unser Bild von jemandem oder von etwas – und verzerren oftmals die Realität. In nahezu jedem Beruf sind Wahrnehmungsstörungen an der Tagesordnung – mit negativen Konsequenzen.

Einige Beispiele:

  • Unternehmensberater

    Eine Methode, die bei einem früheren Kunden funktioniert hat, wird wieder und wieder angewendet – obwohl die Konstellationen grundverschieden sind.

  • Journalisten

    Experte XY hat einmal einen sinnvollen Satz in die Kamera gesagt – also muss er ein Könner sein. Konsequenz: Journalisten greifen auf die immer gleichen Experten zurück.

  • Investoren

    Das Wagniskapital, das wir letztes Mal in Startup ABC gesteckt haben, hat sich längst bezahlt gemacht. Also investieren wir diesmal wieder – obwohl die Risiken genauso immens sind wie beim letzten Mal.

  • Fußballtrainer

    Bei Werder Bremen bin ich mit meinen Trainingsmethoden und meiner Art im Umgang mit den Medien bestens gefahren, also warum nicht auch beim FC Bayern? Die Rahmenbedingungen jedoch sind völlig andere.

  • Polizisten

    Ein Kommissar, der gerade seinen ersten Mordfall gelöst hat, wird sich beim nächsten Fall daran zurückerinnern. Damals war es der Liebhaber – also ist er es diesmal wieder! Das jedenfalls könnte sein erster Gedanke sein.

Das Phänomen ist omnipräsent. Und es kann uns sogar das Leben kosten.

Laut Matthias Janneck, Internist und Nephrologe am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, zählen Availability Bias und die hohe Akzeptanz des ersten Gedankens bei der Bewertung eines neuen Falles zu den häufigsten ärztlichen Fehlern in der Diagnostik.

Der Ärzte Zeitung schilderte Janneck den Fall einer 34-jährigen Patientin, die mit starken Schmerzen in der Schulter zum Arzt gekommen war. Die Bildgebung ergab keinen Befund, allerdings war bekannt, dass die Frau unter Morbus Crohn litt. Also wurde sie wieder nach Hause geschickt und sollte sich schonen. Wenige Tage später wurde die Frau als Notfall in die Klinik eingeliefert und starb an einer Meningokokken-Sepsis.

Hätte es hier keinen Availablity Bias gegeben, wäre die Frau vielleicht noch am Leben.

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Availability Bias: Wie besiegt man ihn?

Der endgültige Sieg über die eigenen Wahrnehmungsstörungen – er ist wohl leider unmöglich. Aber wenn man sich das Phänomen ab und zu bewusst vor Augen führt, könnte man wenigstens den einen oder anderen Fehler vermeiden.

Zum Beispiel den, regelmäßig Geld in Lottolose zu stecken. Auch hier binden uns die Medien einen Bären auf. Nahezu jeder Lottogewinn findet seinen Platz in den Boulevardspalten: Ein Texaner hat zehn Millionen Dollar gewonnen, ein Pfälzer fünf Millionen Euro, ein Römer drei Millionen und so weiter.

Jedes Beispiel nährt in uns die Hoffnung, selbst einmal zum Lotto-Millionär zu werden. Doch die Wahrscheinlichkeit, die uns durch die vielen Jubelmeldungen durchaus realistisch erscheint, ist in Wahrheit extrem gering.

Die bessere Alternative wäre wohl, zehn Euro pro Monat in Indexfonds zu investieren. Erfolgsstorys darüber liest man jedoch nirgends…

Was Sie noch tun können:

  1. Fact-Checking betreiben

    Vergessen Sie die berühmten Einzelfälle doch mal. Vertrauen Sie Zahlen. Werden Sie zum Statistik-Freund oder sogar -Freak. Gehen Sie hauptsächlich Chancen nach, die den Zahlen nach eine große Wahrscheinlichkeit versprechen. Unternehmen investieren immer mehr in Big Data, verlässliche Zahlen und Zusammenhänge – und das sollten Sie auch.

  2. Alternativen suchen

    Der erste Gedanke ist meist der richtige. Das mag manchmal sogar der Fall sein. Trotzdem sollten Sie diesen Satz schnell vergessen. Geben Sie sich niemals mit der erstbesten Lösung zufrieden – egal, wie verlockend diese auch sein mag. Suchen Sie immer nach einer Alternative – und entscheiden Sie dann.

  3. Fragen umdrehen

    Sie haben Angst vor Zecken im Urlaub, weil ein Freund kürzlich gebissen wurde? „Wie viele Menschen kennen sie, die noch NICHT gebissen wurden?“ Sie halten die Jobsuche für aussichtslos, weil auch die Nachbarn immer noch arbeitslos sind. „Wie viele Menschen kennen Sie, die aktuell eine Arbeitsstelle haben?“ Schon das Umdrehen der Fragestellung kann manchmal die Sinne schärfen und dafür sorgen, dass Sie die Lage wieder klarer sehen.

[Bildnachweis: Doppelganger4 by Shutterstock.com ]

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