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Münchhausen-Syndrom: Lügen um Aufmerksamkeit

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er gesellt sich zu anderen Menschen, baut Beziehungen auf. Und nach einer Weile der Bekanntschaft fasst er Vertrauen. Vertrauen in das, was eine andere Person ihm erzählt. Und so kommt es, dass Menschen dem Münchhausen-Syndrom auf den Leim gehen. Betroffene dieser artifiziellen Störung – auch als Koryphäen-Killer- oder Hospital-Hopper-Syndrom bezeichnet – binden anderen Menschen in ihrer Umgebung einen regelrechten Bären auf. Woran Sie das Münchhausen-Syndrom erkennen und was Sie tun können…


Münchhausen-Syndrom: Lügen um Aufmerksamkeit

Münchhausen-Syndrom ICD-10: Artifizielle Störung bei körperlicher Gesundheit

Baron Münchhausen – das war doch dieser Lügenbaron, der so viele unglaubliche Geschichten erzählt hat, denkt manch einer, der erstmals vom Münchhausen-Syndrom hört.

Genau, der Baron, der angeblich auf einer Kanonenkugel geritten sein will. Solche Geschichten sind lustig und unterhaltsam. Aber eben auch so an den Haaren herbeigezogen, dass den Zuhörern direkt klar ist, dass sie erfunden sind.

Weitaus weniger lustig verhält es sich mit dem Münchhausen-Syndrom (englisch: Munchausen Syndrome). Es gehört zu den artifiziellen Störungen, das heißt, eine psychische Erkrankung, bei der die Betroffenen Krankheitssymptome vortäuschen oder sogar selbst hervorrufen. Eingebettet ist das Ganze in einer dramatischen Präsentation.

Gemäß ICD-10 wird das Münchhausen-Syndrom unter F68 als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung geführt, genauer unter 68.1 als artifizielle Störung. Die Betroffenen sind ursprünglich körperlich gesund, schaffen es jedoch durch eine Reihe von ausgeprägten Symptomen häufig, Ärzte von ihren Beschwerden zu überzeugen.

Solche Beschwerden können sein:

  • Anfälle
  • Bauchschmerzen
  • Blut im Urin
  • Ekzeme
  • Gallenblasen-Entzündungen
  • Herzprobleme
  • Kopfschmerzen
  • Magenbluten
  • Nieren- und Blasenentzündungen
  • Wirbelsäulenprobleme
  • Ohnmacht
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Münchhausen-Syndrom: So äußert es sich

Einzelne Symptome mögen auf den ersten Blick nicht beunruhigend wirken, jedoch in der Fülle und mit entsprechend dramatischen Inszenierungen schaffen die am Münchhausen-Syndrom Erkrankten es, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ziel dieser Inszenierungen ist es, vom Arzt ernstgenommen und behandelt zu werden.

Dazu greifen die Erkrankten zu allerlei Mitteln der Selbstverletzung oder -vergiftung; manche spritzen sich selbst Fäkalien oder Benzin, nur um entsprechende Krankheitssymptome hervorzurufen.

Die Methoden der Selbstmanipulation kennen kaum Grenzen, so dass reale Krankheitssymptome es Ärzten und anderem medizinischen Fachpersonal erschweren zweifelsfrei auszuschließen, dass die Ursachen nicht von einer genuinen Krankheit herrühren, sondern von außen herbeigeführt wurden.

Zumal sie schon aus versicherungsrechtlichen und juristischen Gründen dazu verpflichtet sind, sorgfältig zu untersuchen und alle Eventualitäten mit einzubeziehen. Als nächstes fordern am Münchhausen-Syndrom Erkrankte aufwendige Untersuchungen bis hin zu Operationen, die normalerweise vermeidbar wären.

Schöpft der behandelnde Arzt Verdacht oder kommt den Wünschen seines Patienten nicht nach, wechseln die Betroffenen den Arzt oder das Krankenhaus schnell (daher der Begriff Hospital-Hopper-Syndrom).

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Lügen-Syndrom: Außenstehende brauchen detektivisches Gespür

Das Münchhausen-Syndrom stellt einen Bereich der Pseudologie dar, denn zum Krankheitsbild der Betroffenen gehört notorisches Lügen. Während die sogenannten Pseudologen jedoch alles mögliche erfinden – gerne auch Adelstitel – konzentrieren sich Menschen mit Münchhausen-Syndrom auf Krankheiten und deren glaubwürdige Darstellung.

Das Problem für Außenstehende ist in jedem Fall, dass es schwer ist, die Geschichten zu überprüfen. Stellen Sie sich vor, Sie lernen einen neuen Arbeitskollegen kennen. Nach einer Weile kommt man ins Gespräch und Sie erfahren, dass dieser freundliche Kollege eine ziemliche Last trägt, denn er muss seine alte Mutter pflegen, und das, obwohl er doch selbst so angegriffen ist.

Seine Ärzte sind ratlos, aber plötzlich scheint es klar: Eine Krebsdiagnose steht im Raum. Währenddessen – so erfahren Sie – hat die Partnerin des Kollegen eine Fehlgeburt. Um das Ganze noch zu „toppen“, verlässt sie ihn kurz darauf. Ihr Kollege ist also ein vom Schicksal gebeutelter Mensch, dem unfassbare Dinge geballt zustoßen.

Und das ist auch der oftmals einzige Hinweis, wie Außenstehende Menschen mit Münchhausen-Syndrom durchschauen können: Wenn die Geschichten gewissermaßen Überhand nehmen. Denn natürlich will jeder halbwegs empathische Mensch sein Mitgefühl zeigen und zieht zunächst die Erzählungen seines Kollegen nicht in Zweifel.

Neben dem Dilemma, keine übermäßige Skepsis an den Tag zu legen, ist es für andere so schwer das Münchhausen-Syndrom zu erkennen, weil die Erkrankten…

  • ein sehr gutes Gedächtnis haben, das ihnen beim Stricken der Lügen hilft,
  • schauspielerisch sehr begabt sind und sich sehr gut ausdrücken können,
  • über ein einnehmendes Wesen verfügen.

MBI: Lügen in sozialen Netzwerken

Das Münchhausen-Syndrom geht mit der Zeit: Krankhaftes Lügen unter Zuhilfenahme des Internets ist ein Phänomen, das sich seit einiger Zeit beobachten lässt.

Auf den Amerikaner Marc D. Feldman (PDF), klinischer Psychologe und Experte auf diesem Gebiet, geht der Begriff Munchausen by Internet, kurz: MBI, zurück.

In der Anonymität des Internets legen sich die am Münchhausen-Syndrom Erkrankten teilweise mehrere falsche Identitäten zu. Aufgrund der Distanz ist es ihnen mitunter ein Leichtes, ihre Follower und neuen Freunde zu täuschen. Besonders perfide: Es werden zum Beispiel Selbsthilfegruppen gegründet, für die schwer Erkrankten werden Spenden gesammelt.

Feldman beobachtet einen Anstieg des Münchhausen-Syndroms und vermutet, dass es sich eher ausbreiten wird. Denn seit es das Internet gibt, hat jeder Zugriff auf Wissen. Wofür früher umständliche Wege in die medizinische Fachbibliothek notwendig waren, wofür stundenlang Fachbücher gewälzt werden mussten, reichen nun wenige Klicks.

Jeder mit Münchhausen-Syndrom kann sich nun eine gewisse zumindest oberflächliche Expertise aneignen, wenn es darum geht, Symptome hervorzurufen oder zu simulieren. Dabei gelten die Betroffenen nicht als Simulanten im medizinischen Sinne, denn das setzt voraus, dass jemand sich einen Vorteil erschwindelt:

So etwa die Krankschreibung wegen Migräne, weil jemand einen Tag frei haben will. Menschen mit Münchhausen-Syndrom sind jedoch psychisch krank, sie handeln zwanghaft.

Im Gegensatz zum reinen Münchhausen-Syndrom scheint MBI vor allem Frauen zu betreffen. Ein Grund dafür könnte die Anonymität des Internets sein, die es auch Frauen ermöglicht, ihre Bedürfnisse auszuleben.

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Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: Aufmerksamkeit um jeden Preis

Das Münchhausen-Syndrom tritt häufig bei Menschen auf, bei denen sich eine narzisstische Persönlichkeitsstörung oder Borderline-Störung diagnostizieren lässt. Obwohl letzteres häufiger bei Frauen vorkommt, sind vom Münchhausen-Syndrom eher Männer betroffen.

Anders hingegen beim Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Hier sind es vor allem Frauen, die betroffen sind. Diese Erkrankung wird auch als Münchhausen-by-proxy-Syndrom bezeichnet und beschreibt Menschen, die nicht sich selbst, sondern andere verletzen und krankmachen.

Häufig sind es Mütter, die ihre Kinder schädigen, um sich anschließend aufopferungsvoll um diese zu kümmern. In manchen Fällen kommt das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom bei Erwachsenen oder Tieren vor. Das heißt, die erkrankte Person fügt einer anderen erwachsenen Person – meist dem Partner – oder ihrem Haustier Schaden zu, um sich entsprechend rührend darum zu kümmern.

Die andere Person wird so in ständiger Abhängigkeit gehalten, das Tier sowieso. In allen Fällen ist die erkrankte Person Dreh- und Angelpunkt: Menschen mit Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom haben den übersteigerten Wunsch, ständig im Mittelpunkt zu stehen. Durch ihr nach außen selbstlos wirkendes Handeln ziehen sie einen Krankheitsgewinn.

Wer beim Münchhausen-Syndrom vor allem durch die eigene Leidensgeschichte auffällt, zieht nicht nur Aufmerksamkeit im Sinne von Bedauern und Anteilnahme auf sich, sondern sichert sich eine medizinische Versorgung, Fürsorge und Nachsicht: Schließlich kann man von jemanden, der derart gestraft ist, keine überdurchschnittlichen Leistungen erwarten.

So jemand kann immer auf Hilfsbereitschaft und Verständnis für sich hoffen, auch wenn die geleistete Arbeit eher unterdurchschnittlich ist.

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Münchhausen-Syndrom: Was können Sie tun?

Was können Sie tun, wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Kollege oder eine vertraute Person in Ihrer Umgebung das Münchhausen-Syndrom hat? Diese drei Empfehlungen haben wir:

  • Aufmerksamkeit

    Ein gewisses Maß an Skepsis ist angebracht, wenn Sie den Eindruck haben, dass sich die katastrophalen Meldungen nur so häufen. Menschen mit Münchhausen-Syndrom hängen sich mit Vorliebe an eher naive Menschen, denen sie ihr ganzes Leid klagen können. Glauben Sie nicht alles. Trainieren Sie Ihre Beobachtungsgabe, schauen Sie, ob sich diejenige Person in Widersprüche verstrickt, ob Sie womöglich beratungsresistent ist, wenn Sie Empfehlungen aussprechen.

  • Ratschlag

    Wenn Sie vermuten, dass Ihr Gegenüber das Münchhausen-Syndrom hat, ist Vorsicht mit Kritik angebracht. Die Betroffenen sind extrem empfindlich, sofern der Verdacht geäußert wird, dass sie lügen oder gar selbst für ihre Erkrankungen verantwortlich sind. Es gilt das Thema Therapie also sehr vorsichtig anzusprechen und behutsam in die Richtung zu lenken. Leider sind die Prognosen zu Therapieerfolgen eher gering.

  • Behörde

    Gibt es Anzeichen für ein Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, beobachten Sie etwa in Ihrer Nachbarschaft oder an der Schule Ihrer Kinder, dass ein Kind auf rätselhafte Art und Weise erkrankt, können andere Maßnahmen erforderlich sein. Hier sollte in Rücksprache mit Lehrern und/ oder Eltern vorweg abgewägt werden, zu welchem Schritt Sie als nächstes übergehen. Wenn jedoch begründete Zweifel vorliegen und sie das Kind im Gegensatz zu früher kaum noch zu Gesicht bekommen, müssen andere Instanzen wie etwa das Jugendamt eingeschaltet werden.

[Bildnachweis: ollyy by Shutterstock.com]

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