Beobachtungsgabe Bedeutung: Eine empathische Auffassungsgabe
Beobachtungsgabe (englisch: power of observation oder perceptiveness) ist ein vielschichtiger Begriff, in dem Beobachtung und Gabe einerseits stecken, andererseits auch Achtung.
Gerade der erste Bestandteil kann im Negativen interpretiert werden: Bei Beobachtungsgabe wie es hier verstanden wird, geht es nicht um Ausspähen oder gar Stalking.
Es geht vielmehr um eine kognitive Fähigkeit, die hilfreich bei der Entwicklung von Problemlösungskompetenz ist. Das beinhaltet, dass jemand mit einer guten Beobachtungsgabe seinen Fokus längere Zeit auf eine andere Person oder einen Sachverhalt richten und dabei auf Veränderungen achten kann.
Wichtig ist das in sozialen Kontexten wie beispielsweise am Arbeitsplatz, aber auch im Privaten. Beobachtungsgabe wird häufig synonym zu Auffassungsgabe verwendet. Wie so häufig, muss das allerdings nicht zutreffen: Eine Person kann eine schnelle Auffassungsgabe haben, wenn es darum geht, mathematische Aufgaben zu lösen.
Ihre Beobachtungsgabe muss deshalb noch lange nicht gut sein. So kann es sein, dass diese Person Spannungen zwischen zwei anderen Kollegen überhaupt nicht wahrnimmt, weil sie nicht auf die Mimik derjenigen achtet, paraverbale Signale wie etwa eine gepresste Stimme überhört.
Selbstüberschätzung und Naivität hinderlich
Allerdings kann Beobachtungsgabe mehr als lediglich eine schnelle Auffassungsgabe in Bezug auf eine Person sein. Vielmehr sind soziale Kontexte insgesamt gemeint. Wer beispielsweise beobachtet, dass sich in einem Unternehmen bestimmte Fehler wiederholen, besitzt ebenfalls eine gute Beobachtungsgabe.
Beobachtungsgabe setzt Einfühlungsvermögen, Neugier und Sensibilität voraus. Jemand mit einer guten Beobachtungsgabe ist in der Lage, subtile Veränderungen zu erkennen. Er verfügt über eine geschärfte Wahrnehmung und ein großes Maß an emotionaler Intelligenz.
So beobachtet er nicht nur das Verhalten anderer, sondern kann es genau beschreiben und analysieren. Er vermeidet dabei, von sich auf andere zu schließen und lässt sich auch nicht durch eine vordergründige Freundlichkeit ablenken. Seine Beobachtungsgabe verhindert, dass er allein von dem, was jemand sagt, auf die Person und ihre Intention schließt.
Stattdessen weiß er sehr wohl zu differenzieren zwischen Handeln und Reden und erkennt Widersprüche. All das wird eher unterbunden, wenn eine Person zur Selbstüberschätzung neigt. Jemand, der sich als das Maß aller Dinge sieht, geht davon aus, dass andere Menschen ebenso denken wie er.
Ihm erscheinen automatisch bestimmte Dinge logisch, davon abweichendes Verhalten unlogisch. Ebenso hinderlich für eine gute Beobachtungsgabe ist Naivität: Wer unbekümmert davon ausgeht, dass andere Menschen ebenso handeln würden, begeht den gleichen Fehler wie Egozentriker.
Beobachtungsgabe: Weniger Gabe, mehr Wille
Eine gute Beobachtungsgabe lässt sich trainieren. Mag sein, dass einige Menschen bereits wesentlich geübter darin sind als andere, aber das sollte Sie nicht davon abhalten. Der zweite Bestandteil des Begriffs, nämlich „Gabe“ ist etwas irreführend, denn eine gute Beobachtungsgabe ist nichts, das vom Himmel fällt.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Sie sich für das interessieren, was beziehungsweise wer Sie umgibt, denn an dieser Stelle Sie müssen sich zurücknehmen und beobachten. Sie versuchen, Ihre Vorstellungen abzulegen und ganz neutral und sachlich an eine Situation oder Person heranzugehen.
Sie legen einen anderen Schwerpunkt auf Ihre Umgebung und die Menschen darin und warten ab, wie jemand beispielsweise etwas gemeint haben könnte. Das setzt voraus, dass Sie die eigenen Rückschlüsse und Annahmen erst einmal zurückstellen und überprüfen.
Wer hingegen ohne Beobachtungsgabe einfach aufgrund einer einzelnen Äußerung oder lediglich eines Eindrucks bereits ein Urteil fällt, begeht zweierlei Fehler:
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Sie projizieren Ihre eigenen Ansichten oder Erfahrungen.
Jemand hat sich in einer Situation negativ über einen Kollegen geäußert, den Sie nicht mögen. Sie gehen daher davon aus, dass die andere Person ihn ebenfalls nicht mag. Allerdings haben Sie nur einen Halbsatz mitbekommen und Ihnen ist entgangen, dass der andere eine berechtigte Kritik geäußert hat, aber sonst kein Problem mit dem von Ihnen wenig geschätzten Kollegen hat.
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Sie entwickeln Vorurteile aufgrund eigener Erfahrungen.
Auf Ihrer letzten Arbeitsstelle gab es einen Führungswechsel und Sie hatten erstmals einen weiblichen Chef. Sie haben keine guten Erfahrungen mit ihrer Chefin gemacht und schließlich die Stelle gewechselt. Nun geht Ihr alter Vorgesetzter in Rente und es folgt wiederum eine Chefin. Statt abzuwarten und zu beobachten, haben Sie bereits eine Meinung.
So menschlich verständlich einerseits so ein Verhalten ist: In jedem Fall nehmen Sie etwas vorweg.
Beobachtungsgabe trainieren: Die Sinne schärfen
In Beobachtungsgabe steckt auch Achtung. Achtung können Sie interpretieren als Achtung vor dem anderen, dass Sie sich beispielsweise zurückhalten, jemand anderem erst einmal den Vortritt lassen und abwarten. Dies gibt Ihnen die Gelegenheit zu beobachten, wie die andere Person sich verhält.
Achtung natürlich auch in dem Sinne, dass Sie sich in Acht nehmen: Der eine Kollege erzählt Ihnen haufenweise von diversen Fehlern eines anderen Kollegen – aber welches Ziel verfolgt er dabei? Geht es tatsächlich darum, die Arbeit zu verbessern oder geht es womöglich darum, sich in einem besseren Licht darzustellen? Oder Sie für sich einzunehmen und so gegen den anderen vorzugehen?
Wer seine Beobachtungsgabe trainieren möchte, sollte daher diese drei Tipps beachten:
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Mindfulness
Häufig sind wir mit unseren Gedanken woanders, irgendwie abgelenkt. Das erschwert die Konzentration aufs Wesentliche und damit die Beobachtungsgabe. Denn die setzt voraus, dass wir für eine geraume Zeit unsere Aufmerksamkeit auf diese eine Sache richten.
Trainieren Sie Ihre Mindfulness, indem Sie sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, Ihren Fokus auf die sinnliche Wahrnehmung lenken. Viele Leute können das sehr gut, wenn sie in die Natur gehen, da dort viele Sinne angesprochen werden:
Plätscherndes Wasser und Vogelstimmen, vielfältige Geräusche, die im Büroalltag keinen Platz haben. Sonnenstrahlen und Wind fördern die sensitive Wahrnehmung. Andere können durch Meditation in einem ruhigen Raum die Konzentration wieder bestärken. -
Zuhören
Wer anderen stärker zuhört als selbst immer nur im Mittelpunkt stehen zu wollen, bekommt automatisch mehr mit. Sie haben so die Möglichkeit, den anderen zu beobachten. Was sagt er? Wie sagt er es? Werden die Aussagen zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst?
Wer hingegen gedanklich nur um sich kreist, bekommt Nuancen seines Gegenübers nicht mit. Zuhören bedeutet in dem Fall, eigene Bedürfnisse für den Moment zurückzustellen. Es sollte allerdings weniger aus Berechnung, sondern aus ehrlichem Interesse erfolgen.
Verbunden mit Einfühlungsvermögen lernen Sie Ihr Gegenüber kennen und können so besser Unterschiede im Verhalten wahrnehmen. -
Aktivität
Unternehmen Sie verschiedene Aktivitäten, um möglichst viele Sinne anzusprechen. Und achten Sie dabei ebenfalls auf sportliche Aktivitäten. Wie die alten Römer bereits sagten: Mens sana in corpore sano. Sie trainieren viele Muskeln, werden insgesamt fitter.
Schnellere Reflexe kommen auch Ihrer Beobachtungsgabe entgegen, denn Sie sind durch körperliche Aktivitäten ausgeglichener, entspannter und damit aufnahmefähiger. Kombinieren Sie das mit neuen Erfahrungen, die Ihren Horizont erweitern. So können Sie das Verhalten anderer besser einschätzen lernen, auch wenn es Ihrem bisherigen Denken auf den ersten Blick widerspricht.
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