Werden die Reichen immer reicher?
Mehrere Studien bestätigen, dass die Reichen immer reicher werden – weltweit. Eine Oxfam-Studie bestätigt zum Beispiel, dass von dem gesamten Vermögen, das deutschlandweit erwirtschaftet wurde, rund 81 Prozent an nur ein Prozent der Bevölkerung gingen.
Welche Kluft zwischen Arm und Reich klafft, zeigt ebenso die Vermögensverteilung in Deutschland. Danach besitzen 0,1 Prozent der Deutschen – die Superreichen Milliardäre und Millionäre – rund 20 Prozent des Gesamtvermögens. Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung besitzen noch immer rund 67 Prozent des gesamten Vermögens. Bedeutet umgekehrt: 90 Prozent der Menschen in Deutschland kommen zusammem auf einen Vermögensanteil von nur 33 Prozent.
Weltweit ist der Unterschied noch größer: Die 10 Prozent der reichsten Menschen der Welt besitzen circa 86 Prozent des weltweiten Nettovermögens. Allein die drei reichsten Männer der Welt – Bernard Arnault, Elon Musk und Jeff Bezos – kommen gemeinsam auf einen Reichtum von rund 500 Milliarden Dollar.
Warum werden die Reichen immer reicher?
Die aktuelle Verteilung und Kluft zwischen Arm und Reich erklärt allerdings noch nicht, warum die Reichen immer reicher werden. Dahinter stecken gleich mehrere wirtschaftliche Effekte:
1. Matthäus-Effekt (Wer hat, dem wird gegeben)
Warum die Reichen immer reicher werden, hat der Soziologe Robert K. Merton erforscht und dabei das „Prinzip der positiven Rückkopplung“ formuliert – den sogenannten Matthäus-Effekt). Kurz: Erfolg führt zu weiterem Erfolg (englisch: success breeds success). Merton zeigte zum Beispiel, dass bereits bekannte Autoren wesentlich häufiger zitiert wurden – wodurch sie noch berühmter wurden. Dasselbe passiert auch beim Reichtum: Wer schon viel Geld hat oder es früh zu Reichtum bringt, gewinnt viel leichter und schneller Geld dazu. Der Reichtum verstärkt sich selbst.
2. Winner-takes-it-all-Effekt
Verstärkend auf den Reichtum der Reichen wirkt auch der sogenannte Winner-takes-it-all-Effekt: Wer reich ist, profitiert zusätzlich von den Möglichkeiten des internationalen Steuerrechts und von seinen meist ebenfalls reichen Freunden. Wer es schnell an die Spitze schafft oder bereits viel Geld hat, dem fallen auch weitere Vorteile zu: Jobs, Aufträge, Steuervermeidung. So werden die Reichen noch reicher – sogar exponentiell.
3. Investitionserträge
Haushalte mit größeren Einkommen und Vermögen investieren statistisch häufiger in Aktien und andere Anlageformen. Auf dem Kapitalmarkt kann das Geld – trotz Risiken – enorm vermehrt werden, ohne dass man dafür hart arbeiten muss. Und wer einmal reich ist, profitiert auch davon mehr. Eine einfache Rechnung: Ein Reicher legt 100.000 Euro an, ein Armer kann nur 1.000 Euro investieren. Beide machen 10 Prozent Gewinn. Bedeutet für den Reichen eine Rendite von 10.000 Euro, für den Armen sind es nur 100 Euro. So geht die Schere zwischen Arm und Reich um weitere 9.900 Euro auseinander. Jedes Jahr noch mehr.
4. Cantillon-Effekt
Benannt nach dem französisch-irischen Ökonomen Richard Cantillon (18. Jhd.) beschreibt der Cantillon-Effekt, dass von einer Ausweitung der Geldmenge zuerst Zentralbanken, Banken und Reiche profitieren. Sie können zuerst auf das frische Geld zugreifen und es in Vermögenswerte investieren, bevor es durch die Inflation wieder an Kaufkraft verliert. Auch hierbei wirkt das Anlageverhalten verstärkend: Reiche investieren weniger inflationsgefährlich und stärker in Immobilien und Aktien, während Arme ihr Geld eher in Bankguthaben, Bargeld oder Versicherungen stecken, was kaum Renditen abwirft.
5. Sparpotenziale
Es gibt zahlreiche bewährte Tipps und Tricks, Geld zu sparen, reich zu werden und finanzielle Freiheit zu erlangen – etwa die 50-30-20-Regel. Doch auch hierbei haben Reiche mehr Vorteile als Geringverdiener: Wer jeden Monat gerade seine Kosten decken kann, hat kaum eine Chance, Geld zu sparen oder ein Vermögen aufzubauen. Gerade in Zeiten der Inflation trifft es die Armen härter als die Reichen.
Ab wann ist man reich in Deutschland?
Der Begriff „Reichtum“ ist ein höchst subjektiver, mit dem sich schon zahlreiche Philosophen beschäftigt haben. Was nutzt einem zum Beispiel aller Reichtum der Welt, wenn man krank oder einsam ist? Manche Dinge lassen sich mit Geld nicht kaufen…
Auch wenn eine genaue Definition von Reichtum schwierig ist, werden hierbei in Deutschland zwei Formen unterschieden, ab wann man reich ist:
Einkommensreichtum
Er entsteht durch ein hohes Gehalt: In Deutschland gelten Singles ab einem monatlichen Netto-Einkommen von 3.700 Euro als reich, bei Paaren sind es 5.550 Euro. Zum Vergleich: Das monatliche Durchschnittsgehalt, inklusive geringfügig Beschäftigter und Teilzeitkräfte liegt in Deutschland bei 3.092 Euro brutto.
Vermögensreichtum
Ab wann jemand reich ist, kann ebenso am Vermögen und Eigentum gemessen werden. Dabei spielt auch das Alter eine Rolle: Mit 30 Jahren ist das Vermögen in der Regel kleiner als mit 50 Jahren. Deshalb sollten Sie sich in der jeweiligen Altersgruppe entweder mit dem Median (50-Prozent-Perzentil) oder 90-Prozent-Perzentil vergleichen. Hier eine aktuelle Tabelle. Ist Ihr Vermögen größer, gelten Sie in Deutschland als reich…
Alter | Median | 90 % Perzentil |
unter 30 | 5.000 Euro | 71.300 Euro |
30 – 34 | 17.800 Euro | 202.200 Euro |
35 – 39 | 45.800 Euro | 312.900 Euro |
40 – 44 | 87.200 Euro | 438.900 Euro |
45 – 49 | 105.000 Euro | 519.000 Euro |
50 – 54 | 115.100 Euro | 539.200 Euro |
55 – 59 | 121.900 Euro | 625.400 Euro |
60 – 64 | 120.500 Euro | 600.800 Euro |
65 – 69 | 117.400 Euro | 581.800 Euro |
70 – 74 | 129.600 Euro | 575.600 Euro |
über 75 | 112.500 Euro | 517.700 Euro |
Ein beliebtes Sprichwort lautet: „Die erste Millionen ist die schwerste.“ Und tatsächlich: Wer schon früh zu viel Geld kommt, kann es noch schneller vermehren.
Wie das gelingt? Auch das haben Studien (z.B. an der Uni Münster) untersucht und festgestellt, dass Selfmade-Millionäre vier wichtige Eigenschaften auszeichnen – die sogenannte Millionärspersönlichkeit…
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