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Werden die Reichen tatsächlich immer reicher?

Oft ist es eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: Werden die Reichen immer reicher? Und es stimmt: Die Schere zwischen Arm und Reich klafft seit Jahren immer weiter auseinander. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Aber woran liegt das? Wir erklären, wie ungleich das Vermögen verteilt ist – und (ganz sachlich) warum die Reichen immer reicher werden…


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Reich versus arm: Ungleiche Vermögensverteilung

Das Durchschnittsgehalt in Deutschland liegt bei 3.092 Euro – werden nur Vollzeitbeschäftigungen betrachtet, sind es 4.105 Euro brutto im Monat. Wie immer bei Durchschnittswerten gilt aber: Viele können von solch einem Verdienst nur träumen, andere liegen um ein Vielfaches darüber. Entsprechend groß sind die Unterschiede beim Vermögen.

Welch eine Kluft zwischen Arm und Reich klafft, zeigt die Vermögensverteilung in Deutschland aus verschiedenen Erhebungen:

  • 0,1 Prozent der Deutschen – die Superreichen – haben einen Anteil von 20 Prozent am Vermögen.
  • Während 1 Prozent der Reichen sich 35 Prozent des Vermögens teilen, entfallen auf die restlichen 99 Prozent nur noch 65 Prozent.
  • Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung besitzen rund 67 Prozent des gesamten Vermögens.
  • Die ärmere Hälfte aller Menschen in Deutschland besitzt zusammen lediglich 1,3 Prozent des Gesamtvermögens.

Global betrachtet ist der Unterschied noch größer. Die 10 Prozent der reichsten Menschen der Welt besitzen circa 86 Prozent des weltweiten Nettovermögens. Allein die drei reichsten Männer der Welt – Bernard Arnault, Elon Musk und Jeff Bezos – kommen gemeinsam auf ein Vermögen von rund 500 Milliarden Dollar.

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Vermögenszuwachs: Werden die Reichen immer reicher?

Die Verteilung zeigt den Ist-Zustand, beantwortet aber noch nicht die Frage: Werden die Reichen immer reicher? Studien und Statistiken geben mehr Aufschluss…

Eine Oxfam-Studie zeigte beispielsweise, dass vom gesamten Vermögen, das in den Krisenjahren 2020 und 2021 deutschlandweit erwirtschaftet wurde, rund 81 Prozent an nur ein Prozent der Menschen gingen. 99 Prozent der deutschen Bevölkerung teilten sich lediglich 19 Prozent des Vermögenszuwachses.

Einmal reich, immer reicher

Auch ein Blick auf die jährliche Forbes-Liste zeigt, dass die Reichen tatsächlich immer reicher werden. Im Jahr 2010 galt der Mexikaner Carlos Slim Helú mit einem geschätzten Vermögen von 74 Milliarden Dollar als reichster Mensch der Welt.

Heute würde er es mit diesem Reichtum nicht einmal mehr in die Top 10 schaffen. Das ist natürlich ein extremes Beispiel, das Grundprinzip gilt aber ebenso in anderen Einkommensdimensionen: Wer bereits viel hat, vermehrt seinen Besitz weiter.

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Matthäus-Effekt: Darum werden die Reichen immer reicher

Es gibt zahlreiche Sprichwörter, die genau diesen Reichtums-Effekt beschreiben: „Es regnet immer dorthin, wo es schon nass ist.“ Oder: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Oder: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“ Oder eben: „Die Reichen werden immer reicher.“ Gemeint ist jedesmal das Prinzip der positiven Rückkopplung, das der Soziologe bereits Robert K. Merton formulierte.

Der Grundgedanke: Erfolg führt zu weiterem Erfolg. Positive Rückkopplung bedeutet, dass sich eine Größe verstärkend auf sich selbst auswirkt. Merton zeigte, dass bereits bekannte Wissenschaftsautoren wesentlich häufiger in anderen Werken zitiert und erwähnt wurden – wodurch sie noch berühmter wurden. Ihre früheren Erfolge und die entstandene Berühmtheit sorgten für weitere Erfolgsmomente. Unabhängig von den aktuellen Leistungen.

Success breeds success

Den sogenannten Winner-takes-it-all-Effekt können wir heute in nahezu allen Lebensbereichen beobachten. Wer reich ist, profitiert von Steuererleichterungen mehr als ein Durchschnittsverdiener. Gute Schüler wiederum fallen in der Schule mehr auf und werden deshalb von den Lehrern meist stärker gefördert als die anstrengenden Problemfälle.

Und Top-Entscheider, haben sie erst einmal einen gewissen Status erreicht, brauchen sich über ihre künftigen Jobs in der Regel kaum noch den Kopf zu zerbrechen. Überall führt Erfolg zu noch mehr Erfolg – oft sogar exponentiell. So werden die Reichen noch reicher.

Der Matthäus-Effekt

Robert K. Merton taufte sein Werk auf den Namen Matthäus-Effekt. Was er wissenschaftlich bestätigte, ist eine Erkenntnis von biblischem Alter. Schon im Matthäusevangelium findet sich ein bekanntes Gleichnis mit folgender Geschichte:

Ein reicher Mann verreist und traut sein Vermögen drei Dienern an. Der erste bekommt fünf Teile, der zweite zwei Teile und der dritte nur einen Teil. Die ersten beiden wirtschaften gut und verdoppeln ihre Anteile. Der Dritte aber hat Angst vor Räubern und vergräbt das Geld. Bei der Rückkehr präsentieren die ersten beiden stolz ihren Erfolg. Sie bekommen Lob und größere Verantwortung. Der letzte Diener wird hingegen als faul und nutzlos beschimpft. Sein Geld muss er an den ersten Knecht abgeben und er wird hinausgeworfen.

Das wichtige Fazit der Geschichte: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das noch genommen, was er hat.“ (Mt Kapitel 25, Vers 29)


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4 Gründe, warum die Reichen immer reicher werden

Der Matthäus-Effekt ist nicht unbedingt fair, aber doch überall zu beobachten. Gerade bei Finanzen ist das kein Zufall, sondern lässt sich durchaus plausibel erklären. Aber warum genau werden die Reichen immer reicher? Dafür gibt es mehrere Ursachen:

  1. Einkommensunterschiede
    Der offensichtlichste Grund: Wer bereits viel Geld hat, verdient in den meisten Fällen auch mehr. Wenn ein Top-Verdiener monatlich 8.000 Euro bekommt, eine Aushilfskraft aber nur 1.100 Euro, vergrößert sich der Abstand zwischen den Gruppen unweigerlich.
  2. Sparmöglichkeiten
    Wer jeden Monat gerade seine Kosten decken kann, hat kaum die Möglichkeit zu sparen oder ein Vermögen aufzubauen. Gerade in Zeiten von Inflation und Preissteigerungen trifft es Geringverdiener und ärmere Gesellschaftsschichten besonders hart. Reiche haben weiterhin genügend finanzielle Mittel für laufende Kosten und können Geld zurücklegen.
  3. Investitionen
    Durchschnittlich investieren Haushalte mit größerem Einkommen und höherem Vermögen häufiger in Aktien oder andere Anlageformen. Auf dem Kapitalmarkt kann das Geld vermehrt werden (auch wenn es natürlich ein gewisses Risiko gibt). Ärmere Menschen verwahren ihr Geld hingegen eher auf einem Girokonto, wo es keine oder nur geringe Zinsen gibt – ähnlich dem dritten Diener beim Matthäus-Effekt.
  4. Erträge
    Ein Reicher legt 10.000 Euro an, ein Armer kann nur 1.000 Euro investieren – beide zu jährlich 10 Prozent. Nach einem Jahr hat der reiche Investor bereits 1.000 Euro Rendite gemacht, der ärmere darf sich lediglich über 100 Euro freuen – die Schere zwischen Arm und Reich geht um weitere 900 Euro auseinander. Und jedes Jahr noch mehr.

Es ist genau dieses Prinzip, weshalb es in der Finanzwelt heißt: „Die erste Millionen ist die schwerste.“


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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]