Impulskontrolle Definition: Lenken der eigenen Wünsche
Mal eben auf Twitter seinem Frust Luft gemacht und einen unbedachten Tweet über die unfähige Chefin herausgehauen?
Als erwachsene Person wissen wir normalerweise, dass wir nicht alles zu jeder Zeit haben oder tun können. Oder anders ausgedrückt: Tun wir das doch zu jeder Gelegenheit, können daraus unangenehme Konsequenzen entstehen.
Wir können nicht einfach im Bett liegen bleiben, nur weil es draußen regnet oder weil das heutige Meeting wieder nervtötend zu werden verspricht. Impulskontrolle (englisch: impulse control) heißt, dass wir die Fähigkeit besitzen, Impulsivität dann, wenn sie nicht angebracht ist, zu unterdrücken beziehungsweise zu steuern.
Es handelt sich um die bewusste und gewollte Kontrolle der eigenen Gefühle und Affekte. Wir planen unsere Handlungen, denn wir können die Folgen unseres Verhaltens abschätzen, sofern wir bestimmte Impulse nicht unterdrücken würden.
Aber das ist ein Lernprozss: Die Impulskontrolle bei Kindern und Jugendlichen ist noch wesentlich geringer ausgeprägt, entwickelt sich maßgeblich durch Erziehung. Kleine Kinder quengeln, wenn sie sich langweilen oder hungrig sind, wollen alles sofort haben.
Die Einsichtsfähigkeit, warum dieses Spielzeug jetzt nicht gekauft werden oder ein zweites Eis gegessen werden kann, ist begrenzt.
Störung der Impulskontrolle: Aggression eine Folge
Wer hingegen ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen handelt, bei dem kann eine Störung der Impulskontrolle vorliegen. Menschen mit einer Impulskontrollstörung leiden unter einem unangenehmen Spannungszustand, den sie durch impulsives Handeln zu lösen versuchen.
Typisch für mangelnde Impulskontrolle ist Folgendes:
- Es werden bestimmte Handlungen ständig zwanghaft wiederholt.
- Es gibt keine vernünftige Motivation.
- Die Handlungen können nicht oder nur schlecht kontrolliert werden.
- Sie schädigen die betroffene Person selbst oder andere.
- Es kommt zu einer wachsenden Spannung bei der Ausführung.
Bei Menschen mit emotional instabiler Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 (International Classification of Diseases and Related Health Problems) lässt sich die Impulsivitätskontrollstörung zusammen mit einer instabilen Stimmung nachweisen.
So jemand kann nur schlecht vorausplanen. Kommt noch Aggressivität hinzu, kann das häufig zu gewalttätigem und explosiblem Verhalten führen. Das lässt sich vor allem dann beobachten, wenn andere das aufbrausende und impulsive Verhalten kritisieren oder gar beeinträchtigen.
Mangelnde Impulskontrolle wird unter anderem mit Menschen mit Borderline-Störung in Verbindung gebracht. Sie leiden unter emotionaler Instabilität, haben Schwierigkeiten, Ziele und Präferenzen zu benennen und ihr Selbstbild zu bestimmen.
Da viele impulsive Handlungen automatisiert ablaufen, kann man bei einer Störung der Impulskontrolle auch von einer Störung der Volition sprechen. Die Bandbreite ist groß und die Tatsache, dass viele Betroffene sich ihres Verhaltens bewusst sind, kann zu einem hohen Leidensdruck führen.
Störungen in der Impulskontrolle können sich folgendermaßen äußern:
- Brandstiftung
- Diebstahl
- Essattacken
- Haareausreißen
- Hypersexualität
- Nägelkauen
- Selbstverletzungen
- Spielsucht
Die hier dargestellten Störungen sind allesamt pathologisch, das heißt, über das normale Maß hinaus ausgeprägt. Jemand, der beispielsweise spielsüchtig ist, treibt sich und schlimmstenfalls seine Familie in den finanziellen Ruin. Denn anfängliche Glückssträhnen verleiten zu höheren Einsätzen und stärkeren Risiken.
Selbst bei Verlusten wird weitergespielt, da der Betroffene fest davon überzeugt ist, die Verluste irgendwann ausgleichen und Schulden begleichen zu können. Ebenso können Medikamente Störungen der Impulskontrolle hervorrufen. Bekannt ist das für Arzneimittel wie Levodopa, Dopamin-Agonisten und COMT-Inhibitoren, die vor allem bei der Parkinson-Erkrankung gegeben werden.
Zusammenhang zwischen Impulskontrolle und Resilienz
Impulse sind leider nicht uneingeschränkt positiv. Wer sich beispielsweise über die Entscheidung eines Verkehrspolizisten ärgert und unkontrolliert seinem Frust Luft macht, bringt sich womöglich mit Beamtenbeleidigung erst recht in die Bredouille. Es ist eine Frage der Disziplin:
Hoch resiliente Menschen verstehen es gerade in Situationen, in denen Sie großem Druck ausgesetzt sind, ihre Impulse zu steuern. Sie arbeiten konzentriert und achtsam an Aufgaben und schaffen es, sich nicht ständig von anderen Aufgaben, Ideen oder Menschen ablenken zu lassen.
Sie verfolgen konsequent ihre Ziele, beenden Projekte und ziehen aus diesen Erledigungen Zufriedenheit und Stolz. Genau dieses Gefühl machen sich auch Menschen zunutze, die To-do-Listen führen.
Impulskontrolle bedeutet eben auch, nicht gleich den ersten Versuchungen zu erliegen, was gerade heutzutage sehr leicht ist: Sie sitzen gerade erst am Schreibtisch und gucken „mal eben“ auf Facebook nach. Oder der Blick aufs Smartphone und die kurze Whatsapp-Nachricht, die schnell beantwortet werden muss.
Allein die Begriffe mal eben, schnell, kurz suggerieren, dass in Wirklichkeit keine Zeit verschwendet wird, also alles unter Kontrolle ist. Genau das ist aber nicht der Fall. Impulskontrolle ist im Arbeitsleben wichtiger, als manch einer glaubt – dabei geht es nicht nur darum, dem verhassten Kollegen nicht gleich irgendwelche Unflätigkeiten an den Kopf zu hauen.
Es geht darum, sich fokussiert an Aufgaben heranzusetzen, die einem vielleicht nicht so sehr liegen, weil sie nicht zu den spannendsten Tätigkeiten gehören. Aber auch die sind Bestandteil eines jeden Berufs. Insofern ist Impulskontrolle nicht nur ein Zeichen von Resilienz, sondern auch Selbstmanagement.
Impulskontrolle als Erfolgsfaktor
Manche gehen sogar so weit zu behaupten, dass Impulskontrolle Burnout-Prävention bedeutet. Denn eine mangelnde Impulskontrolle kann dazu führen, dass wir uns verzetteln. Es werden falsche Prioritäten gesetzt, es wird alles als gleich wichtig eingestuft.
Damit wächst allerdings das Pensum an zu erledigenden „Aufgaben“ natürlich stark an. Und mit Aufgaben sind hier dann Dinge gemeint, die eigentlich klar in den privaten Bereich gehören. Das heißt, wer das erkennt und klar trennen kann, schafft sich notwendige Zeit für die Aufgaben, die beruflicher Natur sind.
Der Wille zum langfristigen Erfolg ist mit ebensolcher Planung und konsequenter Arbeit daran verbunden. Es mag Fälle geben, in denen eine plötzliche Eingabe zum Durchbruch verholfen hat. In den meisten Fällen sind jedoch jahrelange Tüftelei und zahlreiche Niederlagen voraus gegangen.
Zur Impulskontrolle gehört es daher auch, die Niederlagen zu verdauen und Ausdauer zu zeigen. Auch wenn einem nach dem ersten großen Scheitern ganz anders zumute ist.
Für den Erfolg muss jemand bereit sein, zurückzustecken. Während andere vielleicht pünktlich Feierabend machen, sitzen Sie noch an einem Projekt, weil Sie wissen, das davon Ihre Beförderung abhängt. Oder der Student, der für die Abschlussprüfung büffelt und am Abend davor die Party ausfallen lässt.
Impulskontrolle bei Kindern: Anpassung an soziale Normen
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, klingt wie eine olle Kamelle, ist aber vermutlich der sinnvollste Leitspruch zahlreicher Elterngenerationen. Im Zuge der Selbstregulation lernen Kinder, welche Erwartungen Eltern und die Gesellschaft an sie stellen.
Sie lernen so, ihre Impulse, Emotionen und Handlungen zu steuern und die kurzfristige Befriedigung längerfristigen Ziele unterzuordnen. In der Psychologie ist vom Gratifikations- oder Belohnungsaufschub die Rede. Hauptziel ist dabei, dass ein Kind ohne die Unterstützung von Bezugs- oder Betreuungspersonen sich steuern kann.
Je älter Kinder werden, desto mehr steigen die Erwartungen an sie. Das betrifft Pflichten im Haushalt ebenso wie Schulaufgaben. Lernt ein Kind nicht, dass es unabhängig von eigenen Gefühlen und Bedürfnissen nicht alles sofort machen oder haben kann, sondern dass stattdessen Geduld und Ausdauer nötig sind, sind Schwierigkeiten im späteren Berufsleben vorprogrammiert.
So jemand wird sich sehr leicht ablenken und von ursprünglichen Zielen abbringen lassen, gibt sich der erstbesten Zerstreuung und jedem Impuls hin. Genau diese mangelnde Impulskontrolle verhindert aber ein konzentriertes und kontinuierliches Arbeiten. Vielleicht macht diese Person viel, aber es ist nicht effizient.
Damit wird Erfolg – ganz gleich, ob im Berufsleben, im Privaten oder auch im Ehrenamt – eher unwahrscheinlich. Ebenfalls schwinden die Aussichten auf Ansehen und ein hohes Gehalt.
Impulskontrolle lernen: Das können Sie tun
Die Ursachen für eine Störung der Impulskontrolle sind verschiedentlich. So vermutet man einerseits eine Dysfunktion im serotonergen System. Verbesserungen wurden durch die Einnahme von auf den Serotoninhaushalt wirkende Antidepressiva und Neuroleptika erzielt.
Eine Störung der Impulskontrolle kann ein Symptom für mehrere Erkrankungen sein. Vor psychischen Erkrankungen ist keiner gefeit, ganz gleich welchen Alters oder Geschlechts. Entscheidet sich der Betroffene für eine Therapie, wird die beispielsweise ganz anders ausfallen, wenn sich die Impulskontrollstörung in Pyromanie oder in Spielsucht äußert.
In jedem Fall steht am Anfang die Erkenntnis, dass der Betroffene Hilfe braucht, denn in den allermeisten Fällen ist eine Überwindung dieser Störung ohne Unterstützung kaum zu bewältigen. Es gibt einige Tipps, die Betroffene in der Therapie erarbeiten, die jeder für sich nutzen kann, der mehr Impulskontrolle lernen möchte:
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Machen Sie Sport.
Sport ist ein hervorragendes Ventil. Und genau darum geht es ja bei Impulskontrolle: Sie können dem Drang widerstehen. Sie halten eine Anspannung aus. Es gibt natürlich Situationen, die besonders zum Spannungsaufbau beitragen, etwa hitzige Diskussionen oder Ähnliches. Die bauen Sie mit Sport ab, Sie powern sich aus und spüren stattdessen Entspannung.
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Entspannungstechniken
Verschiedene Entspannungstechniken haben ganz ähnliche Wirkung. Sie bauen Stress ab. Es gibt Übungen für Nacken und Rücken, aber auch Entspannungsübungen wie beispielsweise Achtsamkeit, Autogenes Training, Yoga oder Meditation. Solche Techniken können dabei helfen, sich von gegenwärtigen Problemen abzulenken, um anschließend mit neuem Elan Dinge anpacken zu können.
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