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Der Marshmallow-Test: Jetzt oder gleich?

Die Zukunft eines Vierjährigen – sie zeigt sich angeblich schon im Umgang mit Süßigkeiten. Darauf jedenfalls deutet der sogenannte Marshmallow-Test hin, der inzwischen zu den Klassikern in der Sozialpsychologie zählt. Dessen Ergebnis ist – kurz gesagt -, dass die Fähigkeit zur Selbstbeherrschung, zum sogenannten Gratifikationsverzicht, ein wesentliches Erfolgskriterium ist und sich dies schon in Kinderjahren offenbart. Damals, 1968, stellten Wissenschaftler um den Psychologen Walter Mischel eine Gruppe von Vorschülern vor eine Tüte Marshmallows (daher der Name) und die Wahl: Entweder ihr esst die Süßigkeit sofort – oder ihr wartet, bis der Versuchsleiter zurückkommt und bekommt dann eine zweite Nascherei. Was glauben Sie, passierte? Genau, einige Kinder griffen sofort zu, die Mehrheit aber wartete ab – mit erstaunlichen Folgen…


Der Marshmallow-Test: Jetzt oder gleich?

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Gratifikationsverzicht als Charakterindiz

Denn damit war das Experiment lange nicht vorbei: Rund 14 Jahre später wurden dieselben Schüler erneut unter die Lupe genommen:

  • Die Geduldigen waren zu selbstbewussten, sozial kompetenten Persönlichkeiten gereift, konnten mit Rückschlägen umgehen und waren in der Lage, eine Belohnung aufzuschieben, wenn es ihren Zielen diente.
  • Die ungeduldigen Sofortesser dagegen waren unsicherer, unentschlossener, neidischer, und schnitten auch – unabhängig von ihrer Intelligenz – in der Schule schlechter ab.

Kurzum: Die Fähigkeit zum Gratifikationsverzicht oder besser gesagt Belohnungsaufschub war und ist ein Kennzeichen starker Charaktere.

Der ehemalige Harvard-Professor Daniel Goleman, der Mitte der Neunzigerjahre einen Bestseller über emotionale Intelligenz schrieb, schlägt in dieselbe Kerbe. Seine These: Zum Erfolg gehört mehr als ein hoher Intelligenzquotient. Der ist allenfalls zu 20 Prozent für Erfolg und Lebensglück verantwortlich.

Wer dagegen klug mit seinen Gefühlen und Begierden umgeht, sich in Geduld üben kann, bringt es im Leben weiter als der brillanteste Bauchmensch.

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Der Marshmallow-Effekt

Dass es klug ist, Vernunft und Intuition willentlich auszubalancieren, ist natürlich keine allzu neue Erkenntnis. Menschen, die das nicht können, fühlen sich oft wie Getriebene ihres Instinkts. Aus diversen Studien ist zudem bekannt, dass starke Gefühle das logische Denken, die Wahrnehmung der Gefühle anderer und sogar die eigenen Sprachfähigkeiten blockieren können.

Jeder kennt das: Wenn man erst einmal vor Rage schnaubt, fehlen einem die Worte.

Empathie dagegen ist auch eine mentale Stärke im Berufsleben, die den Schwerpunkt der vielbeschworenen Sozialkompetenz bildet. Empathische Menschen haben mehr und bessere Beziehungen, sind leichter in der Lage Kompromisse einzugehen und finden schneller Zugang zu anderen.

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Marshmallow Challenge: Wie gut ist Ihr Team?

Immer wieder bescheinigen Studien, dass Menschen, wenn sie versuchen Gruppenentscheidungen zu treffen, die meiste Zeit damit verbringen, anderen Dinge zu erzählen, die schon alle wissen. Kaum einer ist bereit, neue Aspekte einzubringen oder Informationen zu teilen, die nur er oder sie besitzt. Und dabei ist es völlig unerheblich, ob diese Teams nach einem neuen Mitarbeiter, dem besten Investment oder nach einem Schuldigen suchen. Das Ergebnis ist in allen Fällen dasselbe: Mittelmaß – und miese Entscheidungen.

Nun gibt es dazu ein ebenso faszinierendes wie kreatives Spiel: die sogenannte Marshmallow Challenge, bei der einzelne Teams aus Spaghetti einen Turm bauen sollen.

Was aber wirklich dabei passiert, ist: Sie können auf diese Weise ebenso einen subtilen Testlauf absolvieren, wie gut Ihr Team zusammenarbeitet, bevor Sie es an ein echtes Projekt lassen.

Die Regeln der Marshmallow-Challenge sind zudem simpel…

Jedes Team bekommt:

  • 20 Spaghetti
  • 1 Rolle Klebeband
  • 1 Rolle Bindfaden
  • 1 Marshmallow

Ziel ist es, binnen 18 Minuten mit den Spaghetti den höchstmöglichen, freistehenden Turm zu bauen auf dessen Spitze der Marshmallow stecken muss.

Keine allzu schwere Aufgabe, sollte man meinen. Und üblicherweise beginnen die Teams auch sofort damit, zu kollaborieren: Sie diskutieren diverse Bauarten, planen das Konstrukt und beginnen schließlich damit, einen solchen Spaghetti-Turm zu erschaffen, bis 18 Minuten später – Ta-da! – der Turm steht und jemand triumphal den Marshmallow oben aufsteckt. Was aber mehrheitlich passiert, ist, dass sich das Ta-da!-Erlebnis in eine Oh-Oh!-Krise verwandelt und der Turm zusammenbricht.

Wie sich bei diversen Experimenten mit der Marshmallow Challenge zeigte, waren die besten Teams ausgerechnet Kindergartenkinder. Die Gründe:

  • Zu keinem Zeitpunkt versuchte eines der Kinder, CEO von Spaghetti Inc. zu werden. Eitle und Kräfte zehrende Rivalitätskämpfe fielen damit weg.
  • Erwachsene sind üblicherweise darauf trainiert, die einzig richtige Lösung zu finden. Wenn sie dann aber den Marshmallow auf die Spitze piksten und die ganze Konstruktion zusammenbrach, hatten sie keine Zeit mehr, eine neue zu bauen – und erleben eine klassische Krise. Die Kindergartenkinder dagegen begannen einfach mit einer Marshmallow-Spaghetti-Konbination und bauten darauf basierend Prototypen – einen um den anderen. Immer mit dem Marshmallow oben auf. So verbesserten sie ständig ihre Konstruktion, erlebten Erfolge und Irrtümer, hatten am Ende die ungewöhnlichsten Bauwerke – aber eben auch solche, die aufrecht standen. Und natürlich bekam jeder im Kinder-Team unmittelbar Feedback darüber, was funktionierte und was nicht.

Auch das haben die Initiatoren um Tom Wujec, einem eifrigen Anwender der Marshmallow-Challenge, gemessen:

  • Der Durchschnitt kommt auf eine Bauwerkshöhe von 50 Zentimetern.
  • Business-School-Absolventen erreichen im Schnitt nur 25 Zentimeter.
  • Anwälte schaffen immerhin schon eine Höhe von rund 40 Zentimetern.
  • CEOs konstruieren im Schnitt 60 Zentimeter-Bauwerke.
  • Kindergartenkinder bauen bis zu 75 Zentimeter hoch.
  • Teams mit nur einem CEO werden sogar noch besser: rund 80 Zentimeter.
  • Am höchsten aber bauen Ingenieure und Architekten – bis zu einem Meter hoch (wenn sie vorher nicht scheitern).

Bemerkenswert ist zudem, was passierte, als Tom Wujec zehn Teams aus Design-Studenten zu einem Wettkampf aufforderte und dem besten davon einen Preis von 10.000 Dollar versprach: nichts.

Kein Team erschuf einen haltbaren Turm – im Gegensatz zu den zehn Teams, die ohne Belohnung immerhin ein paar Bauwerke zustande brachten.

Als man wiederum denselben Teams vier Monate später dieselbe Aufgabe noch einmal stellte, waren fast alle erfolgreich: Sie hatten erkannt, wie wichtig es ist, miteinander zu arbeiten und obendrein über Prototypen einen standfesten Turm zu entwickeln.

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Belohnung sofort? Wie Dankbarkeit vor Versuchung schützt

Aber zurück zum Marshmallow-Test: Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Die Menschen sind so, sie bewerten eine sofortige Belohnung in der Regel höher als eine zukünftige – selbst wenn diese größer ist.

Deshalb fällt uns sparen auch so schwer und macht Konsum so viel Spaß. Deshalb sind wir so leicht zu verführen – sei es mit riskanten Aktiengeschäften an der Börse, mit ungesundem Essen oder sexuell mit einer Affäre trotz intakter Beziehung.

Die Instant-Lust obsiegt über die vernünftige Vorausschau. Gegen das Jetzt-sofort-hier-und-jetzt-Phänomen scheint kein Kraut gewachsen. Doch das stimmt nicht. Erst vor einiger Zeit entdeckten Wissenschaftler von gleich drei namhaften Universitäten den ultimativen Impfstoff: Dankbarkeit.

Die Experimente von David DeSteno von der Northeastern Universität und seinen Kollegen von der Universität von Kalifornien in Riverside und der Harvard Kennedy School waren ähnlich aufgebaut wie der Marshmallow-Test:

Ihre (diesmal erwachsenen) Probanden konnten wählen, zwischen einem 54 Dollar Sofort-Geldgeschenk – oder 80 Dollar in 30 Tagen. Bevor sie sich entscheiden sollten, wurden die Teilnehmer mithilfe von Texten, die sie verfassen sollten, jedoch in unterschiedliche Gemütszustände versetzt (der Fachmann spricht hier vom sogenannten Priming):

  • dankbar
  • glücklich
  • neutral (Kontrollgruppe)

Erwartungsgemäß zeigte die neutrale Kontrollgruppe die höchste Präferenz für die Sofortauszahlung. Ebenso die Glücklichen. Für große Überraschung sorgten indes die Dankbaren: Sie bewiesen prompt mehr Geduld und waren auch bei Folgetests noch bereit, auf 63 Dollar unmittelbar zu verzichten, um in drei Monaten lediglich 85 Dollar zu erhalten – also selbst bei geringerer Wertdifferenz und längerer Wartezeit auszuharren.

Man könnte sagen, Dankbarkeit macht geduldiger.

Das wäre nicht falsch. Es scheint aber auch so, dass dieses Gefühl uns in noch viel stärkerem Maß erdet und unanfälliger gegenüber Verlockungen in der Gegenwart macht. Wir werden zufrieden mit dem, was wir haben, und brauchen weniger Instant-Befriedigung im Hier und Jetzt wie auch in der Zukunft. Das könnte uns, so die Wissenschaftler vor Impuls-Käufen ebenso bewahren, wie vor der nächsten Zigarette oder einem Seitensprung.

Und eher und stärker wir diesen Gratifikationsverzicht erlernen und etablieren, desto größer der Erfolg im Leben – nicht nur beim Marshmallow-Test…

[Bildnachweis: Roman Samborskyi by Shutterstock.com]

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