Marshmallow-Test: Wer abwarten kann, hat mehr Erfolg!

Zeigt sich Lebenserfolg schon im Kindesalter? Darauf deutet der sogenannte Marshmallow-Test hin. Psychologen fanden dabei heraus: Wer auf schnelle Belohnungen verzichten und abwarten kann, kann auch als Erwachsener Versuchungen widerstehen, langfristig bessere Entscheidungen treffen und besitzt die emotionale Intelligenz für weitreichenden beruflichen Erfolg. Was hinter dem Marshmallow-Test und -Experiment steckt…

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Definition: Was ist der Marshmallow-Test?

Der Marshmallow-Test (auch: Stanford Marshmallow Experiment) ist ein legendäres Experiment zur Impulskontrolle in der Sozialpsychologie, das 1968 von dem Psychologen Walter Mischel an der Stanford Universität durchgeführt wurde. Bei der Studie ging es in erster Linie um die Fähigkeit zur Selbstbeherrschung.

Beim Marshmallow-Test bekamen Kinder im Vorschulalter eine Schale mit Marshmallows (süße Schaumzuckerbällchen, daher der Name) auf den Tisch gestellt und die Wahl: Entweder sofort naschen – oder warten, bis der Versuchsleiter zurückkommt und noch mehr Marshmallows bekommen… Natürlich griffen einige Kinder sofort zu, die Mehrheit aber wartete ab – mit erstaunlichen Folgen!

Gratifikationsverzicht als Charakterindiz

Rund 14 Jahre später wurden dieselben Schüler erneut befragt. Und jetzt zeigte sich: Wer einst Geduld hatte und abwarten konnte, war zu einer selbstbewussten, sozial-kompetenten Persönlichkeit gereift, konnten mit Rückschlägen und Frustrationen umgehen, hatten das höhere Selbstwertgefühl, führten stabilere Beziehungen und erreichten bessere Bildungsabschlüsse.

Die ungeduldigen Sofortesser dagegen waren unsicherer, unentschlossener, neidischer, und schnitten auch – unabhängig von ihrer Intelligenz – in der Schule schlechter ab. Die Schlussfolgerung aus dem Marshmallow-Test: Die Fähigkeit zum sogenannten Gratifikationsverzicht (auch: Belohnungsaufschub) ist ein frühes Indiz für starke Charaktere und späteren Lebenserfolg.

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Der Harvard-Professor Daniel Goleman und Autor eines Bestsellers über „emotionale Intelligenz“ bestätigt das und sagt: Ein hoher Intelligenzquotient ist allenfalls zu 20 Prozent für Erfolg und Lebensglück verantwortlich. Wer dagegen klug mit seinen Gefühlen und Begierden umgeht, bringt es im Leben weiter als der brillanteste Bauchmensch (siehe auch: Korrumpierungseffekt).

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Der Marshmallow-Effekt

Zahlreiche Studien zeigen, dass Selbstkontrolle und mentale Stärke wichtige Erfolgsfaktoren sind und starke, unbeherrschte Gefühle sogar logisches Denken und die eigene Sprachfähigkeit blockieren können. Impulsive Menschen scheitern vor allem an sich selbst.

Das Gegenteil zum Marshmallow-Effekt kennen alle aus dem Sprichwort: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Wer so denkt, sucht und bekommt zwar die Instant-Belohnung, aber eben auch nur den Spatz. Dabei wäre deutlich mehr drin gewesen.

Wie Dankbarkeit vor Versuchung schützt

Der Marshmallow-Test erklärt auch, warum manche Menschen so leicht einer Versuchung erliegen – sei es beim Shopping, bei ungesundem Essen, beim Spekulieren an der Börse oder bei einem Seitensprung in der Liebe: Die Gier und Instant-Lust siegen dann über die vernünftige Vorausschau. Dagegen hilft nur eines: Dankbarkeit.

Bestätigt wird das durch Studien von David DeSteno von der Northeastern Universität. Sein Experiment war ähnlich aufgebaut wie der Marshmallow-Test, die Probanden hatten die Wahl zwischen einer Sofortauszahlung von 54 Dollar oder 80 Dollar in 30 Tagen. Allerdings sollte eine Gruppe zuvor daran denken, wofür sie dankbar ist (siehe: Priming). Und tatsächlich: Die Dankbarkeit machte sie geduldiger und unempfindlicher gegenüber Verlockungen in der Gegenwart.

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Marshmallow-Test Kritik

Ob und wie sehr sich Willensstärke (Fachbegriff: Volition) bei Kindern auf den weiteren Lebenslauf auswirkt, ist allerdings nicht unumstritten. Eine neuere Studie um Tyler Watts von der New York Universität übt Kritik am Marshmallow Test.

Beim Stanford-Experiment von Walter Mischel seien nur Kinder von gut ausgebildeten Eltern beobachtet worden. Das verfälsche die Stichprobe und führe dazu, dass diese Kinder – Belohnungsaufschub hin oder her – später im Leben so erfolgreich waren. Ob das genauso für Kinder aus einem bildungsfernen Elternhaus zutrifft, bezweifeln Watts und seine Kollegen. Bei seinen Experimenten mit einer repräsentativeren und landesweiten Auswahl von Viereinhalbjährigen gab es keinen Einfluss des Gratifikationsverzichts mehr (Korrelation: 0,3).

Ihr Fazit: Bildung sei noch wichtiger als Selbstkontrolle. Tatsächlich hielten vor allem Akademikerkinder länger der süßen Versuchung stand. Der Zusammenhang mit späteren Leistungen und Lebenserfolg als Erwachsene ließe sich daher statistisch nur zu einem Viertel mittels Impulskontrolle erklären.


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