Ivy-Lee-Methode: Die Entstehungsgeschichte
Kennen Sie Charles M. Schwab? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er einer der reichsten Männer der Welt und Präsident von Bethlehem Steel, dem zweitgrößten Stahlunternehmen seiner Zeit. Anfangs als größter Schiffsproduzent bekannt, waren der Stahlmagnat und sein Unternehmen Wegbereiter für das Zeitalter der Wolkenkratzer.
Schwab hatte allgemein den Ruf, alles für den Erfolg zu tun und stetig Verbesserungen anzustreben. Nicht ohne Grund soll Thomas Edison einmal über ihn gesagt haben Er ist ohne Pause auf der Suche nach einem Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten.
Diese Suche war es dann wohl auch, die Schwab 1918 dazu bewegte, den Unternehmensberater und Experten für Produktivität Ivy Lee anzuheuern. Er war unzufrieden mit seiner Arbeit und den Leistungen seiner Teams und suchte nach einer Lösung.
Seine Aufgabe für Ivy Lee: Zeig mir, wie ich in der gleichen Zeit mehr schaffen kann. Dieser zögerte nicht lange, sondern erwiderte selbstbewusst:
Ich brauche 15 Minuten mit Ihnen und den Führungskräften. Anschließend können Sie meine Methode Testen und wenn es funktioniert, bezahlen Sie mir nach drei Monaten, was Sie für angemessen halten.
Gesagt, getan. Drei Monate später treffen die beiden sich wieder und Schwab überreicht Ivy Lee einen Check über 25.000 Dollar (weshalb das System auch als 25.000 Dollar Methode bekannt ist). Der Stahlunternehmer sagte später, dass dies die beste und gewinnbringendste Lektion seines Lebens war.
Die Begeisterung spiegelt sich auch in der Bezahlung wider, die für damalige Verhältnisse unvorstellbar hoch war und gemessen an der Arbeitszeit kaum zu erklären scheint – doch für Schwab war es jeden Dollar wert.
Ivy-Lee-Methode: So funktioniert sie
Und womit hat Ivy Lee so sehr überzeugt? Bei diesem Preis und der Zufriedenheit von Charles M. Schwab könnte man meinen, es müsse sich um eine aufwändige Technik handeln, die dazu befähigt, die anfallenden Aufgaben effektiver zu bearbeiten oder ein komplexes Konzept, mit dem die Arbeitsabläufe optimiert werden sollen.
Die Wirkung und der positive Effekt stimmen zwar, doch kompliziert ist an der Ivy-Lee-Methode gar nichts. Es braucht lediglich Stift, Papier und ein paar Minuten Zeit. Kein Wunder also, dass der Produktivitäts-Experte gerade einmal 15 Minuten brauchte, um die Methode zu erklären.
Das Ganze lässt sich bereits in wenigen Schritten verstehen und erlernen:
-
Schreiben Sie sechs Aufgaben für den nächsten Tag auf.
Was kommt am nächsten Tag auf Sie zu, welche Projekte stehen an und welche Aufgaben müssen erledigt werden? Nehmen Sie sich ein leeres Blatt Papier und schreiben Sie die sechs wichtigsten Aufgaben und Herausforderungen des kommenden Tages auf.
-
Ordnen Sie diese Aufgaben nach ihrer Priorität.
Schauen Sie sich im zweiten Schritt der Ivy-Lee-Methode Ihre Aufgaben-Liste genau an und ordnen Sie jedem ToDo eine Zahl zu – entsprechender der Priorität der Aufgabe. Bringen Sie die Aufgaben dann in die entsprechende Reihenfolge, sodass die wichtigste Aufgabe mit der Nummer 1 an oberster Stelle steht.
-
Erledigen Sie die erste Aufgabe der Liste.
Der Arbeitstag nach der Ivy-Lee-Methode beginnt – wie zu erwarten – mit der Aufgabe, die die größte Priorität hat. Und zwar ohne Ablenkungen, kein nebenbei E-Mails checken und auch kein Ich erledige schon mal was anderes. Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf die wichtigste Aufgabe, bis diese wirklich abgeschlossen ist.
-
Prüfen Sie die Prioritäten erneut.
Bevor Sie sich an die zweite Aufgabe machen, nehmen Sie sich noch einmal die Liste zur Hand und überprüfen Sie, ob die Prioritäten weiterhin stimmen. Vielleicht ist etwas neues dazu gekommen, das dringend erledigt werden muss oder eine Aufgabe ist doch nicht mehr so wichtig. Kontrollieren Sie die Prioritäten noch einmal auf ihre Richtigkeit und passen Sie die Ordnung falls nötig an.
-
Machen Sie sich an die nächste Aufgabe.
Die Prioritäten stimmen noch oder wurden in die richtige Reihenfolge gebracht? Dann geht es nun an die zweite Aufgabe. Nach dieser Methode arbeiten Sie sich durch den gesamten Tag, bis der Feierabend ansteht: Eine Aufgabe erledigen, Prioritäten prüfen, weiter machen.
-
Erstellen Sie am Abend eine neue Liste.
Neigt sich der Arbeitstag dem Ende, schließen Sie die aktuelle Aufgabe ab und bereiten Sie den gleichen Ablauf für den nächsten Tag vor. Heißt: Erstellen Sie eine weitere Liste mit den sechs wichtigsten Aufgaben – darunter auch die, die von der heutigen Liste übrig sind und immer noch relevant sind.
Die Vorteile der Ivy-Lee-Methode
Es gibt zahlreiche Tipps, Ratschläge, Methoden und Ansätze, mit denen die Produktivität gesteigert werden kann. Effektiver und besser Arbeiten – ein Wunsch vieler Arbeitnehmer und natürlich auch Vorgesetzter. Was aber macht die Ivy-Lee-Methode so besonders und im wahrsten Sinne des Wortes 25.000 Dollar wert?
Das lässt sich kaum an einem einzelnen Punkt fest machen, fest steht jedoch, dass die Methode eine ganze Reihe an Vorteilen mitbringt, die dafür sprechen, den Vorschlag von Ivy Lee zumindest einmal auszuprobieren, um herauszufinden, ob die eigene Arbeit davon profitiert.
-
Fokus
Das häufig diskutierte Multitasking… Wer versucht, alles gleichzeitig zu machen, schafft dabei am Ende meist weniger und die Ergebnisse fallen obendrein schlechter aus. Die Ivy-Lee-Methode setzt die Konzentration gezielt auf eine Aufgabe nach der anderen.
Damit bekommt jedes Projekt die volle Aufmerksamkeit, die notwendig ist, um beste Leistungen zu erbringen und wirklich voran zu kommen. Mit diesem Fokus lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und lösen, anstatt Stunden daran herumzudoktern. -
Priorität
Viel zu schaffen bringt nichts, wenn die Energie an den falschen Stellen investiert wird. Leider passiert genau das sehr oft. Es wird geackert und geschuftet, nur um anschließend festzustellen, dass die wirklich wichtige Dinge immer noch unerledigt sind.
Ein großer Vorteil der Ivy-Lee-Methode ist die gezielte und wiederholte Prioritätensetzung. So werden die Aufgaben bearbeitet, die wirklich angepackt und abgeschlossen werden müssen. -
Effizienz
Gerade Ablenkungen und auch Multitasking führen oft dazu, dass zwar viel gearbeitet, aber wenig geleistet wird. Ein bisschen hier, ein bisschen da und schon ist der Tag um, ohne dass irgendetwas wirklich vorangegangen ist.
Ivy Lee leitet dazu an, die Zeit, die gearbeitet wird, effizient zu nutzen. Das bedeutet nicht, dass keine Pausen eingelegt werden – ganz im Gegenteil. Diese sollten aber am besten zwischen die einzelnen Aufgaben gelegt werden und nicht von der Erledigung abhalten. -
Organisation
Auf dem Schreibtisch stapeln sich inzwischen die Aufgaben und Ordner, die noch durchzusehen sind, der Chef bringt gefühlt stündlich etwas Neues und Sie wissen nicht mehr, wo Ihnen der Kopf steht. Organisation? Fehlanzeige.
Mit der Ivy-Lee-Methode behalten Sie ganz automatisch den Überblick und machen die Organisation der Aufgaben zur Gewohnheit. Indem Sie sich nicht nur jeden Abend, sondern auch zwischen den ToDos mit den anstehenden Herausforderungen beschäftigen, wissen Sie immer, was als nächstes kommt. -
Motivation
Wie soll Spaß an der Arbeit aufkommen oder erhalten bleiben, wenn der ständige Stress nur damit belohnt wird, dass der Chef unzufrieden ist und Sie selbst an Ihren Leistungen zweifeln? Zu sehen, dass Sie wirklich etwas schaffen, ist hingegen ein Schub für die Motivation.
Besonders anspornend ist dabei das Gefühl, die oberste Priorität abzuhaken – und das im besten Fall gleich mehrmals täglich. Das gibt die Bestätigung, dass Sie auf einem guten Weg sind und wirklich etwas geleistet haben, dass zum Erfolg (Ihrem persönlichen und dem des Unternehmens) beiträgt.
Ivy-Lee-Methode: So simpel und doch so gut
Eine der häufigsten Fragen zur Ivy-Lee-Methode lautet Das ist so simpel, wie soll das denn funktionieren? Getreu dem Motto: Was nicht kompliziert ist, kann auch nicht wirklich gut sein. Schließlich beschäftigen sich zahllose Wissenschaftler mit dieser Thematik und jeder gibt einen anderen Ratschlag, der die Lösung aller Produktivitätsprobleme bringen soll.
Ausgerechnet die einfache Ivy-Lee-Methode soll da besonders gut abschneiden?
Ja, genau das. Und zwar aus guten Gründen:
-
Sie ist einfach in der Anwendung.
Gerade die Einfachheit ist der vielleicht stärkste Grund, dass die Ivy-Lee-Methode funktioniert. Sie ist praktikabel. Jeder kann Sie anwenden und vor allem auch beibehalten, ohne sich zu anstrengenden oder zeitaufwändigen Prozeduren zwingen zu müssen.
-
Sie schafft Klarheit.
Viele Methoden wollen erklären, wie Sie in einer bestimmten Zeit viele oder falls möglich gleich alle Aufgaben zufriedenstellend erledigen. Anders die Ivy-Lee-Methode. Es geht nicht darum, alle Punkte der Liste zu erledigen, sondern zu verstehen, was wirklich wichtig ist und getan werden muss.
-
Sie erleichtert den täglichen Einstieg.
Ein großes Hindernis für die Produktivität vieler Mitarbeiter ist der Tagesstart. Erstmal Kaffee kochen, E-Mails lesen, am Schreibtisch einrichten und schauen, was so getan werden muss. Bis es wirklich losgeht, vergeht dabei meist einige Zeit. Dank der Ivy-Lee-Methode wissen Sie jedoch bereits am Abend vorher, womit es am nächsten Tag losgeht – und so können Sie direkt starten.
Diese Artikel finden andere Leser interessant
- Zeitmanagement: Was Sie wirklich erfolgreicher macht
- Selbstmanagement: Methoden und Definition
- ToDo-Listen: Tipps für mehr Produktivität
- Prioritäten setzen: Der wichtigste Zeitmanagement-Tipp
- Zeitfresser: Das sind die schlimmsten
- Prokrastination: 50 Tipps gegen Aufschieberitis
- Selbstorganisation lernen: Mehr Ordnung, bessere Ergebnisse
- Disziplin lernen: 10 Schritte zu mehr Selbstdisziplin