Wie funktioniert ein Kanban Board?
Entwickelt wurde Kanban bereits in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts von dem Automobilkonzern Toyota, um Lagerbestände zu reduzieren und die Fertigungsprozesse in einen gleichmäßigeren Rhythmus zu bringen. Heute wird das Kanban Board dem Lean Management, dem agilen Projektmanagement und der SCRUM-Methode zugeordnet. Häufig wird das Kanban-Prinzip in der IT und im Personalwesen eingesetzt, doch mittlerweile erfreut es sich auch in anderen Bereichen wachsender Beliebtheit, um den Überblick über Projekte und Abläufe zu behalten.
Das Ganze funktioniert simpel in Form einer Wandtafel, aus dem englischen übernommen einfach Board genannt. Die Kanban Tafel wird in der Grundversion in drei Spalten unterteilt, auf die dann jeweils Haftnotizen oder Karteikarten mit den einzelnen Aufgaben kommen. Die drei Spalten sind folgendermaßen gegliedert:
Aufgabe (To Do) Hier werden zunächst alle erforderlichen Prozesse und Aufgaben erfasst. Dies ähnelt der klassischen To Do Liste. In der ersten Spalte des Kanban Boards werden somit alle anstehenden Aufgaben angepinnt, die für einen Mitarbeiter oder ein Team in nächster Zeit anstehen.
Bearbeitung (Doing) Sobald erste Arbeiten ausgeführt werden und die Umsetzung begonnen hat, wandert die jeweilige Karte in diesen Bereich. So kann auf einen Blick gesehen werden, woran gerade gearbeitet wird und welche Projekte sich aktuell in der Umsetzung befinden.
Erledigt (Done) In die letzte Spalte des Kanban Boards gelangt ein Haftzettel erst dann, wenn die darauf stehende Aufgaben wirklich vollständig abgearbeitet wurde. Gemeint ist damit vollständige Erledigung, inklusive möglicher abschließender Kontrollen oder Korrekturen.
Beispiel und Vorlage für ein Kanban Board
Ziele des Kanban Prinzips
Ziel des Kanban Boards ist es, den Workflow sichtbar zu machen. So können frühzeitig eventuelle Engpässe erfasst und behoben und die Wertschöpfungskette kostenoptimal gelenkt werden. Aber auch andere Ziele werden mit einem Kanban Board verfolgt. Dazu gehören…
- der Überblick über die zahlreichen meist parallel laufenden Arbeitsschritte zu behalten.
- die Visualisierung, welcher Prozess sich gerade in welchem Stadium befindet.
- die Optimierung der Zusammenarbeit.
- die Steigerung der Kommunikation.
Kanban eignet sich hervorragend, um Prozesse innerhalb eines Teams transparent zu gestalten. Im Idealfall erhält so jeder Beteiligte zu jedem Zeitpunkt durch einen Blick auf das Kanban Board alle relevanten Informationen.
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Die 6 Kanban Praktiken
David Anderson, einer der Begründer agiler Softwareentwicklung, beschrieb und sechs Praktiken, die Unternehmen bei der Anwendung von Kanban in ihre Arbeitsweise einbauen. Im folgenden stellen wir diese 6 Kanban Praktiken vor, die Anderson zufolge vor allem bei der Umsetzung der ersten Schritte mit Kanban ihre Wirkung entfalten:
Visualisierung
Häufig werden die einzelnen Prozessschritte der Wertschöpfungskette mit einem Whiteboard sichtbar gemacht. Dieses wird mit Post-its zu einem Kanban-Board gestaltet, auf dem die Spalten die einzelnen Stationen darstellen. Auf den Haftnotizzetteln (wahlweise auch Karteikarten) stehen die die einzelnen Tasks, Features, User Stories und dergleichen, die im Laufe des Prozesses von links nach rechts auf dem Kanban-Board wandern.
Begrenzung
Um einen gleichmäßigen Workflow zu gewährleisten, wird die Anzahl der Tickets (Work in Progress – WiP) begrenzt, die zur selben Zeit an einer Station bearbeitet werden dürfen. Wenn eine Station gerade an drei Tickets arbeitet und diese Station auf drei Tickets limitiert wurde, darf sie kein weiteres viertes Ticket annehmen, auch wenn die zuarbeitende Station ein weiteres liefern könnte. Dieses Vorgehen wird Pull-Prinzip genannt: jede Station holt ihre Arbeit bei der Vorgängerstation ab, anstatt fertige Arbeit einfach an die nächste Station weiterzureichen. So hat jede Station auch die Chance, ihre Aufgaben abzuarbeiten.
Steuerung
Im gesamten Kanban-Prozess werden einzelne Bereiche wie Warteschlangen, Zykluszeit und Durchsatz überprüft. So lässt sich feststellen, an welchen Stellen die Arbeit gut organisiert ist und wo eventuell Verbesserungen notwendig sind. Auch lässt sich so eher planen, so dass Zusagen und Verlässlichkeit gesteigert werden.
Verdeutlichung
Um zu gewährleisten, dass sämtliche Beteiligten von denselben Annahmen und Gesetzmäßigkeiten ausgehen, müssen alle Regeln festgelegt werden. Dazu gehören beispielsweise Begriffsdefinitionen, Bedeutungen der jeweiligen Spalten, und klare Regeln, wann ein Ticket auf dem Kanban Board weiter wandert und Klärung, wer wann zieht, unter welchen Bedingungen das nächste Ticket aus der Warteliste gezogen wird.
Rückmeldung
Kanban ist ein flexibles Modell, daher werden beständig Rückmeldungen und Überprüfungen durchgeführt. Ziel von Kanban ist es zu gucken, wo es zu Stauungen (bottlenecks) kommt – dafür wird ein Rückmeldungssystem eingeführt. Anhand von Feedbacks kann jede Station erkennen, wo es gerade hängt, wo vielleicht Unterstützung notwendig ist.
Verbesserung
Wie im vorherigen Punkt erläutert, sind Rückmeldungen ein wichtiger Bestandteil von Kanban. Die eingeführten Feedback-Mechanismen führen zu Verbesserungen, indem in manchen Stationen verschlankt oder ergänzt werden kann – je nach Rückstau beziehungsweise Bedarf.
Vor- und Nachteile von Kanban
Ein Kanban Board ist keine Raketenwissenschaft, was die Methode aber nicht weniger wirkungsvoll macht. Für die Wirksamkeit gibt es eine simple Erklärung: Die übersichtliche Darstellung des Workflows.
Für viele Teams ein wichtiger Plusplunkt ist zudem, dass die Visualisierung anhand eines Kanban Boards zeitraubende und nervige Meetings überflüssig macht.
Vorteile eines Kanban Boards
- Die Visualisierung des Projektablaufs lässt Probleme anhand von Ticket-Häufungen erkennbar werden.
- Einige Meetings werden überflüssig, wodurch Zeit gespart werden kann.
- Kanban lässt sich mit anderen Methoden wie zum Beispiel Scrum kombinieren.
- Durch die Begrenzung auf eine Höchstzahl an Tickets werden Stauungen vermieden und die Prozesse bleiben überschaubar.
- Ist das Kanban-Board in Büroräumlichkeiten angebracht, bietet es eine Grundlage für den regelmäßigen Austausch des Teams.
- Die Zusammenarbeit auch bei anderen Aufgaben wird langfristig gefördert.
- Gleichzeitig regt Kanban zum selbstständigen Arbeiten an, da jederzeit verfügbare Aufgaben begonnen werden können.
Neben den zahlreichen Vorteilen hat ein Kanban Board aber natürlich auch einige Nachteile und Schwachstellen. So ist die klassische Form einer Tafel nur in Teams möglich, die feste Anwesenheit im Büro haben. Wer digital zusammenarbeitet oder bei Teams, die große Distanzen überbrücken, braucht es eine Software oder Online-Lösung. Dies lässt sich noch lösen, darüber hinaus gibt es aber weitere Nachteile:
Nachteile eines Kanban Boards
- Jeder kann auf das Kanban-Board zugreifen – dadurch können Tickets verloren gehen, was zu Prozessverzögerungen und Ärger führt.
- Da Kanban Schwachstellen aufdeckt, können Minderleister identifiziert werden – das kann zur Ablehnung der Methode bei den Mitarbeitern führen.
- Kanban bietet sich eher für kleinere Teams an, da sonst die Übersichtlichkeit leidet.
- Kanban Boards eignen sich nicht für große, langfristige Projekte.
Kanban Board individuell anpassen
Wird ein Kanban Board im Team genutzt, steigt der Nutzen mit der Zeit und es wird von den Mitarbeitern noch besser angenommen. Der Grund: Mit wachsender Erfahrung funktioniert die Umsetzung nicht nur besser, das Kanban Board kann auch individuell entwickelt und an die Bedürfnisse angepasst werden.
Hierbei können Lerneffekte genutzt werden, um das Kanban Board optimal zu gestalten. Der Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Hier einige Beispiele, wie das Kanban Board weiterentwickelt werden kann:
- Teammitglieder erhalten unterschiedliche Post-It-Farben, um diese schnell zuzuordnen.
- Notizen werden um zusätzliche Informationen erweitert.
- Priorität der Aufgaben wird farblich dargestellt.
- Symbole weisen auf die verschiedenen Projekte hin, zu denen die Tasks gehören.
- Spalten werden hinzugefügt, um beispielsweise Analyse- oder Zwischenschritte einzuführen.
Idealerweise kommen diese Impulse aus dem Team selbst. Schließlich sind es die Mitarbeiter, die hauptsächlich mit dem Kanban Board arbeiten und daher am besten wissen, wie es noch effizienter werden kann.
Kanban ist eine Methode, die sich entwickeln und angepasst werden sollte. Nur so lässt sich der größte Nutzen daraus ziehen. Lernen Sie aus der Anwendung, kontrollieren Sie die Umsetzung regelmäßig und finden Sie heraus, wie Sie Ihr Kanban Board optimieren und an den Arbeitsalltag anpassen können.
Was ist Personal Kanban?
Kanban konzentriert sich zunächst auf die Organisation von Aufgaben und kurzfristigen Projekten. Damit lässt sich der Arbeitsalltag gut organisieren. Doch gerade langfristige Projekte geraten so leicht aus dem Fokus. Personal Kanban ergänzt hier einen perspektivischen Blick.
Dazu wird ebenfalls wieder jedes Projekt auf einer Karte notiert und am Kanban-Board befestigt. Das Personal-Kanban-Board bildet in dem Fall jedoch einen längeren Zeitraum ab. Das heißt, Sie ergänzen Ihr Board noch um einige Spalten – entweder Wochen oder Monate – und blicken so perspektivisch in die Zukunft.
Das macht das Kanban Board natürlich etwas komplexer. Um beim Personal Kanban nicht die Übersicht zu verlieren, sollten Sie daher folgende Empfehlungen beherzigen:
- Es befinden sich nie mehr als sechs Projekte in Wartestellung.
- Es darf aktuell nur ein Projekt in Bearbeitung sein.
- Alltägliche Aufgaben gehören nicht auf ein Personal Kanban Board haben auf dem Board nichts zu suchen. Diese gehören in eine normale To-Do-Liste oder ein separates Kanban Board.
Ein solches Personal Kanban Board sollte nicht mit einem normalen Kanban Board verwechselt oder gleichgesetzt werden. Diese Variante dient allein der (Projekt-)Planung und Steuerung – nicht der täglichen Organisation von Aufgaben.
Kanban Board Software
Auch wenn die Originalmethode des Kanban Boards mit Zetteln und einer Tafel funktionieren, so sind mittlerweile viele kostenlose und auch kostenpflichtige Anwendungen erhältlich, um Work in Progress über ein Kanban Board abzubilden. Zwei der bekanntesten sind Jira und Trello, die wir Ihnen deshalb vorstellen:
Jira
Jira von Atlassian ist wohl die bekannteste webbasierte Software, die mit Kanban kombiniert werden kann. Ursprünglich als Plattform zur Fehlerbehebung entwickelt, wird es nun zum Projektmanagement verwendet. Zwar ist Jira generell kommerziell angelegt, jedoch können für Open-Source-Projekte, Wohltätigkeitsorganisationen und Einzelpersonen kostenlose Lizenzen erworben werden. Per drag and drop können die Karten in den einzelnen Spalten verschoben werden. Der Vorteil bei den virtuellen Karten von Jira ist, dass beispielsweise Zusatzinformationen wie Bilder, Anhänge oder auch weiterführende Links darauf platziert werden können.
Trello
Auch diese webbasierte Anwendung dient dem Projektmanagement. Trello ist als kostenlose Basisversion bereits recht umfangreich und gehört mit zu den beliebtesten Jira-Alternativen. Trello ist auch als App fürs Smartphone erhältlich. Einer Liste können beliebig viele Tickets hinzugefügt werden, wobei die Tickets alles mögliche sein können: Aufgaben, Termine oder anderes. Per E-Mail werden Sie informiert, falls ein Ticket für Sie erstellt wird.
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