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Rücktritt: Wann sollte man zurücktreten?

Sie haben sich über Jahre hinweg nach oben gearbeitet, haben geschuftet, um die immer neuen Vorgesetzten zu überzeugen und haben sich die Beförderung redlich verdient. Oder vielleicht haben Sie ein eigenes Unternehmen aufgebaut, waren von Anfang an die Speerspitze, haben die ersten Krisen gemeistert und die Firma bis zum Erfolg geführt. Auf all das freiwillig verzichten und zurücktreten? Die erste Reaktion lautet meist: Auf keinen Fall! Doch sollten Sie diese wichtige Entscheidung nicht allzu voreilig treffen, denn manchmal ist ein Rücktritt nicht nur sinnvoll, sondern auch absolut angebracht. Warum der Schritt zurück so schwer fällt und wann Sie trotzdem zurücktreten sollten…



Rücktritt: Wann sollte man zurücktreten?

Rücktritt: Warum wehren wir uns gegen diesen Schritt?

Das Thema Rücktritt hat immer einen negativen Beigeschmack. Schon das Wort steht für eine Entwicklung in die falsche Richtung und wenn von Rücktritt die Rede ist, denken die meisten nur an Manager, die einen Konzern mächtig gegen die Wand gefahren haben oder in ihrer Position so sehr versagt haben, dass sie für das Unternehmen nicht mehr tragbar waren.

Kein Wunder, dass die meisten Manager und Führungskräfte sich mit Händen und Füßen gegen diesen Schritt sträuben, scheint doch wirklich alles dagegen zu sprechen. Wir haben drei der wichtigsten Faktoren aufgelistet, die dem Rücktritt gerne im Weg stehen.

  • Stolz

    Man hat hart gearbeitet, um die jetzige Position zu erreichen. Eine gute Ausbildung, langjährige Berufserfahrung und unzählige Stunden harter Arbeit und Überstunden stecken im Erfolg. Da darf man auch schon einmal stolz auf sich und die eigenen Leistungen sein. Verständlicherweise fällt es dann aber umso schwerer, freiwillig auf die erarbeitete Stellung zu verzichten.

  • Ansehen

    Mit der hohen Stellung im Unternehmen geht auch ein gewisses Ansehen sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld einher. Die Angst bei einem Rücktritt ist daher groß, plötzlich als Verlierer dazustehen und das Ansehen und den Respekt der anderen zu verlieren.

  • Zweifel

    Ein wichtiger Faktor sind natürlich auch die Zweifel: Ist der Rücktritt wirklich die richtige Entscheidung? Gibt es vielleicht eine bessere Lösung? Der Rücktritt ist schließlich ein endgültiger Schritt und man kann sich nicht nach einiger Zeit überlegen, dass man doch gerne wieder zum bisherigen Status Quo zurückkehren möchte.

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Rücktritt: Wann ist es an der Zeit, seinen Hut zu nehmen?

Ein Rücktritt kann aber mit Blick auf die Zukunft auch der genau richtige Schritt sein – sowohl für Sie, als auch für das Unternehmen, in dem Sie eine Position mit großer Verantwortung innehaben.

Wichtig ist nur, dass Sie die Zeichen erkennen und auch einsehen, dass es an der Zeit ist, ernsthaft über einen Rücktritt nachzudenken. Meist ist es so, dass in dem Moment, in dem eine Führungskraft diesen Gedanken fasst, um sie herum die Mitarbeiter schon länger erkannt haben, dass es an der Zeit wäre.

Um Ihnen dabei zu helfen, haben wir einige Punkte gesammelt, an denen Sie erkennen können, dass die Zeit für Ihren Rücktritt gekommen sein könnte.

  1. Die Verantwortung wächst Ihnen über den Kopf.

    Je mehr Verantwortung auf Ihren Schultern liegt, desto größer wird auch der Druck, dem Sie sich Tag für Tag aussetzen müssen. Ihre Mitarbeiter erwarten den gut funktionierenden Chef, auf den sie sich immer verlassen können, der mit Rat und Tat zur Seite steht. Gleichzeitig wollen Ihre Vorgesetzten Ergebnisse und Entwicklungen sehen, die Ihre Arbeit als Führungskraft bestätigen. Wenn Sie merken, dass Ihnen all das und der damit verbundene Druck langsam zu viel wird, sollten Sie sich fragen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, die Führungsposition an den Nagel zu hängen.

  2. Entscheidungen fallen Ihnen immer schwerer.

    Chefs müssen entscheiden. Täglich, Stündlich und in stressigen Phasen auch minütlich. Neue Kunden gewinnen, eine Marketingkampagne starten, Personalentscheidungen treffen und das Budget im Blick behalten. Geraten die Entscheidungen in einem Unternehmen oder auch einer Abteilung ins Stocken, kommt der gesamte Ablauf in Schwierigkeiten. Fällt es Ihnen zunehmend schwer, wichtige Entscheidungen zu treffen, kann es sein, dass Sie ein Problem mit der großen Verantwortung haben und in einer anderen Position besser aufgehoben wären.

  3. Sie wehren sich gegen den Fortschritt.

    Der Markt in den meisten Branchen ist schnelllebig und was heute noch auf dem neuesten Stand war, ist morgen schon veraltet und durch bessere Technologie und optimierte Abläufe ersetzt. Manchem fällt es aber sehr schwer, immer mit dem Zeitgeist zu gehen und sich den neuesten Entwickelungen anzupassen. Doch genau das ist ein wichtiger Aspekt von Führungskräften. Sie müssen Trends erkennen, bewerten und schnell umsetzen, um nicht den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren. Um zu verhindern, dass Ihr Unternehmen ins Hintertreffen gerät, ist es ein mutiger Schritt, den eigenen Rücktritt in Erwägung zu ziehen, um dem Erfolg des Unternehmens zu ermöglichen.

  4. Sie entwickeln eine Abneigung gegenüber Meetings.

    Es klingt absurd, aber tatsächlich kann es bei Führungskräften zu einer regelrechten Aversion gegen Meetings kommen. Der einfache Grund dahinter: Sie kosten Zeit. Viele Manager und Führungskräfte kommen in ihre Position, weil Sie Macher sind. Sie packen die Dinge an, bringen Innovationen voran und liefern Ergebnisse. In Meetings wird hingegen viel Zeit mit Vorträgen, Diskussionen und Absprachen verbracht, ohne wirklich produktiv zu sein. Sollten Sie sich in Meetings eingesperrt und nutzlos fühlen, werden Sie in einer anderen Position vermutlich glücklicher – und erfolgreicher.

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Rücktritt kein Teil der Unternehmenskultur

Die Schwierigkeit mit dem Rücktritt liegt darin, dass er so im Karrieredenken von Menschen und Unternehmen nicht vorkommt: Rücktritt wird automatisch gleichgesetzt mit Scheitern. Dabei könnte es genauso gut sein, dass die Führungskraft mit Feuereifer alle Herausforderungen angepackt und Projekte nach vorne gebracht hat.

Aber mittlerweile sind die ehemals neuen Abläufe zur Routine geworden, es gibt keine Veränderungen mehr, man langweilt sich. Ein Rücktritt wäre daher die logische Konsequenz. Allerdings ist das Denken bei vielen nach wie vor auf die Kaminkarriere ausgerichtet: Höher, weiter, schneller.

Dabei gibt es auch horizontale Karrierepfade, die eine Entwicklung ermöglichen, ohne zwangsläufig eine Führungsposition einnehmen zu müssen. Die Amerikaner sprechen in diesem Zusammenhang von encore career, einer Zweitkarriere (meist in der zweiten Lebenshälfte), in der der Arbeitnehmer unter Umständen noch einmal etwas völlig Neues anfängt und beispielsweise zu seiner alten Leidenschaft für ein Hobby zurückkehrt.

Überhaupt ist in Amerika das Verhältnis zum Rückschritt ein anderes als in Deutschland: Dort wird er quasi als Bestandteil einer Karriere mit eingeplant – am besten lässt sich das im höchsten Amt des Präsidenten beobachten, der im Gegensatz zum deutschen Modell eine begrenzte Amtszeit hat.

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Eingebauter Rücktritt: Die spiralförmige Karriere

Um bei dem Beispiel des Präsidenten beziehungsweise dem deutschen Pendant, der Kanzlerposition, zu bleiben: Hier wird der oberste Posten des Landes so lange ausgefüllt, bis eine andere Partei die Wählergunst gewinnt. Auch das Peter-Prinzip, nach dem Beschäftigte so lange befördert werden, bis sie aufgrund mangelnder Kompetenz scheitern, begünstigt ein schlechtes Verhältnis zum Rückschritt.

Hermann Arnold, Unternehmer und Autor des Buches „Wir sind Chef“, plädiert für ein neues Verhältnis zum Rücktritt und schlägt spiralförmige Karrieren in Unternehmen vor. Statt immer nur aufwärts sollte der Rücktritt fester Bestandteil einer Karriere sein:

Man steigt auf, man tritt zurück, lernt Neues, steigt wieder auf, tritt erneut zurück, lernt wiederum Neues… weder der Aufstieg noch der Rückschritt sind auf Dauer ausgelegt, sondern Teil eines Prozesses, in dem alle Beteiligten lernen.

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Vorteile durch den Verzicht der Führungsposition

Aus Sicht der Führungskraft mag ein Rücktritt zunächst keinerlei Vorteile bringen, zumal der offensichtlichste Nachteil, ein geringeres Gehalt, nicht besonders attraktiv auf den ersten Blick wirkt – dazu weiter unten.

Allerdings hält eine spiralförmige Karriere einige Vorteile bereit:

  • Weiterentwicklung

    Sie haben die Gelegenheit, Ihre eigene Führungsrolle zu überdenken. Als jemand, der nun als Mitarbeiter in der Beobachter-Position ist, können Sie Ihrem Nachfolger dabei zuschauen, wie er mit bestimmten Situationen umgeht und welche Lösungswege er hat. Das mag gedanklich weit von dem liegen, wie Sie vorgegangen wären, dennoch ist es nie verkehrt, mehrere Optionen im Hinterkopf zu haben, erst recht nicht, wenn andere Wege erfolgversprechender sind.

  • Reflexion

    Zu erleben, dass man selbst nicht mehr die wichtigste Rolle spielt, kann für den eigenen Charakter ganz vorteilhaft sein. Denn es zeigt, dass die zuvor innegehabte Macht an die Position und nicht an die Persönlichkeit geknüpft war.

  • Mentoring

    Wer selbst einmal Führungskraft war, kann die Aufgaben und Herausforderungen der Position natürlich ganz anders beurteilen. Und er kann seinem Nachfolger, wenn dieser sein direkter Vorgesetzter ist, entsprechende Rückmeldung geben. Das fällt leichter, wenn man aus eigener Erfahrung heraus Dinge nachvollziehen und auch kritisch beleuchten kann. Dieses Wissen kommt der neuen Führungskraft zugute.

  • Mitarbeiterbindung

    Wenn ehemalige Führungskräfte nicht befürchten müssen, nach einem Rücktritt sofort das Unternehmen verlassen zu müssen, sondern in einem anderen Bereich ebenfalls gute Arbeit machen kann, sichert das qualifizierte Mitarbeiter. Das Wissen geht somit nicht verloren und die Mitarbeiterbindung wird gestärkt.

Als (ehemalige) Führungskraft mit einem Rückschritt umgehen

Nach einigen Jahren in einer Führungsposition schadet es nicht, etwas Selbstreflexion zu betreiben und sich zu fragen, ob die momentane Position noch Ihren Interessen, aber auch Fähigkeiten entspricht. Manchmal sind die Anforderungen in der Zwischenzeit gewachsen, ohne dass es den eigenen Fähigkeiten entspricht.

In anderen Fällen mag sich auch persönlich im Umfeld der Führungskraft einiges verändert haben: Vielleicht gab es Familienzuwachs? Oder ein Familienmitglied ist besonders pflegebedürftig? Wer zu dem Ergebnis kommt, dass eine andere Position oder eine Tätigkeit mit weniger Verantwortung sinnvoll wäre, sollte einen Rücktritt in Betracht ziehen.

Natürlich sind die oben bereits angesprochenen Punkte nicht zu unterschätzen: Sofern ein Unternehmen noch keine entsprechende „Rückschritt-Kultur“ eingeführt hat, so dass die Beschäftigten erkennen können, dass dies ein völlig normaler Bestandteil einer jeden Karriere sein kann, so lange werden Sie an Ansehen in den Augen mancher verlieren.

Ebenso klar ist, dass ein Rücktritt mit verminderten Machtbefugnissen einhergeht. Das kann Ihrer beruflichen Laufbahn schaden, gerade dann, wenn Sie tatsächlich einen Unternehmenswechsel in Betracht ziehen. Sie sollten sich mit einem geringeren Gehalt anfreunden.

Das ist zum Einen eine Frage der Lohngerechtigkeit: Wer deutlich weniger Verantwortung trägt, kann nicht deutlich mehr als seine Kollegen mit ähnlicher Verantwortung verdienen. Darüber hinaus gewinnen Sie an Lebensqualität aufgrund eines geringeren Drucks.

Sie können in Gesprächen mit dem Vorgesetzten allerdings argumentieren, dass Sie aufgrund ihrer ehemaligen Position über mehr Kompetenzen als Ihre Kollegen verfügen, wenn Sie den Eindruck haben, dass er das Gehalt zu stark nach unten hin anpassen möchte.

[Bildnachweis: Elnur by Shutterstock.com]