Autoritärer Führungsstil: Definition und typische Merkmale
Als autoritärer Führungsstil wird das Verhalten einer Führungskraft bezeichnet, die durch strenge Regeln, klare Anweisungen und übergeordnete Hierarchie des Vorgesetzten geprägt ist. Der Chef ist trägt die gesamte Verantwortung, trifft alle wichtigen Entscheidungen allein und delegiert Aufgaben an seine Untergebenen von oben herab. Zusammengefasst sind die entscheidenden Merkmale eines autoritären Führungsstils:
- klare Regeln und Anweisungen im gesamten Arbeitsprozess
- Bündelung der Informationen auf der Führungsebene
- alleinige Entscheidungsvollmacht des Vorgesetzten
- schnelle Entscheidungsprozesse
- Delegation von Aufgaben durch den Vorgesetzten
- Mitarbeiter führen Anweisungen entsprechend aus
Die Begriffe Autorität und autoritär dürfen dabei nicht verwechselt werden. Der erste ist stellvertretend für eine Person und spiegelt Macht, aber auch Ansehen wider. Der zweite ist negativ besetzt, laut Duden überwiegt heutzutage die Bedeutung „totalitär, diktatorisch, unbedingten Gehorsam fordernd“. Schon diese Bedeutungen zeigen, dass ein autoritärer Führungsstil wenig zeitgemäß ist.
Beispiele für autoritären Führungsstil
Ein autoritärer Führungsstil kann sich in unzähligen Beispielen und Situationen im Arbeitsalltag zeigen. Ein einfaches Beispiel ist die Verteilung von Aufgaben, die keinerlei Freiräume lassen. Eine typische Aussage ist etwa: „Bis morgen um 11:30 Uhr ist der Report fällig. Kollege Müller übernimmt die drei Grafiken, Schmitz entwirft das Layout der Folien und Mustermann kümmert sich um die Präsentation.“
Das Team bekommt genaue Vorgaben und eindeutige Weisungen. Freiräume, Eigeninitiative, Vorschläge oder Änderungen sind weder gewünscht noch erlaubt. Im Extrem unterdrückt ein autoritärer Führungsstil das Mitdenken der Mitarbeiter.
Vor- und Nachteile eines autoritären Führungsstils
Vorgesetzte mit autoritärem Führungsstil gelten oft als grundsätzlich schlechte Chefs. Ganz so allgemein sollte jedoch nicht geurteilt werden. Hinter einem autoritären Führungsstil stehen meist fachlich sehr kompetente Personen, die sich durch großen Ehrgeiz im Erreichen der Unternehmensziele auszeichnen.
Allerdings überwiegen die Nachteile die Vorteile bei autoritärer Führung in den meisten Fällen deutlich:
Vorteile
- Aus Arbeitgebersicht werden schnelle Entscheidungen getroffen.
- Die Zuständigkeiten sind eindeutig, da die Verantwortung in einer Hand liegt.
- Die Kompetenzen sind klar geregelt und der gesamte Arbeitsprozess unter Kontrolle.
- Es gibt eine kurzfristige Leistungssteigerung.
Nachteile
- Fühlt sich die Führungsperson überfordert, kann es zu Fehlentscheidungen kommen.
- Bei unerwartete Ausfall des Entscheidungsträgers sind chaotischen Zuständen möglich.
- Fährt das Unternehmen Erfolge ein, werden nur der starken Führungspersönlichkeit zugeschrieben.
- Umgekehrt werden Niederlagen mit mangelndem Einsatz oder geringer Kompetenz der Mitarbeiter verbunden.
- Motivation und Eigeninitiative der Mitarbeiter sind sehrgering.
- Bei Abwesenheit des Vorgesetzten stockt die Arbeit.
- Wünsche der Mitarbeiter finden kaum Berücksichtigung.
- Große Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern.
- Viele Angestellte fühlen sich unter Druck gesetzt, der Stress im Job ist sehr groß.
- Es existiert eine hohe Fluktuation und ein hoher Krankenstand bei den Mitarbeitern.
- Zwischen dem Vorgesetzten und den Mitarbeitern herrscht eine große Distanz.
Führungsstile im Vergleich: Autoritär, kooperativ oder laissez-faire?
Die richtige Form der Mitarbeiterführung beschäftigt seit jeher Soziologen und Psychologen, so auch der deutsche Sozialpsychologe Kurt Lewin. Seine Unterscheidungen der verschiedenen Führungsstile wirken bis in die heutige Zeit nach.
Lewin teilte ein in:
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Autoritärer oder hierarchischer Führungsstil
Gekennzeichnet ist er durch eine starke Hierarchie und die oben ausgeführten Merkmale. Die Gehorsamkeit der Mitarbeiter ist das oberste Gebot. Das bedeutet allerdings auch ein Scheitern dieses Führungsstils, wenn die Autorität des Chefs von den Mitarbeitern angezweifelt wird. Dieser Führungsstil entspricht damit im Wesentlichen dem autokratischen Stil nach Max Weber, das heißt, auch die Vor- und Nachteile für die Mitarbeiter sind vergleichbar.
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Demokratischer oder kooperativer Führungsstil
Typisch ist hier die Zusammenarbeit zwischen Führungsperson und Mitarbeitern. Der Vorgesetzte delegiert Aufgaben und Verantwortung. Mitarbeitermotivation spielt eine große Rolle. Da offen kommuniziert wird, sind auch kritische Bemerkungen seitens der Mitarbeiter möglich.
Dadurch werden Eigeninitiative und Kreativität bei den Mitarbeitern gefördert. Da die Verantwortung auf mehrere Bereiche verteilt wird, kann ein überraschender Ausfall besser abgefedert werden. Die Mitarbeiter arbeiten selbständiger und können sich eher mit dem Unternehmen identifizieren.
Andererseits können durch die Einbindung der Mitarbeiter Entscheidungsprozesse länger dauern. Es herrscht eine stärkere Konkurrenz zwischen den Mitarbeitern, die Probleme verursachen kann.
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Laissez-faire-Führungsstil
Größtmögliche Handlungsfreiheit der Mitarbeiter kennzeichnet diesen Führungsstil. Sie gestalten ihre Aufgaben selbst, der Vorgesetzte greift nicht ein. Das bedeutet, er hilft weder bei Problemen, noch bestraft er im Falle von Fehlern.
Die Mitarbeiter können sich so komplett entfalten, das fördert Kreativität und Eigenständigkeit. Andererseits kann dies zu Planlosigkeit, chaotischen Zuständen, Kompetenzrangeleien und Rivalitäten kommen.
Es ist ein gruppendynamischer Prozess, dass bei größeren Gruppen der Wunsch nach einer Führungsperson zunimmt, zumal nicht jeder Mitarbeiter selbst gerne Verantwortung übernimmt. Dies kann zur Ausgrenzung Einzelner führen.
Autoritärer Führungsstil: Auslaufmodell oder Alternative?
In der Vergangenheit war der autoritäre Führungsstil verbreitet und typisches Bild in vielen Unternehmen. Der Chef hatte das Sagen, Mitarbeiter mussten spuren und brauchten klare Anweisungen, um erfolgreich arbeiten zu können. Gleich mehrere Veränderungen haben jedoch dazu geführt, dass autoritäre Führung kaum noch anzutreffen ist: Die Aufgaben sind deutlich komplexer geworden und Arbeitnehmer haben andere Erwartungen an den Job.
Eine Führungskraft kann nicht alles wissen. Sie ist auf die Kompetenz ihrer Mitarbeiter angewiesen. Konsequent umgesetzt führt ein autoritärer Führungsstil somit zu schlechteren Entscheidungen und Ergebnissen. Statt sich selbstherrlich über alle Ideen und Meinungen hinwegzusetzen, sollte der Chef Mitarbeiter bei der Arbeit unterstützen, diese motivieren und die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen.
Zudem ist autoritäre Führung nicht flexibel und schnell genug, um als Unternehmen kundenorientiert reagieren zu können. Es kann nicht jede Entscheidung erst dem autoritären Chef vorgelegt werden. Mitarbeiter brauchen die Verantwortung und Entscheidungsgewalt, um Probleme eigenständig lösen zu können.
Heutzutage sind der kooperative beziehungsweise situative Führungsstil wesentlich häufiger anzutreffen. Zum einen wird größerer Wert darauf gelegt, die Distanz zwischen der Führungs- und Mitarbeiterebene abzubauen. Es herrscht eine größere Transparenz und Kommunikation mit den Mitarbeitern.
Arbeitnehmer sind nicht nur Befehlsempfänger. Sie werden bei der Entscheidungsfindung mit einbezogen, haben mehr Rechte und Eigenverantwortlichkeit bei ihrer Arbeit. Mitarbeiter fordern diese Art der Führung immer häufiger ein und sind bereit, den Arbeitgeber zu wechseln, wenn ein autoritärer Führungsstil nicht zu ihren Erwartungen passt.
Ausnahmen
Ausnahmen gibt es in bestimmten Bereichen: So wären bestimmte Arbeitsbereiche und -abläufe wie etwa beim Militär, der Polizei, der Feuerwehr oder auch im Rettungsdienst nicht denkbar, wenn es nicht klare Anweisungen und ebenso klare Umsetzungen gäbe. Wenn es brennt, muss gelöscht werden – da muss jeder Handgriff sitzen und die Rollenverteilung klar sein, da können keine aufwendigen Mitarbeiterbesprechungen anberaumt werden.
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