Definition: Was ist laterale Führung?
Als laterale Führung wird eine Form der Führungsarbeit verstanden, die ohne Weisungsbefugnis auskommt. Anders als bei klassischen Führungsstilen wird nicht hierarchisch von oben nach unten geführt, sondern auf einer Ebene gearbeitet. Das zeigt auch der Begriff: lateral stammt vom Lateinischen „latus“ und bedeutet Seite.
Statt Anweisungen vom Chef braucht es andere Methoden und Instrumente. So sollen gemeinsame Ziele umgesetzt und Erfolge auch ohne hierarchische Weisungsbefungnisse erreicht werden. Es kann bei lateraler Führung somit durchaus auf Mitarbeiter eingewirkt werden – aber eben nicht aufgrund höherer Hierarchie. Dabei spielen vier Koordinationsmechanismen eine Rolle:
- Kommunikation
Kommunikation ist die Grundvoraussetzung. Bei der lateralen Führung sind Vorgesetzte ständig um Austausch und Kommunikation innerhalb des Teams bemüht. Sie sorgen für die Rahmenbedingungen, um alle Informationen weiterzugeben – bei möglichen Konflikten kann der Chef vermitteln, aber auch hier nicht aus einer hierarchisch höher gestellten Position. - Verständigung
Alle Beteiligten müssen individuelle individuelle Auffassungen und Überzeugungen klären und sich untereinander verständigen, um Gemeinsamkeiten festzulegen. Durch Kommunikation und konstruktive Diskussionen werden im Team gemeinsame Ziele, Werte, Prozesse und Entscheidungen festgelegt. - Vertrauen
Laterale Führung setzt gegenseitiges Vertrauen voraus. Jeder muss sich an die Grundsätze, Regeln und Ziele halten und seinen Teil dazu beitragen. Der Chef ist dafür verantwortlich, dass dieses Vertrauen nicht missbraucht wird, auch wenn es keine direkten Weisungen gibt. - Macht
In Gruppen entwickelt sich ein unterschiedliches Machtverhalten; es kann durch Expertise, Sympathie, Charisma und gemeinsame Ziele entstehen.
Ursprünge der lateralen Führung
Diese Art der Führung ist gar nicht so neu: In der Organisationsforschung konnte man beobachten, dass längst nicht nur hierarchisch, sondern in vielen Unternehmen und Organisationen (darunter auch Krankenhäuser, Verwaltungen oder Nichtregierungsorganisationen) lateral geführt wird. Bereits in den sechziger Jahren wurde hierfür der Begriff der lateralen Organisationsbeziehungen verwendet.
Laterale Führung ist eine situative und unterstützende Art des Führens:
Dennoch sehen sich Führungskräfte und Mitarbeiter immer häufiger vor der Herausforderung, auch abteilungs- und funktionsübergreifend zusammenarbeiten. Dies hängt damit zusammen, dass sich die Organisationsstrukturen in Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert haben: Früher gab es klar umrissene Aufgaben, jeder Mitarbeiter hatte ein klar definiertes Aufgabenfeld. Heutzutage existieren eher netzwerkartige Strukturen.
Laterale Führung: Angepasst an die Situation
Laterale Führung rückt in den Fokus, weil sich die Arbeitswelt und die Ansprüche von Mitarbeitern gewandelt haben. In einem streng hierarchischen Betrieb werden nur wenige Angestellte glücklich. Die meisten wünschen sich einen Führungsstil, der mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Kreativität fördert.
Unternehmen, die zufriedene und loyale Mitarbeiter beschäftigen wollen, kommen diesen Erwartungen mit neuen Führungsmodellen nach. Auch häufigere Projektarbeit, in denen unterschiedliche Bereiche und Abteilungen zusammenarbeiten, machen eine Anpassung an die Situation notwendig. Laterale Führung ist trotzdem eine große Herausforderung und schwieriger umzusetzen, als einfache Weisungen von oben herab.
Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Vorteile. Dadurch, dass die Führungskraft quasi entmachtet ist, fließen zwangsläufig Sichtweisen und Vorschläge der Mitarbeiter in die Arbeit ein. Darüber hinaus gibt es weitere Vorteile für Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen:
Vorteile für Mitarbeiter
- Mehr Verantwortung
- Weniger Druck
- Größere Entscheidungsfreiräume
- Steigende Zufriedenheit
Vorteile für Unternehmen
- Größeres Engagement der Mitarbeiter
- Geringere Fluktuation
- Weniger Kosten
- Größere Produktivität
- Gutes Employer Branding
Herausforderungen und mögliche Nachteile
Wie andere Führungsstile hat auch laterale Führung nicht nur positive Aspekte, sondern mögliche Nachteile. So wird bei diesem Führungsmodell eine Menge von den Mitarbeitern erwartet. Neben dem Fachwissen und Qualifikationen auf ihrem Gebiet müssen sie größere Teile zur Organisation beitragen. Auch können Aufgaben und Projekte nicht einfach delegiert werden, da es keine hierarchische Struktur gibt.
Das Konzept erfordert ein hohes Maß an Motivation und Eigeninitiative. Fehlen diese, kommt es zu Problemen und die Leistungen lassen deutlich nach. Zudem sind die Anforderungen an die Führungskraft sehr hoch. Diese hat keine klassische, gehobene Führungsposition – muss aber trotzdem das Team lenken und Mitarbeiter motivieren.
Es braucht große Empathie, Verhandlungsgeschick und ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten. Sonst droht laterale Führung zu scheitern: Jeder denkt nur noch an sich, statt gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten.
Laterale Führung: Kriterien für den Erfolg
Damit die laterale Führung des Teams funktioniert, ist eine Abstimmung der eingangs genannten Mechanismen von Kommunikation, Verständigung, Vertrauen und Macht erforderlich. Dafür muss das gesamte Team kooperativ zusammenarbeiten und auch bereit sein, sich an das Modell der lateralen Führung zu halten.
Vor dem Hintergrund eines jeden Unternehmens, einer jeden Abteilung und eines jeden Teams muss individuell analysiert werden, wie Organisation und Aufgabenteilung aussehen könnten und welche Aktionen als nächstes darauf zu folgen haben.
Gerade für die Führungskraft sind im Vorfeld drei W-Fragen zu beantworten, um Klarheit über die eigene Rolle zu erlangen:
- Was will ich?
- Welche Erwartungen gibt es an mich?
- Wie will ich führen?
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