Laterale Führung: Definition, Beispiele, Vor- und Nachteile

Die laterale Führung ist ein moderner Führungsstil, der Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnet und sich immer mehr gegen eine autoritäre oder hierarchische Mitarbeiterführung durchsetzt. Möglich machen das zunehmend flache Hierarchien in den Unternehmen und eine Abkehr von der disziplinarischen Weisungsbefugnis des Chefs. Wir erklären in diesem Artikel, was laterale Führung bedeutet und welche Vor- und Nachteile die moderne Management-Methode hat…

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Definition: Was ist laterale Führung?

Laterale Führung bedeutet Führen ohne Weisungsbefugnis. Führungskräfte und Mitarbeiter arbeiten gleichberechtigt und teilen sich die Verantwortung innerhalb des Teams, die Zusammenarbeit basiert wesentlich auf Vertrauen.

Der Begriff „lateral“ stammt vom Lateinischen „latus“ und bedeutet „Seite“. Laterale Führung erfolgt also nicht klassisch, wie bei hierarchischen Führungsstilen von oben nach unten, sondern auf Augenhöhe (von der Seite).

Laterale Führung Bedeutung

Unternehmen, die auf laterale Führung setzen, verzichten zunehmend auf Hierarchien. Die Abteilungen und Unternehmenseinheiten arbeiten vernetzt und projektübergreifend zusammen – häufig in sogenannten Kompetenzteams. Dadurch erhöht sich zugleich der Koordinationsaufwand und auch Abstimmungen, Verhandlungen und Kompromisse nehmen zu. Für Führungskräfte bedeutet dieser Führungsstil eine enorme Herausforderung. Ohne eine gute Menschenkenntnis, Empathie und Fingerspitzengefühl in Meetings ist eine laterale Führung nicht erfolgreich.


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Laterale Führung Methoden und Führungsinstrumente

Laterale Führung bedeutet nicht den kompletten Wegfall von Führung (siehe: Holokratie). Was verschwindet, sind lediglich die Anweisungen von oben herab.

Lateral Führen bedeutet, die Mitarbeiter der Situation angepasst und angemessen anzuleiten. Damit ist das Führen ohne Vorgesetztenfunktion teils dem situativen Führungsstil ähnlich, der ebenfalls die Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt.

Damit laterale Führung in flachen Hierarchien funktioniert, braucht die Mitarbeiterführung andere Koordinationsmechanismen, Methoden und Instrumente:

  1. Vertrauen

    Laterale Führung setzt gegenseitiges Vertrauen zwingend voraus. Jeder muss die Werte, Grundsätze, Regeln und Ziele im Unternehmen teilen und seinen Teil dazu beitragen. Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass dieses Vertrauen nicht missbraucht wird, auch wenn es keine direkten Weisungen gibt.

  2. Verständigung

    In jedem Team gibt es individuelle Ideen, Meinungen und Überzeugungen. Diese unter einen Hut zu bekommen und daraus ein übergeordnetes, gemeinsames Ziel sowie verbindliche Prozesse abzuleiten, ist eine der größten Herausforderungen. Dies gelingt meist nur in konstruktiv gelenkten Diskussionen.

  3. Kommunikation

    Bei lateraler Führung steigen die Anforderung an die Kommunikation: Vorgesetzte sind ständig im Dialog mit ihren Teams und müssen zugleich den Informationsaustausch untereinander fördern oder bei Konflikten vermitteln. Allerdings nicht aus einer hierarchisch höher gestellten Position.

  4. Macht

    In Gruppen entwickeln sich oft Rivalitäten und ein unterschiedliches Machtverhalten – erst recht, wenn alle gleichberechtigt sind. Die Macht kann auf Expertise, Sympathie oder Charisma basieren. Sie darf aber nie die kooperative Zusammenarbeit stören. Dem müssen Führungskräfte umgehend entgegen wirken.

Ohne strikte Hierarchie und Weisungsbefugnis entsteht bei lateraler Führung automatisch eine Art Machtvakuum, das die Menschen im Unternehmen füllen und die Macht dabei verteilen. Macht in diesen Unternehmen stützt sich meist auf natürliche Autorität, hohe Expertise und Integrität sowie starke Seilschaften und persönliche Netzwerke.

All diese Faktoren benötigen Vorgesetzte als Machtbasis, um weiterhin lateral „von der Seite“ und erfolgreich führen zu können. Andernfalls können sie die Mitarbeitenden nicht mit ins Boot holen.

💡 GUT ZU WISSEN: Neu ist das Konzept des Führens ohne disziplinarische Macht nicht. Flache Hierarchien gibt es schon länger und die Organisationsforschung kennt die „informelle Führung“ schon seit den 1960er Jahren – zum Beispiel aus Verwaltungen, Krankenhäusern und NGOs. Damals hieß laterale Führung allerdings noch „laterale Organisationsbeziehungen“ – mit „Rollenträgern“ als Führungskräfte.


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Vor- und Nachteile lateraler Führung

Als moderne Führungsmethode macht die laterale Führung Unternehmen und Arbeitgeber attraktiver. Ebenso kann sie agile Formen der Projektarbeit begünstigen. Das hat viele Vorteile – trotzdem bleibt die laterale Führungsverantwortung oft noch eine Herausforderung. Im Detail…

Laterale Führung Vorteile

    Vorteile für Mitarbeiter

  • Mehr Eigenverantwortung
  • Weniger Leistungsdruck
  • Größere Entscheidungsfreiräume
  • Effizientere Arbeitsweise
  • Offenerer Umgang mit Fehlern
  • Kollegiales Arbeitsklima
  • Steigende Zufriedenheit
  • Vorteile für Unternehmen

  • Größeres Engagement der Mitarbeiter
  • Mehr Innovation durch Vielfalt im Denken
  • Motivation senkt Fluktuation
  • Weniger Personalkosten dank flacher Hierarchien
  • Höhere Produktivität und Loyalität
  • Besseres Employer Branding
💡 GUT ZU WISSEN: Die wenigsten Menschen macht ein Job unter strikten hierarchischen Bedingungen nachhaltig glücklich. Im Gegenteil: Seit Jahren steigen Arbeitsverdichtung, psychischer Druck – und mit ihm die psychischen Erkrankungen auf der Arbeit. Allein zwischen 2000 und 2022 haben sich diese nahezu verdreifacht. Laterale Führung kann den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden und den negativen Entwicklungen zugleich entgegenwirken.

Laterale Führung Nachteile

Wie andere Führungsstile hat auch laterale Führung nicht nur positive Aspekte, sondern ebenso ein paar Nachteile. So setzt das Führungsmodell neben hoher Fachkompetenz viel Eigeninitiative und intrinsische Motivation bei den Mitarbeitenden voraus. Hinzu kommen weitere Nachteile:

  • Hohe Selbstorganisation erforderlich
  • Steigender Verhandlungs- und Kompromissdruck
  • Lange Entscheidungswege
  • Kein Delegieren wegen fehlender hierarchischer Struktur
  • Entstehen von Drückebergertum
  • Hohe Anforderungen an Führungskräfte
  • Vorgesetzte müssen mehr moderieren und motivieren
  • Kann Egoismus und Konkurrenzdenken fördern

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Was sind die Herausforderungen lateraler Führung?

Ein lateraler Führungsstil setzt vor allem auf Interessenausgleich. Verhandlungen und Diskussion erzeugen einen Konsens für ein übergeordnetes Ziel. Die Aufgabe der Führungskraft ist es, zwischen den individuellen Wünschen, Bedürfnissen und Kompetenzen zu vermitteln und zugleich mögliche Arbeitshemmnisse abzubauen.

Solche Hindernisse erkennen Führungskräfte meist nur im regelmäßigen Austausch und 4-Augen-Gespräch. Dies ist zugleich eine Holschuld der Vorgesetzten und Teamleiter. Geeignete Maßnahmen, die Hemmnisse reduzieren sind:

  • Pflegen positiver Beziehungen
  • Regelmäßige Feedbackgespräche
  • Anerkennung guter Arbeitsleistungen
  • Ausstattung mit notwendigen Arbeitsmitteln
  • Transparenz von Zielen und Fachwissen
  • Reduzierung äußerer Stressoren
  • Abwehr von demotivierenden Faktoren
  • Förderung eines respektvollen Betriebsklimas

Mitarbeiter motivieren – aber richtig

Die optimale Mitarbeitermotivation hängt bei diesem Führungsstil maßgeblich von der jeweiligen Persönlichkeit sowie dem Reifegrad der Mitarbeiter ab. Ansonsten besteht die Gefahr, einige Mitarbeiter zu überfordern und zu demotivieren, während sich andere langweilen oder faulenzen.

Bedeutet: Einige Mitarbeiter benötigen viel Freiraum und große Teams zur Entfaltung und Eigeninitiative, andere bevorzugen die ruhige Einzelarbeit. Hauptaufgabe der Teamleiter ist dann, jeden Mitarbeiter nach seinen Möglichkeiten und Stärken optimal einzusetzen und individuell zu fordern und fördern. Zum Beispiel durch…

🆗 Sinnstiftung: Zeigen Sie den Kollegen auf, wie die übergeordneten Ziele und Aufgaben ebenso auf die eigenen Karriereziele und Bedürfnisse einzahlen.

🆗 Pflichtbewusstsein: Erinnern Sie regelmäßig an die Selbstverantwortung und appellieren Sie daran, dass laterale Führung nur funktioniert, wenn alle mitziehen. Die Angestellten werden immer noch für ihren Job bezahlt.

🆗 Integrität: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Integre Führungspersönlichkeiten sind Vorbilder, denen Mitarbeiter gerne folgen und sich für das gemeinsame Unternehmen engagieren.

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Unterschiede zwischen disziplinarischer und lateraler Führung

Klassische disziplinarische Führung und laterale Führung unterscheiden sich deutlich. Der größte Unterschied besteht im Wegfall der Weisungsbefugnis. Disziplinarische Vorgesetzte können Mitarbeitern klare Anweisungen und Vorgaben zu den Aufgaben und der Arbeitsweise machen. Dahinter steckt allerdings häufig eine Misstrauenskultur, die davon ausgeht, dass Angestellte im Kern arbeitsscheu sind und ohne die Weisungen weniger Leistung bringen. Das Direktionsrecht wird zum Druckmittel.

Anders bei der lateralen Führung: Sie geht von mündigen Arbeitnehmern aus, die sich freiwillig engagieren und bereitwillig Verantwortung übernehmen. Deshalb muss die laterale Führungskraft nicht durch strenge Regeln führen, sondern muss lediglich unterschiedliche Interessen moderieren sowie eine vertrauensvolle Basis schaffen.

Übersicht: Laterale vs. disziplinarische Führung

Lateral

Disziplinarisch

Führen auf Augenhöhe Führen durch Hierarchie
Position durch Projekt Position qua Amt
Eigenverantwortung Arbeitsanweisung
Selbstmotivation Sanktionierung
Kompromisse Ansagen
Ziele beschließen Ziele vorgeben
Einfluss durch Vertrauen Einfluss durch Macht

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Wie wird die laterale Führung zum Erfolg?

Damit laterale Führung in Teams erfolgreich funktioniert, sind gegenseitiges Vertrauen, regelmäßige Kommunikation und eine ebenso respektvolle wie konstruktive Verständigung essenziell. Dafür muss das gesamte Team kooperativ zusammenarbeiten und auch bereit sein, sich an das Modell der lateralen Führung zu halten. Ziehen nicht alle am selben Strang, wird das Konzept schnell scheitern.

Unternehmen, die die laterale Führung erfolgreich einsetzen wollen, müssen daher zunächst die Organisation und Aufgabenteilung analysieren und mittels flachen Hierarchien und einfachen Strukturen die Basis dazu schaffen. Im zweiten Schritt müssen die „entmachteten“ Führungskräfte Vertrauen und Autorität gewinnen. Dazu helfen die Antworten auf folgende drei W-Fragen:

  • Was will ich?
  • Welche Erwartungen gibt es an mich?
  • Wie will ich führen?

Fehlende Führungskompetenzen und Unentschlossenheit wirken sich unmittelbar negativ auf die Mitarbeiter und die Projektarbeit aus. Zahlreiche Angestellte sind heute bestens ausgebildet und hochspezialisiert und akzeptieren keine schwachen oder inkompetenten Leiter. In demokratischen Entscheidungsprozessen gehen sie komplett unter. Daher sollten laterale Führungskräfte, die hier noch Defizite haben, unbedingt durch gezieltes Coaching an ihrer Persönlichkeitsentwicklung arbeiten.


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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]