Rivalität im Job: Woher kommt der Neid?
Die gemeinsame Arbeit im Büro könnte eine harmonische Angelegenheit sein. Produktive Arbeitsatmosphäre, nette Kollegen, gute Stimmung. Wie gesagt: Könnte. Die Realität sieht oft anders aus. Wo gemeinsam gearbeitet wird, gibt es enormes Konfliktpotenzial. Ein kritischer Kommentar zur falschen Zeit, der alltägliche Stress oder ein Missverständnis können als Auslöser reichen.
Meist sind es Neid und Missgunst, die zu Streitigkeiten und Rivalität im Job führen. Hauptgründe hinter diesen Emotionen sind:
- Gleiche Ziele
Oftmals arbeiten im Büro Menschen zusammen, deren Karrierepläne ähnlich aussehen. Kommt einer im Berufsleben, beispielsweise durch eine Beförderung, schneller voran, steigt die Missgunst der anderen, die selbst gerne die Stelle erhalten hätten. Es wächst die Rivalität. - Permanenter Vergleich
Wir wollen uns mit anderen vergleichen. Warum hat der Kollege schon wieder ein neues Auto? Wieso war die Büronachbarin dieses Jahr drei mal im Urlaub? Und wie teuer war wohl der Anzug des neuen Mitarbeiters? Wer ständig den Vergleich mit anderen sucht, wird immer etwas finden, auf das er neidisch ist. Eine solche Denkweise schürt Rivalität im Job.
3 Formen von Neid
Neid schadet oft und steht hinter übersteigertem Konkurrenzdenken. Es ist jedoch nicht grundsätzlich negativ, neidisch zu sein. Entscheidend ist die Form:
- Destruktiver Neid
Es ist ein aggressives Gefühl und zeichnet sich durch Missgunst aus. Nach dem Motto: „Ich will das, was der andere hat und wenn ich es nicht haben kann, mache ich es kaputt.“ Im Berufsleben äußert sich dieses Gefühl darin, dass Sie sich nicht nur über die Beförderung des Kollegen ärgern, sondern hinter seinem Rücken intrigieren und ihm das Leben unnötig schwer machen. - Depressiver Neid
Diese Form des Neids ist lähmend und besonders schädlich für das eigene Selbstwertgefühl. Das Gefühl, selbst nichts zu erreichen, führt zu großer Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Die Objektivität geht dabei verloren. Erfolge der anderen werden durch ein Vergrößerungsglas betrachtet. Der krankhafte Vergleich mit den Mitmenschen bestimmt alles. - Positiver Neid
Es gibt eine bewundernde Form des Neids. Im Vordergrund steht ein unerfülltes Bedürfnis und das Ziel: Das will ich auch! Daraus resultiert großer Ehrgeiz. Positiver Neid ist Ansporn und treibt Sie an, selbst besser zu werden und das zu schaffen, was andere schon haben. Allerdings birgt dieser Wunsch die Gefahr, zum Double der Person zu werden, die Sie bewundern.
Der Rosenthal-Effekt: Die Kunst des Gönnen-Könnens
Hinter Rivalität steht oft der Frust darüber, dass jemand anderes etwas erreicht hat, was uns nicht gelungen ist. Ein Erfolg, der unserer hätte sein können oder sogar hätte sein sollen. Schließlich trauen wir uns selbst die besten Leistungen zu. Ein großer Nachteil der ständigen Rivalität untereinander: Jeder Einzelne könnte erfolgreicher sein, wenn wir uns gegenseitig mehr zutrauen und gönnen würden.
Den Beweis dazu lieferte der Psychologe Robert Rosenthal in einem bekannten Experiment. Heute ist das Ergebnis als Rosenthal- oder auch Pygmalion-Effekt bekannt.
Anderen mehr zutrauen verbessert deren Leistungen
In der Studie wurden Schüler ausgewählt. Ihnen und ihren Lehren wurde gesagt, sie seien besonders begabt. Monate später wurde ein IQ-Test an der Schule gemacht. Ergebnis: Genau diese Schüler schnitten wesentlich besser ab. Der Clou: Es war eine rein zufällige Auswahl. Weil die Lehrer den Schülern besonders gute Leistungen zutrauten (und sie sich selbst auch) hatten diese am Ende wirklich mehr Erfolg.
Das Prinzip lässt sich auf Rivalität im Job übertragen. Ständiges Gegeneinander raubt viel Energie und lässt Synergien ungenutzt. Miteinander kooperieren, sich gegenseitig unterstützen und Gönnen können, erzielt den größeren Mehrwert. Ellbogen ausfahren, Hauen und Stechen lenkt den Fokus nur aufs Negative.
Wie Rivalität im Job schadet
Wettbewerb belebt das Geschäft. Wird es übertrieben, kommt es aber zu hässlichen Ellbogenkämpfen, Intrigen oder gar Sabotage. Ergebnis einer internationalen Umfrage: Jeder vierte Befragte hierzulande hat schon einmal den Job gewechselt, weil er die Rivalität am Arbeitsplatz nicht mehr ertragen konnte. Weitere 30 Prozent haben eine Kündigung aus diesem Grund in Betracht gezogen. Damit liegt Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt und ist offenbar von einer starken Rivalitätskultur geprägt.
Solche Rivalitäten sind Symptom für ein schlechtes Betriebsklima und Ausdruck eines harten Konkurrenzkampfes. Viele Kollegen mit ähnlichen Qualifikationen und gleicher Motivation, gleichzeitig rar gesäte Aufstiegsmöglichkeiten – der perfekte Nährboden für Rivalität unter Kollegen.
Nachteile für Mitarbeiter
Der Kampf untereinander macht die tägliche Arbeit zur Qual. Spaß und Motivation gehen vollends verloren. Teilweise artet die Rivalität sogar in Mobbing aus. Es wird gezielt versucht, den Kollegen zu schaden, Aufgaben zu sabotieren oder Informationen zurückzuhalten. Dann führt die Situation nicht nur zu Frust. Es entstehen ernstzunehmende psychische Belastungen, die bis zu Burnout und Depressionen führen können.
Nachteile für Unternehmen
Arbeitgeber sehen Konkurrenz unter Kollegen zunächst positiv. Ein bisschen gegenseitiger Antrieb schadet nicht. Allerdings dürfen Nachteile übersteigerter Rivalität nicht unbeachtet bleiben. Die Leistung im Team kann deutlich zurückgehen, wenn nicht mehr mit-, sondern gegeneinander gearbeitet wird. Hinzu kommt die oben bereits angesprochene Fluktuation beim Personal.
Gerade Frauen meiden eine große Rivalität im Job. In einer Studie entschieden sich weibliche Bewerber mehrheitlich gegen ein Jobangebot, wenn im Job starke Konkurrenz herrschte. Umso mehr, wenn das Gehalt vom Wettbewerb mit den Kollegen (etwa durch Bonuszahlungen) abhängt.
Rivalität im Job: Warum Sie anderen den Erfolg gönnen sollten
Durch Neid geht viel Potenzial verloren. Der Rosenthal-Effekt lässt das bereits erahnen. Die Missgunst bremst den eigenen Elan aus und raubt Energie, die wesentlich sinnvoller eingesetzt werden könnte. Wer es schafft, Neid und Rivalität im Job zu überwinden, kann die negativen Effekte umkehren. Diese sechs positive Auswirkungen zeigen, warum Sie lernen sollten, anderen ihren Erfolg zu gönnen:
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Sie gewinnen Motivation
Durch den Erfolg anderer bemerken Sie, dass auch Sie weiterkommen und Ihre Ziele erreichen können. Wenn andere das geschafft haben, warum sollte Ihnen das nicht auch gelingen? Konzentrieren Sie sich nicht auf den Frust, dass jemand anders erfolgreich war, sondern ziehen Sie Motivation daraus. Nutzen Sie Vorbilder, um Ihre eigenen Ziele anzupacken.
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Sie inspirieren andere
Gönnen Sie einem Kollegen den Erfolg, werden sich andere an Ihrem Verhalten orientieren. Wer sieht, dass jemand mit gutem Beispiel voran geht, hinterfragt seine eigene, negative Reaktion. So helfen Sie beim Erfolg der anderen und fallen selbst positiv auf.
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Sie werden glücklicher
Es ist leicht, in eine Spirale aus negativen Emotionen und Gedanken zu geraten. Neid führt zu Frust, Frust führt zu Zweifeln und Zweifel führen wieder zu Neid. Durchbrechen Sie diesen Kreislauf! Gönnen Sie anderen den Erfolg und freuen Sie sich mit den Kollegen. So eliminieren Sie die Quelle Ihrer negativen Gefühle und machen stattdessen Platz für Optimismus.
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Sie lernen dazu
Wenn Sie neidisch sind, hat jemand etwas, was sie gerne hätten. Könnte es eine bessere Möglichkeit geben, um zu lernen, wie dieser das geschafft hat? Hat er beispielsweise ein großes Netzwerk? Besucht er viele Weiterbildungen? Können auch Sie Ihrer Karriere auf diese Weise neuen Schwung verleihen? Wer nur neidisch in der Ecke hockt, vergibt eine große Chance.
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Sie sind sympathischer
Niemand umgibt sich gerne mit schlecht gelaunten und negativen Menschen. Genau diese stehen bei Rivalität im Vordergrund. Schließen Sie sich stattdessen der Feier Ihres Kollegen an, der seine neue Stelle zelebrieren möchte. Das merken auch die anderen Mitarbeiter und nehmen Sie positiver wahr. Abgrenzung hat noch niemanden weitergebracht. Gehen Sie auf die anderen zu und bleiben Sie offen, wirken Sie sympathischer.
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Sie steigern ihr Selbstbewusstsein
Jeder ist mal wütend, verletzt und natürlich neidisch. Emotionen werden unbewusst erzeugt, deren Auftreten kann nur schwer gesteuert werden. Es ist gut, sich die eigenen Gefühle bewusst zu machen und diese zu akzeptieren. Es ist in Ordnung, Neid zu verspüren – es gehört aber auch dazu, die Emotion einzuordnen und zu verarbeiten. Wer weiß, dass der Erfolg anderer die eigenen Leistungen nicht schmälert, kann weiterhin selbstbewusst auftreten.
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