Offboarding: Leitfaden für den letzten Eindruck + Checkliste

Wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden – ob freiwillig oder nicht – hat das einige administrative Aufgaben zur Folge: Professionelles Offboarding schafft hierbei einen strukturierten und reibungslosen Prozess, der alle wichtigen Formalitäten berücksichtigt und zugleich ein wertschätzendes Klima erzeugt. Leider unterschätzen viele Arbeitgeber die Bedeutung und die Vorteile eines klaren Offboarding-Prozesses. Hier finden Sie einen detaillierten Leitfaden samt Checkliste für die Verabschiedung von Mitarbeitern und den perfekten letzten Eindruck…

Offboarding Leitfaden Checkliste Exit Management

Was ist Offboarding – einfach erklärt?!

Offboarding bezeichnet im Personalmanagement die professionelle Trennungsbegleitung von einem Mitarbeiter bei dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen. Synonym wird der Trennungsprozess auch „Exit-Management“ genannt. Das Gegenteil dazu ist das Onboarding – also die strukturierte Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Das Offboarding endet in der Regel mit dem letzten Arbeitstag des Mitarbeiters und mit dem Abschluss aller Formalitäten.

Kernziel bei beim Offboarding ist die reibungslose, wertschätzende und strukturierte Demission des scheidenden Mitarbeiters – verbunden mit einer möglichst positiven Atmosphäre. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen beim Offboarding-Gespräch im Guten auseinander gehen. Der letzte Eindruck soll – trotz der Umstände – positiv bleiben. Das zahlt nicht zuletzt auf das Employer Branding ein. Also ein weiterhin positives Arbeitgeberimage.

Offboarding besteht aus 2 Prozessen

Der professionell organisierte Austritt aus dem Unternehmen erfolgt im Idealfall in zwei wesentlichen Exit-Prozessen:

  1. Offboarding als technischer Prozess
    Scheidet ein Mitarbeiter aus, müssen Schlüssel, Ausweise und digitale Zugänge zurückgegeben beziehungsweise gesperrt werden. Dabei müssen IT und Personalabteilung zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass alle Zugangsdaten am letzten Arbeitstag deaktiviert werden. So sollen möglicher Diebstahl oder Missbrauch von Daten verhindert werden.
  2. Offboarding als emotionaler Prozess
    Eine Kündigung ist nie angenehm – egal, von wem sie ausging. Umso wichtiger ist eine respektvolle Trennungskultur, die den ausscheidenden wie verbleibenden Mitarbeitern Wertschätzung zeigt und zugleich etwaige soziale Härten oder Emotionen auszugleichen versucht. Das gilt vor allem bei einer betriebsbedingten Kündigung.

Nicht wenige Mitarbeiter hinterlassen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Lücke. Abgesehen von dem Menschen und Kollegen fehlt dem Unternehmen nun womöglich auch dessen Know-how und Expertise. Daher gilt es beim professionellen Offboarding möglichst viel davon zu erhalten und aufkommende Lücken durch eine Umstrukturierung gleich wieder zu schließen.

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Vorteile: Warum lohnt sich Offboarding?

Gutes Offboarding besteht aus klar definierten Abläufen. Egal, ob es sich beim Ausscheiden um eine fristlose Kündigung handelt oder um eine Eigenkündigung des Mitarbeiters. Von einem reibungslosen Offboarding-Prozess profitieren Unternehmen wie Mitarbeiter.

Offboarding-Vorteile für Arbeitgeber

  • Wissenstransfer
    Fühlt sich der scheidende Mitarbeiter wertgeschätzt, ist er oder sie eher bereit, sein Wissen bei der Einarbeitung seines Nachfolgers weiterzugeben (Übergabeprotokolle!). Das spart dem Unternehmen Zeit und Aufwand, eine anderweitige Übergabe organisieren zu müssen.
  • Feedback
    Gutes Offboarding beeinhaltet immer ein Exit-Gespräch oder Feedbackgespräch. Das gibt beiden die Gelegenheit, Verbesserungsvorschläge aufzunehmen und so das Exit-Management zu optimieren.
  • Kostensenkung
    Ist der Trennungsprozess gründlich organisiert, werden kostspielige Fehler vermieden – zum Beispiel Gehaltsfortzahlungen oder fehlende Unterlagen. Solche Fehler kosten Zeit und können zu Rechtsstreitigkeiten und damit neuem Ärger und neuen Kosten führen.
  • Arbeitsmoral
    Ein transparentes Exit-Management sorgt nicht nur für eine saubere Trennung, sondern wirkt sich ebenso auf die Motivation und Arbeitsmoral der verbleibenden Mitarbeiter aus. Indirekt kann dies die Arbeitszufriedenheit erhöhen.
  • Arbeitgeberimage
    Ehemalige Mitarbeitende bleiben stets Botschafter des Unternehmens. Viele davon machen sich auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Glassdoor oder Kununu später Luft oder berichten über ihren Job auf Linkedin oder Xing. Davon kann das Unternehmensimage profitieren – oder Schaden nehmen, was das weitere Recruiting erschwert.

Auch für Kunden kann sich das strukturierte Offboarding lohnen, weil diese in ihren Prozessen nicht unterbrochen werden, sondern gleich einen neuen Ansprechpartner kennen und eventuell über die Hintergründe des Ausscheidens informiert werden.

Darum steigt die Bedeutung des Offboardings

Seit Jahren nehmen die Zahl der Jobwechsel und die Fluktuationsraten in den Unternehmen zu. Das liegt zum Einen daran, dass der Arbeitsmarkt durchlässiger wird und klassische „Kaminkarrieren“ abnehmen. Im Schnitt wechseln Mitarbeiter alle 5 bis 7 Jahre ihren Job.

Der zweite Grund liegt in der wachsenden Unzufriedenheit. Zahlreiche Umfragen und Studien in Deutschland belegen einen zunehmenden Jobfrust. Der „Gallup Engagement Index“ kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass rund 66 Prozent der Beschäftigten ihren Job am liebsten morgen wechseln würden. Ein Großteil schiebt nur noch Dienst nach Vorschrift und wartet auf ein besseres Angebot. Für Arbeitgeber bedeutet das: Ein professionelles Offboarding kann etwaige administrative Aufgaben reduzieren und gegebenenfalls sogar gegensteuern.

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Offboarding Checkliste: Leitfaden für den Ablauf

Die nachfolgende Checkliste können Sie wie einen Leitfaden für Ihr Offboarding nutzen, sodass kein keine wichtigen Punkte vergessen und Ihr Exit-Management besser strukturieren können. Im Idealfall ergänzen Sie die Checkliste individuell durch firmenspezifische Punkte oder durch Rücksprache mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.

1. Personalabteilung einschalten

Sobald das Ausscheiden offiziell ist, muss die Personalabteilung eingeschaltet werden. Zu klären ist, wie viel Resturlaub der oder die Mitarbeiterin noch hat, welche finanziellen Ansprüche bestehen und wann der letzte Arbeitstag ist. Für ein gutes Offboarding sollte sich das Unternehmen bemühen, den Austritt möglichst einvernehmlich zu regeln: Hat der Mitarbeiter etwa schon einen neuen Job, kann der Arbeitgeber Entgegenkommen signalisieren und einen Aufhebungsvertrag anbieten, um die Kündigungsfrist zu umgehen und einen früheren Austritt zu ermöglichen.

2. Unterlagen fertigstellen

Erstellen Sie jetzt wichtige Unterlagen – zum Beispiel die letzte Gehaltsabrechnung, Meldung zur Sozialversicherung, Steuerkarte und das Arbeitszeugnis. Ein gutes Arbeitszeugnis ohne Geheimcodes begünstigt nicht nur den Jobeinstieg woanders – es steigert auch die Chancen auf eine gute Arbeitgeber-Bewertung.

Offboarding im Todesfall

Unangenehmer, aber nicht weniger wichtig ist das Offboarding im Todesfall. Hier kommt es neben dem technischen Prozess besonders auf den empathischen Umgang mit den Hinterbliebenen an:

  • Sprechen Sie den Angehörigen mit einem Kondolenzschreiben Ihr Beileid aus.
  • Organisieren Sie die Formalitäten, etwa ausstehende Gehälter, Urlaubsabgeltung und händigen Sie den persönlichen Besitz des Verstorbenen aus.
  • Überbringen Sie den Kollegen die Nachricht vom Todesfall persönlich und bieten Sie Gelegenheit zur Trauer.
  • Kontaktieren Sie den Rentenversicherungsträger und die Krankenkasse, um den Verstorbenen abzumelden.

Niveau und guter Stil beweisen sich gerade an diesen Grenzen und Problemfällen.

3. Transparenz herstellen

Vorgesetzte sollten beim Offboarding unbedingt offen mit ihrer Abteilung kommunizieren, warum der oder die Mitarbeiterin das Unternehmen verlässt. So vermeiden Sie Gerüchte und unnötige Unruhe. Ebenso sollten sie ihre Kunden im Blick haben und diese rechtzeitig über den Personalwechsel informieren: Wer übernimmt die Aufgaben des Mitarbeiters und ist der oder die neue Ansprechpartnerin? Existiert noch kein Nachfolger, sollte auch das offen kommuniziert werden.

4. Feedbackgespräch führen

Führen Sie grundsätzlich immer ein professionelles Trennungsgespräch! Sagen Sie dem scheidenden Mitarbeiter wie der weitere Offboarding-Prozess abläuft und bitten Sie ebenfalls um Feedback. Das kann besonders aufschlussreich sein, wenn Arbeitnehmer schon nach kurzer Zeit das Unternehmen wieder verlassen. Wurde der Job vom Arbeitgeber gekündigt, sollten Sie sich nicht auf eine Diskussionen über die Beweggründe einlassen. rechnen Sie aber mit unterschiedlichen Emotionen – siehe: Sara-Modell.

Feedback Geben Sara Modell Methode Beispiel

5. Übergabe sichern

Klären Sie zusammen mit dem Mitarbeiter, welche Aufgaben noch beendet und welche an andere Kollegen delegiert werden müssen. Wichtig ist zudem eine Dokumentation einzelner Abläufe: So haben Nachfolger direkt ein Briefing zur Hand, das ihnen bei der Einarbeitung und neuen Aufgabe hilft.

6. Neubesetzung planen

Um Verzögerungen bei den Arbeitsabläufen zu vermeiden, sollte möglichst schnell die Nachfolge geklärt werden. Das erfordert einen zügigen Rekrutierungsprozess – intern oder extern. Existiert noch kein Nachfolger, müssen Sie die täglich zu erledigenden Aufgaben fair unter den restlichen Kollegen verteilen.

7. Sicherheit herstellen

Stellen Sie sicher, dass Schlüssel, Karten und Ausweise zurückgegeben, Zugangsdaten zu Benutzerkonten gesperrt werden. Üblicherweise geschieht dies erst am letzten Arbeitstag. Dies kann aus Datenschutzgründen aber schon vorher erforderlich werden – zum Beispiel bei einer fristlosen Kündigung. Weitere firmeneigene Hardware wie Smartphones, Laptops oder Dienstwagen gehören ebenfalls zu einer geordneten Rückgabe. Tipp: Wer bereits beim Onboarding eine detaillierte Liste mit allen Firmenbesitztümern führt (und aktualisiert), braucht diese Liste jetzt nur noch abarbeiten und abhaken.

8. Abschied nehmen

Je nach Art des Austritts und der Dauer der Betriebszugehörigkeit gehört zum Offboarding ebenso ein würdigender Abschied und Ausstand. Es muss als Geschenk keine goldene Uhr sein: Viel wichtiger ist die Dankesrede vom Chef für den verdienten Mitarbeiter. Auch das zeigt, wie man die Arbeit der Mitarbeiter generell wertschätzt. Idealerweise führen Vorgesetzte ganz zum Schluss noch ein persönliches 4-Augen-Gespräch um sich persönlich zu verabschieden.

9. Kontakt halten

Man begegnet sich immer zweimal im Leben! Umso wichtiger ist es, im Guten auseinanderzugehen und keine Brücken hinter sich zu verbrennen. Manche Talente kommen irgendwann zum Ex-Arbeitgeber zurück – aber nur, wenn sie diesen in guter Erinnerung behalten und der letzte Eindruck von Professionalität und Kollegialität gekennzeichnet war. Das gilt natürlich auch für die scheidenden Arbeitnehmer. Hinzu kommt, dass beide Seiten vom fachlichen Austausch profitieren: Kontakt halten, nützt immer!

10. Unterstützung gewähren

In sozialen Härtefällen oder bei Personalabbau im großen Stil kann es sinnvoll sein, nicht nur die Sozialauswahl fair und transparent zu gestalten, sondern die Ex-Mitarbeiter bei der neuen Jobsuche zu unterstützen. Andernfalls droht hohes Konfliktpotenzial. Hier kann das professionelle Offboarding durch Hinzuziehen einer Outplacement-Beratung oder eines Newplacement-Coaches mögliche juristische Streitereien abmildern oder gar vermeiden.

Offboarding Checkliste Ablauf Leitfaden Tipps

Checkliste: Kostenloser Download

Unseren Leitfaden und die Offboarding Checkliste können Sie sich zusätzlich hier kostenlos als PDF herunterladen:

Offboarding Checkliste (PDF)


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Typische Fehler beim Offboarding

Fehlt die Routine, wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden, können sich leicht Fehler einschleichen. Die folgenden sollten Sie unbedingt vermeiden:

Datenschutz vernachlässigen

Bei einem unkoordinierten Offboarding besteht die Gefahr, dass sensible Daten oder Betriebsgeheimnisse an Dritte gelangen. Gerade wenn die Trennung nicht einvernehmlich war und die Zugänge des ehemaligen Mitarbeiters noch nicht gesperrt wurden. Solange Zugriff auf alte Benutzerkonten möglich ist, könnte ein Ex-Angestellter aus Rache dem Unternehmen schaden.

Wertschätzung vergessen

Die meisten Arbeitnehmer investieren lange Jahre, Überstunden und eigene Weiterbildungen in das Vorankommen des Unternehmens. Nicht wenige identifizieren sich irgendwann mit „ihrem“ Job und Unternehmen. Kommt es dann zu einer (unfreiwilligen) Kündigung, wirkt eine vermeintlich saubere und lautlose Trennung wenig wertschätzend. Bei langjährigen Leistungsträgern können Sie gar nicht genug Brimborium um deren Anerkennung und Ihr Bedauern machen. Dies ist vor allem ein noch wichtigeres Signal an die restliche Belegschaft. Denn die identifiziert sich mit dem Ex-Kollegen und fragt sich: „Werde ich eines Tages auch so behandelt?“

Bürokratie fördern

Verlässt ein Arbeitnehmer aus Altersgründen das Unternehmen, zeichnet sich das frühzeitig ab. Aber ein Todesfall oder schwerer Unfall, der Mitarbeiter von heute auf morgen berufsunfähig macht, sollte zumindest – gedanklich – vorbereitet werden. Der geregelte Offboarding-Prozess sollte daher allen Beteiligten bekannt sein und intern schnell gestartet werden können. Übermäßige Bürokratie ist dabei unbedingt abzubauen: Eine komplizierte Übergabe erzeugt nur unnötigen Stress und schlechte Stimmung auf beiden Seiten. Reduzieren Sie daher immer wieder Komplexität und vereinfachen Sie den Prozess immer wieder.

Wissenstransfer ignorieren

Fach- und Führungskräfte sammeln mit der Zeit jede Menge Insiderwissen und interne Kontaktlisten an. Dieser Wissens- und Erfahrungsschatz sollte dem Unternehmen nicht verloren gehen. Handelt es sich beim ausscheidenden Mitarbeiter um einen echten Spezialisten in der Position, müssen Sie dessen Know-how unbedingt sichern und rechtzeitig Nachfolger benennen, an die das intellektuelle Kapital weitergegeben wird. Fördern Sie den Wissenstransfer wieder durch entsprechendes Entgegenkommen in Punkten, die dem Ex-Kollegen wichtig sind. Oder durch andere kleine Abschiedsgeschenke. Die erhalten bekanntermaßen die Freundschaft…


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