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Gerüchte: Bedeutung, Beispiele + die Psychologie dahinter

Gerüchte werden von Neidern erfunden, von Dummen verbreitet und von Idioten geglaubt. – So lautet ein Bonmot. Der britische Publizist Cyril Northcote Parkinson drückte es vornehmer aus: „Wo immer in der Kommunikation ein Vakuum entsteht, werden Gift, Müll und Unrat hineingeworfen.“ So ist es kein Wunder, dass die wildesten Spekulationen und Gerüchte ausgerechnet in Krisenzeiten Konjunktur haben.

Dann liegen die Nerven blank, die Unsicherheit wächst, erst recht, wenn Rivalitäten überhand nehmen. Dann kocht die Gerüchteküche hoch, und die Mehrheit orientiert sich am Hörensagen. Typisch Flüsterpropaganda. Doch was dagegen tun? Mitmachen – oder nicht?



Gerüchte: Bedeutung, Beispiele + die Psychologie dahinter

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Definition: Was ist ein Gerücht?

Gerüchte sind oft kolportierte, aber unverbürgte Nachrichten, deren Wahrheitsgehalt sich nur schwer verifizieren lässt. Sie werden aber trotzdem weitererzählt, weil ihr Inhalt spannend oder allgemeinem (öffentlichen) Interesse ist. Ein Gerücht richtet sich in der Regel gezielt gegen eine Person. Damit kann es Teil einer Intrige oder ein Instrument für Machtspiele oder Mobbing sein.

Synonyme für den Begriff Gerücht sind: Klatsch und Tratsch, Flurfunk, Flüsterpropaganda, Lügenmärchen (derber: „Latrinenparole“), Legende, Überlieferung oder Ondit (französisch: „man sagt“, (Englisch: rumour).

Gerücht Bedeutung und Herkunft

Der Begriff Gerücht stammt vom Mittelniederdeutschen „geruchte“ und bedeutet soviel wie Geschrei oder Gerufe. Der Begriff „Klatsch“ wiederum leitet sich etymologisch vom lautmalerischen Geräusch des Ausschlagens nasser Kleidung an öffentlichen Waschplätzen ab. Dort kamen einst die Frauen zusammen, wuschen Schmutzwäsche und tauschten Neuigkeiten aus – Klatschweiber im Wortsinn.

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Die Lust zur Indiskretion haben Frauen UND Männer

Täuschen Sie sich nicht: Geschwätzigkeit ist keine weibliche Domäne! Beide Geschlechter tratschen gleich gerne. Laut dem Bielefelder Soziologen Jörg Bergmann klatschen Männer und Frauen nur inhaltlich anders: Frauen seien bei ihren Erzählungen entweder deutlich gehässiger oder mitfühlender, während Männer emotionsloser seien. Thematisch dreht es sich bei Männern vornehmlich um den Besitz anderer, bei Frauen ist es das Aussehen.

Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass die Lust am Gerücht angeboren ist. Schon zu Urzeiten waren Klatsch und Tratsch überlebenswichtig, glaubt der US-Psychologe Frank McAndrew vom Knox College in Illinois: Wer etwas Schlechtes über bedeutende Personen der Gemeinschaft enthüllte, stieg im Ansehen der Gruppe und verbesserte so seine Chancen, sich fortzupflanzen. Damit wären Gerüchte vor allem ein Instrument des Selbstmarketings (siehe auch: Watercooler-Effekt).

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Psychologie: Wie entstehen Gerüchte?

Gerüchte sind ein Balsam für unser Gehirn. Als Alex Mesoudi von der schottischen St. Andrews Universität die Entstehung und Wirkung von Gerüchten untersuchte, fand er bei seinen Studien heraus: Im Gedächtnis gut haften blieben vor allem pikante Details über andere Menschen – zum Beispiel Lügen oder Untreue. Dies dann weiter zu erzählen, verleiht den Gerüchteköchen ein kurzfristiges Überlegenheitsgefühl. Einerseits haben sie einen Wissensvorsprung, gleichzeitig laben sie sich an den Fehlern anderer.

Aber was macht das einzelne Gerücht so erfolgreich? Warum werden sie von uns so oft und so ungefiltert verbreitet? Auch das wurde in mehreren Studien untersucht. Offenbar braucht es drei Zutaten, damit sich Gerüchte verbreiten:

  1. Das Gerücht ist einfach
    So einfach, dass wir es sofort und nur zu gerne glauben. Häufig sogar noch dann, wenn es nachweislich falsch ist – so das Ergebnis von Studien am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie um Ralf Sommerfeld.
  2. Das Gerücht spiegelt den Zeitgeist
    Damit sich Gerüchte halten, müssen sie zwar eine überraschende Botschaft transportieren – die aber muss in unser Weltbild passen. Ist die Nachricht zu abgedreht, bleibt das Gerücht ein Strohfeuer.
  3. Das Gerücht kitzelt unsere Emotionen
    Eine gute Story muss uns entweder ärgern, ängstigen oder an unsere Werte oder Hoffnungen appellieren.

Der Buzz-Experte Jerry R. Wilson fand sogar heraus: Positive Erlebnisse werden bis zu drei Mal weitererzählt, schlechte Erlebnisse jedoch bis zu 33 Mal. Und je länger sich ein Gerücht hält, desto schwerer wird es, es zu widerlegen. Denn je mehr Menschen es verbreiten, desto wahrer wirkt die Nachricht. Tatsächlich hört unser Gehirn irgendwann auf, die Qualität von Quellen zu unterscheiden. Oder anders formuliert: Es macht keinen Unterschied, ob wir eine Information von verifizierbaren Quellen hören oder nur immer wieder dieselbe Geschichte. Das ist nichts anderes als die Psychologie hinter urbanen Legenden: Die Leute müssen den Quatsch nur oft genug hören, damit sie glauben, dass er stimmt.

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Geschwätzigkeit ist ein Karrierekiller

Doch Klatsch und Tratsch zu verbreiten, kann sich als Pyrrhussieg erweisen: Erstens, weil immer etwas vom Dreck am Werfer kleben bleibt. Zweitens, weil lästern nicht unbedingt von einem noblen Charakter zeugt. Und drittens, weil sich die Mitteilung als unwahr herausstellen kann. Dann gilt der Urheber entweder als Lügner oder als ahnungsloser Wichtigtuer. Und kaum etwas schadet der Karriere so sehr wie das Image einer verorteten undichten Stelle…

„Wer tratscht, verbaut sich Wege“, warnen zahlreiche Karrierecoaches. Für den Einzelnen mag Klatsch ein wunderbares Regulativ sein, um Druck abzubauen und über Chefs und andere Evolutionsfehler herzuziehen. Aber je weiter man in der Hierarchie aufsteigt, desto gefährlicher wird das. Gerüchte sind ein veritabler Karrierekiller. Mangelnde Diskretion diskreditiert jeden noch so aussichtsreichen Aufsteiger.

Gerüchte Folgen: Abmahnung, Kündigung, Freiheitsstrafe

Seien Sie bitte äußerst vorsichtig mit ungesicherten Informationen. Vor allem: Unterscheiden Sie zwischen harmlosen Smalltalk und übler Nachrede. Lästern am Arbeitsplatz kann weitreichende Konsequenzen haben.

Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung deckt nicht das Verbreiten von Gerüchten oder Unwahrheiten. Im Gegenteil: Arbeitnehmer haben Ihrem Arbeitgeber gegenüber Loyalitätspflichten zu erfüllen. Wer sich beispielsweise über den Arbeitgeber im Beisein von Kollegen abfällig äußert, gibt Anlass zu einer Abmahnung. Im Wiederholungsfall droht gar die verhaltensbedingte Kündigung. Erst recht, wenn durch den Mitarbeiter der Betriebsfrieden gestört wird.

Gleiches gilt für Ehrverletzungsdelikte (Strafgesetzbuch §186, 187). Wer zum Beispiel üble Nachrede oder Verleumdung betreibt, kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden. Wird eine Person öffentlich verleumdet, sind sogar fünf Jahre Freiheitsentzug möglich.


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Gerüchte über mich: Wie reagieren?

Raum für Gerüchte gibt es überall: auf großen Bühnen und in der Öffentlichkeit ebenso wie in der Kantine oder Kaffeeküche. Wer aber Opfer von Gerüchten wird, sollte nicht sofort alles abstreiten, dementieren oder gar zurückschlagen! Prüfen Sie zuerst aus welcher Ecke das Gerücht kommt und auf was es sich bezieht:

1. Das Gerücht stimmt

Ist der Vorwurf berechtigt, ist es unerheblich, von wem die Enthüllung stammt. Leugnen wäre verkehrt. Sie haben Mist gebaut und sind aufgeflogen – stehen Sie dazu. Entschuldigen Sie sich – wenn es sein muss auch öffentlich –, aber bleiben Sie sachlich und souverän. Was auch gut ist: eine kurze (!) Erklärungen wie der Lapsus passieren konnte und wie Sie ihn künftig verhindern. Punkt.

2. Das Gerücht stimmt nicht

Ist das Gerücht völlig an den Haaren herbei gezogen, gibt es nur eine richtige Reaktion: Weisen Sie die Vorwürfe umgehend und begründet zurück. Beides ist wichtig: Zögern Sie zu lange, sieht es so aus, als könnte doch etwas dran sein. Liefern Sie keinen Gegenbeweis, verpufft die Replik. Auch hier gilt: So wenig Emotionen wie möglich. Es war ja nichts dran!

3. Der Absender ist ein Niemand

Nicht immer ist der Absender bei Klatsch und Tratsch eindeutig zu ermitteln. Aber es gibt Indizien: Was könnte mit dem Gerücht bezweckt werden? Wer profitiert davon? Das muss nicht unmittelbar ein Konkurrent sein. Manch einer versucht sich auch nur zu profilieren, indem er oder sie ein prominentes Ziel attackiert. Die damit verbundene Aufmerksamkeit nutzt vor allem dem Intriganten – ohne dass er selbst ein lohnendes Ziel abgäbe. In diesem Fall ist die Teflon-Strategie die beste: Ignorieren Sie den Kläffer. Zeigen Sie ihm die kalte Schulter, während Sie ein paar Freunde diskret bitten, für Sie Stellung zu beziehen und Ihre Qualitäten und Referenzen hervorzuheben. Oft geben solche Typen schnell auf, wenn sie kein williges Opfer finden.

4. Der Absender ist ein Rivale

Handelt es sich hingegen um eine falsche Anschuldigung seitens eines Rivalen, gibt es zwei Alternativen: Erstens, der Typ ist bekanntermaßen ein fieser Wadenbeißer. Solche Typen können Sie ebenfalls getrost vergessen. Auch wenn einige daraufhin die Attacke verstärken: Sie sägen nur am eigenen Stuhl und outen sich als Neider und Mickerling. Je souveräner Sie bleiben, desto erhabener und größer wirken Sie. Ist der Gerüchtestreuer jedoch ein Prestige-Schwergewicht und verfügt über eine hohe Reputation, müssen Sie unbedingt kontern. Zunächst unter vier Augen: Sagen Sie ihm, dass Sie sein Verhalten weder gutheißen noch tolerieren. Gibt er nicht auf, müssen Sie an die Öffentlichkeit gehen. Damit ist nicht gleich die Presse gemeint, ein größeres Meeting reicht. Offenbaren Sie sein unprofessionelles Vorgehen, liefern Sie Gegenbeweise, bleiben Sie aber stets locker und amüsiert. Zeigen Sie ihm, dass Sie sich über so viel Aufmerksamkeit freuen. Schade nur, dass er mit seinen Vermutungen völlig falsch liegt.

Und wenn nichts davon hilft, bleiben immer noch der Gang zum Chef – der hat schließlich eine Fürsorgepflicht. Und in letzter Instanz bleibt die Kündigung. Wer will schon für so einen Laden arbeiten?! Bei allem bleiben Sie aber bitte immer sachlich. Wer jammert, macht sich klein und ramponiert seinen Ruf. Auch wenn Ihnen der Heldennotausgang „Kündigung“ wie eine Niederlage erscheint: ein Unternehmen mit einer Intrigantenkultur hat Sie nicht verdient!

Mehr Tipps zum richtigen Umgang mit Gerüchten finden Sie in unserem kostenlosen PDF HIER zum Download.

Wie Sie den Flurfunk für sich nutzen

Falls Sie trotz allem mitreden und in der Gerüchteküche den Kochlöffel schwingen wollen, sollten Sie nie vergessen: Klatsch muss stets einen beiläufigen Charakter behalten. Noch besser: Der Inhalt ist positiv. Ansonsten gilt:

  • Quellen prüfen
    Lernen Sie, verlässliche Quellen von schädlichen zu unterscheiden. Wer schwätzt nur belangloses Zeug? Wer ist tatsächlich gut verdrahtet und frühzeitig informiert? Erstere sind zu meiden, Letztere mit guten eigenen Informationen zu versorgen. Das Geben ermöglicht das spätere Nehmen.
  • Multiplikatoren erkennen
    Identifizieren Sie die eifrigsten Flüstertüten im Unternehmen und bringen Sie diese in eine Reihenfolge, sortiert nach Themen, Wahrheitsgehalt oder Durchlaufgeschwindigkeit. Der Vorteil dieses Sendersuchlaufs: Falls Sie selbst einmal Informationen streuen müssen, wissen Sie genau, welche Kanäle dafür die effektivsten sind.
  • Nachrichten filtern
    Filtern Sie gute von schlechten Nachrichten und geben Sie nur die positiven weiter – auch weil sich das auf Ihren Ruf besser auswirkt. Bevor Sie aber eine Information weitergeben, verifizieren Sie diese bitte! Sie könnten sonst selbst bald als schlechte Quelle und Falschmelder dastehen.
  • Schweigen können
    Reden ist nur Silber – erst recht bei Spekulationen über Ihren Job. Falls Sie gerade befördert wurden, werden sich kurz darauf einige das Maul über die Hintergründe zerreissen. Das ist nichts, was man kommentieren müsste. Lächeln Sie lieber dazu und lassen Sie Taten sprechen.

So wie es zum Beispiel zwei niederländische Offiziere machten: Sie schworen sich, während ihre Amtszeit nur Gutes über den anderen zu berichten. Wo immer das Duo auftauchte, verbreitete es Lobesarien über den Partner des Paktes – mit Erfolg: Nach ein paar Jahren waren die beiden die jüngsten Admiräle der Niederlande. Der Effekt ging später in die Wissenschaft als „Dutch Admiral’s Paradigm“ ein.


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