Trennungskultur: Wie Sie richtig kündigen

Hand aufs Herz: Hat Ihr Unternehmen eine Trennungskultur? Die betriebliche Demission gleicht oft einer Verbannung. Mag die Kündigung auch gut begründet sein: Der Umgang mit entlassenen Mitarbeitern ist oft dilettantisch. Und gefährlich: Eine fehlende Trennungskultur hat enorm negative Auswirkungen – auf das Image des Unternehmens und auf die verbleibenden Mitarbeiter. Wie Sie richtig kündigen – ohne dass eine Abwärtsspirale entsteht…

Trennungskultur Richtig Kuendigen Survivor Syndrom

Wozu eine Trennungskultur?

Entlassungen und Personalabbau im großen Stil sind manchmal unvermeidlich. Viele Führungskräfte sind damit aber überfordert: Es fehlt ihnen an Erfahrung oder Fingerspitzengefühl bei der Kündigung.

Eine etablierte Trennungskultur (auch: Trennungsmanagement) vermeidet nicht nur teure Fehler bei der Trennung, beim Kündigungsschreiben und Kündigungsgespräch. Sie schützt zugleich die Reputation des Arbeitgebers (siehe: Employer Branding) und hat vor allem die verbleibenden Mitarbeiter im Blick. Ansonsten kann die Stimmung schnell kippen – und es kommt zum Abwandern wichtiger Talente.

Fehlende Trennungskultur ist teuer

Falsch kündigen und das Fehlen einer Trennungskultur kann Unternehmen viel kosten: Nicht nur durch unnötige Verzögerungen, Kündigungsschutzklagen oder Abfindungen. Die größten Kosten entstehen bei jenen Kollegen, die (noch) bleiben…

Wer in der Trennungsphase schäbig mit ehemaligen Angestellten umgeht, riskiert Blessuren am Firmenimage, fördert Querelen, senkt die Arbeitsmoral und bindet wertvolle Kapazitäten. Die Folgen: Es kommt zu Stau bei Neubesetzungen oder ungewollten Kündigungen und die Produktivität sinkt.

Studien zeigen, dass Fehlverhalten bei der Kündigung zu erhöhter Fluktuation führen – dem sogenannten Survivor-Syndrom. Umgekehrt: Beweisen Unternehmen beim Mitarbeiter entlassen Wertschätzung, Fairness und Respekt lassen sich die direkten und indirekten Folgekosten deutlich reduzieren.

Die häufigsten Trennungsfehler: unbedingt vermieden!

  • Formfehler beim Kündigungsschreiben
  • Falsche Kündigungsfristen
  • Vergessen von Beteiligungsrechten (z.B. Betriebsrat)
  • Nichtprüfen von Sonderkündigungsschutz (z.B. Behinderte, Schwangere)
  • Mangelhafte Vorbereitung des Trennungsgesprächs
  • Unklare Trennungskonditionen (Eskalationsgefahr)
  • Unzureichende interne Kommunikation (Informationsvakuum, Gerüchte)
  • Ignorieren der Ängste von Verbleibenden (Jobsicherheit, Motivation)


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Richtig kündigen: 3 Bausteine der Trennungskultur

Die Gründe und Motive für Entlassungen oder betriebsbedingte Kündigungen sind vielfältig. Sie reichen von Rationalisierung über Sanierung bis hin zur Zukunftssicherung. Dadurch stellen sich dem Management unterschiedliche Herausforderungen.

Dabei sollte ein professionelles Trennungsmanagement stets drei Aspekte beachten:

  1. Menschliche Aspekte
    Durch eine wertschätzende Trennung, die soziale Härten vermeidet, werden der innere Frieden und das Arbeitgeberimage sowie die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter gewahrt.
  2. Wirtschaftliche Aspekte
    Indem der Trennungsprozess gründlich vorbereitet und zwischen allen Beteiligten abgestimmt wird, können die direkten und indirekten Folgekosten vermieden beziehungsweise minimiert werden.
  3. Arbeitsrechtliche Aspekte
    Mögliche Eskalationen bei Verhandlungen belasten das Betriebsklima, kosten Zeit und Geld. Daher ist eine arbeitsrechtliche Prüfung der Trennungsbausteine und Sozialauswahl zwingend erforderlich.

4 Phasen im Trennungsprozess

Ein klassischer Trennungsprozess gliedert sich in vier typische Phasen:

Mitarbeiter Entlassen Trennungsprozess 4 Phasen Kündigung Trennungskultur

1. Vorbereitungs-Phase

  • Unternehmerische Entscheidung, Kündigungsziele
  • Klärung von Interessenausgleich und Sozialplan
  • Vorbereitung der Trennungsgespräche
  • Mitarbeiterauswahl (Trennung oder Qualifizierung)

2. Trennungs-Phase

  • Kündigungsgespräche (oder Versetzung, Veränderung)
  • Klare Botschaft: Trennung, Kündigung!
  • Gespräche über Bindung und Teambildung mit den Verbleibenden

3. Newplacement-Phase

  • Coachingangebot für Ex-Mitarbeiter
  • Neuorganisation und Teambildung der Verbleibenden
  • Bindung und Revitalisierung des (neuen) Teams

4. Evaluations-Phase

  • Analyse des Personalabbaus
  • Prüfen der Projektabwicklung
  • Ableiten von Erkenntnissen (für bessere Trennungskultur)

In allen Phasen haben Führungskräfte, die die Hiobsbotschaft überbringen müssen, eine Schlüsselrolle: Machen Sie Fehler, leidet nicht nur ihr Ansehen und das Renommee der Firma. Machen sie alles richtig, bleibt es trotzdem ein unangenehmer Job, für den man kaum Lorbeeren bekommt. Ihre professionelle Vorbereitung und Schulung ist daher der Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen Trennungsprozesses.

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Tipps: Wie die Trennungskultur verbessern?

Zwei einfache Fragen sind bei jeder Kündigung und für jede Trennungskultur zentral: Wer kündigt? Und: Wie wird gekündigt?

1. Wer führt das Trennungsgespräch?

Die erste Frage klingt nur banal. Tatsächlich versuchen sich viele direkte Vorgesetzte davor zu drücken und delegieren das potenzielle Konfliktgespräch an Kollegen aus der Personalabteilung. Fehler!

Bis auf wenige Ausnahmen empfehlen wir: Kündigen sollte immer der direkte Chef in einem persönlichen 4-Augen-Gespräch. Wer viele Jahre Herzblut in Job und Firma investiert hat, möchte nicht von irgendjemand entsorgt werden. Für arbeitsrechtliche Detailfragen, vertragliche Einzelheiten oder Konditionen können sich die Führungskräfte immer noch einen Profi oder den Hausjustiziar dazu holen.

Was sollten Sie beachten?

  • Personalakte des Mitarbeiters kennen
  • Ebenso Betriebsvereinbarungen oder Sozialpläne
  • Alle Alternativen zur Kündigung prüfen
  • Betroffene Abteilungen einbeziehen
  • Betriebsrat befragen
  • Regelung für Dienstwagen, Zeugnis, Resturlaub
  • IT: Vollmachten, Zugriffsrechte einschränken
  • Mögliche Angebote formulieren
  • Neutraler Ort für Entlassungsgespräch
  • Einheitliche Sprachregelung für Anwesende
  • Strategie bei Widerstand vorbereiten
  • Kommunikation für Presse und Medien

Glossar: Die wichtigsten Abkürzungen im Arbeitsrecht (PDF)

2. Wie richtig kündigen?

Das Kündigungsgespräch sollte stets kurz, klar und prägnant sein. Die eigentliche Botschaft sollte in den ersten fünf Sätzen erfolgen – nicht Minuten! Beispiel:

Herr __, ich muss Ihnen leider betriebsbedingt kündigen und das Arbeitsverhältnis zum TT.MM.JJJJ beenden. Dieser Schritt belastet mich selber sehr und tut mir unendlich leid. Weil wir Ihre Arbeit immer geschätzt haben und Sie bei uns wirklich Tolles geleistet haben, möchten wir ihnen eine einvernehmliche und faire Lösung anbieten…

Klarheit ist dabei oberste Pflicht und die Ich-Form kein Zufall: Formulierungen mit „man“ lassen die Gekündigten hören, dass sich der Chef selbst davon distanziert. Die angesprochene Fairness bedeutet, dass Sie weder pekuniäre Trostpflaster anbieten, noch versuchen, möglichst billig davonzukommen. Das wird immer erkannt und sorgt für Bitterkeit, Motto: „Selbst wenn man geht, versuchen die einen noch über den Tisch zu ziehen!“

Großzügigkeit zahlt sich aus: Bieten Sie dem scheidenden Mitarbeiter besser Wahlmöglichkeiten – zum Beispiel zwischen einer Abfindungszahlung oder einer Outplacement-Beratung (oder beidem). Das beweist Wertschätzung und sichert auch denn betriebsinternen Frieden.

Was sollten Sie beachten?

  • Verbindliche Sprachregelung (Was bleibt geheim?)
  • Debriefing (Übergabe an Nachfolger)
  • Eventuelle Freistellung
  • Offizieller Abschied und Würdigung
  • Gespräche mit verbleibendem Team
  • Neuorganisation und Motivation

Gerade das restliche Team wird oft vergessen. Trennungsexperten raten diese Mitarbeiter gezielt anzusprechen und über den Prozess transparent zu informieren. Der kritischste Punkt ist die empfundene Gerechtigkeit. Er bleibt der Prüfstein für den Mythos „Unternehmenskultur“.

Wann richtig kündigen?

Ist die Entscheidung gefallen und Mitarbeiterauswahl getroffen, sollte das Unternehmen zügig handeln. Der Termin Freitagnachmittag ist für Kündigungsgespräche allerdings ungeeignet, weil Betroffene dann nicht mehr den Betriebsrat aufsuchen oder einen Anwalt konsultieren können. Auch die Chance auf ein spontanes Nachgespräch wird so verbaut. Bessere Termine sind Anfang oder Mitte der Woche.



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