Was bedeutet Kündigungsschutz?
Der Kündigungsschutz im Arbeitsrecht sorgt dafür, dass Arbeitgeber nur wirksam kündigen können, wenn sie sich dabei an formale Vorschriften, zulässige Kündigungsgründe und gesetzliche Kündigungsfristen halten.
Kündigungsschutz bedeutet aber nicht, dass Arbeitnehmer vor jeder Kündigung geschützt wären. Das Gesetz erschwert diese nur und bindet sie an Regeln, die einzuhalten sind.
Für wen gilt der Kündigungsschutz nicht?
Vom Kündigungsschutz ausgenommen sind „leitende Angestellte„, Geschäftsführer, Vorstände und Organe. Auch freie Mitarbeiter fallen nicht darunter.
2 Formen im Kündigungsschutz
Beim Kündigungsschutz werden zwei Formen unterschieden:
- Allgemeiner Kündigungsschutz
Er gilt für alle Arbeitnehmer, die in Vollzeit, Teilzeit oder einem Minijob arbeiten. - Besonderer Kündigungsschutz
Er schützt Arbeitnehmer, die als besonders schutzbedürftig gelten. Dazu zählen zum Beispiel Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder.
Auszubildende sind vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen. Sie sind über das Berufsbildungsgesetz (BBiG) vor einer Kündigung geschützt.
Welche Kündigungsgründe gibt es?
Der Arbeitgeber darf nicht „einfach so“ kündigen, sondern benötigt dafür einen Grund. Im Arbeitsrecht werden bei der Kündigung eines Arbeitsvertrages bis zu zehn Varianten unterschieden. Zu den häufigsten gehören:
Dabei handelt es sich um eine fristgemäße Kündigung, die die gesetzlichen Kündigungsfristen einhält.
- Betriebsbedingte Kündigung
- Personenbedingte Kündigung
- Krankheitsbedingte Kündigung
- Verhaltensbedingte Kündigung
Diese übergeht und verkürzt geltende Kündigungsfristen aus triftigem Grund.
Das sind einige der zulässigen Kündigungsgründe dazu:
Eine ausführliche Übersicht zu Kündigungsarten und Voraussetzungen können Sie sich HIER kostenlos als PDF herunterladen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Sonderformen der Kündigung, die hier den Rahmen sprengen würden. Ausführliche Artikel dazu finden Sie hier:
Wartezeit: Der Kündigungsschutz greift nicht sofort
Der gesetzliche Kündigungsschutz gilt nicht sofort, sondern erst unter bestimmten Voraussetzungen:
- Wartezeit
Arbeitnehmer müssen wenigstens sechs Monate ohne Unterbrechung beschäftigt sein. Vor Ablauf dieser „Wartezeit“ (die „Probezeit“ kann kürzer sein) kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach § 1 Abs. 1 KSchG binnen einer Frist von zwei Wochen und ohne Angabe von Gründen kündigen. - Betriebsgröße
Der Kündigungsschutz greift erst ab einer Betriebsgröße von mehr als zehn Mitarbeitern. Teilzeitbeschäftigte werden anteilig berücksichtigt. Unter dieser Größe gilt das Unternehmen als Kleinbetrieb. Bedeutet: Der Inhaber kann die Mitarbeiter einfacher kündigen.
Ausnahmen für Kleinbetriebe
Sobald der Arbeitgeber mit der Kündigung gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder ein gesetzliches Verbot verstößt, ist auch die Kündigung im Kleinbetrieb unwirksam. Darunter fallen:
- Maßregelungsverbot
Gemäß § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf der Arbeitgeber einen Beschäftigten nicht kündigen, nur weil der seine Rechte ausübt – zum Beispiel weil der einen Betriebsrat gründen will oder unzulässige Überstunden verweigert. - Benachteiligungsverbot
Gemäß § 4 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) dürfen Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht benachteiligt werden. Auch der Kleinbetrieb muss bei betriebsbedingten Kündigungen nach sozialen Gesichtspunkten abwägen, wer seinen Job behalten darf und wer gehen muss. - Betriebsratsanhörung
Nach § 102 Absatz 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist ein Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören, anderenfalls ist sie unwirksam. Das gilt grundsätzlich auch in Kleinbetrieben, falls dort ein Betriebsrat existiert.
Kündigungsfristen im Kündigungsschutz
Die Kündigung ist im Arbeitsrecht eine einseitige „empfangsbedürftige“ Willenserklärung mit dem Ziel das Arbeitsverhältnis zu beenden. Bedeutet: Erst wenn sie „empfangen“ wurde, beginnen die Fristen. Folgende Kündigungsfristen müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten:
- Gesetzliche Kündigungsfrist
Nach § 622 BGB Abs. 1 können Arbeitnehmer mit einer „Grundkündigungsfrist“ von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Für Arbeitgeber ist die gesetzliche Kündigungsfrist teilweise länger. Sie richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (siehe Grafik):
- Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag kann eine längere Kündigungsfrist als die gesetzliche festlegen. Dann gilt diese. Sie darf für Arbeitnehmer aber nie länger sein als für Arbeitgeber. Und Sie darf sieben Monate nicht übersteigen. Falls Sie vorher aus dem Vertrag wollen: Lesen Sie HIER weiter. - Tarifvertrag
Liegt dem Arbeitsvertrag ein Tarifvertrag zugrunde, so gelten dessen festgeschriebene Kündigungsfristen. - Probezeit
In der Regel dauert die Probezeit sechs Monate. Innerhalb der Probezeit können beide Seiten – ohne Begründung – mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen kündigen.
Sonderkündigungsschutz für besondere Arbeitnehmer
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz existiert für bestimmte Arbeitnehmer ein besonderer Kündigungsschutz. Dazu zählen:
Schwangere
Gemäß § 9 Mutterschutzgesetz genießen Schwangere von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser gilt unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Betriebsgröße.
Berechnet wird der Beginn der Schwangerschaft, indem vom Entbindungstermin ausgehend 280 Tage zurückgerechnet werden. Die Feststellung bedarf eines ärztlichen Attests. Dieser Kündigungsschutz gilt für: Angestellte, Aushilfen, Auszubildende, Leiharbeitnehmerinnen, Minijobberinnen, Praktikantinnen, Hausangestellte, Schülerinnen, Studentinnen, Teilzeitbeschäftigte, Volontärinnen.
Schwerbehinderte
Auch Menschen mit Behinderung genießen besonderen Schutz. Als schwerbehindert gilt ein Arbeitnehmer, wenn er einen Behinderungsgrad von mindestens 50 hat. Will der Arbeitgeber einen solchen Mitarbeiter entlassen, müssen Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung und das Integrationsamt in Kenntnis gesetzt werden. Ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist eine Kündigung unwirksam.
Ausnahmen: Beide Parteien schließen einen Aufhebungsvertrag oder das Arbeitsverhältnis besteht erst weniger als ein halbes Jahr.
Betriebsräte
Arbeitnehmer, die Mitglied im Betriebsrat sind, können gemäß § 15 KSchG nicht ordentlich gekündigt werden. Auch hier gibt es Ausnahmen: Wird der Betrieb stillgelegt, dürfen auch Betriebsratsmitglieder gekündigt werden. Andernfalls muss für eine zulässige Kündigung ein „wichtiger Grund“ nach § 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegen.
Auch hier muss der Betriebsrat seine Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratmitgliedes geben. Auf Antrag des Arbeitgebers kann diese auch das Arbeitsgericht erteilen, sofern die fristlose Kündigung gerechtfertigt ist.
Ist man mit 55 Jahren unkündbar?
Nein. Für ältere Arbeitnehmer besteht kein besonderer Kündigungsschutz. Zumal juristisch überhaupt nicht definiert ist, welcher Arbeitnehmer unter „älter“ fällt. Ausnahmen bestehen nur im öffentlichen Dienst. Tarifverträge legen beispielsweise fest, dass 55-Jährige nach 20 Jahren Beschäftigung nicht wegen „Leistungsminderung“ gekündigt werden dürfen. Allgemein aber müssen das Alter und Härtefälle im Kündigungsfall bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden.
Das Kündigungsschutzgesetz kennt dafür spezielle Regelungen für ältere Arbeitnehmer im Falle einer Abfindung:
- 50-Jährige mit 15-jähriger Betriebszugehörigkeit erhalten eine Abfindung in Höhe von 15 Monatsgehältern.
- 55-Jährige mit 15-jähriger Betriebszugehörigkeit erhalten eine Abfindung in Höhe von 18 Monatsgehältern.
Kündigung erhalten: Was tun?
Dank Kündigungsschutz können Sie sich gegen eine Entlassung wehren. Haben Sie eine Kündigung erhalten (zulässig ist nur die unterschriebene Schriftform, E-Mails, SMS, Fax oder mündliche Aussagen sind unwirksam), tickt die Uhr: Ab dem Zeitpunkt der Zustellung gilt nach § 4 Satz 1 KSchG eine Frist von drei Wochen. In dieser Zeit müssen Sie eine sogenannte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Am besten über einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Wird diese Klagefrist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie das ursprünglich nicht war. Die 3-Wochen-Frist gilt auch, wenn Sie krank oder im Urlaub sind. Die Frist beginnt, sobald die Kündigung in Ihrem „Machtbereich“ liegt. Dazu reicht Ihr Briefkasten aus.
Weitere Ratgeber zur Kündigung
- Kündigungsschreiben Arbeitnehmer: Muster zum Abgang
- Kündigung vorbereiten: Das sollten Arbeitnehmer beachten
- Kündigung widerrufen: Geht das?
- Kündigungsgespräch: Was Sie beachten sollten
- Glossar: Die wichtigsten Abkürzungen im Arbeitsrecht (PDF)