Selbstausbeutung im Job: So schützen Sie sich davor!

Selbstausbeutung ist ein gefährlicher Trend für viele Beschäftigte. Es wird immer mehr gearbeitet, auch über den eigenen Aufgabenbereich hinaus – sogar nach Feierabend und am Wochenende. Wir überschreiten regelmäßig die eigenen Grenzen, setzen dabei die Gesundheit aufs Spiel und muten uns zu viel zu. Aber warum kommt es zu solch einer Selbstausbeutung? Wir klären die Ursachen, zeigen einen Test, ob Sie sich selbst ausbeuten und geben Tipps, wie Sie sich vor Selbstausbeutung schützen können…

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Definition: Was ist Selbstausbeutung?

Selbstausbeutung ist die Bereitschaft, mehr, härter und länger zu arbeiten, als es erforderlich wäre – und auch mehr, als vertraglich vereinbart ist oder vom Arbeitgeber erwartet wird. Betroffene akzeptieren dabei, sich selbst durch großen Stress, fehlende Pausen und zu hohe Aufgabenlast zu schaden. Die eigenen Grenzen werden nicht respektiert, stattdessen wird die vorhandene Kraft, Energie und Konzentration überstrapaziert.

Selbstausbeutung darf dabei nicht mit Überarbeitung gleichgesetzt werden. Vielmehr gilt: Ständige Überstunden, fehlende Freizeit und große berufliche Belastungen sind die Symptome – Selbstausbeutung ist die dahinterstehende Krankheit.

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Ursachen: Was fördert die Selbstausbeutung?

Zum Teil ist Selbstausbeutung immer eine Frage der Persönlichkeit. Manche Menschen können leichter Grenzen setzen und sich selbst eingestehen, wie viel sie wirklich leisten können – andere muten sich immer mehr zu. Dahinter kann beispielsweise ein geringes Selbstwertgefühl stehen, das durch die zusätzlichen Aufgaben und Leistungen ausgeglichen werden soll.

Doch gibt es auch viele andere Faktoren, die als Ursache zur Selbstausbeutung beitragen können:

Viel Selbstbestimmung

Eigenverantwortliches Arbeiten und Selbstbestimmung sind im Job beliebt. Doch genau darin liegt eine häufige Quelle für Selbstausbeutung. Das belegt auch eine Studie der Sozialwissenschaftlerin Irene Matta. Je selbstbestimmter ein Arbeitnehmer ist und je mehr Freiheiten er bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat, desto größer das Risiko, zu viel und deutlich mehr als nötig zu tun. Wer eigenverantwortlich ist, findet am Arbeitstag kein Ende und hat das Gefühl, immer noch mehr leisten zu müssen.

Lesetipp: So übernehmen Sie Eigenverantwortung

Hohe Ziele

Wer viel erreichen will, beutet sich für diese Ziele häufiger selbst aus. Dahinter steht die Angst, die selbst gesteckten Ziele und Erwartungen nicht zu erreichen. Die Sorge: Wenn ich nicht 150 Prozent gebe, reicht es am Ende nicht.

Lesetipp: So überwinden Sie Perfektionismus

Großer Druck

Großer Druck am Arbeitsplatz kann in die Selbstausbeutung führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Druck wirklich vom Arbeitgeber ausgeht oder der Mitarbeiter sich diesen selbst macht. Wer das Gefühl hat, sich vor dem Chef beweisen oder gegen die Konkurrenz durchsetzen zu müssen, beutet sich dabei oft selbst aus. Es wird besonders hart und viel gearbeitet, um die Situation zu verbessern – das Ergebnis ist aber meist das genaue Gegenteil. Ein regelrechter Teufelskreis.

Lesetipp: So gehen Sie mit Druck um

Viele Incentives

Klingt erst einmal gut: Der Chef lockt mit Incentives der unterschiedlichsten Art. Kostenloses Bio-Obst und Getränke, ein moderner Aufenthaltsraum mit Billardtisch, betriebliche Altersvorsorge, flache Hierarchien und tolle Teambuilding Events oder After-Work-Partys. Alles schön und dient der Mitarbeiterbindung – erschwert aber die emotionale Distanz. Sich abzugrenzen und nicht mehr zu machen, als nötig, fühlt sich an, als ließe man einen Freund im Stich. Das führt leichter zur Selbstausbeutung bei Angestellten.

Lesetipp: So wirken Incentives

Zeitgeist und Kultur begünstigen Selbstausbeutung

Arbeit hat einen hohen Stellenwert im Leben und gilt als sinnstiftend. Sie ist nicht nur Broterwerb, sondern wichtiges Mittel zur Selbstverwirklichung – gemäß der Maslowschen Bedürfnispyramide das höchste Ziel.

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Um sich selbst durch den Job zu verwirklichen, wird immer mehr gearbeitet. Erschwerend hinzu kommt: Wer sich dem Trend nicht beugt und weniger arbeitet, wird schnell als faul abgestempelt. Also beugt man sich dem gesellschaftlichen Ideal und beutet sich dabei selbst aus.

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Test: Beuten Sie sich selbst aus?

Betroffenen ist leider oft gar nicht bewusst, dass ihr Verhalten bereits Selbstausbeutung ist. Deshalb haben wir zur besseren Selbsteinschätzung einen kleinen Test vorbereitet. Kreuzen Sie einfach an, in welchen der folgenden Behauptungen Sie sich selbst wiedererkennen:

  • Na klar, ich mache Überstunden. Das ist doch vollkommen normal.
  • Ich kann einfach nicht Nein sagen, auch wenn ich schon viel zu tun habe.
  • Vereinbarungen nach Feierabend treffe ich nicht, da ich nie genau weiß, wann ich nach Hause komme.
  • Sorgen um meinen Arbeitsplatz und die Zukunft mache ich mir sehr oft.
  • Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich habe immer das Gefühl, noch mehr machen zu müssen.
  • Ich kann nur schlecht Grenzen setzen – anderen und auch mir selbst.
  • Krankschreiben? Das kann ich mir wirklich nicht erlauben.
  • Auch zu Hause und an freien Tage denke ich ständig an die Arbeit.
  • Ich bin regelmäßig nach der Arbeit sehr erschöpft.
  • Falls nötig gehe ich auch am Wochenende arbeiten, um meinen Chef zu unterstützen.

Einzelne Zustimmungen sind noch kein Grund zur Sorge. Erkennen Sie sich aber in einigen der Beschreibungen wieder, stecken Sie vielleicht bereits tiefer in der Selbstausbeutung, als Ihnen bewusst ist.

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Selbstausbeutung: Diese Fehler sollten Sie vermeiden

Einen wichtigen Schritt gegen die Selbstausbeutung können Sie bereits tun, indem Sie häufige Fehler vermeiden. Auf diese Verhaltensweisen sollten Sie achten:

  • Sie lassen sich ablenken

    Mit jeder Ablenkung werden Sie aus dem Arbeitsprozess gerissen. Untersuchungen zufolge braucht es im Schnitt 15 Minuten, um dann wieder ganz bei der Sache zu sein. Heißt: Alles verschiebt sich nach hinten, wenn Sie häufig abgelenkt sind. Sie sitzen den ganzen Tag am Schreibtisch, kommen aber gleichzeitig kaum voran. Das fördert lange Arbeitszeiten und Selbstausbeutung.

  • Sie übersehen die Signale

    Manche ignorieren schlichtweg ihre (körperlichen und psychischen) Grenzen. So etwas spiegelt sich gerne im Präsentismus wider, wenn kranke Arbeitnehmer arbeiten gehen. Statt sich zu erholen und die Gesundheit zu schonen, wird weiterhin Raubbau am eigenen Körper betrieben.

  • Sie umgehen Sicherheitsbestimmungen

    Besonders in der Schwarzarbeit sind Arbeitnehmer gefährdet, eine versteckte Form der Selbstausbeutung zu erleben: Gängige Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz werden umgangen, dafür lockt das schnelle (am Fiskus vorbei verdiente) Geld. Doppelt riskant ist das bei selbständigen Unternehmern, die schwarz arbeiten und einen Arbeitsunfall haben: Sie sind vom Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaften ausgenommen.

  • Sie achten nicht auf die Zeit

    Sie haben viel zu tun, da gerät die Zeit schnell aus dem Blick. Leider werden dabei das Arbeitszeitgesetz und Pausenregelungen übersehen. Diese gibt es aber nicht ohne Grund. Sie dienen dem Arbeitnehmerschutz, um Regeneration zu ermöglichen – und um Ausbeutung zu verhindern.

  • Sie leiden am Helfersyndrom

    Hilfsbereitschaft ist eine gerne gesehene Eigenschaft, doch darf es nicht in ein Helfersyndrom ausarten. Wenn Sie über Ihre psychischen und physischen Grenzen hinausgehen und sich für andere aufopfern, ist damit niemanden geholfen. Hilfe ist nur möglich und sinnvoll, wenn Sie die Kapazitäten dafür haben.

  • Sie nehmen Aufputschmittel

    Die tägliche Dosis Koffein von ein oder zwei Tassen Kaffee gehört sicherlich nicht in diese Kategorie. Doch sind seit langem Fälle von Studierenden bekannt, die nur noch mit Ritalin das Pensum ihres Studiums bewältigen können. Auch im Job greifen Arbeitnehmer immer wieder zu illegalen Substanzen. Wer sich mit Amphetaminen und Drogen wie Kokain wach hält, um bloß seine Deadlines einhalten zu können, beutet sich nicht nur aus, sondern setzt die Gesundheit oder gar das eigene Leben aufs Spiel.

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So schützen Sie sich vor Selbstausbeutung

Hat die Selbstausbeutung erst einmal begonnen, ist der Weg hinaus oft schwer. Anfangs macht es sogar noch Spaß, sich in die Arbeit reinzuhängen, gute Ergebnisse zu erzielen und vielleicht ein paar Stufen auf der Karriereleiter aufzusteigen. Doch die negativen Auswirkungen lassen nicht lange auf sich warten. Selbstausbeutung führt zu Erschöpfung, Stress, gesundheitlichen Problemen bis hin zu einem Burnout.

Mit diesen Tipps schützen Sie sich vor den Gefahren der Selbstausbeutung:

  • Schaffen Sie eine Grenze zwischen Arbeit und Freizeit

    Eine alte Redensart besagt „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“. Es braucht eine Trennung und Grenze zwischen Arbeit und privater Freizeit. Flexible Arbeitszeitmodelle sind wichtig, verwischen aber genau diese Grenze. Schaffen Sie eine klare Unterteilung, wann Sie arbeiten und wann die Arbeitszeit endet.

  • Bleiben Sie realistisch

    Ihre Motivation, Karrierepläne und Ihren Ehrgeiz in allen Ehren, aber Sie müssen nicht immer und überall viel zu viel tun. Jeden Morgen eine Stunde früher, jeden Abend eine Stunde länger als alle anderen? Am Wochenende noch zwei zusätzliche Projekte? Sie müssen erkennen, wie viel Arbeitslast realistisch und umsetzbar ist. Gute und überzeugende Leistungen sind auch möglich, wenn Sie 100 Prozent geben, statt sich mit 200 Prozent auszubeuten.

  • Achten Sie auf klare Strukturen

    Legen Sie eine To-do-Liste an, auf der Sie Ihre anstehenden Aufgaben festhalten – und halten Sie sich daran! Erst wenn Sie die Liste abgearbeitet haben, suchen Sie wieder aktiv nach neuen Aufgaben. So verhindern Sie, durch fehlende Organisation und Struktur viel zu viele Aufgaben anzuhäufen, die in Überstunden und nach Feierabend erledigt werden müssen.


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