Unterschiede zwischen Entscheidungstypen
Für alle unsere Entscheidungen müssen wir Verantwortung übernehmen: Ausbildung oder Studium? Kinder haben oder noch keine Familie gründen? Haus abeun oder zur Miete wohnen? In der Stadt oder auf dem Land leben? Jede Wahl hat Konsequenzen, die damit einhergehen. Lebensführung ist nichts anderes, als immer neue Entscheidungen zu treffen.
Wie wir dabei vorgehen, hängt vom persönlichen Entscheidungstyp ab. Wer glaubt, sich vor einer Wahl drücken zu können, liegt ohnehin falsch. Selbst nicht zu entscheiden bedeutet nur, die Kontrolle abzugeben und von anderen gesteuert zu werden, die für einen entscheiden. Warum es trotzdem manchmal schwer fällt und wir uns vor Entscheidungen drücken wollen, erklärt US-Psychologe Barry Schwartz mit den zwei verschiedenen Entscheidungstypen: Maximierer und Genügsame.
Maximierer
Für diesen Entscheidungstypen gilt eine Alles-oder-nichts-Einstellung. Vor dem Kauf studieren sie peinlich genau Produkttests und Erfahrungsberichte und suchen bis zur Erschöpfung jeder Entscheidungshilfe nach dem besten Angebot. Dabei erwarten sie häufig, dass alle um sie herum denselben perfektionistischen Drang verspüren.
Trotz der Mühe, die sie in ihre Entscheidungsfindung stecken, werden Maximierer immer wieder von Zweifeln geplagt. Irgendwo da draußen könnte es ja ein besseres Angebot geben. Damit sind Maximierer anfälliger für eine Entscheidungsblockade – die Unfähigkeit, sich festzulegen. Sie schieben die Wahl häufiger hinaus oder versuchen Entscheidungen zu umgehen.
Genügsamer
Wer zu diesem Entscheidungstyp zählt, hat akzeptiert, dass man im Leben nicht immer das Beste bekommen kann. Genügsame vertreten die Meinung: Gut reicht völlig aus. Deswegen suchen Vertreter dieses Entscheidungstypen nur so lange, bis sie eine Option gefunden haben, die ihren Maßstäben entspricht.
Dabei berücksichtigen sie, dass sie ein endloses Sammeln von Informationen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr weiterbringt, sondern nur noch anstrengt. Nachträgliche Zweifel sind ihnen eher fremd. Das bedeutet aber nicht, dass sie weniger ehrgeizig wären als Maximierer. Sie wissen einfach nur, was sie wollen und was ihnen reicht.
Selbsttest: Welcher Entscheidungstyp sind Sie?
Haben Sie bereits eine Ahnung, zu welchem der Entscheidungstypen Sie zählen? Doch fällt die Selbsteinschätzung nicht jedem so leicht. Mal ist die Zuordnung nicht ganz eindeutig, mal ist das Selbstbild verzerrt. Für diesen Fall haben wir einen kleinen Selbsttest erstellt, mit dem Sie Ihren Entscheidungstypen bestimmen können.
Was Sie tun müssen: Lesen Sie sich die folgenden Aussagen bitte aufmerksam durch und bewerten Sie diese auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 7 (stimme völlig zu). Merken Sie sich die jeweilige Punktzahl oder schreiben Sie diese auf, da sich daraus Ihr Ergebnis errechnet:
- Gedanklich spiele ich immer aller Möglichkeiten durch. Ob diese auch umsetzbar sind, steht dabei auf einem anderen Blatt.
- Ich bin zwar zufrieden mit meinem Job, halte aber die Augen nach anderen Angeboten offen.
- Im TV wechsle ich ständig den Sender, auch wenn ich gerade eine Sendung gucke.
- Ich springe immer zwischen Internetseiten hin und her, wenn ich im Netz surfe.
- Meine Beziehungen halten nie lange. Der oder die Richtige war einfach noch nicht dabei.
- Wenn ich mich entscheiden muss, brauche ich Zeit. Es dauert, bis ich mich auf etwas festlegen kann.
- Mich für einen Kinofilm zu entscheiden, fällt mir echt schwer. Das Geld für die Karte muss sich ja auch lohnen.
- Kleidung zu kaufen dauert. Ich finde selten etwas, das meinen Ansprüchen genügt.
- Ich liebe Ranglisten wie die Spiegel-Bestsellerliste.
- Wenn ich eine Geburtstagskarte schreibe, finde ich nie die richtigen Worte und überdenke die Sätze mehrmals neu.
- Fernseher, Kaffeemaschine, Auto – nur das Beste ist gut genug.
- Bei allem, was ich tue, setze ich mir die höchsten Maßstäbe.
- Ich stelle mir gerne vor, wie mein Leben aussähe, wenn manche Dinge sich anders entwickelt hätten.
Auflösung zum Selbsttest
Haben Sie sich notiert, welche Werte Sie angegeben haben? Dann brauchen Sie nur noch die Zahlen zu addieren und die Summe durch 13 zu teilen:
- Liegt Ihr Wert bei 4,75 oder darüber, gehören Sie zu den Maximierern.
- Liegt Ihr Wert bei 3,25 oder darunter, gehören Sie zu den Genügsamen.
- Ein Wert zwischen 3,25 und 4,75 steht für einen Mischtyp.
Vorteile und Nachteile der Entscheidungstypen
Wer weiß, zu welchem Entscheidungstypus er gehört, kann besser verstehen, wieso manche Entscheidungen schwer fallen oder gar frustrieren. Die Unterschiede zeigte Schwartz in einer weiteren Untersuchung: Befragte Studenten kurz vor dem Abschluss machten dabei Angaben zu Bewerbungen – das eindeutige Ergebnis:
- Die Maximierer unter ihnen schickten eine enorme Anzahl an Bewerbungen raus, einige sogar 1000 und mehr.
- Die Studenten, die zu den Genügsamen gehörten, verschickten deutlich weniger, manche von ihnen schrieben gar nur eine einzige Bewerbung.
Zu welchem Entscheidungstypen wir gehören, hängt dabei vor allem von der Persönlichkeit ab. Dabei ist ein Typ nicht pauschal besser als der andere. Wichtig ist es, die jeweiligen Vor- und Nachteile der Entscheidungstypen kennen:
Entscheidungstyp Maximierer
- Vorteile
Die ausgiebige Suche nach Informationen, der Vergleich untereinander und die Bereitschaft, viel Zeit und Aufwand zu investieren, führen für Maximierer zu besonders guten Entscheidungen. In der Untersuchung landet der Entscheidungstyp etwa in Jobs mit deutlich höherem Einstiegsgehalt. Für diesen Entscheidungstypen spricht zudem das Durchhaltevermögen. Selbst wenn sie zahllose Optionen betrachtet haben, lassen sie nicht locker und suchen weiter. Sie wollen immer die noch bessere Alternative finden und hängen sich voll rein. - Nachteile
Genau dieser Perfektionismus wird Maximierern aber auch zum Verhängnis. Sie können nur sehr schwer mit einer Entscheidung zufrieden sein. Sie legen sich nicht fest und treffen eine Entscheidung, sondern suchen weiter und weiter. Spontanität bei einer Wahl ist schwierig bis unmöglich. Unsicherheit begleitet jede Entscheidung.
Hinzu kommt Unzufriedenheit und das Bedauern von Entscheidungen. So zeigte Barry Schwartz: Maximierer waren mit ihrer Entscheidung unzufriedener als die Genügsamen, obwohl sie mehr Gehalt verdienten. Zudem gaben sie an, schon während der Jobsuche gestresst, besorgt und erschöpft gewesen zu sein. Der Entscheidungsprozess ist für diesen Entscheidungstyp ein Kraftakt. - Vorteile
Größter Pluspunkt von genügsamen Entscheidern:: Sie wissen genau, was sie wollen – und sind bereit, eine Entscheidung zu treffen, wenn eine passende Option gefunden wurde. Keine endlose Suche, sondern ein klares „Wenn es meinen Vorstellungen trifft, ist es eine gute Wahl!“ Entsprechend gibt es keine Zweifel oder Unzufriedenheit. Keine Grübelei, was ihnen möglicherweise entgeht. Genügsame können sich schneller festlegen und sind langfristig glücklicher mit der Wahl. - Nachteile
Objektiv betrachtet treffen Genügsame tatsächlich die schlechteren Entscheidungen. Der einfache Grund: In der kurzen Suche, bis eine akzeptable Wahl getroffen wird, werden zahlreiche andere Alternativen überhaupt nicht berücksichtigt. So ist die Entscheidung zwar gut und entspricht den Vorstellungen – aber eben nicht bestmöglich wie bei Maximierern. Zudem mangelt es an Bereitschaft mehr für eine gute Wahl zu tun. Genügsame Entscheidungstypen geben sich frühzeitig zufrieden oder geben sogar vorzeitig auf.
Entscheidungstyp Genügsamer
Beide Entscheidungstypen nutzen
Der Idealfall ist die Kombination beider Entscheidungstypen. So werden die Vorteile beider Typen genutzt und die Nachteile ausgeglichen. Das ist jedoch nicht ganz leicht. Es fällt vielen schwer, den eigenen Entscheidungstyp zu ändern. Zu tief verankert sind die Gewohnheiten, Denkweisen und Entscheidungsroutinen.
Mit dem Wissen können Sie sich selbst jedoch besser verstehen und das eigene Verhalten hinterfragen und steuern. Bei schwerwiegenden Entscheidungen, wie beispielsweise der Job- oder Partnerwahl, ist es besonders wichtig, sich seinen Typus bewusst zu machen, kurz innezuhalten, und vielleicht sogar zu versuchen, ein bisschen mehr wie der andere Typ zu handeln.
Maximierer können sich fragen: Übertreibe ich es gerade? Sorge ich nur selbst für Stress und Erschöpfung, ohne eine Entscheidung zu treffen? Die Genügsamen wiederum können überlegen: Gebe ich zu früh auf? Lohnt es sich, den Extraschritt zu gehen und weitere Alternativen in Betracht zu ziehen?
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