Regret Minimization Framework: Werden Sie Ihre Wahl bereuen?

Am Ende des Lebens bereuen die wenigsten, was Sie getan haben. Sie bereuen, was sie NICHT getan haben. Nicht ergriffene Chancen, nie umgesetzte Ideen, fehlenden Mut, die Feigheit vor dem eigenen Erfolg… Auch Amazon-Gründer und Milliardär Jeff Beozos stand vor schwierigen und grundlegenden Entscheidungen. Um hierbei die richtige zu treffen, entwickelte er das sogenannte Regret Minimization Framework (RMF). Dessen Kern: Die langfristige Perspektive unserer Wahl, um späte Reue zu vermeiden…

Regret Minimization Framework Jeff Bezos Entscheidung

Regret Minimization Framework: Werde ich meine Wahl bereuen?

Wer eine Entscheidung treffen muss, hat zwei oder mehrere Optionen zur Auswahl. Welchem Pfad wir folgen, hängt dann oft von den jeweiligen Vor- und Nachteilen ab. Vielen Menschen fällt dieses Abwägen und Entscheiden enorm schwer. Denn eine Wahl FÜR etwas ist immer auch eine Wahl GEGEN dessen Alternative(n).

Beispiel Partnerwahl: Wir entscheiden uns für einen Menschen, mit dem wir ein Leben lang zusammenbleiben wollen und (in aller Regel) exklusiven Sex haben werden. Damit entscheiden wir uns zugleich gegen all die anderen Menschen, mit denen das – theoretisch – auch gelingen könnte. Treue und Ehe funktionieren auf diesem Konzept.

  • Was aber, wenn wir dabei die falsche Wahl treffen?
  • Was, wenn wir uns zu früh festlegen?
  • Und was ist mit all den anderen verlockenden Optionen?

Die sogenannte FOMO – die Fear Of Missing Out also eine klassische Verlustangst erschwert uns die Entscheidung zusätzlich. Diese Angst aber basiert auf einer kurzfristigen Perspektive. Im Moment ihrer Wahl, spüren viele den Verlust der verworfenen Alternativen. Oder sie fürchten, ihre Entscheidung morgen schon wieder zu bereuen. Kann sein – muss aber nicht.

RMF: Mit Blick auf die Zukunft

Das Regret Minimization Framework (RMF) verschiebt bewusst diesen Blickwinkel und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf eine Art Rückschau aus ferner Zukunft. Die Kernfrage des Regret Minimization Framework lautet:

Werde ich in X Jahren bereuen, wenn ich mich heute für Y entscheide?

Dabei ist es unerheblich ist, ob Sie mit X 40, 30 oder nur 10 Jahre die Zeit vorstellen. Es geht wesentlich darum, zu erspüren, was wir einmal mehr bereuen werden: Das Risiko, falsch zu liegen – oder unsere Angst vor dem Risiko?

Dieser Perspektivwechsel erleichtert nicht nur manche Entscheidung. Wir finden so häufiger auch die langfristig beste Lösung.

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Was hätte mein 80-jähriges Ich bereut?

Jeff Bezos war um die 30, als er schon zum Senior Vice President bei dem renommierten Hedge-Fund D.E. Shaw & Co. aufstieg und ein 6-stelliges Einkommen erzielte. Seine Karriere war bis dahin geradlinig und steil nach oben verlaufen. Die weiteren Aussichten: ebenfalls rosarot. Doch nun – im Jahr 1993 – stand Bezos vor einer schwierigen Entscheidung: Weiter machen wie bisher, mit glänzenden Karriereaussichten – oder einen kompletten Neustart hinlegen und einen Online-Buchhandel gründen? Eine Idee, die ihn schon länger umtrieb.

Rückblickend wissen wir heute, dass seine Wahl nicht die schlechteste war: Bezos hat mit Amazon ein Online-Handelsimperium geschaffen, ist mehrfacher Milliardär und zählt zu den einflussreichsten Menschen des Planeten. Damals aber, mit 30, war die Wahl alles andere als leicht und der Ausgang ungewiss. Oder wie Bezos es einmal formulierte:

Wir sind enorm stur in Bezug auf unsere Vision. Aber wir sind flexibel in Bezug auf Details.

Was will ich wirklich?

Die Frage des Regret Minimization Framework zwang ihn dazu, über die Kurzzeitfolgen seiner Entscheidung hinweg zu sehen. Kurzfristige Folgen, wie Einkommens- und Freizeitminimierung, Prestige- und Statusverlust, Hohn und Spott von Ex-Kollegen, die Chance zu scheitern – all diese Aspekte geraten in den Hintergrund zugunsten einer Frage, die deutlich mehr Einfluss haben sollte: „Was will ICH wirklich?“

Statt uns in einer Was-wäre-wenn-Schleife zu verlieren, zeigt uns unser älteres Ich, was wirklich zählt und was wir wirklich bereuen könnten. Diesen Reue-Minimierungs-Denkrahmen nannte Jeff Bezos später in einem Interview „Regret Minimization Framework“. Ein, zugegeben, etwas sperriger Name. Das macht die Entscheidungstechnik aber nicht weniger hilfreich. Und für Bezos stand nach dem Perspektivwechsel fest: „Mein 80-jähriges Ich hätte es bereut, Amazon nicht zu gründen!“

Die 10-10-10-Methode

Das Regret Minimization Framework erinnert nicht zufällig an eine verwandte Entscheidungsstrategie, die wiederum von Suzy Welch (Ehefrau von Ex-General-Electric-Chef Jack Welch, Schriftstellerin und Wirtschaftsjournalistin) entwickelt wurde: die sogenannte 10-10-10-Methode.

Auch diese Entscheidungshilfe bringt mit einer Art Zeitreise eine neue Perspektive und Relation in die aktuelle Entscheidung. Ein großer Vorteil der 10-10-10-Methode ist die ebenfalls einfache Umsetzung: Wie bei jeder Entscheidung beginnt es zunächst damit, dass Sie (soweit möglich) alle relevanten Informationen suchen und zusammentragen. Anschließend müssen Sie sich noch mit Ihren eigenen Prioritäten, Wünschen und Zielen auseinandersetzen. Je genauer Sie Ihren Standpunkt identifizieren, desto besser können Sie Konsequenzen abwägen. Die zentralen Fragen der 10-10-10-Methode lauten:

  • Welche Auswirkungen hat meine Entscheidung in 10 Minuten?
  • Welche Auswirkungen hat meine Entscheidung in 10 Monaten?
  • Welche Auswirkungen hat meine Entscheidung in 10 Jahren?

Welche Methode Sie anwenden – 10-10-10 oder RMF -, ist letztlich Geschmacksache. Den Impuls und Perspektivwechsel sollten Sie aber stets in die Wahl mit aufnehmen. Es kommt der Tag, an dem wir auf unser Leben und viele Entscheidungen zurückblicken – und wie gesagt: Oft sind es die Dinge, die wir unterlassen haben, die wir am meisten bereuen…


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Was bereuen wir auf dem Sterbebett am meisten?

Wenn Menschen auf ihr Leben zurückblicken, bereuen sie selten Fehler, die sie gemacht haben. Dafür umso mehr alle Möglichkeiten und Chancen, die sie ungenutzt gelassen haben. Die Palliativpflegerin Bronnie Ware hat ihre Erfahrungen mit Menschen, die am Lebensende angekommen sind, in dem empfehlenswerten Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ zusammengefasst. Was die meisten Sterbenden sagten, war:

  • „Ich hätte den Mut haben sollen, mein eigenes Leben zu leben.“
  • „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.“
  • „Ich hätte meine Gefühle mutiger auszudrücken sollen.“
  • „Es wäre wichtiger gewesen, den Kontakt zu Freunden zu erhalten.“
  • „Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.“

Inspiriert von Wares Buch können auch Sie sich auf eben jene Zeitreise begeben: Stellen Sie sich vor, wie Sie mit 80 Jahren im Schaukelstuhl sitzen und auf Ihr Leben zurückblicken. Was würde Ihr 80-jähriges ICH dazu sagen, wie Sie heute leben? Die kleine Selbstreflexions-Übung hilft oft dabei, die richtigen Prioritäten im Leben zu finden und zu verfolgen. Vor allem ganz persönliche und eigene.


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