Decision Fatigue: Bedeutung in der Psychologie
Decision Fatigue ist ein Phänomen, das die Psychologie in der Entscheidungsfindung beobachtet. Tatsächlich machen viele Entscheidungen müde. Mit der Zeit nimmt dadurch bei Betroffenen die Qualität der Entscheidungen ab. Selbst die Wahl zwischen leichten Optionen fällt dann schwer. Decision Fatigue ist das Gegenteil von Entscheidungsfreude.
Beispiel: Wer nach einem anstrengenden Arbeitstag einkaufen geht, erlebt die buchstäbliche Qual der Wahl. Sie sind bereits mental müde von den Jobentscheidungen. Jetzt kommt noch die große Auswahl im Laden dazu. Die unzähligen Entscheidungen des Tages machen es nahezu unmöglich, jetzt noch eine Wahl zu treffen. Die Folge: häufig irrationale und schlechte Entscheidungen.
Decision Fatigue dank Choice Overload
Verursacht wird Decision Fatigue durch zu viele Wahloptionen oder zu viele vorherige Entscheidungen. Also ein Überangebot an Wahlmöglichkeiten und damit zu treffende Entscheidungen. Studien zufolge macht beides müde. Dabei kommt es nicht auf die Qualität der Wahl an. Also ob Sie eine einfache, schwere, positive, negative, große oder kleine Entscheidung treffen müssen.
In jedem Fall kann der dazugehörige Entscheidungsprozess, das Filtern und Abwägen, zur Decision Fatigue führen. Der Effekt ist vergleichbar mit starken körperlichen Anstrengungen, fand etwa die amerikanische Psychologin Kathleen Vohs heraus und spricht dabei auch von „Choice Overload“.
Decision Fatigue Aussprache
Das Modewort stammt aus dem Englischen und lässt sich mit Entscheidungsmüdigkeit übersetzen. Es spricht sich „dissischn fätiek“. In der internationalen Lautschrift schreibt es sich [dɪˈsɪʒən fəˈtiːɡ].
Anzeichen von Decision Fatigue
Egal, ob jemand gerade in einer schwierigen Phase ist oder nicht: Decision Fatigue kann jeden treffen. Erste Anzeichen sprechen dafür, dass Sie entscheidungsmüde sind:
- Häufiger Konzentrationsstörungen
- Umnebeltes Gehirn
- Prokrastination bei dringenden Tätigkeiten (Aufschieberitis)
- Geringe Impulskontrolle
- Leichte Reizbarkeit
- Physische Beschwerden (Kopfschmerzen, Schlafmangel)
- Frust über getroffene Entscheidungen
- Lange Entscheidungsdauer
Tipps, wie Sie Decision Fatigue vermeiden
Ganz ohne Entscheidungen geht es nicht. Damit Sie möglichst gute Entscheidungen treffen und Decision Fatigue vermeiden, haben wir folgende Tipps:
1. Morgens entscheiden
Je mehr sich der Tag dem Ende nähert, desto stärker wird die Decision Fatigue. Gleichzeitig leidet also Ihre Fähigkeit, gute und richtige Entscheidungen zu treffen. Besonders gewichtige Entscheidung sollten Sie deshalb möglichst morgens treffen. Zu dieser Tageszeit sind Sie noch ausgeruht von der Nacht, das Risiko von Fehlentscheidungen ist deutlich geringer.
2. Routinen festlegen
Zumindest im privaten Alltag lassen sich viele Routinen bewusst festlegen. Beispielsweise bei den Mahlzeiten, beim Putzen oder Sport: Wer feste Tage und Uhrzeiten für solche Tätigkeiten blockt, muss nicht lange überlegen, zu welchen Zeiten sie möglich sind. Nicht umsonst arbeiten viele nach einem festen Putzplan.
3. Pausen machen
Überstürzte und unter Stress getroffene Entscheidungen sollten Sie vermeiden. Liegen tagsüber Entscheidungen an, sollten Sie Ihre Energiereserven vorher lieber noch einmal auftanken, um Decision Fatigue vorzubeugen. Nutzen Sie Ihre Mittagspause, gehen Sie etwas essen, genießen Sie frische Luft und die Sonne oder machen Sie Powernapping. Im Anschluss werden Sie erholter sein und eine bessere Wahl treffen können.
4. Anzahl reduzieren
Wie beim Beispiel im Supermarkt: Je größer die Auswahl, desto schwerer fällt es vielen. Sie können im Vorfeld die Anzahl Ihrer Entscheidungen reduzieren, indem Sie Verantwortung abgeben. Beispielsweise könnten Sie festlegen, dass Sie vorab geeignete Urlaubsziele recherchieren, während Ihr Partner grundsätzlich für die Buchung zuständig ist. Oder Sie bitten einen Freund um Rat. Als Führungskraft können Sie einem Mitarbeiter bestimmte Aufgaben übertragen.
5. Entscheidungen akzeptieren
Decision Fatigue ist nicht zuletzt eine Folge des Drucks, den sich viele machen: Es soll eben das perfekte Ergebnis herauskommen. Was viele nicht bedenken: Die wenigsten Optionen sind eine 100-Prozent-Entscheidung. Häufig treffen wir Entscheidungen 50 zu 50 Prozent oder 40 zu 60 Prozent, kaum 2 zu 98 Prozent. Das heißt aber auch: Ziemlich viel spricht dafür, dass die Entscheidung gut ist. Daher sollten Sie eine einmal getroffene Wahl nicht hinterfragen – das frisst nur Lebensenergie.
Unterschied zwischen Decision Fatigue und Unentschlossenheit
Manche denken fälschlicherweise, ein bisschen Unentschlossenheit kann nicht so schlimm sein. Aber zum einen ist Unentschlossenheit ein Persönlichkeitsmerkmal, das sich nicht einfach abstellen lässt: Häufig sind Menschen mit geringem Selbstvertrauen unentschlossen.
Decision Fatigue hingegen ist keine generelle Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, sondern ein mentaler Erschöpfungszustand. Er ist Ausdruck einer bestimmten, veränderlichen Situation. Zum anderen kann die Unfähigkeit zur Entscheidung auf Dauer zu Problemen führen.
Welche Konsequenzen hat Decision Fatigue?
Aus der Psychologie ist bekannt: Je mehr Entscheidungen jemand trifft, desto schwerer fallen ab einem bestimmten Punkt zusätzliche Entscheidungen. Mit negativen Konsequenzen:
- Resignation
Sie geben auf und treffen keine Entscheidung. Übernimmt dann ein anderer Ihren Part, müssen Sie mit dem Ergebnis zurechtkommen. In einigen Fällen mag das in Ordnung sein, in anderen erkennen Sie, dass Sie eine Chance zur Gestaltung verschenkt haben. - Essattacken
Wer unter Decision Fatigue leidet, neigt stärker zu Essattacken. Die Selbstregulierung fällt schwerer, Betroffene stopfen Essen in sich hinein. Meist ungesundes Junk Food. - Beschwerden
Nicht selten haben die Betroffenen diverse körperliche Beschwerden. Zu den häufigsten Symptomen zählen Erschöpfung, Schlafstörungen (PDF) und Kopfschmerzen. - Unvernunft
Sie treffen eine irrationale und impulsive Entscheidung. Das zeigt sich beispielsweise in Impulskäufen. Besonders ärgerlich ist das, wenn Ihre Entscheidung mit finanziellen Einbußen verbunden ist, etwa einem Fehlkauf oder einer Fehlinvestition.
Studie: Mehr Gewinn dank Pausen
Dass Decision Fatigue nicht zu unterschätzen ist, zeigt eine Studie der Universität Cambridge. Diese untersuchte die Entscheidungen von 30 Mitarbeitern einer Bank. Durchschnittlich 46 Anträge täglich hat die Bank vor sich liegen. Darin geht es um einen Zahlungsaufschub für zurückzuzahlende Raten eines Kredits.
Ergebnis: Die Kunden bekamen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Absage, wenn die Angestellten ab 11 Uhr eine Entscheidung treffen mussten. Offenbar haben sie die für die Bank sicherere Option gewählt. Ab der Mittagspause hingegen nahm die Zahl der Ablehnungen ab, um zum Feierabend gegen 17 Uhr stiegen sie wieder an.
Mit negativen Konsequenzen: Unter den Kunden mit Ablehnung zahlten nur 39 Prozent ihren Kredit zurück. Bekamen die Kunden hingegen einen Aufschub, waren es 53 Prozent, die ihren Kredit tilgen konnten. Die Ablehnungen führten insgesamt zu einem Verlust von 450.000 Euro im Monat.
Was andere Leser dazu gelesen haben
- Entscheidungstechniken: 12 Methoden, Beispiele und Tipps
- Objektive Entscheidungen: 6 Strategien für bessere Entscheidungen
- Entscheidungshilfe: Methoden und Tipps für Unentschlossene
- Angst vor Entscheidung: So überwinden Sie Entscheidungsangst
- Entscheidungsblockade: 8 Tipps, um den Knoten zu lösen