Zoom-Fatigue-Studie belegt Erschöpfung
Eine Studie des Kommunikationswissenschaftlers Jeffrey Hancock von der Standford-Universität kommt zu dem Ergebnis, dass besonders Frauen von Zoom Fatigue betroffen sind. Für die Untersuchung befragten Hancock und sein Team 10.322 Menschen. Die Forscher stellten unter anderem solche Fragen: „Wie besorgt sind Sie darüber, dass Sie sich während einer Videokonferenz selbst sehen?“ und „Wie störend ist es, sich während einer Videokonferenz selbst zu sehen?“
Ergebnis: Eine von sieben Frauen, aber nur einer von zwanzig Männern empfinden enorme Zoom Fatigue nach Videocalls. Diese Erkenntnis deckt sich mit früheren Studien, denen zufolge bei Frauen beispielsweise die Selbstfokussierung vor einem Spiegel deutlich größer ist als bei Männern. Diese konstante Selbstfokussierung kann negative Gefühle wecken, unter Forschern sind diese als „Spiegelangst“ bekannt.
Häufige Fragen und Antworten rund um die Zoom-Müdigkeit
Zoom-Müdigkeit – oder häufiger: Zoom Fatigue – bezeichnet speziell die Ermüdung, die viele Arbeitnehmer infolge von Videokonferenzen und virtuellen Meetings ereilt. Der Begriff ist eine Zusammensetzung aus dem Namen des amerikanischen Softwareherstellers „Zoom“ und der englischen Bezeichnung für Müdigkeit oder Erschöpfung – „fatigue“.
In englischer Aussprache klingt das Ganze so: „Suum Fatiig“ (langes u, langes i). Korrekter wäre es, von einer „Concentration Fatigue“ zu sprechen. Denn nach einer Weile leidet die Konzentration. Und natürlich kennen auch Nutzer anderer Softwareanbieter das Problem. Seit der Corona-Pandemie aber hat das amerikanische Unternehmen Zoom die Videomeetings entscheidend geprägt und damit auch den Namen für das Phänomen.
Zoom Fatigue lässt sich mit einigen simplen Tipps beseitigen beziehungsweise vermeiden. Grundsätzlich sollten Sie überprüfen, ob an der Videokonferenz kein Weg vorbei führt oder ob Telefonate weiterhelfen. Falls nicht, gilt es Folgendes zu beachten:
- Legen Sie genügend Pausen ein.
- Schaffen Sie durch externe Kamera und externe Tastatur Distanz und Bewegungsfreiheit.
- Schalten Sie die Selbstansicht aus.
- Vermeiden Sie Multitasking.
- Reduzieren Sie die Dauer und Anzahl der Videokonferenzen.
- Limitieren Sie die Anzahl der Teilnehmer (weniger ist mehr!).
Dafür gibt es mehrere Gründe. Tatsächlich sind Videocalls anstrengender als reale Meetings. Die Hauptursache scheint darin zu liegen, dass die Konferenzteilnehmer nicht nur einander, sondern auch sich selbst sehen. Sozialpsychologen sprechen von „selbstbezogener Aufmerksamkeit“, die Stress auslöse. Der Effekt ist derselbe, wie wenn man sich ständig im Spiegel begutachten würde, um gegebenenfalls Makel zu entdecken.
Besonders Frauen leiden unter diesem Phänomen. Sie begutachten sich sowohl im Spiegel als auch in Zoom-Konferenzen deutlich kritischer als ihre männlichen Kollegen. Ein weiterer Aspekt ist die Häufigkeit: Die Corona-Pandemie hat zu einer deutlichen Zunahme an Videokonferenzen geführt. Hinzu kommt, dass wir nur einen vergrößerten Ausschnitt unseres Gegenübers sehen. Üblicherweise den Kopf – damit steigt der Blickkontakt auf ein unübliches Maß an.
7 wirkungsvolle Tipps gegen Zoom Fatigue
Laut einer Studie der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft kennen 60 Prozent der Befragten Zoom Fatigue. 77 Prozent haben es zwar nur manchmal, aber 15 Prozent dafür dauerhaft. Zoom Fatigue zeigt sich nicht nur in Erschöpfung oder sinkender Konzentration. Wer müde ist, sich aber trotzdem durch seine Aufgaben quälen muss, wird unleidlich. Ungeduld, müde Augen, aber auch Kopf– und Rückenschmerzen (PDF) sind weitere Begleitsymptome. Was dagegen tun? Diese Tipps helfen:
1. Pausen machen
Der wohl effektivste Tipp gegen Zoom Fatigue: Mehr Pausen. Wie erwähnt, wird die Anstrengung durch die geringe körperliche Aktivität unterschätzt. Bei realen Meetings findet zwischen den einzelnen Sitzungen eine Pause statt. Und sei es nur, um eben die Toilette aufsuchen zu können.
Oder sich ein Getränk zu holen. Es gibt die Möglichkeit, etwas Abstand von einer Konferenz zu bekommen und sich mental auf die nächste einzustellen. Diese sinnvolle Praxis sollte auch für Zoom Meetings eingehalten werden.
2. Meetings beschränken
Fragen Sie sich insgesamt, ob es dieses Meeting überhaupt braucht? Einige Teilnehmer nutzen Meetings in erster Linie zur Selbstdarstellung. Entweder liegen keine wichtigen Themen an oder sie können so gar keinen Platz finden.
Endlosmonologe braucht aber keiner. Und einige Informationen lassen sich auch kompakt in Mails darstellen.
3. Zeit begrenzen
Begrenzen Sie die Zeit auf ein Maximum von 45 Minuten. Schon Schulstunden sind auf diese Zeit beschränkt, weil nach 45 Minuten oft die Konzentration nachlässt. Falls das Meeting länger dauern muss, sollten fünf bis zehn Minuten Pause eingeräumt werden.
Der Moderator sollte wie bei realen Konferenzen unbedingt auf die Einhaltung der Zeitvorgaben achten. Um das Ganze aufzulockern und schneller zum eigentlichen Anliegen zu kommen, kann er mit speziellen Eisbrechern für Online Meetings arbeiten.
4. Teilnehmer begrenzen
Niemand kann mehreren Menschen gleichzeitig in die Augen blicken. Aber eine hohe Teilnehmerzahl führt dazu, dass wir das unweigerlich versuchen. Sie reduzieren das Risiko von Zoom Fatigue schon bei einer geringeren Teilnehmerzahl. Als Richtwert gelten maximal acht Teilnehmer.
Das erhöht außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass jedem Zeit für seine Belange zusteht. Wer nicht nur zuhören muss, sondern selbst aktiv werden kann, ist automatisch konzentrierter.
5. Bild ausschalten
Reale Konferenzen sind nicht immer möglich, teilweise aufgrund der Distanz. Aber was spricht gegen den guten alten Telefonhörer? Telefonkonferenzen können eine Alternative sein. Ebenfalls möglich: Wird ein Konferenztool genutzt, stellen Sie trotzdem nur den Ton an.
Das hilft, den Datentransfer bei schlechter Verbindung gering zu halten. Vor allem für feste Teams, die sich schon länger kennen, eignet sich das. Der Blickkontakt ist zwar nach wie vor wichtig, aber es reicht womöglich einmal die Woche. In der restlichen Zeit führt die Reduzierung der Bildfunktion auch zu geringerer Zoom Fatigue.
6. Distanz schaffen
Der Stanford-Professor Jeremy Bailenson schlägt auf Basis seiner Studie vor, dass Teilnehmer von Videokonferenzen die jeweiligen Zoom-Fenster entsprechend minimieren. Grund: Der Blickkontakt sei durch Zoom-Konferenzen dramatisch erhöht, die Gesichter oft in einer unnatürlichen Größe präsentiert. Im wirklichen Leben würden wir diese Nähe entweder als Intimität engen Freunden zugestehen oder uns innerlich auf einen Konflikt vorbereiten.
Da wir oft über Stunden in solchen Situationen verharren, wächst die Anspannung bis hin zu einem übererregten Zustand. Die Lösung: Schließen Sie den Vollbildmodus und minimieren Sie das Videofenster auf eine angenehme Größe. Um zusätzliche Distanz zu schaffen, können Sie mit einer externen Tastatur arbeiten.
7. Selbstansicht vermeiden
Im wirklichen Leben schauen wir auch nicht permanent in den Spiegel. Warum sollte man sich also in einem virtuellen Meeting ständig begutachten? Bailenson zufolge wäre das ähnlich, wie wenn eine Person uns ständig mit einem Spiegel verfolgte, während wir Entscheidungen treffen, Rückmeldung geben und bekommen.
Bereiten Sie alles vor: Stimmen der Hintergrund und die Beleuchtung? Sobald Sie Kamera, Licht und Mikro überprüft haben, sollten Sie die Selbstansicht ausschalten. Aber nicht vergessen: Nur weil Sie sich nicht sehen, können die anderen Sie immer noch sehen. Also nicht in der Nase bohren!
Was ist das Besondere an Videokonferenzen?
Ob Skype, Whatsapp, Gotomeeting oder Microsoft Teams: Der Zweck ist derselbe und das Ergebnis immer Zoom Fatigue. Das ist eine überraschende Erkenntnis aus dem starken Aufkommen von Videokonferenzen. Bisher kannten viele den Effekt von realen Meetings: Teamsitzungen, die sich nahtlos aneinanderreihen und ins scheinbar Endlose ausdehnen.
Ständige Raumwechsel zwischendrin, während der Konferenz eher verbrauchte Luft – kein Wunder, wenn da die Konzentration nachlässt. Genau das fällt ja bei Videokonferenzen weg. Oft bequem aus dem Homeoffice gesendet, fallen lange Wege weg. Jeder kann individuell für Sauerstoffzufuhr sorgen. Bei Zoom Fatigue geht es aber um mehr als frische Luft. Das Medium an sich ist das Problem. Und zwar aus diesen Gründen:
Kaum Körpersprache
Wenn wir normalerweise real mit unserem Gegenüber interagieren, nehmen wir nicht nur die Worte wahr. Nonverbale Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil von Gesprächen. Mimik und Gestik transportieren wichtige Informationen, die wir für gewöhnlich nebenbei wahrnehmen.
Sie helfen uns dabei einzuschätzen, ob uns jemand wohlgesinnt ist. Bei Videokonferenzen ist die Körpersprache jedoch deutlich geringer ausgeprägt. Meist sitzen die Leute stoisch auf Ihrem Platz und versuchen, mehrere Gesprächsteilnehmer gleichzeitig wahrzunehmen. Jede Bewegung, jedes Wort führt zu einem Bildwechsel oder anderweitigen visuellen Hinweis auf dem Monitor. Unsere Augen und unser Gehirn registrieren alles, sind aber gleichzeitig davon irgendwann überwältigt.
Verstärkte Selbstaufmerksamkeit
Nicht nur Sie als Teilnehmer sind damit beschäftigt, beispielsweise in neun andere Gesichter zu schauen – und zwar immer auf der Suche nach Zeichen der Kommunikation. Auch unbewusst. Diese neun Teilnehmer glotzen aber genauso zurück. Und das weiß man, wenn man teilnimmt. Sinnvoller wäre es eigentlich, in die Kamera zu gucken, um dem aktuell Sprechenden direkt ins Gesicht zu sehen.
Das wäre zumindest für diese Person eine annähernd „normale“ Gesprächssituation. Stattdessen blicken wir aber oft auf unser eigenes Bild. In ständiger Selbstkontrolle stellen wir sicher, dass wir uns aus dem besten Winkel zeigen. Bloß nicht schlaff im Sessel hängen und erst recht kein Doppelkinn präsentieren!
Technische Probleme
Verpixelte Bilder, unterbrochene Verbindungen, mäßige Tonqualität – vermutlich jeder hat bereits die eine oder andere Tücke selbst erlebt. Nicht umsonst gibt es auch dafür mittlerweile ein Bullshit-Bingo. Hinzu kommt Latenz bei der Übertragung:
Ein Teilnehmer sagt etwas, die anderen sehen zwar, wie sich der Mund bewegt, aber es kommt kein Ton. Oder plötzlich ist Zoom eingefroren. Das führt zu Unterbrechungen, der Redner muss wieder von vorne beginnen, das Meeting wird in die Länge gezogen. Das ermüdet alle Beteiligten. Zusätzlich zur Zoom Fatigue gesellt sich der Frust über die technischen Probleme.
Erschwerte Bedingungen
Nicht zuletzt die Rahmenbedingungen erschweren die Videokonferenz und fördern Zoom Fatigue. Viele der Zoom Meetings finden nun zuhause statt. Kaum ein Teilnehmer, der nicht bereits sehr unterstützungswillige Haustiere seiner Kollegen kennengelernt hat.
Oder den Nachwuchs, der ungeplant ins Zimmer platzt. In den Raum rufende Partner – all das trägt dazu bei, die Videokonferenz zu einem anstrengenden Akt werden zu lassen. Selbst der individuelle Hintergrund – Bücherregal, Pflanzen, Bilder an der Wand – lenken tendenziell eher ab. All das erschwert, sich auf das Gesagte zu konzentrieren.
Häufiger Multitasking
Die Langeweile und die Schwierigkeit, sich auf zahlreiche Personen gleichzeitig zu konzentrieren, lenkt ab: Viele versuchen sich im Multitasking. Während man im direkten Kontakt deutlich gehemmter wäre, mal eben die Mails zu checken, kommt das bei virtuellen Meetings deutlich häufiger vor. Auch das verstärkt letztlich Zoom Fatigue.
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