Helfer: Doch nicht so happy
Zwischen Geld und Glück gibt es einen eindeutigen Zusammenhang. Laut World Happiness Report sind die Menschen in Ländern wie der Schweiz, Dänemark, Norwegen und Kanada die glücklichsten weltweit. Ein entscheidender Faktor dabei: ihr Wohlstand.
Ab einem bestimmten Level aber steigt das Glücksempfinden nicht weiter an an, Princeton-Forscher errechneten vor einigen Jahren dafür eine Schwelle von umgerechnet rund 60.000 Euro pro Jahr.
Die kanadische Sozialpsychologin Elizabeth Dunn vertritt einen alternativen Ansatz. Ihrer Ansicht nach macht Geld vor allem glücklich, wenn man es nicht für sich selbst, sondern für andere ausgibt. Und ist es nicht tatsächlich so, dass wir innerlich frohlocken, wenn wir mal wieder 100 Euro für das Kinderhilfswerk gespendet haben?
Helfen laugt Helfer aus
Die Management-Professorin Klodiana Lanaj von der Universität von Florida machte erst kürzlich und in mehreren Studien auf die negativen Seiten der Hilfsbereitschaft unter Kollegen aufmerksam. Einerseits könne das gegenseitige Helfen zwar zusätzliche Energien freisetzen, gleichzeitig lauge es aber auch aus.
Bei einem 3-wöchigen Experiment zeigte sich: Wer regelmäßig anderen Kollegen (auf deren Bitten hin) half, fühlte sich zwar hinterher moralisch besser, aber auch physisch enorm ausgelaugt. Mehr noch: Die Helfer bekamen auch Probleme, sich zu fokussieren, klagten über abnehmende Willenskraft und hatten zunehmend Schwierigkeiten damit, ihre Emotionen zu kontrollieren.
Glück im Meta-Test
Daraus ist mittlerweile ein gesellschaftliches Mantra geworden: Helfen macht glücklich. Glauben wir zu wissen. Ganz sicher. Oder etwa doch nicht?
Um das herauszufinden, haben Wissenschaftler der britischen Unis Oxford und Bournemouth die einschlägige Fachliteratur großflächig durchkämmt. Über 400 Arbeiten, die sich grob mit dem Zusammenhang zwischen Helfen und Glück befassen, haben sie sich noch einmal vorgeknöpft – und letztlich 21 identifiziert, die einen kausalen Zusammenhang hergestellt hatten: Helfen mache glücklich.
Das Ergebnis ihrer Meta-Studie aber ist eher ernüchternd: Zwar gibt es den Zusammenhang zwischen Geben und Glück wirklich. Aber der Effekt ist längst nicht so groß wie gemeinhin angenommen. Statistisch gesprochen: Auf einer Glücksskala von 0 bis 10 verbessert man sich um weniger als einen Punkt, wenn man anderen hilft.
In Wahrheit könnte der Effekt sogar noch viel kleiner sein, mutmaßen die Forscher. Denn vor allem die qualitativ weniger guten Studien hätten ihn ihrer Einschätzung nach oftmals überschätzt.
Helfen: Freund oder Fremder?
Und noch ein wichtiger Aspekt: Die meisten Arbeiten zum Thema hätten bislang keinerlei Unterscheidung zwischen Familie und Freunden auf der einen Seite und Fremden auf der anderen vorgenommen. Denn es geht es ja auch um die Frage, WEM wir eigentlich helfen.
Könnte es zum Beispiel sein, dass es uns mehr innere Befriedigung verschafft, einem älteren Obdachlosen zehn Euro zuzustecken als der Millionärsgattin die Tür aufzuhalten? Oder dass wir unseren eigenen Sohn dann doch lieber unterstützen als den Nachbarjungen? Die Vermutung liegt nahe, dass zielgerichetes Helfen einen höheren Effekt haben könnte als willkürliches. Doch nichts Genaues wissen auch die Forscher aus Oxford nicht.
„Menschen sind soziale Wesen. Wir helfen gerne unserer Familie, Freunden, Kollegen und unter bestimmten Voraussetzungen sogar Fremden“, sagt Studienautor Oliver Scott Curry von der Uni Oxford. „Unsere Arbeit deutet darauf hin, dass Menschen wirklich Befriedigung daraus ziehen, anderen Menschen zu helfen.“
Das liege nicht nur daran, dass man sich mitunter wirklich für das Wohlergehen seiner Mitmenschen interessiere, sondern auch, weil derartige Gesten und Hilfsbereitschaft neue Freundschaften und soziale Netze entstehen lassen können. Ein evolutionärer Vorteil also.
Hilfsbereitschaft und Glücksempfinden
Sein Fazit aber fällt weniger euphorisch aus: „Viele Organisationen haben in den letzten zehn Jahren versucht, eine direkte Verbindung zwischen Hilfsbereitschaft und Glücksempfinden herzustellen, einschließlich der britischen Regierung. Anderen Hilfe anzubieten wurde als mögliches Allheilmittel für viele unserer sozialen Missstände verkauft, von sozialer Isolation bis hin zu ernsthaften mentalen und körperlichen Krankheiten“, führt er kritisch aus.
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass es nicht ihr Leben verändern wird, wenn sie anderen helfen. Aber es könnte Ihr Leben in die richtige Richtung stupsen.“