Unbossing: In Zukunft Führung ohne Chef?

Unternehmensführung ohne Chef? Unbossing ist ein radikales und zugleich modernes Management-Konzept, das zahlreiche Vorteile hat. In diesem Artikel erklären wir, was Unbossing bedeutet, und was Sie bei der Umsetzung beachten müssen…

Unbossing Definition Bedeutung Beispiel Vorteile Nachteile

Definition: Was ist Unbossing?

Unbossing beschreibt einen innovativen Führungsstil, bei dem Führungskräfte bewusst auf autoritäre Machtstrukturen verzichten und auf eine kooperative Zusammenarbeit setzen. Kurz: Bosse arbeiten mit Macht – Unbosse mit Zielen und Werten.

Der Begriff „Unboss“ setzt sich aus den Wörtern „Un-“ (= „ohne“) und „Boss“ (= Chef) zusammen und spiegelt das Konzept einer Führung ohne hierarchischen Vorgesetzten. Stattdessen treten Führungskräfte als Mentoren, Berater oder Coaches auf, die ihre Mitarbeitenden unterstützen, statt zu befehligen.

Kernelemente des Unbossing-Konzepts sind:

  • Selbstorganisation statt Hierarchie
  • Führung durch Werte statt durch Macht
  • Mitarbeiter als Partner
  • Inspiration statt Befehle

Der Begriff „Unboss“ wurde zum ersten Mal von Lars Kolind und Jacob Bøtter durch das gleichnamige Buch geprägt – als Gegenentwurf zum klassischen Boss-Verständnis.

New Work: Coaching statt Bossing

New Work beschreibt den Trend weg von alten hierarchischen Strukturen, hin zur neuen Arbeitswelt mit modernen Arbeitsweisen – mit mehr Selbstständigkeit, persönlicher Freiheit und sinnstiftender Arbeit. Der Begriff selbst stammt vom Sozialphilosophen Frithjof Bergmann und wurde als Gegenmodell zum klassischen Kapitalismus entwickelt.

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Die Bedeutung von Unbossing in Unternehmen

Im Kern bedeutet Unbossing, dass der traditionelle Chef durch ein partnerschaftliches Modell ersetzt wird. Die Führungskraft hat nicht mehr die alleinige Entscheidungsgewalt, sondern agiert als Moderator, der sein Team bei der Lösungsfindung und Umsetzung von Projekten begleitet. Dies erfordert ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen sowie eine Unternehmenskultur, die auf Offenheit, Selbstorganisation und Eigenverantwortung basiert.

In einer Arbeitswelt, die zunehmend von digitalen Tools, flexiblen Arbeitszeiten und flachen Hierarchien geprägt ist, bietet Unbossing eine moderne Alternative zu bisherigen Managementmodellen und geht zugleich stärker auf die Bedürfnisse der Generation Z ein: Diese wünschen sich ohnehin mehr Autonomie und Selbstbestimmung auf der Arbeit.

Unbossing Beispiele in der Praxis

Ein Beispiel für Unbossing ist das Unternehmen Zappos – bekannt für seine unkonventionellen Methoden zur Mitarbeiterführung. Bei Zappos fungieren die Führungskräfte als Mentoren, die Anreize bieten statt Anweisungen zu erteilen. Ebenso beim Softwareunternehmen Atlassian: Hier werden selbstorganisierte Teams gefördert, die eigenständig Entscheidungen treffen können.

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Wie lässt sich Unbossing in Unternehmen umsetzen?

Unbossing erfordert die Bereitschaft zur Veränderung in der gesamten Unternehmenskultur – vor allem aber bei den Führungkräften. Sie geben am meisten Status und Macht ab. Folgende Schritte sind essenziell, um den modernen Führungsstil zu etablieren:

  1. Vertrauen schaffen

    Erfolgreiches Unbossing setzt auf Vertrauen. Führungskräfte müssen zunächst daran glauben, dass die Teams und Mitarbeiter in der Lage sind, ihre Aufgaben eigenverantwortlich zu organisieren und zu steuern. Das bedeutet gleichzeitig, dass Fehler akzeptiert werden und Transparenz gefördert wird.

  2. Selbstorganisation fördern

    Sollen die Mitarbeiter ihre Arbeit künftig mehr in Eigenregie führen, braucht es dafür klare
    Rahmenbedingungen sowie Unterstützung bei der Umsetzung. Anfangs müssen Führungskräfte sicher noch mehr eingreifen, später immer seltener.

  3. Feedback organisieren

    Das Change-Management hin zu einem Unbossing-Unternehmen erfordert regelmäßiges Feedback, bei dem Führungskräfte und Mitarbeiter auf Augenhöhe kommunizieren – sowohl in Team-Meetings als auch im 4-Augen-Gespräch.

  4. Führungskräfte fortbilden

    Für Führungskräfte bedeutet Unbossing einen starken Wandel in ihrer bisherigen Rolle. Sie müssen lernen, als Coach oder Mentor zu agieren und die Mitarbeiter in ihrem Wachstum zu unterstützen. Entsprechende Fortbildung– und Coaching-Programme sind daher unerlässlich.

72 Prozent der Generation Z wünschen sich einen individuellen Karriereweg, der auf persönliches Wachstum und Kompetenzentwicklung fokussiert, statt auf die Führung von Teams. (Studie der Personaldienstleistung Robert Walters)

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Unbossing: Vor- und Nachteile

Wie jedes Managementmodell hat auch Unbossing spezifische Vor- und Nachteile. Die Pros und Cons im Überblick:

Unbossing Vorteile

  • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit

    Erhalten Mitarbeiter mehr Freiheiten und Verantwortung, steigt deren Zufriedenheit. Das Gefühl, selbst Entscheidungen treffen zu können, fördert die Motivation und Kreativität.

  • Mehr Flexibilität

    Unbossing fördert ein flexibles Arbeitsumfeld. Die Mitarbeiter sind oft viel näher am operativen Geschehen, erkennen Marktveränderungen schneller. Dank größerer Eigenverantwortung können Sie schneller darauf reagieren. Diese Dynamik beschleunigt zugleich Innovationsprozesse.

  • Bessere Zusammenarbeit

    In einem unbossed Unternehmen arbeiten Teams in der Regel cross-funktional. Bedeutet: Die Führungskräfte schaffen Rahmenbedingungen für eine offene Kommunikation, die Abteilungsgrenzen verschwimmen. Es werden unterschiedliche Meinungen und Ideen gehört. Das fördert die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer im Unternehmen.

  • Größere Identifikation

    Ein zentraler Aspekt beim Unbossing ist Selbstorganisation. Dies führt häufig zu einer größeren Identifikation mit der Arbeit und dem Unternehmen – und damit auch zu besseren Leistungen. Die Mitarbeitenden fühlen sich generell wertgeschätzt, was oft eine höhere Loyalität zur Folge hat.

Unbossing Nachteile

  • Unklare Verantwortlichkeiten

    Ein klarer Nachteil von Unbossing ist die Gefahr, dass ohne klare Strukturen die Verantwortlichkeiten verschwimmen. Bei komplexen Projekten kann es dadurch zu Verwirrung kommen, wer für was zuständig ist – was wiederum die Umsetzung bremst oder gar blockiert.

  • Mögliche Entscheidungskonflikte

    Unbossing setzt auf Konsens. In der Praxis kann dies jedoch zu längeren Diskussionen und Entscheidungsprozessen führen. In zeitkritischen Situationen wirkt das negativ auf die Effizienz.

  • Gefährliche Überforderung

    Nicht jeder Mitarbeiter fühlt sich mit soviel Selbstverantwortung oder kann sich gut organisieren und Prioritäten setzen. Einige Arbeitnehmer sind damit schlicht überfordert.

  • Fehlende Führung

    Vor allem in Krisenzeiten braucht es meist eine klare Führung – jemand der sagt und zeigt, wo es langgeht. Ohne diese Orientierung kann die Kakophonie der Meinungen schnell ins Chaos führen und die Krise noch verstärken.

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Unbossing im Vergleich zu anderen Führungsmodellen

Im Vergleich zu klassischen Führungsmodellen wie dem autoritären Führungsstil oder kooperativen Führungsstil ist Unbossing noch weniger hierarchisch. Beim kooperativen bzw. demokratischen Führungsstil gibt es zwar auch viele Mitspracherechte – der Chef bleibt aber die zentrale Entscheidungsinstanz. Unbossing dagegen ähnelt er der sogenannten Holokratie.

Ein weiteres Führungsmodell, das große Überschneidungen mit Unbossing hat, ist Servant Leadership: Hierbei stellen Führungskräfte die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter in den Vordergrund, um deren Potenziale zu fördern. Der Unterschied zu Unbossing liegt darin, dass beim Servant Leadership die Führungskraft immer noch als solche wahrgenommen wird und wichtige Entscheidungen selber trifft.

Unbossing als Antwort auf die Arbeitswelt der Zukunft?

Unbossing ist ein zukunftsweisendes Führungsmodell, das in innovativen und agilen Unternehmen an Bedeutung gewinnt. Es stellt die Bedürfnisse der Mitarbeiter in den Vordergrund und fördert eine Arbeitskultur der Eigenverantwortung, Flexibilität und Kreativität.

Die Umsetzung von Unbossing ist allerdings nicht einfach und stellt vor allem Konzerne vor großer Herausforderungen – insbesondere bei der Klarheit von Verantwortlichkeiten und der Effizienz der Entscheidungsprozesse. Wer das Führungsmodell in Erwägung zieht, muss zunächst eine starke Kultur des Vertrauens und der offenen Kommunikation schaffen.

Wird Unbossing jedoch richtig umgesetzt, kann es nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit steigern, sondern ebenso zu innovativeren Unternehmen mit hoher Arbeitgeber-Attraktivität führen…


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