Warum Studenten ihr Studium abbrechen
Jahr für Jahr studieren immer mehr junge Menschen. Ebenso steigt allerdings auch die Zahl der Studienabbrecher. Jeder Vierte schmeißt nach dem dritten oder vierten Semester das Studium. Falls Sie sich mit dem Gedanken tragen, Ihr Studium abzubrechen, sei gesagt: Sie stehen nicht allein damit. Bei einer Abbrecherquote von 25 Prozent liegt es nahe, sich das System anzuschauen.
Die Gründe für einen Studienabbruch sind vielfältig und wurden in einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebenen Studie ermittelt. Demnach waren die Gründe für einen Studienabbruch (Reihenfolge nach Häufigkeit):
- Leistungsprobleme
- finanzielle Probleme
- Motivationsprobleme
- Studienbedingungen
- Prüfungsversagen
- berufliche Neuorientierung
- familiäre Probleme
- Krankheit
Was auf den ersten Blick deutlich wird: Die Ursachen dafür, dass Studierende sich entscheiden, ihr Studium abzubrechen, liegen nicht nur in persönlichen Voraussetzungen. Zwar haben viele Studienabbrecher Schwierigkeiten, die erforderlichen Leistungen zu erbringen. Aber fast ebenso viele haben finanzielle Probleme. Das liegt nicht zuletzt daran, dass nicht jeder Student mit reichem Elternhaus gesegnet ist. Auch die Finanzierung durch Bafög ist mit bestimmten Bedingungen verknüpft: Wer diese nicht erfüllt, bekommt den staatlichen Zuschuss gestrichen.
Warum Studierende die Entscheidung hinauszögern
Höhere Anfängerzahlen, aber auch mangelnde Auseinandersetzung führen seit Jahren zu konstant hohen Abbrecherzahlen bei den Universitäten und Fachhochschulen. Viele junge Menschen sind sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst und scheuen daher den Richtungswechsel. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Versagensängste
Nicht jedem liegt die eigenständige Wissensaneignung. In der Schule waren die Noten noch recht gut, jetzt lassen Leistungsnachweise auf sich warten. Sich einzugestehen, dass man vielleicht für diese Form des Lernens nicht geeignet ist, ist schwer. Schnell kommen Zweifel auf, ob man in anderen Bereichen besser klarkommt oder sich vielleicht genauso schwer tut. - Enttäuschung
Nicht selten geht großer Druck von Eltern aus. Sei es, dass der Filius später das eigene Unternehmen führen soll oder aber dass die Tochter das studiert, was der Mutter verwehrt blieb. Eltern investieren in die Zukunft ihrer Kinder und übersehen dabei manchmal, dass diese gar nicht glücklich mit dem sind, was sie tun. - Orientierungslosigkeit
Nicht nur bezüglich einer Berufswahl – auch der Formalkram kann einem schnell über den Kopf wachsen. Wie könnte es denn jetzt überhaupt weitergehen? Welche Alternativen habe ich, falls ich mich für einen Abbruch entscheide? Wie könnte es weitergehen, wenn ich dieses Studium abbrechen oder ein anderes beginnen will? Was muss ich beachten: Muss ich mich bei einem Studienabbruch arbeitslos melden? - Ansehen
Mit dem Status eines Studenten geht eine gewisse soziale Stellung einher, erst recht mit einem Studienabschluss. Man erwirbt einen akademischen Grad, manche liebäugeln gar mit einem Doktortitel. Der macht schon was her und öffnet Türen. Stattdessen das: ein abgebrochenes Studium. Und dann womöglich noch peinliche Fragen oder hämische Kommentare Außenstehender.
Studium abbrechen oder durchziehen?
Aber vielleicht muss der Einschnitt auch gar nicht so radikal sein, wie Sie im ersten Moment denken. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern ganz viele Möglichkeiten dazwischen. Fragen Sie sich: Ist es vielleicht nicht der Studiengang, sondern lediglich das aktuelle Semester, das Sie nervt? Sind es womöglich nur einzelne Inhalte, die Ihnen schwer fallen? Kann es sein, dass der Druck aktuell einfach zu groß ist und Sie diesem schlicht ausweichen wollen?
Reflektieren und analysieren Sie Ihre Situation bitte nüchtern. Die Erkenntnisse mögen nicht angenehm sein, wichtig sind sie allemal. Denn nur wenn Sie wissen, was Sie konkret stört, können Sie sich auch an die Problemlösung machen. Das Studium abbrechen sollten Sie, wenn Sie wirklich keine Lust mehr aufs Studieren haben und auch keinerlei Zukunftsperspektiven sehen. Sind es hingegen äußere Rahmenbedingungen, die Ihnen das Studium erschweren, müssen Sie Ihr Studium längst nicht an den Nagel hängen.
Wichtige Fragen VOR dem Studienabbruch
Vor dem Studienabbruch sollten Sie sich einige wichtige Fragen stellen. Sie zielen daher nur teilweise auf die Konsequenzen und Verhaltensweisen nach dem konkreten Abbruch ab. Ein Teil der Fragen dient auch dazu, Alternativen und Veränderungsmöglichkeiten abzufragen und bewusst zu machen. Können Sie einzelne Fragen nicht selbst beantworten, empfehlen wir Ihnen, sich dazu mit einem guten Freund oder Mentor zusammen zu tun. Die Entscheidung müssen Sie jedoch selbst treffen.
- Interessiert Sie Ihr Studienthema außerhalb der Vorlesungen noch?
- Gibt es Vorlesungen, die Sie nach wie vor gerne besuchen?
- Wie viele Studienarbeiten und Klausuren stehen in der nächsten Zeit an?
- Können Sie Klausuren- oder Abgabetermine verschieben? Würde das Ihre Motivation neu entfachen?
- Fallen Ihnen – spontan oder nach reiflicher Überlegung – mögliche Veränderungen ein, die das Studium für Sie wieder attraktiv machen würden?
- Können Sie sich noch daran erinnern, wann Ihnen das Studium zuletzt Spaß gemacht hat?
- Gab es in den letzten Wochen gravierende Veränderungen, die sich negativ auf Ihre Motivation ausgewirkt haben?
- Sind diese Veränderungen von Dauer oder nur temporär?
- Besteht die Möglichkeit den Studiengang an Ihrer Hochschule zu wechseln?
- Wissen Sie, welche anderen Studiengänge dort für Sie infrage kommen würden?
- Können Sie sich irgendeine berufliche Perspektive auf der Grundlage Ihres aktuellen Studiengangs vorstellen?
- Haben Sie bereits eine Vorstellung Ihrer beruflichen Karriere?
- Welche Ihrer Stärken können Sie momentan in Ihren Studiengang einbringen?
- Welche Fähigkeiten und Stärken werden Ihrer Meinung nach vernachlässigt?
- Wie ließe sich das ohne einen Studienabbruch ändern?
Wenn Sie die obigen Fragen beantworten können, sind Sie bereits mitten in der Kompetenzanalyse, die Sie mit diesem Kompetenztest unterstützen können.
Kostenloser Download zur Selbstreflexion
Hier können Sie sich den kompletten Fragenkatalog mit 66 Fragen zum Studienabbruch kostenlos als PDF herunterladen:
Studium durchziehen: So geht’s
Wenn Sie das Studium grundsätzlich fortsetzen wollen, haben Sie verschiedene Optionen.
Hilfsangebote
Inhaltlich liegt Ihnen das Fach, aber Sie leiden unter dem großen Druck und Schreibblockaden? Auch da gibt es Möglichkeiten. Zum einen haben viele Universitäten eine Studienberatung, bei der es neben Beratung und psychologischer Begleitung auch andere Hilfsangebote wie beispielsweise eine Schreibwerkstatt gibt.
Manche Studierende zögern den Abschluss hinaus, weil sie nicht wissen, in welchen Jobs sie das Gelernte in die Praxis umsetzen können. Gegen Zukunftsangst können sogenannte Career Services helfen. Hierbei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Hochschule und Arbeitsagentur, die Orientierung beim Übergang in die Arbeitswelt bietet. Auch die Studienfinanzierung ist oft ein Problem. Sind Sie nicht BAföG-berechtigt, kann ein Studienkredit Abhilfe schaffen oder aber Sie suchen sich einen Studentenjob – am besten als studentische Hilfskraft oder Werkstudent.
Studienfachwechsel
Angenommen, Sie stellen fest, dass Ihnen das Fach inhaltlich nicht zusagt, merken aber, dass Sie der Betrieb an der Universität fasziniert, Sie sich gut selbst organisieren können. Sie hatten Gelegenheit zum Austausch mit anderen Studierenden und/oder Beratungsstellen und haben nun eine Vorstellung davon, was Sie stattdessen studieren könnten, dann kommt für Sie ein Studienfachwechsel infrage.
Studium abbrechen: Was dann?
Ihr Entschluss ist endgültig gefallen, Sie können dem Studienbetrieb nichts abgewinnen. Das Leben am Rande des Existenzminimums ist trotz der Studentenrabatte ebenfalls nichts, Sie sehnen sich nach finanzieller Unabhängigkeit. Studienabbruch – was nun? Im Wesentlichen haben Sie diese drei Möglichkeiten:
Ausbildung
Viele Arbeitsämter und Handwerkskammern bieten verschiedene Maßnahmen für Studienabbrecher an, um eine Ausbildung nachzuholen. Meist lassen sich bisherige Studienleistungen sogar anrechnen und dadurch die Ausbildung verkürzen. Nebendem informieren auch die Industrie- und Handelskammern über Möglichkeiten, wenn Sie Ihr Studium abbrechen wollen. In vielen Ausbildungsbereichen – etwa im EDV-Bereich – sind Studienabbrecher gefragte Kandidaten. Gleiches gilt für die Handwerkskammern, die beispielsweise eine Ausbildung mit Meisterbrief anbieten. Beispiele für Programme und Abschlüsse:
- Your turn
Die IHK Berlin bietet die Chance zur Ausbildung im technischen als auch kaufmännischen Bereich. Voraussetzung dafür sind mindestens zwei Semester Studium und Studienleistungen von mindestens 20 Credit Points. - Switch
Ex-Studierende aus allen Studienrichtungen können technische oder kaufmännische Berufe in nur anderthalb Jahren lernen. Bewerbungen sind das ganze Jahr über möglich. Idealerweise bringen Sie Vorkenntnisse im angestrebten Beruf mit. - Karriereprogramme des Handwerks
Die Handwerkskammern (HWK) in Deutschland bieten vielerorts gezielte Hilfe bei der Berufsorientierung beziehungsweise Ausbildungswahl für Studienabbrecher. Die HWK Düsseldorf bietet beispielsweise ein triales Studium mit Gesellen-, Meister- und Bachelorabschluss in BWL – und das Ganze in fünf Jahren. Genaue Informationen entnehmen Sie der für Sie zuständigen HWK.
Quereinstieg
Sie können auch auf gut Glück sich als Quereinsteiger bei Unternehmen bewerben. Zahlreiche Arbeitgeber nehmen Studienabbrecher mit Handkuss, was nicht zuletzt am Fachkräftemangel liegt. Und dass es Ihrem Erfolg keinen Abbruch tun muss, wenn Sie Ihr Studium abbrechen, belegen zahlreiche prominente Beispiele von Bill Gates über Claudia Roth oder Kai Pflaume. Allerdings müssen Sie damit rechnen, dass Kollegen mit vergleichbaren Tätigkeiten und Studienabschluss ein höheres Gehalt haben.
Ausbildung und Jobs für Studienabbrecher
Viele Stellenangebote werben gezielt um Studienabbrecher und bieten ihnen die Perspektive, erfolgreich im Job zu werden. Schauen Sie auch in unserer Jobbörse vorbei!
Duales Studium
So ganz der Hochschule den Rücken kehren wollen Sie nicht, gleichzeitig aber auch schon eine Ausbildungsvergütung erhalten? Das geht mit dem dualen Studium. Hier erlernen Sie einen Beruf und können beim ausbildungsintegrierten dualen Studium den Bachelor erwerben. Diese Studienform hat außerdem den Vorteil, dass Sie sich während Ihrer Ausbildungszeit bereits im Unternehmen bewähren können. Nicht selten winkt am Ende des dualen Studiums ein unbefristeter Arbeitsvertrag.
Was muss ich beachten, wenn ich das Studium abbrechen will?
Wenn Sie das Studium abbrechen wollen, sollten Sie sich unbedingt ordentliche exmatrikulieren. Das bedeutet, dass Sie sich beim Studierendensekretariat ordnungsgemäß abmelden, statt einfach nur den Semesterbeitrag nicht zu bezahlen. Letzteres hätte nämlich lediglich eine Zwangsexmatrikulation zur Folge. Eine ordentliche Exmatrikulation ist aber aus zweierlei Gründen wichtig:
Zum einen, weil Sie nur so einen Nachweis über die Dauer und eventuelle Leistungen Ihres Studiums erhalten, welche für die Rentenversicherung von Bedeutung sind. Zum anderen müssen Sie sonst auch selbst Ihre Krankenkasse darüber informieren, dass Sie nicht mehr studieren. Gleiches gilt fürs BAföG-Amt, sofern Sie BAföG bezogen haben und gegebenenfalls für eine Stiftung im Falle eines Stipendiums. Das muss aber nicht nicht automatisch zurückgezahlt werden – erkundigen Sie sich, was in den Stiftungsstatuten oder einem persönlichen Vertrag festgelegt ist.
Ein vorzeitiges Studienende bedeutet also nicht das Ende der Welt. Sehen Sie die Krise als Chance: Auch wenn es sich im Moment nicht so anfühlt, rückblickend werden Sie erkennen, dass Sie an Situationen wie diesen wachsen. Krisen, die wir meistern, helfen uns bei der Entwicklung geistiger Reife. Dabei ist weniger bedeutend, für welchen Weg Sie sich entscheiden als vielmehr, dass Sie sich entscheiden und das Wie.
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