Come to Jesus Meeting: Einlauf vom Chef
Kritik ist ebenso schwer zu erlernen wie zu ertragen. Die meisten scheitern schon daran, in dem Konflikt eine nützliche Rückkopplung zu sehen, die vor weiteren Fehlern bewahren kann, weshalb sie viel Zeit damit verbringen, sich vor Schimpf und Schande zu schützen. Nur klappt das nicht immer. Im Job gibt es dafür seit kurzem einen neuen Begriff: das Come to Jesus Meeting.
Gemeint ist damit ein Treffen – meist mit dem Chef, manchmal aber auch mit einem wichtigen Kunden – in dem Tacheles geredet wird. Und zwar so richtig: Der Chef liest seinen Leuten die Leviten, tadelt wiederholtes Fehlverhalten, stellt ein Ultimatum und droht mit personellen Konsequenzen. Der Kunde moniert schlechte oder fehlerhafte Leistungen, miesen Verhandlungsstil und warnt vor dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen. Eine Straf- und Bußpredigt eben.
Damit gewinnt man zwar keine Beliebtheitswettbewerbe, es hilft aber bisweilen Schlimmeres zu vermeiden. Was ja zum Namen passt. Der Legende nach hat er seinen Ursprung am Beginn des 19. Jahrhunderts in der Gegend von New Jersey, wo christliche Prediger in ihren Versammlungen den Leuten ihre Sündhaftigkeit und deren drastische Konsequenzen vor Augen führten – natürlich nicht ohne gleichzeitig zu erwähnen, dass jeder Vergebung empfangen kann, der umkehrt und sich zu Jesus bekennt. Voilà, das Come to Jesus Meeting war geboren.
Richtiges Verhalten beim Come to Jesus Meeting
Solche Sitzungen – ob nun im Bürostuhl oder auf der Kirchbank – sind jedoch alles andere als angenehm. Dafür meist reinigend wie ein Gewitter. Ist das Donnerwetter berechtigt, sollte man die Kritik annehmen und den Mangel abstellen. Niemand wirkt lächerlicher als jemand, der einen offensichtlichen Fehler abstreitet oder versucht, diesen auf andere oder Umstände abzuwälzen. Dabei dürfen Sie durchaus prüfen, was an dem Wutausbruch wahr ist. Feedback ist Meinung. Das muss mit Fakten nichts zu tun haben. Manche Kritiker haben falsche Vorstellungen, und heraus kommt ein Kurzschluss.
Andere verfolgen mit ihrer Nörgelei verborgene Ziele und versuchen zu manipulieren. Vor beidem muss man sich schützen. Es gibt allerdings Bosse, die nicht zugeben können, dass sie mit ihrem Donnerwetter falsch lagen (besonders vor Publikum). Hier versuchen Sie besser die Situation zu deeskalieren. Schlagen Sie ihm entweder vor, das Gespräch unter vier Augen fortzusetzen oder sagen Sie so etwas, wie: „Ich respektiere Ihre Meinung, sehe das jedoch anders.“ Oder beweisen Sie Größe und sehen darüber hinweg.
Alternative: Sie kommen dem Donnerwetter zuvor
Natürlich gibt es noch eine andere denkbare Definition des Come-to-Jesus-Meetings: Sie kommen dem Donnerwetter zuvor und üben sich in Selbstkritik. Auch das ist eine Kunst – gekonnt inszeniert, führt sie in der Regel sogar zu größerem Respekt (vor dem Mut dem bewiesenen Rückgrat) und begrenzt den Schaden schon im Frühstadium.
Coffee is for closers only!
Jetzt fragen Sie sich, wie so ein Come to Jesus Meeting konkret aussieht. Voilà, gleich sehen Sie eines… In diesem Fall mimt Alec Baldwin ein Verkaufsass, das seinen phlegmatisch gewordenen Verkäufern den Marsch bläst. Eine phantastische schauspielerische Leistung, höchst amüsant und mit vielen Wahrheiten. Etwa wenn Baldwin die ABC-Analyse oder AIDA-Formel zitiert:
- Attention Aufmerksamkeit erzeugen.
- Interest Interesse wecken.
- Desire Verlangen auslösen.
- Action Abschluss herbeiführen.
Legendär aber ist der Satz, der in den USA inzwischen an zahlreichen Kaffeemaschinen hängt: „Coffee is for closers only.“ – „Kaffee gibt es nur für Mitarbeiter, die auch Abschlüsse erzielen!“
Was andere dazu gelesen haben