Kann ich einfach so die Ausbildung wechseln?
Azubis können grundsätzlich die Ausbildung wechseln, wenn Sie zum Beispiel feststellen, dass der gewählte Beruf nicht zu ihnen passt. Hierbei haben Sie grundsätzlich zwei Optionen:
- Ausbildungsbetrieb wechseln
- Ausbildungsberuf wechseln
Ob der Ausbildungswechsel gelingt, ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig. Diese wichtigen Punkte sollten Sie vorab beachten:
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Kündigungsfrist
Je nachdem, ob Sie noch in der Probezeit (max. 1-4 Monate) sind oder nicht mehr, müssen Sie die Kündigungsfrist beachten und einen triftigen Kündigungsgrund nennen.
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Neuer Ausbildungsplatz
Für den Wechsel benötigen Sie einen neuen Ausbildungsvertrag und Betrieb. Daher sollten Sie die Ausbildung erst wechseln, wenn Sie bereits eine Zusage für eine neue Stelle haben.
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Formalitäten
Informieren Sie die zuständige Kammer (z.B. IHK, HWK), Berufsschule und Agentur für Arbeit über den geplanten Ausbildungswechsel. Teils ist es möglich, Teile deiner bisherigen Ausbildung anerkennen zu lassen und so die neue Ausbildung zu verkürzen.
Achtung: Wenn Sie nur den Ausbildungsbetrieb wechseln möchten, muss der aktuelle Ausbilder zustimmen. Einfach „zur Konkurrenz rübermachen“, kann teuer werden! Unter Umständen kann der jetzige Arbeitgeber dafür Schadenersatz fordern – schließlich investiert auch das Unternehmen Zeit und Geld in Ihre Ausbildung. Leichter ist es dagegen, wenn Sie gleich den Ausbildungsberuf wechseln.
Ausbildungswechsel statt Ausbildungsabbruch?
Der Ausbildungswechsel ist in vielen Fällen die bessere Alternative zum Ausbildungsabbruch. Beim Wechsel führen Sie die begonnene Ausbildung einfach in einem anderen Betrieb weiter, können das erworbene Wissen weiternutzen und sich die bisherigen Ausbildungszeiten anrechnen lassen. Wenn Sie die Ausbildung abbrechen, ist das meist mit Lücken im Lebenslauf, längerer Jobsuche, finanziellen Einbußen (Arbeitsamsperre) oder gar Rückzahlungen verbunden.
Ausbildungsplatz wechseln – gute Gründe
Ein Ausbildungswechsel sollte immer gut überlegt, vorbereitet und begründet sein. Idealerweise sprechen Sie darüber zuerst mit den Eltern, Ausbilder oder Berufsberatern, bevor Sie eine endgültige Entscheidung treffen.
Gute Gründe zu haben, ist auch bei der späteren Ausbildung Bewerbung relevant. Hier eine Übersicht der häufigsten und akzeptierten Gründe für einen Ausbildungswechsel:
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Mangelhafte Ausbildungsqualität
Der Betrieb hält sich nicht an den Ausbildungsplan; der Ausbilder ist nicht qualifiziert, kommt seiner Pflicht zur Anleitung und Betreuung nicht nach oder vermittelt zu wenig Fachwissen.
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Schlechtes Arbeitsklima
Wenn das Arbeitsumfeld belastend ist, etwa durch anhaltende Konflikte, Mobbing, sexuelle Belästigung oder fehlende Wertschätzung, ist das ebenfalls ein guter Grund.
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Verletzung gesetzlicher Regeln
Zulässig ist ebenso, wenn Sie sich als Azubi ausgenutzt fühlen – durch häufige Überstunden, Verstöße gegen den Jugendarbeitsschutz oder Arbeitsschutz, verspätete Lohnzahlung oder andere Verfehlungen des Betriebs.
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Persönliche Umstände
Eine Erkrankung macht die Ausübung des Berufs unmöglich, es gibt familiäre Veränderungen oder Sie wollen zusammen mit dem Partner in eine andere Stadt umziehen.
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Betriebliche Gründe
Dem Ausbildungsbetrieb droht die Insolvenz oder er ist schon pleite und zahlt kein Ausbildungs-Gehalt mehr; der Inhaber verstirbt und die Fortsetzung des Betriebes und der Ausbildung sind praktisch nicht mehr möglich.
Musterkündigung für Ausbildungswechsel
Nutzen Sie zur Orientierung unsere kostenlose Musterkündigung in Word und passen Sie diese immer nochmal individuell an:
Wie kann ich den Ausbildungsbetrieb wechseln?
Um den Ausbildungsbetrieb zu wechseln, sollten Sie folgende Schritte einhalten:
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Entscheidung reflektieren
Überlegen Sie sich zunächst gut, ob der Wunsch zum Wechsel ernsthaft ist und nicht aus einer akuten Unzufriedenheit kommt. Den Wechsel müssen Sie schließlich später gut begründen können.
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Neue Ausbildungsstelle suchen
Bevor Sie kündigen, müssen Sie idealerweise eine neue Ausbildungsstelle finden. Nutzen Sie hierfür Online-Jobbörsen, die Jobbörse der Arbeitsagentur, die Berufsschule oder Ihre zuständige Kammer sowie persönliche Kontakte.
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Kündigung oder Aufhebungsvertrag wählen
Vor dem Wechsel müssen Sie zunächst den bestehenden Ausbildungsvertrag kündigen (eine Anleitung zum Kündigungsschreiben finden Sie bei uns hier). Minderjährige benötigen zudem die Zustimmung der Eltern. Alternativ kann auch ein Aufhebungsvertrag mit dem jetzigen Betrieb sinnvoll sein. Er erleichtert den Wechsel und umgeht Fristen.
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Neuen Ausbildungsvertrag schließen
Mit dem neuen Betrieb müssen Sie natürlich noch den neuen Ausbildungsvertrag abschließen. Klären Sie hierzu möglichst frühzeitig, ob Ihre bereits abgeleistete Ausbildungszeit anerkannt wird!
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Zuständige Stellen informieren
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) sowie Berufsschule und evtl. die Agentur für Arbeit müssen über den Wechsel informiert werden, damit die Ausbildung dort korrekt weitergeführt wird.
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Berufsschule wechseln (optional)
Bei einem Ortswechsel ist meist auch ein Schulwechsel notwendig. Melden Sie sich daher rechtzeitig an der neuen Berufsschule an und reichen Sie dort alle erforderlichen Unterlagen ein.
Wenn Sie so vorgehen, können Sie gut organisiert und rechtlich sicher die Ausbildung wechseln. Beachten Sie bitte auch etwaige Besonderheiten, beim Zeitpunkt des Wechsels – also z.B. noch in der Probezeit, im ersten, zweiten oder dritten Lehrjahr:
Ausbildungsbetrieb wechseln in der Probezeit
In der Ausbildung Probezeit ist ein Wechsel am unkompliziertesten. Sie können das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen und ohne Kündigungsfrist jederzeit beenden. Wichtig ist nur, dass Sie schriftlich kündigen und sofort aktiv nach einem neuen Ausbildungsbetrieb suchen. Tipp: Klären Sie für sich vorab, ob Sie den Beruf weiterführen oder einen kompletten Neuanfang wagen wollen.
Ausbildungsbetrieb wechseln – im 1. Lehrjahr
Nach der Probezeit und im ersten Lehrjahr benötigen Sie für die Kündigung einen „wichtigen Grund“ oder müssen eine Ausbildung in einem völlig anderen Beruf neu beginnen. Achten Sie darauf, dass keine längeren Ausbildungslücken entstehen! Diese können sich bei Bewerbungen später negativ auswirken. Tipp: Führen Sie ein offenes Gespräch mit Ihrem Ausbilder und informieren Sie frühzeitig die zuständige Kammer (IHK, HWK).
Ausbildungsbetrieb wechseln – im 2. Lehrjahr
Ein Wechsel im zweiten Lehrjahr ist möglich, erfordert jedoch die Zustimmung der Kammer und sollte gut begründet sein (z.B. fehlende Ausbildungsinhalte, schlechte Betreuung). Prüfen Sie, ob Ihre bisherigen Leistungen anerkannt werden, damit Ihnen keine Zeit verloren geht. Tipp: Sammeln Sie Nachweise über Ihre bisherigen Tätigkeiten (Berichtsheft!), um beim neuen Betrieb Ihre bisherige Ausbildung anrechnen zu lassen.
Ausbildungsbetrieb wechseln – im 3. Lehrjahr
Ein Wechsel kurz vor dem Abschluss der Ausbildung ist nur ratsam, wenn es wirklich keine Alternative gibt. In den meisten Fällen möchten Betriebe Auszubildende in dieser Phase nicht mehr übernehmen, da die Prüfungen kurz bevorstehen. Tipp: Ziehen Sie zuerst interne Lösungen in Betracht (Abteilungswechsel, Vermittlungsgespräch mit der Kammer), bevor Sie den Schritt zum Betriebswechsel gehen.
Tipp: Ansprüche geltend machen!
Vergessen Sie nicht, beim alten Betrieb noch Ihre persönlichen Unterlagen anzufordern. Bei einem Ausbildungsbetriebwechsel haben Sie Anspruch auf:
- Alle Arbeitspapiere
- Ausbildungszeugnis
- Lohnfortzahlung bis zum letzten Arbeitstag
- Auszahlung des Resturlaubs
- Auszahlung von Überstunden
- Schadensersatz (bei schuldhaftem Verhalten des Ausbildungsbetriebs)
Lesen Sie hierzu auch: Azubi Rechte und Pflichten
Wie begründe ich den Ausbildungswechsel?
Ein Ausbildungswechsel ist gar nicht so selten. Dennoch sollten Sie diesen in der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch gut begründen können. Wichtig ist, dass Sie hierbei positiv bleiben, nach vorne schauen und den alten Betrieb nicht schlechtreden. Das fällt immer negativ auf Sie zurück!
- Konzentrieren Sie sich im Anschreiben darauf, was Sie am neuen Betrieb oder Ausbildungsberuf reizt und warum Sie sich dort bewerben oder wie Sie sich dort fachlich oder persönlich weiterentwickeln wollen.
- Schreiben Sie nichts über schlechte Arbeitsbedingungen (auch wenn es diese gab). Der Hauptgrund für Ihre Wechselmotivation ist immer, das Positive am neuen Betrieb oder Beruf. Experten sprechen hierbei auch von der „Hin-zu-Motivation“.
- Nennen können Sie – falls zutreffend – immer nachvollziehbare Gründe, wie Umzug aus privaten Gründen, betriebliche Probleme (Insolvenz) oder ein neuer Berufswunsch und anderer Schwerpunkt, der mehr Ihren Vorstellungen entspricht.
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Persönliche Gründe
„Da ich aus persönlichen Gründen demnächst in eine andere Stadt ziehe, suche ich nach einer Ausbildungsstelle, in der ich meine Ausbildung fortsetzen kann.“
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Fachliche Neuorientierung
„Im ersten Lehrjahr musste ich feststellen, dass meine Stärken und Neigungen eher im Bereich XY liegen. Hierauf möchte ich mich mit der neuen Ausbildung spezialisieren. Das Ausbildungsprogramm in Ihrem Betrieb entspricht genau meinen neuen Vorstellungen.“
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Betriebliche Gründe
„Aus betrieblichen Gründen kann ich die Lehre bei meinem jetzigen Ausbilder leider nicht mehr fortsetzen. Deshalb muss ich leider den Ausbildungsbetrieb wechseln. Bei Ihnen reizt mich vor allem…“
- Überlegen Sie sich welchen Mehrwert Sie dem neuen Ausbildungsbetrieb bieten – etwa schon vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten oder bei Anrechnung eine verkürzte Ausbildungszeit.
- Seien Sie stets ehrlich, aber diplomatisch. Es ist okay, wenn Sie ehrlich über bisherige Schwierigkeiten sprechen. Der Ton muss dabei aber unbedingt sachlich bleiben, Schuldzuweisungen bitte immer vermeiden!
- Sprechen Sie möglichst begeistert darüber, warum die neue Stelle so attraktiv ist. Nennen Sie also zum Beispiel einen besonders positiven Aspekt an dem Betrieb, dessen Ruf oder Ausbildungsangebot.
- Vermitteln Sie im Gespräch möglichst Zuversicht, ein hohes Engagement und eine gute Selbstreflexion. Das erhöht Ihre Chancen unmittelbar für einen erfolgreichen Wechsel.
Tipps für die schriftliche Bewerbung
Beispiele für Formulierungen
Tipps für das Bewerbungsgespräch
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