Was ist Lernen durch Wiederholung?
Lernen durch Wiederholung ist eine Lernmethode, bei der Inhalte oder Fähigkeiten durch mehrfaches Wiederholung fest im Langzeitgedächtnis verankert werden. Typisches Beispiel ist das Auswendiglernen von Vokabeln, aber auch das mehrmalige Lösen von Matheaufgaben mit einem festen Rechenweg oder praktisches Üben (z.B. ein Instrument spielen) gehören dazu.
Ziel der Methode: Wissen oder Handlungen werden automatisiert und können in Zukunft leichter abgerufen werden – idealerweise ohne bewusst darüber nachdenken zu müssen. Synonyme Begriffe sind repetitives Lernen oder Übungslernen.
Lernen durch Wiederholung: Wie funktioniert das?
Lernen durch Wiederholung funktioniert nach dem Motto: Je häufiger Sie etwas sehen, hören oder machen, desto besser bleibt es Ihnen im Kopf. Dahinter steht die Art, wie das menschliche Gehirn Informationen aufnimmt, verarbeitet und abspeichert.
Wissen wird nicht sofort dauerhaft in den grauen Zellen hinterlegt. Stattdessen gibt es insgesamt drei Speicherstufen:
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Sensorisches Gedächtnis
Sinneseindrücke werden nur für kürzeste Zeit (0,2 bis 1 Sekunde) gespeichert. Filtert relevante Dinge und ignoriert Unwichtiges.
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Kurzzeitgedächtnis
Die gefilterten Informationen bleiben für bis zu 30 Sekunden im Arbeitsgedächtnis. Ohne weitere Nutzung werden sie aussortiert und gelöscht.
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Langzeitgedächtnis
Erst durch Wiederholung und Auseinandersetzung mit der Information wird diese langfristig gespeichert. Nur dieses Wissen ist später wieder abrufbar.
Sie müssen Informationen aktiv wiederholen, damit diese den Sprung ins Langzeitgedächtnis schaffen. Grund dafür ist die begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses – was nicht wichtig genug ist, fliegt aus dem Speicher.
Jede Wiederholung des Lernstoffes stärkt dabei die neuronalen Verbindungen im Gehirn. Dieser Prozess wird in der Neuropsychologie Konsolidierung genannt.
Wie häufig sollte ich Inhalte wiederholen?
Sie setzen sich einen Tag lang hin, wiederholen den Lerninhalt 50 Mal und haben diesen dann für immer verinnerlicht? In der Praxis funktioniert das leider nicht so leicht. Forscher und Experten sind sich einig: Es ist nicht die Menge der Wiederholungen, sondern der richtige Abstand zwischen den Lerneinheiten.
Die sogenannte Spaced Repetition (deutsch: verteiltes Wiederholen) zeigt die optimalen Wiederholungsabstände für Ihren Lernerfolg:
- 1. Wiederholung: Direkt nach dem Lernen (zur Festigung im Kurzzeitgedächtnis)
- 2. Wiederholung: Nach 1 Tag
- 3. Wiederholung: Nach 3-4 Tagen
- 4. Wiederholung: Nach 1 Woche
- 5. Wiederholung: Nach 2-4 Wochen
- 6. Wiederholung: Nach 2-3 Monaten
In jede dieser Lerneinheiten bauen Sie dann mehrere Wiederholungen ein. Heißt: Machen Sie zum Beispiel jeweils fünf fehlerfreie Übungsaufgaben, um sich das Wissen wirklich einzuprägen.
Passen Sie die Frequenz der Wiederholungen individuell an
Lernen durch Wiederholung in unterschiedlichen Intervallen ist ein wichtiges Konzept – die Frequenz ist aber nur eine erste Orientierung. Manche brauchen zu Beginn häufigere Wiederholungen, andere können schneller zu längeren Pausen übergehen.
Finden Sie eine Frequenz, die für Sie passt. Bei individuelle Aspekte wie der persönliche Vergessenskurve und den Übergang von Informationen ins Langzeitgedächtnis gibt es keine Zeiten, die für alle gleich sind.
Lernen durch Wiederholung: Vor- und Nachteile
Ob in der Schule, im Studium oder während der Ausbildung: Viele setzen auf das Lernen durch Wiederholung für die Aneignung von neuem Wissen. Das Konzept ist beliebt und hat viele Vorteile – aber auch einige Nachteile, die Sie kennen sollten:
Vorteile
- Langzeitgedächtnisses
Informationen bleiben länger verfügbar. - Automatisierung
Gelerntes wird schneller und ohne große Anstrengung abgerufen. - Prüfungsangst
Wiederholungen geben Sicherheit und verringern Angst sowie Stress. - Lerninhalt
Lernen durch Wiederholung ist für jedes Wissen und jede Fähigkeit möglich. - Konzentration
Übungen steigern die Konzentration und trainieren das Gehirn wie einen Muskel.
Nachteile
- Eintönigkeit
Repetitives Lernen wird langweilig, wenn Sie immer das Gleiche wiederholen. - Oberflächlichkeit
Lernen Sie nur stumpf etwas auswendig, verstehen Sie den Inhalt nicht wirklich. - Disziplin
Es braucht Disziplin und Durchhaltevermögen für regelmäßige Wiederholungen. - Fehler
Fehlerhafte Methoden oder falsches Wissen prägen sich durch die Wiederholungen ein.
Den Nachteilen beugen Sie am besten vor, wenn Sie das Lernen durch Wiederholung mit tiefem Verständnis des Themas und direkter Anwendung des Wissens kombinieren.
Tipps für effektives Lernen durch Wiederholung
Der Grundgedanke ist leicht: Sie nehmen sich die Lerninhalte immer wieder vor – bis diese im Langzeitgedächtnis abgespeichert sind und Sie problemlos auf das Wissen zugreifen können. Damit das in der Praxis wirklich funktioniert, haben wir einige effektive Tipps für das Lernen durch Wiederholung:
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Lernen Sie nicht lange, sondern regelmäßig
Stundenlange Lerneinheiten sind weniger effektiv als regelmäßige Wiederholungen. Sie müssen nicht 8 Stunden am Stück lernen, um Informationen zu verinnerlichen. Lernen Sie lieber kürzer, dafür aber häufiger.
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Schreiben Sie einen Lernplan
Für mehr Organisation und einen klaren Überblick sollten Sie einen Lernplan erstellen. Halten Sie darin genau fest, was Sie zu welchem Zeitpunkt lernen und wann Sie die jeweiligen Themen wiederholen.
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Wählen Sie die richtige Tageszeit
Studien zeigen: Lernen kurz vor dem Schlafen ist besonders gut für die Gedächtniskonsolidierung (siehe: Eine Nacht darüber schlafen). Sie verinnerlichen die Kenntnisse sozusagen im Schlaf. Zudem sollten Sie den für sich persönlich besten Lernzeitpunkt finden. Manche sind morgens besonders aufnahmefähig, andere konzentrieren sich am Nachmittag besser.
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Finden Sie eine Lerngruppe
Eine Lerngruppe hat gleich mehrere Vorteile: Sie schafft Verbindlichkeit, bringt zusätzliche Erklärungen oder neue Perspektiven und verhindert Langeweile, die beim Solo-Lernen schneller auftritt.
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Bauen Sie Zusammenhänge auf
Machen Sie nicht nur eine Wiederholung nach der anderen. So entsteht isoliertes Wissen ohne wirkliches Verständnis. Bauen Sie bei jeder Wiederholung auch Zusammenhänge auf. Binden Sie Vokabeln zum Beispiel direkt in Sätze ein und schauen Sie sich den Kontext der Informationen an (siehe: Eselsbrücken.
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Wiederholen Sie aktiv statt passiv
Für das Lernen durch Wiederholung gilt: Lesen Sie sich Informationen nicht nur durch, sondern lernen Sie möglichst aktiv. Machen Sie Übungsaufgaben, fragen Sie sich selbst ab, erklären Sie die Inhalte jemand anderem oder schreiben Sie frei aus dem Gedächtnis Ihr Wissen aus. Das verbessert den Lerneffekt.
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Testen Sie Ihr Wissen
Lernen Sie nicht nur regelmäßig, sondern überprüfen Sie auch Ihren Lernerfolg. Stellen Sie Testsituationen nach und versuchen Sie schwierige Aufgaben ohne Hilfsmittel zu lösen. Nur so merken Sie, ob Sie das Wissen in jeder Situation abrufen können – oder nur während der Wiederholung kurzfristig daran erinnert werden.
Beispiel: PQ4R-Methode – lernen in 6 Schritten
1. Preview | Groben Überblick verschaffen. |
2. Question | Fragen zum Text formulieren. |
3. Read | Text lesen und Fragen beantworten. |
4. Reflect | Textinhalte reflektieren und vertiefen |
5. Recite | Inhalte in eigenen Worten wiedergeben |
6. Review | Zusammenfassung erstellen und prüfen |
Beim Lernen durch Wiederholung sollten Sie überdies die Methoden an das Lernziel anpassen. Bereiten Sie sich z.B. auf einen Vokabeltest vor, lernen Sie anders, als wenn Sie sich das Lösen komplexer Matheaufgaben aneignen.
Lernen durch Wiederholung in der Pädagogik
Das Lernen durch Wiederholung ist in der Pädagogik ein zentraler Grundsatz. Gerade Kinder brauchen mehrfaches Üben und Anwenden. Erst so festigen sie Wissen und gewinnen Sicherheit im eigenen Handeln.
Auch Erwachsene lernen durch Wiederholung, hinzu kommen aber auch andere Lernstrategien wie das Lernen durch Erfahrung. Zudem gehen Erwachsene analytischer vor. Kinder setzen vor allem auf Trial and Error – bis ein Versuch zum Erfolg führt.
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