Bedeutung: Was ist Mixed Learning?
Es gibt da ein paar eiserne Grundsätze und Redewendungen, nach denen wir uns – mal mehr, mal weniger – richten: „Eins nach dem anderen.“ Oder: „Man kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen“. Deshalb lernen wir in der Schule neue Themen und Fächer en bloc. Diese Lernmethode ist weit verbreitet. Aber bezogen auf die Effektivität des Lernens treffen diese Grundsätze möglicherweise nicht hundertprozentig ins Schwarze.
„Mixed Learning“, gemischtes Lernen, könnte in vielen Situationen helfen, bessere Resultate aus uns herauszukitzeln. Im Englischen spricht man auch vom „Interleaving“, vom Verschachteln, was den Kern der Sache noch besser trifft. Die Technik lässt sich offenbar mit großem Erfolg anwenden, vor allem in der Schule, Uni, beim Sport. Das Prinzip dahinter: Lernen Sie nicht eine Technik und dann die nächste, sondern mischen Sie beide miteinander. Also nicht so:
AAABBBCCC
Sondern eher so:
ABCBCACBA
Beispiele: Ein Tennis-Spieler, der nicht nacheinander erst Angabe, danach Vorhand und zum Schluss Rückhand trainiert, sondern alle drei Techniken abwechselnd, verschachtelt sozusagen. Ein Musiker, der gleichzeitig Geige und Gitarre lernt.
Mixed Learning Konzept: Badminton, Malen, Jura
Die erste Studie zu dem Thema wurde bereits 1986 veröffentlicht. 30 Badminton-Spielerinnen gab man die Aufgabe, drei unterschiedliche Arten von Aufschlägen zu trainieren. Die Sportlerinnen, die die Aufschläge nicht nacheinander, sondern abwechselnd geübt hatten, verinnerlichten sie besser. Auch konnten sie sich unproblematischer auf neue Situationen einstellen, etwa von der anderen Seite des Platzes aufschlagen.
Einen ähnlich positiven Lerneffekt hatte laut einer Studie der Versuch, College-Studenten die Malerei-Stile einzelner Landschaftsmaler näherzubringen. Und in einer weiteren Studie konnten Studenten mit Hilfe der Mixed-Technik sogar komplexe juristische Fälle exakter bewerten.
Nachweisbar erfolgreich aber ist das Konzept des Mixed Learnings vor allem in einem Fachgebiet: Mathe. Normalerweise läuft es so ab: Der Lehrer erklärt in der Schule den Satz des Pythagoras oder die Primzahlzählfunktion, die Schüler müssen das Gelernte daraufhin in einer oder mehreren Aufgaben anwenden. Sie wissen also vorab, welche Formel sie zu Rate ziehen müssen. Eins nach dem anderen, danach kommt ein neues Kapitel, eine neue Aufgabenstellung, eine neue Formel.
Mathe: Best Practice für Gemischtlerner
Besser jedoch wäre es, so die Theorie des Interleavings, man gäbe ihnen schon im Unterricht eine Reihe von bunt gewürfelten Aufgaben. Als nächstes müssten die Schüler selbst entscheiden, wie sie sich ihnen nähern, welche Formel sie jeweils anwenden. Also so, wie es in Klausuren in der Schule oder Uni normalerweise auch der Fall ist. Eine neue Studie, im Fachmagazin Educational Psychology erschienen, macht darauf aufmerksam: Eine Gruppe von Siebtklässlern unterrichtete man drei Monate lang auf die altbekannte Weise, setzte ihnen also Stück für Stück neue Aufgaben vor.
Bei der anderen Gruppe verwob man die mathematischen Probleme miteinander, mischte sie. Einen Tag nach Ende der Lernphase führte man nun einen Test durch, 30 Tage später einen zweiten. Ergebnis: Die Mixed Learner hatten die eindeutig besseren Ergebnisse, im ersten Test waren sie um 25 Prozent besser, im zweiten gar um 76 Prozent. Mixed Learning ist offenbar also nicht nur effektiv, sondern vor allem nachhaltig. Der Lerneffekt ist weitaus länger spürbar. Aber warum ist das so?
Die Vorteile von Mixed Learning
Eine mögliche Erklärung, die von Studienautor Doug Rohrer selbst kommt, einem Psychologen der University of South Florida: Mixed Learning verbessert demnach die Fähigkeit des Gehirns, zwischen verschiedenen (mathematischen) Konzepten zu unterscheiden. Im Forscherjargon nennt sich das „diskriminierender Kontrast“. Blockunterricht sei dagegen weniger einträglich. Man löse eine Aufgabe, könne die Formel aber im Folgenden immer wieder anwenden. Einmal gelöst, ist der schwere Part vorüber.
Beim Mixed Learning müsse sich das Hirn immer wieder auf Überraschungen einstellen, sei jedes Mal aufs Neue gefordert. Das beinhaltet aber auch: Gemixtes Lernen ist anstrengender, fordernder, härter – und der positive Effekt nicht sofort spürbar. Die positiven Langzeitfolgen könnten das wiederum locker wett machen.
Nicht für alle Bereiche geeignet
Aber das gilt nicht für alle Fächer, Fremdsprachen zum Beispiel. Englische Muttersprachler, die eine völlig fremde Sprache lernen, profitieren nicht vom Interleaving. So jedenfalls die bisherigen Studienergebnisse der Psychologen Shana K.Carpenter und Frank E. Mueller von der Iowa State University. Daraus folgt: Man sollte, wenn man Mixed Learning praktiziert, schon gewisse Berührungspunkte mit dem Lernstoff gehabt haben, nicht aus dem Stand in ein völlig fremdes Fachgebiet eintauchen.
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