Ehrliches Feedback: So gelingt es ohne zu verletzen

Ehrliches Feedback ist wichtig, muss aber richtig formuliert werden, damit es nicht verletzt. Denn nicht jede(r) kann mit der Wahrheit umgehen. Das gilt vor allem für Chefs und Vorgesetzte. Wir zeigen, wie Sie anderen ehrliches Feedback geben und was Sie dabei beachten müssen…

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Ehrliches Feedback – selten, aber wichtig!

Ehrliches Feedback ist eine besonders aufrichtige und direkte Form der Rückmeldung über ein bestimmtes Verhalten, eine Leistung oder Entwicklung einer Person. Charakteristisch dabei ist, dass bei der Kritik die Wahrheit ausgesprochen wird – ohne zu beschönigen, diese schönzureden oder zu verschleiern.

Ziel eines ehrlichen Feedbacks ist nicht, andere dabei zu verletzen, sondern vielmehr dem Empfänger eine klare und unverfälschte Perspektive zu vermitteln, wie das Verhalten oder die Arbeitsleistung von anderen wahrgenommen wird. Oft haben betroffene nur so eine Chance, ihr Selbstbild zu korrigieren und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Die Beziehung ist entscheidend

Die Kunst des ehrlichen Feedbacks besteht darin, eine Wahrheit oder einen wunden Punkt anzusprechen, ohne die andere Person persönlich anzugreifen oder zu kränken. Ob das möglich ist, entscheidet meist das Verhältnis und die Beziehung zum Gesprächspartner.

Je besser Sie die Person kennen, je vertrauensvoller die Beziehung, desto leichter fällt das ehrliche Feedback. Zum Beispiel in einer Freundschaft oder gegenüber dem Partner. In hierarchischen Verhältnissen – etwa zwischen Chef und Mitarbeiter – ist ehrliches Feedback deutlich schwieriger, aber nicht unmöglich!

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Wie kann ich ehrliches Feedback geben – ohne zu verletzen?

Um ehrliches Feedback zu geben, das positiv ankommt und nicht verletzt, sollten Sie sich an den klassischen Feedbackregeln für eine konstruktive Kritik orientieren:

  • Wählen Sie einen passenden Rahmen

    Wählen Sie für das Feedbackgespräch einen geeigneten Zeitpunkt und ruhigen Ort sowie einen geschützten Rahmen und ausreichend Zeit (siehe: 4-Augen-Gespräch).

  • Bleiben Sie sachlich

    Beschreiben Sie nur spezifische Beobachtungen und sachliche Beispiele, ohne diese zu verallgemeinern oder zu moralisieren. Konzentrieren Sie sich allein auf veränderbare Verhaltensweisen und machen Sie dazu konkrete Verbesserungsvorschläge.

  • Verwenden Sie Ich-Botschaften

    Formulieren Sie Ihre Wahrnehmung und Gefühle aus der eigenen Perspektive. Nutzen Sie hierfür sogenannte Ich-Botschaften, zum Beispiel: „Ich habe beobachtet, dass…“ oder „Mir ist aufgefallen, dass…“. Solche Formulierungen klingen weniger vorwurfsvoll.

  • Seien Sie respektvoll und wertschätzend

    Die Absicht hinter dem ehrlichen Feedback ist von hoher Bedeutung: Kritisierte spüren, ob Sie wohlwollend kritisieren oder einfach nur Frust ventilieren. Vermeiden Sie deshalb unbedingt persönliche Angriffe oder verletzende Aussagen. Kritisieren Sie nur ein Verhalten, nie die Person!

  • Hören Sie aktiv zu

    Geben Sie Ihrem Gegenüber genug Zeit, das Feedback zu verdauen (siehe: SARA-Modell) und seien Sie auf emotionale Reaktionen oder Einwände vorbereitet. Zeigen Sie Verständnis und stellen Sie immer wieder Fragen, um Missverständnisse zu vermeiden.

  • Betonen Sie die Beziehungsebene

    Laut dem 4-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun sprechen wir auf unterschiedlichen Ebenen. Sie kritisieren zwar ehrlich auf der Sachebene, gleichzeitig sollten Sie auf der Beziehungsebene deutlich machen, dass Sie immer noch Freund sind oder die Hierarchie anerkennen.

  • Bieten Sie Unterstützung an

    Konstruktives Feedback enthält immer auch einen konkreten Lösungsvorschlag oder signalisiert generelle Bereitschaft zur Unterstützung bei der Umsetzung von Verbesserungen und gemeinsamen Lösungen.

Überdies empfehlen Experten, ehrliches Feedback möglichst zeitnah zu äußern – dann, wenn die Eindrücke und Erinnerungen noch frisch und Details noch unverfälscht sind.

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Beispielsätze für Feedback-Formulierungen

Falls Sie sich noch unsicher sind, wie Sie ein ehrliches Feedback formulieren, finden Sie hier noch einige Beispielsätze, die sowohl positives wie auch konstruktives Feedback abdecken:

    Positives Feedback

  • Teamarbeit
    „Deine Arbeit im Team ist wirklich sehr bereichernd. Deine Fähigkeit, Ideen zu teilen und andere einzubeziehen, hat die Zusammenarbeit maßgeblich vorangetrieben. Bitte mach so weiter!“
  • Kreativität
    „Dein kreativer Einsatz hat mich nachhaltig beeindruckt und geholfen, das Problem zu lösen. Deine innovative Herangehensweise hat das Team motiviert und neue Perspektiven aufgezeigt. Danke!“
  • Engagement
    „Dass du das Projekt vorzeitig abgeschlossen hast, war wirklich eine tolle Arbeit. Klasse! Es zeigt mir, wie motiviert und fokussiert du bist.“
  • Konstruktives Feedback

  • Präsentation verbessern
    „Deine Präsentation heute war sehr informativ. Ich konnte dir gut folgen, aber nicht immer alles sofort nachvollziehen. Beim nächsten Mal könntest du mehr Beispiele einbauen, um das Verständnis zu erhöhen. Mir würde das auf jeden Fall helfen. Ebenso könnte ein langsameres Sprechtempo die Klarheit erhöhen.“
  • Arbeitsqualität
    „Deine Arbeit ist generell von hoher Qualität. Mir ist allerdings aufgefallen, dass sich in den vergangenen 2 Wochen die Fehler gehäuft haben. Ich würde mir daher wünschen, wenn du die Details künftig genauer überprüfst, um potenzielle Fehler zu minimieren.“
  • Selbstorganisation
    „Ich habe beobachtet, dass du manchmal Schwierigkeiten damit hast, Deadlines einzuhalten. Vielleicht hilft es dir, deine Aufgaben stärker zu priorisieren oder regelmäßig Zwischenziele festzulegen.“
  • Feedback zur Verhaltensänderung

  • Pünktlichkeit
    „Ich musste leider feststellen, dass Sie in den vergangenen drei Meetings jedes Mal 10-15 Minuten zu spät kamen. Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft unsere Meetings pünktlich beginnen – mit allen. Bitte seien Sie in Zukunft pünktlich oder ein paar Minuten vor Beginn da.“
  • Kommunikation
    „Ich habe registriert, dass du andere in unseren Sitzungen häufig unterbrichst. Das empfinde ich als respektlos und es widerspricht unseren Gesprächsregeln. Ich bitte dich daher, darauf zu achten, andere stets ausreden zu lassen und auch nicht durch nonverbale Signale zu verunsichern.“

Ehrliches Feedback ist von großer Bedeutung für das persönliche Wachstum und fördert sowohl Beziehungen wie die Zusammenarbeit in Teams. Es erfordert jedoch große Empathie und viel Fingerspitzengefühl, wenn Sie unbequeme Wahrheiten auf eine respektvolle und wertschätzende Art und Weise aussprechen wollen – ohne den oder die Empfängerin zu verletzen oder zu demotivieren.

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Ehrliches Feedback bekommen – als Chef

Gute Führungskräfte sind auf ehrliches Feedback aus der Basis und vom Team angewiesen. Sie verlieren sonst entweder die Bodenhaftung oder treffen womöglich falsche Entscheidungen (siehe: Einsamkeit an der Spitze).

Als Chef ist es daher extrem wichtig, dass Sie nicht nur an der eigenen Kritikfähigkeit arbeiten, sondern auch bewusst ehrliches Feedback von den Kollegen einfordern. So gehen Sie damit angemessen und richtig um:

  • Verzichten Sie auf Floskeln

    Floskeln wie „Meine Tür steht Ihnen immer offen“ reichen für ehrliches Feedback nicht aus. Es sind leere Worte, wenn Mitarbeiter nicht spüren, dass Sie wirkliches Interesse an der Rückmeldung haben und diese auch berücksichtigen. Besser ist es deshalb, aktiv nach der Meinung von einzelnen Mitarbeitern zu fragen.

  • Seien Sie spezifisch

    Sie wollen natürlich nicht irgendein Feedback oder generelles Genörgel hören. Deshalb müssen Sie das Thema unbedingt vorgeben und spezifisch nach einem Feedback zu einem konkreten Problem oder Prozess fragen. Nur so bekommen Sie auch nützliche Antworten.

  • Begründen Sie Ihr Vorgehen

    Mitarbeiter sind oft unsicher, wenn der Chef um Rückmeldungen bittet. Die Unsicherheit können Sie reduzieren, indem Sie offen erklären, warum Sie sich das Feedback wünschen und was Sie damit bezwecken wollen. Das signalisiert zugleich, dass Sie die Aussagen ernst nehmen und umsetzen wollen.

  • Diskutieren Sie das Feedback nicht

    Wer Feedback einfordert, sollte vor allem zuhören und den Feedbackgeber ausreden lassen. Starten Sie bloß keine Diskussion oder Rechtfertigungen zu den Aussagen. Bedanken Sie sich lieber, um auch künftig ehrliches Feedback zu bekommen.

  • Gestehen Sie Fehler ein

    Mit Kritik umgehen, ist nie leicht. Gerade als Chef haben Sie aber zugleich eine Vorbildfunktion und sollten berechtigte Kritik annehmen und für Fehler Verantwortung übernehmen. Es ist ein Irrglaube, dass der Respekt oder Ihr Ansehen darunter leiden – das Gegenteil ist richtig!

  • Setzen Sie das Feedback um

    Ehrliches Feedback ist vor allem eines: ein Vertrauensbeweis und -vorschuss. Den müssen Sie würdigen und die Rückmeldungen (zum Teil) auch umsetzen. Nur so bauen Sie langfristig Vertrauen auf und bekommen auch in Zukunft besseres und ehrliches Feedback. Selbstverständlich darf es für die ehrlichen Kritiker keinerlei negative Konsequenzen haben, sonst ist der Kanal schon bald tot.


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