Kritikfähigkeit lernen: Beispiele + Tipps

Ob vom Chef, Kollegen oder Kunden: Im Job gibt es immer wieder Kritik, mit der Sie umgehen müssen. Kritikfähigkeit besitzen allerdings nur wenige. Die meisten reagieren verärgert oder fühlen sich gleich persönlich angegriffen. So bleiben wichtiges Feedback und konstruktive Anmerkungen ungehört, statt daraus zu lernen und sich zu verbessern. Wir erklären, wie Sie Kritikfähigkeit lernen und verbessern – und wie Sie richtig mit Kritik von außen umgehen können…

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Was ist Kritikfähigkeit?

Kritikfähigkeit ist die Fähigkeit und der Wille, geäußerte Kritik an Handlungen, Entscheidungen, Denkweisen oder auch der eigenen Person zu akzeptieren, zu verarbeiten und konstruktiv damit umzugehen. Es ist eine wichtige Eigenschaft, um Bewertungen und Beurteilungen anzunehmen und negatives Feedback nicht als offenen Angriff zu empfinden.

Gleichzeitig ist Kritikfähigkeit die Kompetenz, Kritik anderen gegenüber selbst richtig zu äußern und nicht nur stumpf zu nörgeln oder destruktiv alles schlecht zu machen. Ausgeprägte Kritikfähigkeit umfasst immer beide Seiten: Das Urteil anderer akzeptieren und selbst in der Lage sein, Kritik angemessen zu kommunizieren.

Kritikfähigkeit Psychologie: Warum ist es so schwer?

Kritik gehört zum Leben und ist gerade im Job Normalität. Dennoch fällt es enorm schwer, ein negatives Urteil anzunehmen. Die Psychologie erklärt das so: Wir haben meist ein positives Selbstbild und hohe Erwartungen an uns. Ein negatives Urteil von außen führt zu einem Störgefühl und passt nicht zur eigenen Meinung. Sofort fühlen wir uns angegriffen, wollen uns rechtfertigen und verteidigen.

Statt Kritik anzunehmen oder wenigstens zu hinterfragen, kommt es deshalb häufig zu Konflikten.

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Beispiele für Kritikfähigkeit

Kritik ist allgegenwärtig. Ein erstes Problem ist oft schon die Einstellung dazu. Wir sehen sie stets als etwas schlechtes, ungerechtes oder gar als bewusste Provokation. Dabei ist sie das nur in seltenen Fällen. Gerade im Job sind Kritik und Feedback normale Bestandteile der Kommunikation – wenn sie denn konstruktiv vorgetragen werden. Einige Beispiele, in denen Kritikfähigkeit benötigt wird:

Kritik vom Chef

Es gehört zu den Aufgaben von Vorgesetzten, Mitarbeiter sowie deren Leistungen zu kontrollieren und falls nötig zu kritisieren. Ein häufiges Beispiel für Kritk vom Chef sind Fehler. Diese sind zwar menschlich, trotzdem wird der Chef Sie darauf angesprechen, den Patzer kritisieren und um mehr Sorgfalt bitten. Dabei ist es egal, ob Sie unvorbereitet bei einem Termin waren, eine wichtige Deadline verpasst oder eine Präsentation verpatzt haben.

Kritik vom Kunden

Kunden äußern ihre Kritik meist offen, wenn sie mit einer Leistung nicht zufrieden sind. Haben Sie die Vorgaben und Erwartungen nicht erfüllt oder wurde bei der Umsetzung ein Fehler gemacht, werden Sie dies zu hören bekommen.

Kritik vom Kollegen

Auch unter den Kollegen werden Meinungen und Bewertungen geäußert. Nicht jeder ist damit einverstanden, wie Sie Dinge erledigen oder wie Sie sich am Arbeitsplatz verhalten. Da die Kritik hier aber nicht von höherer Hierachieebene, sonder unter Gleichrangingen kommt, ist es noch schwerer, diese zu akzeptieren und nicht als Angriff oder Neid aufzufassen.

So nehmen Sie Kritik richtig an

Die erste Reaktion auf Kritik ist typischerweise Ablehnung und Abwehrhaltung. Wir gehen sofort in die Defensive, streiten ab und argumentieren. Diskussionen und Streitigkeiten lassen so nicht lange auf sich warten. Kritikfähigkeit geht anders. So nehmen Sie Kritik von anderen besser auf und an:

  • Richtig zuhören
    Sobald erste Kritik aufkommt, hören viele Betroffene gar nicht mehr zu. Stattdessen geht es sofort um die eigenen Aussagen und Erwiderungen. So verstehen Sie gar nicht, was Ihr Gegenüber eigentlich sagt und Ihnen mitteilen will. Es mag schwerfallen, doch hören Sie erst einmal in Ruhe zu.
  • Ehrlich hinterfragen
    Manchmal tut es weh, doch Einwände und auch negative Bemerkungen können gerechtfertigt sein. Hinterfragen Sie sich selbst und schließen Sie einen eigenen Fehler nicht gleich kategorisch aus.
  • Meinung äußern
    Sie müssen nicht jeden Kritikpunkt stillschweigend akzeptieren. Zur Kritikfähigkeit zählt durchaus, dass Sie Ihre Meinung äußern und erklären, warum Sie auf eine bestimmte Weise gehandelt haben. Das macht es oft auch leichter, mit Kritik umzugehen.
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Kritikfähigkeit lernen: 5 Tipps

Kritikfähigkeit ist eine wichtige Eigenschaft, kann vielen Auseinandersetzungen vorbeugen und zeigt Professionalität. Leider mangelt es oft an dieser zentralen Eigenschaft. Die gute Nachricht: Sie können Kritikfähigkeit lernen und verbessern. Diese Tipps helfen Ihnen dabei:

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Erkennen Sie die Absicht

Hinter jeder kritischen Äußerung steht eine Absicht. Chefs wollen die bestmöglichen Leistungen und Ergebnisse sichern, Kunden erwarten eine bestimmte Qualität und Kollegen wünschen sich eine gute Zusammenarbeit und positive Arbeitsatmosphäre. Wenn Sie diese Absicht erkennen, verbessern Sie automatisch Ihre Kritikfähigkeit. Außerdem erkennen Sie: Es geht nicht darum, Sie zu ärgern oder bloßzustellen.

Nehmen Sie nicht alles persönlich

Nur in seltenen Ausnahmen ist Kritik ein versteckter persönlicher Angriff. Gerade im Job ist es fast immer ein Teil der professionellen Kommunikation und wertet nicht Sie als Person. Indem Sie die Äußerung weniger persönlich nehmen, können Sie konstruktiver damit umgehen.

Üben Sie sich in Selbstkritik

Ein gesundes Selbstvertrauen ist wichtig, doch für Kritikfähigkeit brauchen Sie auch die Fähigkeit zur Selbstkritik. Sie müssen bereit sein, sich selbst zu hinterfragen und zu sehen, wenn Sie falsch gehandelt haben.

Achten Sie auf Ihre Körpersprache

Verschränkte Arme, genervter Blick, ein ablehnender und unverständnissvoller Gesichtsausdruck – Körpersprache und Mimik können im Kritikgespräch von Anfang an zum Problem werden. Bleiben Sie offen, nicht nur in Ihrer Denkweise, sondern auch in der Haltung. Damit zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner, dass Sie bereit sind, sich die Kritik anzunehmen.

Suchen Sie gemeinsam nach einer Lösung

Kritikfähigkeit zeigt sich in einem sachlichen und professionellen Umgang. Diesen demonstrieren Sie, indem Sie gemeinsam mit dem Gesprächspartner nach Lösungen suchen. Das sendet gleich zwei wichtige Signale: Sie verstehen die vorgebrachte Kritik und sind bereit, daran zu arbeiten. Durch den gemeinsamen Lösungsweg erfahren Sie auch gleich, welche Erwartungen der andere hat.

Lernen Sie aus der Kritik

Echte Kritikfähigkeit zeigt sich letztlich erst dann, wenn Sie die genannten Punkte akzeptieren, verinnerlichen und daran arbeiten. Heißt: Lernen Sie aus der Kritik, statt diese nur passiv anzunehmen. Setzen Sie um und verbessern Sie, was kritisiert wurde. Anschließend können Sie sich auch noch einmal versichern und nachfragen: „Ich habe mir die Kritik zu Herzen genommen, ist es bei den letzten Aufgaben besser geworden?“ So bekommen Sie noch einmal Bestätigung und der anfängliche Kritiker merkt, dass Sie sich verbessert haben.

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Kritikfähigkeit: Selbst richtig Kritik äußern

Der zweite Teil der Kritikfähigkeit ist die richtige Äußerung eigener Kritik. Es ist leicht, andere einfach anzumeckern, wirklich konstruktive Kritik ist hingegen eine Kunst für sich. Mit diesen Tipps lernen Sie diesen Teil der Kritikfähigkeit:

  • Kritik inhaltlich belegen
    Hohles Gemecker ohne inhaltliches Fundament sollten Sie sich sparen. Es muss einen konkreten Grund und Auslöser für die Kritik geben, den Sie präzise benennen können. Dass Sie einen Kollegen nicht mögen, ist noch lange nicht genug, um diesen einfach für seine Leistung oder Idee zu kritisieren.
  • Formulierungen sachlich gestalten
    Vielleicht sind Sie genervt oder auch wütend, doch Kritikfähigkeit zeigen Sie, wenn Sie Ihre Emotionen kontrollieren. Kritikgespräche sollten stehts sachlich und möglichst neutral sein. Wer emotional aufgeladen ist, kann kaum konstruktive Kritik äußern.
  • Aussagen in Ich-Perspektive halten
    „Du hast…“ oder „Durch deine…“ Solche Aussagen klingen sofort nach einer direkten Anschuldigung und zwingen den Empfänger regelrecht in eine Verteidigungshaltung. Besser sind Ich-Formulierungen, mit denen Sie Ihre Standpunkt zeigen. „Ich habe erwartet, dass…“ oder „Ich glaube, dass bei diesem Projekt…“ Kritikpunkte werden ebenso transportiert, können aber anders aufgefasst werden.
  • Verallgemeinerungen weg lassen
    „Immer muss ich dir sagen, dass…“ oder „Jedes Mal machst du alles verkehrt…“ Verallgemeinerungen sollen eine Aussage verstärken, sind aber schlicht falsch und führen nur zu Ärger. Es ist eben nicht immer, alles oder nie. Es geht um konkrete, einzelne Situationen, Leistungen oder Verhaltensweisen. Diese sollten Sie benennen und Verallgemeinerungen streichen.
  • Verständnis ausdrücken
    Bei aller Kritik sollten Sie trotzdem versuchen, Verständnis auszudrücken und zu erklären, dass Sie das Verhalten des anderen nachvollziehen können. Das macht es für den Empfänger leichter, das Gesagte zu akzeptieren. Mögliche Formulierung: „Ich verstehe, warum du so gehandelt hast, doch in diesem Moment war das die falsche Wahl. Besser hättest du…“

Lesetipp: Checkliste Kostruktive Kritik (PDF)

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Umgang mit destruktiver und falscher Kritik

Kritikfähigkeit heißt, dass Sie sich Kritik anhören, diese annehmen und es in Zukunft besser machen. Das stimmt grundsätzlich, doch gibt es auch eine wichtige Ausnahme: Nicht jede Art von Kritik müssen Sie akzeptieren und hinnehmen. Es ist Ihr gutes Recht, destruktiver Kritik zu widersprechen oder diese schlicht zu ignorieren. Persönliche Angriffe und verletzende Worte disqualifizieren den Kritiker von Anfang an. Von solch einem Wutanfall können Sie ohnehin nichts lernen, stehen Sie am besten gleich darüber.

Wichtig ist auch zu erkennen: Sind die vorgebrachten Kritikpunkte überhaupt gerechtfertigt? Längst nicht alles, was vorgebracht wird, stimmt wirklich. Vielleicht ist etwas gar nicht Ihre Schuld und Sie werden für den Fehler eines anderen kritisiert. Hier geht es nicht darum, einen Kollegen anzuschwärzen, sondern klarzustellen, dass die Kritik an Ihnen falsch ist und Sie mit dem angeprangerten Verhalten nichts zu tun haben.


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