Mein Chef liegt falsch: Was kann ich tun?

Der Chef hat mal wieder eine angeblich brillante Idee – und Sie denken nur: „Mein Chef liegt falsch – aber so richtig!“ Das Hierarchiegefälle macht offene Kritik nicht einfach. In vielen Fällen prallt sie auch ohne Effekt ab. Was also tun? Sehenden Auges ins Unglück rennen – oder die Notbremse ziehen? Unsere Empfehlungen dazu…

Chef Liegt Falsch Was Tun Tipps

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Mein Chef liegt falsch: Wirklich?

Wo unterschiedliche Menschen und Arbeitsweisen aufeinander treffen, gibt es auch unterschiedliche Meinungen. Nur weil der Chef eine andere Meinung hat oder Strategie vorschlägt, muss er deswegen nicht gleich falsch liegen. „Viele Wege führen nach Rom“, sagt schon das Sprichwort (siehe: Schwarz-Weiß-Denken).

Prüfen Sie daher zuerst, ob „richtig“ oder „falsch“ überhaupt die passende Bewertung darstellen. Die Lösung des Vorgesetzten muss Ihnen nicht gefallen, aber sie ist deswegen nicht automatisch falsch. Gerade wenn es um kühne neue Ideen oder Veränderungen geht, bügeln Mitarbeiter diese gerne ab. Denn Veränderungen raus aus der Komfortzone mögen die wenigsten Menschen.

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Mein Chef liegt falsch: Was tun?

Aber gehen wir davon aus, dass der Chef tatsächlich einer kompletten Fehleinschätzung aufsitzt. Vielleicht ist er oder sie es auch, die an Traditionen und alten Prozessen festhält, obwohl technischer Fortschritt, Markt und Wettbewerb längst zu einer Veränderung zwingen. Was tun?

In dem Fall kommt es stark darauf an, welchen Cheftyp Sie haben und wie Ihre Unternehmenskultur aussieht: Manche Vorgesetzte – insbesondere jene mit einem autoritären Führungsstil – schätzen Kritik ungefähr genauso wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnart und reagieren darauf entsprechend alert wie ablehnend.

Herrscht in Ihrem Unternehmen hingegen eine offene Fehlerkultur, bei der alle voneinander lernen – unabhängig von der jeweiligen Hierarchieebene – ist ein respektvoller (!) Widerspruch kein Problem. Für die meisten Mitarbeiter bleibt die Kritik am Chef meist trotzdem ein schwieriger Balanceakt – vor allem dann, wenn sie noch neu im Unternehmen sind…

Kritik am Chef: Droht mir die Kündigung?

Viele Mitarbeiter denken: „Wer den Chef kritisiert, fliegt.“ Das ist natürlich Quatsch. Höfliche, erst recht konstruktive Kritik ist kein zulässiger Kündigungsgrund. Problematisch wird es nur, wenn Sie wegen der Differenzen die Arbeit verweigern (Arbeitsverweigerung ist ein Kündigungsgrund!) oder die Anweisungen des Chefs einfach ignorieren (sog. Insubordination). Das kann mindestens zu einer Abmahnung führen.

Etwas anderes gilt, wenn der Chef zu Straftaten (Bestechung, Betrug) auffordert oder den Arbeitsschutz oder gesetzliche Pausenregelungen ignoriert. In dem Fall dürfen Sie nicht nur deutlich widersprechen – Sie müssen sich auch nicht daran halten und können sogar Strafanzeige stellen.

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Mein Chef liegt falsch: Wie sagen?

Das richtige Vorgehen ist bei einer offenen Konfrontation entscheidend. Sonst stoßen Sie nicht nur auf taube Ohren, sondern ebenso auf Ablehnung und atmosphärische Störungen. Auch sollten Sie nicht allzu häufig eine andere Meinung haben, sonst gelten Sie bald als notorischer Querulant – und die behalten meist nicht lange ihren Job…

Dennoch haben wir ein paar Tipps zusammengestellt, die Ihnen dabei helfen, dem Chef zu sagen, dass er falsch liegt – ohne gleich die eigene Karriere zu riskieren:

Schlechte Strategien Gute Strategien
🔴 Laut werden 🟢 Sachlich bleiben
🔴 Im Ton vergreifen 🟢 Fakten nennen
🔴 Persönlich beleidigen 🟢 Alternativen vorschlagen
🔴 Chef vorführen 🟢 4-Augen-Gespräch suchen

Den Chef kritisieren – so geht’s

1. Atmosphäre schaffen

Der Beginn ist entscheidend – für Sie! Bemühen Sie sich von Anfang an um eine sachorientierte Ebene: „Sie sehen das so, ich sehe das so. Wie kommen wir da zusammen?“ Auch nonverbale Faktoren – wie Kopfnicken oder Blickkontakt – zählen. Der Ton muss unbedingt konstruktiv bleiben und darf nie vorwurfsvoll klingen.

2. Emotionen unterdrücken

Reagiert der Chef emotional, müssen Sie erst recht sachlich bleiben und Ruhe bewahren, sonst eskaliert das Gespräch. Zeigen Sie nochmal, dass Sie seine Sicht verstehen. womöglich gibt es zwischen Ihnen beiden auch nur ein Missverständnis. Klären Sie das!

3. Verallgemeinerungen vermeiden

„Jedes Mal“ oder „Sie machen immer…“ sind unpassende Formulierungen. Verallgemeinerungen sind wie Pauschalkritik bloße Totschlagargumente und alles andere als sachlich. Wenn Sie kritisieren, dann immer nur konkret und bitte auch nur einen Punkt auf einmal. Trommelfeuer führt sofort zur Abwehr.

4. Fakten bringen

Zeigen Sie bei aller Kritik stets, dass Sie das Wohl des Unternehmens im Blick haben. Je mehr Zahlen, Daten, Fakten Sie nennen, desto schwerer wird es, diese zu ignorieren. Auf keinen Fall dürfen Sie dabei persönlich werden oder dem Chef das Gefühl geben, eine Idiot zu sein. Taktisch klüger ist die Haltung: „Kann man so sehen, es gibt aber auch noch diesen Weg…“

5. Alternativen anbieten

Einen Vorschlag oder eine Idee zu beerdigen, löst das Problem nicht. Das ist eine typisch destruktive Kritik. Deshalb ist für Ihren Erfolg entscheidend, dass Sie dem Chef 1-3 alternative Lösungen gleich mitliefern. So kann er daraus wählen – und behält das Gefühl, immer noch eine eigene Entscheidung getroffen zu haben. Die Strategie hilft vor allem bei latent narzisstischen Chefs.

6. Mündlich widersprechen

Äußern Sie Ihre Kritik bitte stets mündlich und unter vier Augen. Alles, was Sie per E-Mail versenden, ist damit dokumentiert und kann womöglich gegen Sie verwendet werden. Rhetorisch ist es zudem klug, die Kritik in sogenannte Ich-Botschaften oder Fragen zu verpacken. So treffen Sie keine selbstbelastenden Aussagen oder Unterstellungen und wirken weniger rechthaberisch.

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Was tun, wenn der Chef nicht hören will?

Sie halten die Ausgeburt des Chefs für völlig verkehrt und befürchten schlimme Folgen für das Unternehmen oder die Abteilung? Doch der Chef ist auf dem Ohr absolut taub – alle genannten Tipps helfen nicht. Was jetzt?

  • Absichern

    Falls Sie befürchten müssen, dass die Entscheidung des Chefs auf Sie negativ zurückfällt, weil Sie diese mittragen müssen, sollten Sie Ihren Standpunkt doch noch einmal schriftlich per E-Mail – aber sachlich! – dokumentieren. So haben Sie später etwas in der Hand, dass Sie zumindest vor den Folgen gewarnt haben. Etwaigen Widerspruch des Chefs lassen Sie aber unkommentiert. Es geht allein um Ihre Absicherung, nicht um eine Fortsetzung der Debatte per Mail.

  • Wiederholen

    Je nach Bedrohungsszenario kann es sinnvoll sein, sich weitere Unterstützer in der Abteilung oder beim Betriebsrat zu suchen. Nehmen Sie einen zweiten Anlauf, um Schaden abzuwenden. Hilfreich ist auf jeden Fall, wenn Sie einen Vertrauten des Chefs für Ihre Sache gewinnen. Auf seine Ratgeber hört er meist mehr.

  • Modifizieren

    Wir empfehlen natürlich nicht, Anweisungen zu ignorieren. Aber Sie können diese zumindest modifiziert umsetzen. Manchmal kann das schon negative Konsequenzen verhindern, ohne dass der Chef das mitbekommt. Trotzdem ist es wichtig, dass sich der Chef Ihrer Loyalität sicher bleibt. Sonst droht – wie beschrieben – schlimmstenfalls eine verhaltensbedingte Kündigung.


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