Was sind Totschlagargumente?
Totschlagargumente überrumpeln, oft ist man zu keiner Gegenreaktion mehr imstande. Fürs Totschlagargument hat sich auch der Begriff Killerphrase etabliert. Manche unterscheiden zwischen den beiden Begriffen noch: Während das Totschlagargument sich scheinbar auf den Inhalt einer Aussage beziehe, seien Killerphrasen rein emotional, böten weder Fakten noch Zusammenhänge. Letztlich verwenden viele beide Begriffe synonym. Gemeint ist ein Argument, das einem wie ein Knüppel über den Kopf gezogen wird. Typische Beispiele sind:
- Da kann ja jeder kommen!
- Wo kommen wir denn da hin?
- Es gibt Wichtigeres.
- Da sind mir die Hände gebunden.
- Bislang sind wir auch ganz gut ohne XY ausgekommen.
- Das haben schon ganz andere versucht.
- Darüber reden wir ein anderes Mal.
- Das ist doch alles graue Theorie.
- Das mag bei XY funktionieren, aber nicht bei uns.
- Das geht mir alles zu schnell.
- Das passt nicht zu unserem Unternehmen.
Sinn und Zweck von Totschlagargumenten
Totschlagargumente sind unglaublich effektiv. Mit einem einzigen Satz ist die Diskussion beendet, noch bevor sie begonnen hat. Deshalb findet man Totschlagargumente überall: im Privaten, in der Politik und natürlich im Büro… Hier ein kurzes Szenario: Sie zeigen im Kollegenkreis eine Präsentation. Am Ende Ihrer Ausführungen wirft der Vorgesetzte ein: „Das ist graue Theorie. In der Praxis kann das gar nicht funktionieren. Du bist eben ein Theoretiker und kein Praktiker.“ Ihre Ideen? Totgeschlagen.
Das muss allerdings nicht sein: Wer das Wirkungsprinzip solcher Scheinargumente verstanden hat, kann sich mit zahlreichen Kontern behelfen. Dazu gehört das Wissen, dass Totschlagargumente den Inhalt einer Aussage (manchmal auch den Sprecher) diskreditieren sollen. Das gleiche Prinzip ist auch für den umgekehrten Effekt bekannt: Jemand versucht etwas als über jede Kritik erhaben zu präsentieren. Dieser rhetorische Kniff ist als TINA-Prinzip bekannt. Das Akronym steht für „There is no alternative“ („Es gibt keine Alternative“). Aber ob durch Schlechtmachen oder in den Himmel heben: Im Ergebnis versucht der Kontrahent immer, seinen Standpunkt als die ultimative Wahrheit zu verkaufen und den Gegner mundtot zu machen.
Gründe für Totschlagargumente
Wer mit Killerphrasen hantiert, würgt Diskussionen bewusst ab. Oft geht es dem Angreifer nur darum, recht zu bekommen, ohne mühsame Überzeugungsarbeit leisten zu müssen. Was kann hinter solchen Totschlargumenten stecken? Zum Beispiel das:
- Unlust
Er oder sie weiß sich nicht anders zu helfen und hat selbst keine besseren Argumente. - Antipathie
Er mag Sie persönlich nicht und will Ihre Ideen zerpflücken. - Machtkampf
Er will sich aufplustern und als Gewinner aus der Diskussion hervorgehen. - Ventil
Er hat Stress und ist überfordert – und Sie bekommen das jetzt ab.
Nicht immer ist ein Totschlagargument als persönlicher Affront gemeint. Es kann aus einer Laune heraus in die Runde geschmettert werden, aus Unüberlegtheit, Gleichgültigkeit oder Unwissenheit.
Beispiele: Typische Killerphrasen richtig kontern
Die Kommunikationsexpertin Meike Müller trainiert Schlagfertigkeit. In Ihrem Buch „Lizenz zum Kontern“ unterscheidet sie sechs verschiedene Kategorien von Totschlagargumenten. Nachfolgend erklären wir die jeweiligen Kategorien anhand typischer Beispiele und zeigen, wie Sie kontern können:
1. Beharrungs-Killerphrasen
Der Kontrahent empfindet Veränderungen als lästig und versucht sie dementsprechend abzuschmettern:
- Totschlagargument: „Das haben wir schon ausprobiert, das funktioniert nicht.“
Erwiderung: „Was denken Sie, woran es gelegen hat?“ - Totschlagargument: „Warum willst du was ändern? Läuft doch!“
Erwiderung: „Genau, noch läuft es so. Wenn aber erstmal die Umstellung auf XY kommt, wird es haarig.“ - Totschlagargument: „Bisher sind wir doch auch ohne ABC ausgekommen.“
Erwiderung: „Die Frage ist: Wie lange noch? Spätestens bei der nächsten Inventur…“
2. Autoritäts-Killerphrasen
Hier sprechen machtverliebte Kontrahenten ihrem Gegenüber die Autorität, Expertise oder Erfahrung auf einem Gebiet ab. So etwas rüttelt leicht am Selbstwertgefühl. So können Sie reagieren:
- Totschlagargument: „Sie waren nicht dabei, über sowas können Sie nicht mitreden.“
Erwiderung: „Was lässt Sie glauben, dass ich die Lage dann anders beurteilen würde?“ - Totschlagargument: „Haben Sie nicht richtig zugehört? So läuft das nicht.“
Erwiderung: „Wie kommen Sie darauf? An welcher Stelle genau ist dieser Eindruck entstanden?“
3. Besserwisser-Killerphrasen
Besserwisser versuchen den Eindruck zu erwecken, sie hätten bereits lange im Vorfeld sämtliche Eventualitäten bedacht und wüssten mehr als der Vortragende.
- Totschlagargument: „Als jemand mit Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Das funktioniert nicht.“
Erwiderung: „Welche Erfahrung konkret lässt Sie daran zweifeln?“ - Totschlagargument: „Ich weiß jetzt schon, wo das endet.
Erwiderung: „Und wo genau wird das Ihrer Meinung nach enden?“ - Totschlagargument: „Die Idee hatten andere schon vor Ihnen.“
Erwiderung: „Tatsächlich? Dann wundere ich mich, dass sie offensichtlich nicht umgesetzt wurde.“
4. Bedenkenträger-Killerphrasen
Zunächst scheint der Bedenkenträger den Ideen gegenüber nicht abgeneigt. Letztlich bringt er aber Einwände in Form von Scheinargumenten vor, die es zu entkräften gilt:
- Totschlagargument: „Das können wir finanziell nicht stemmen.“
Erwiderung: „Sieht auf dem ersten Blick so aus, aber Firma XY hatte mit dem gleichen Problem einen ganz interessanten Ansatz… / Lasst uns für einen Moment so tun, als ob es finanziell möglich wäre: Was würden wir…“ - Totschlagargument: „Damit sind schon ganz andere gescheitert.“
Erwiderung: „Wer ist konkret mit dieser Idee gescheitert? / Die hatten allerdings nicht…“
5. Vertagungs-Killerphrasen
Ähnlich sieht es bei Einwänden aus, bei denen jemand Ihr Thema vertagen will: Solche Gespräche finden nie statt, oder wenn, dann mit derart großem zeitlichen Abstand, dass Projekte vertagt, Ihre Ideen verworfen werden:
- Totschlagargument: „Das schaffen wir zeitlich nicht mehr.“
Erwiderung: „Wieso schaffen wir das nicht mehr? / Wann wäre ein besserer Zeitpunkt? / Doch, das schaffen wir noch, wenn wir uns auf die Hauptpunkte konzentrieren.“ - Totschlagargument: „Ein interessanter Ansatz, aber eher für eine andere Sitzung geeignet.
Erwiderung: „An welche Sitzung hatten Sie konkret gedacht?“ - Totschlagargument: „Dafür ist die Zeit noch nicht reif.“
Erwiderung: „Was denken Sie, wann die Zeit dafür reif ist? Was muss passieren, damit wir XY angehen können?“
6. Angriffs-Killerphasen
Vom Kaliber persönlicher Angriff und Schwarze Rhetorik sind diese Totschlagargumente, bei denen – meist eingeleitet mit „typisch…“ – eine Pauschalaussage folgt, die nichts zur Sache tut. Am besten, Sie benennen exakt, was gerade passiert oder verdrehen das Ganze zu Ihren Gunsten:
- Totschlagargument: „Das ist mal wieder typisch deutsch!“
Erwiderung: „Exakt. Und da wir das Land der Erfinder sind, eignet sich dieser Vorschlag…“ - Totschlagargument: „Das ist so typisch Mann/Frau!“
Erwiderung: „Ich wüsste nicht, was mein Geschlecht zur Sache tut? / Haben Sie ein Problem mit Männern/Frauen?“ - Totschlagargument: „Die Idee ist ewig alt!“
Erwiderung: „… und hat sich bewährt, wie neuste Zahlen zeigen. / Ist das der einzige Punkt oder gibt es ernstzunehmende Einwände?“
Umgang mit Totschlagargumenten: Fünf Tricks
Oft erwischen einen Totschlargumente eiskalt und unvermittelt. Man kann sie nur selten im Detail antizipieren. Ist man auf ihre Wucht unvorbereitet, gehen manche instinktiv in die Defensive, ziehen sich konsterniert oder gar verängstigt zurück. Fehler! So hat der Totschläger gewonnen, ohne ein einziges sinnvolles Argument auf den Tisch gelegt zu haben. Ähnlich kritisch ist, wenn Sie sich fürs Ignorieren entscheiden:
Angenommen, Sie halten einen Vortrag. Aus dem Off kommt der Satz: „Das kann gar nicht klappen.“ Sie lassen sich nichts anmerken, fahren einfach fort, würdigen den Zwischenrufer keines Blickes. Diese Taktik kann aufgehen. Gleichzeitig kann sie dazu führen, dass der Angreifer noch aggressiver wird, Ihnen die Sache vollends entgleitet. Außerdem könnte sich der Einwurf des Totschlägers unbewusst im Hinterkopf der anderen Anwesenden festsetzen, wenn Sie ihn nicht entkräften. Ignoranz ist daher nur die zweit- oder drittbeste Lösung. Besser, Sie nehmen den Ball auf. Der grobe Leitfaden sieht so aus:
- Totschlagargument aufgreifen und nicht unbeantwortet lassen
- Rückfragen stellen
- Ruhig bleiben, nicht aggressiv werden
- Sachlich argumentieren und auch Gegenargumente ernst nehmen
- Zusammenhänge aufzeigen und Kompetenz beweisen
Je nach Situation und Persönlichkeit Ihres Widersachers sind folgende Methoden geeignet:
1. Erklärung verlangen
Ihr Kollege: „Das funktioniert nie!“ Dabei lacht er höhnisch und wissend. Sinnvoll in so einer Situation: Zurückfragen. „Warum funktioniert das nicht?“ „Warum sollte es nicht funktionieren?“ „Was genau funktioniert nicht?“ Oder als Frage in den Raum stellen: „Wolfgang meint, das funktioniere nicht. Wer kann mir erklären, warum?“ So entsteht im besten Fall eine ruhige und sachliche Auseinandersetzung. Wichtig ist, das Totschlagargument nicht einfach im Raum stehen zu lassen. Dadurch würden Sie es indirekt verifizieren. Besser: Die Killerphrase erst auf- und dann auseinandernehmen…
2. Zusammenhänge erklären
Totschlagargument: „Am Ende kommt dabei ja doch nichts raus.“ Ihre Reaktion: „Es kommen am Ende über 10.000 Euro monatlich heraus, wenn wir den Kundensupport vollständig digitalisieren. Und zwar deshalb, weil…“ Credo: Durch Kompetenz und Wissen den Gegner übermannen. Das setzt allerdings voraus, dass Sie wirklich knietief in der Materie stecken, Ihre Präsentation, Argumente, Ideen fein säuberlich ausgearbeitet haben. Substanz zählt. Untermauern Sie Ihre Punkte mit prägnanten Zahlen und Statistiken (aber nicht zu vielen).
3. Best Case präsentieren
Noch mehr Totschlagargumente: „Das kann nicht klappen.“ „Das geht vielleicht im Einzelhandel, aber nicht in der Finanzwelt.“ „Die Erfahrung zeigt doch, dass so etwas nicht gut gehen kann.“ Ihre Reaktion: „Ganz im Gegenteil. Das US-Unternehmen Example Inc. hat es vor zwei Jahren ganz ähnlich gemacht – mit sehr guten Ergebnissen. Die haben damals…“
Wenn Sie einen Best Case bringen, also ein Erfolgsbeispiel, das Anknüpfungspunkte mit Ihrem Unternehmen aufweist, beweisen Sie Expertise und Hintergrundwissen. Legen Sie sich also – beispielsweise vor einem internen Vortrag – ruhig zwei oder drei Case Studies zurecht, die Ihnen nützlich sein könnten. Einziger Nachteil: Es könnte den Eindruck erwecken, als hätten Sie bei denen abgekupfert…
4. Falschinterpretation liefern
Pauschalaussagen vom Kaliber „Das kann nie klappen“ können Sie entkräften, indem Sie sie bewusst falsch interpretieren. Im ersten Moment geben Sie Ihrem Widersacher recht. Dann holen Sie aus und erläutern, warum eine Sache so wie bisher (oder vermeintlich sinnlose Vorschläge es vermuten lassen) nicht funktionieren kann. Anschließend widerlegen Sie, indem Sie Ihre Idee hinzufügen: „Stimmt, so wie Sie das darlegen, kann die Sache nicht funktionieren.“ Oder: „Mir ging es ähnlich wie Ihnen, XY kann so nicht funktionieren. Allerdings bemerkte ich dann dies…“
5. Gegenangriff starten
Die Attacke erwidern, den Gegner mit den gleichen Waffen schlagen. In etwa so: „Schulze, Sie reden auch viel, wenn der Tag lang ist.“ „Was wissen Sie denn schon?“ Oder ein Kollege zu Ihrer Neuentwicklung: „Niemand auf der Welt hat auf dieses Produkt gewartet!“ Reaktion: „Das haben die Leute früher auch vom Auto gesagt, als sie noch Postkutsche gefahren sind.“ Oder: „Sie erinnern mich an meinen Ex-Chef, der mir auch ständig gesagt hat: Das haben wir immer schon so gemacht. Seine Firma gibt’s übrigens nicht mehr.“ Treffer, Schiff versenkt, Punkt für Sie.
Nachteil: Damit verlassen Sie die sachliche Ebene. Am Ende entsteht daraus noch ein Schlagabtausch, der zu bösem Blut im ganzen Unternehmen führt. Geeignet ist dieses Vorgehen höchstens um zu zeigen, dass Sie sich nicht einschüchtern lassen. Ist der Kontrahent allerdings Ihr Vorgesetzter, setzen Sie sich damit wohl eher in die Nesseln.
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