Mehr Geld trotz Tarif: Die optimale Vorbereitung
Verhandeln im Tarifvertrag funktioniert. Vor allem mit der richtigen Vorbereitung. Die ist wie bei jeder Gehaltsverhandlung enorm wichtig. Nur so können Sie strukturiert und auf Augenhöhe in das Gespräch mit dem Vorgesetzten gehen. Chefs sind gewohnt solche Verhandlungen zu führen – und entsprechende Gehaltsvorstellungen abzublocken. Der Verweis auf den Tarifvertrag ist ein gern genutztes Totschlagargument.
Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern! Die optimale Vorbereitung für die Gehaltsverhandlung besteht im Wesentlichen aus 5 einfachen Schritten:
1. Marktwert ermitteln
Im ersten Schritt gilt es, herauszufinden, was im Tarifvertrag verhandelt werden kann und was für Ihre persönliche Position ein realistischer Marktwert ist. Bedeutet: Finden Sie zuerst heraus, wie viel die eigene Leistung auf dem Arbeitsmarkt wert ist. Dabei helfen die folgenden Fragen:
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Bin ich richtig eingruppiert und eingestuft?
Lesen und prüfen Sie zuerst Ihren Tarifvertrag. Passt Ihre Einstufung zu den bisherigen Erfahrung, inklusive Praktika? Wurde alles richtig angerechnet? Ich habe es schon oft erlebt, dass Mitarbeiter falsch eingestuft wurden oder eine vorgesehene Höherstufung in eine bessere Entgeltgruppe vergessen wurde. Fragen Sie proaktiv in der Personalabteilung, beim Betriebsrat (oder bei Ihrer Gewerkschaft) nach, ob Ihre Eingruppierung korrekt ist.
TIPP: Wenden Sie sich auch an den Betriebsrat, um herausfinden, was Kolleginnen und Kollegen in vergleichbarer Position verdienen. Aufgrund des Entgelttransparenzgesetzs ist eine geschlechtsspezifische Ungleichbezahlung verboten.
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Was bin ich in der freien Wirtschaft wert?
Vergleichen lohnt sich immer. Auch wenn Sie nach Tarifvertrag bezahlt werden, sollten Sie prüfen, welches Gehalt Sie anderswo verdienen könnten. Gehaltsvergleiche und Gehaltstabellen im Internet helfen bei der Einschätzung des Marktwerts. Überdies empfehle ich Gespräche mit sogenannten Gehaltsvorbildern zu führen – also erfahrenen Mentoren, die sich in der Branche auskennen.
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Welche Zusatzleistungen kann ich verhandeln?
Über das tariflich festgesetzte Grundentgelt hinaus hat Ihr Unternehmen die Möglichkeit, eine freiwillige Zulage zu bezahlen. Ihr Bruttoentgelt setzt sich in der Regel wie folgt zusammen: Grundentgelt + freiwillige Zulage = Bruttogehalt. Kennen Sie die Zulagen, die Ihnen möglicherweise zustehen? Zum Beispiel:
- Erschwerniszulage für Tätigkeiten, die körperlich belasten.
- Leistungszulage für eine besondere Leistungen oder Ideen.
- Funktionszulage für Mitarbeiter mit Führungsverantwortung.
- Sozialzulage zur Geburt, Hochzeit, zum Umzug oder Jubiläum.
- Übertarifliche Zulage wenn sich ein Unternehmen in einer tariflich schwächeren Branche von der Konkurrenz absetzen will.
Insbesondere die Leistungszulage bietet Ihnen eine Möglichkeit der Gehaltserhöhung über das tarifliche Grundgehalt hinaus.
2. Perspektive wechseln
Im zweiten Schritt geht es darum, sich mit der eigenen Einstellung zum Gehalt zu befassen. Viele Arbeitnehmer verkaufen sich unter Wert, weil sie nicht an den eigenen Marktwert glauben. Oder Zweifel daran haben, so viel verdienen zu „dürfen“. Arbeiten Sie vor dem Verhandlungsgespräch unbedingt an Ihrem Mindset. Wer selbst nicht daran glaubt, einen Betrag X wert zu sein, wird sich auch nicht überzeugend verkaufen können.
Schauen Sie stattdessen in Ihrem Umfeld nach Personen um, die schon erfolgreich mehr Gehalt verhandelt haben und lassen Sie sich von deren Erfolgen inspirieren. Wenn Sie Ihren Marktwert gründlich und fundiert recherchiert haben, dürfen Sie auch daran glauben!
3. Erfolge dokumentieren
Im dritten Schritt geht es um die eigenen Stärken und Fähigkeiten sowie Erfolgsgeschichten. Durch den sogenannten Negativity Bias erinnern wir uns viel zu oft an die Dinge, die nicht funktioniert haben und vergessen unsere Erfolge. Dagegen kann ein Erfolgstagebuch oder eine Leistungsmappe helfen, in denen Sie positives Feedback und Erfolge aufschreiben.
4. Argumente sammeln
Nun folgt die detaillierte Vorbereitung auf das eigentliche Gespräch – die Gehaltsverhandlung. Dazu sollten Sie die eigenen Ziele klar definieren und zugleich einen Plan B entwickeln. Rechnen Sie mit typischen Einwänden und Killerphrasen in der Verhandlung. Viele davon lassen sich aushebeln – und falls nicht, bleiben noch weitere Punkte, die Sie trotz Totschlagargumenten und Tarifvertrag verhandeln können. Zum Beispiel:
- Kinderbetreuungszuschuss
- Fahrtkostenzuschuss
- Gewinnbeteiligung
- Art der Aufgaben
- Unterstützung (durch Hilfskräfte)
- Weiterbildungen
- Sabbatical
5. Überzeugungskraft stärken
Im fünften und letzten Schritt entwickeln Sie nicht nur einen Gesprächsleitfaden – Sie sollten im Vorfeld auch an der eigenen Überzeugungskraft arbeiten und diese stärken. Dazu gehören Körpersprache, Gestik, Mimik – und die Rhetorik in der Verhandlung selbst. Üben Sie hierzu Gespräche mit einem besonders kritischen Gegenüber – zum Beispiel mithilfe einer Freundin oder eines Freundes. Gerne auch vor der Handykamera, um sich selbst später zu beobachten und zu analysieren.
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Tipps für die Gehaltsverhandlung im Tarifvertrag
Egal, ob sie schon länger im Tarifvertrag arbeiten oder als Quereinsteiger in ein Tarifgehalt kommen: Prüfen Sie immer zuerst die korrekte Eingruppierung und Einstufung.
Sammeln Sie Informationen dazu, wie Sie in Ihrem Tarifvertrag von einer Stufe in die nächst höhere Stufe gelangen. Diese Informationen finden Sie im Tarifvertrag selbst oder in den Richtlinien Ihres Unternehmens. Im Zweifel wenden Sie sich an den Betriebsrat oder die Gewerkschaft. Fordern Sie eine Höherstufung immer proaktiv ein, wenn Sie intern einen Jobwechsel mit mehr Verantwortung realisieren.
Recherchieren Sie mögliche Gehaltsbänder
Recherchieren Sie zusätzlich, ob es in Ihrem Unternehmen sogenannte Gehaltsbänder gibt. Das sind Gehaltsspielräume, die Spannen von mehreren tausend Euro umfassen können. Innerhalb dieser Gehaltsbänder besteht für Vorgesetzte Verhandlungsspielraum, den auch SIE nutzen können. Neben den oben schon angesprochenen übertariflichen Zulagen können Sie oft noch weitere Benefits verhandeln.
Auch wenn Ihr Chef die Gehaltsforderungen zunächst ablehnt, sollten Sie im Gespräch nie sofort klein beigeben. Machen Sie sich bewusst: Jede Verhandlung beginnt mit einem NEIN. Fokussieren Sie auf Ihre Leistungen und bleiben Sie hartnäckig. Im Zweifelsfall bitten Sie um Bedenkzeit und sammeln neue Gegenargumente.
Noch wichtiger ist: Halten Sie alle Vereinbarungen, die Sie während des Verhandlungsgesprächs mit Ihrem Chef treffen, unbedingt schriftlich mit Datum und Unterschrift fest. Vorgesetzte haben manchmal die Eigenart, sich schon am nächsten Tag nicht mehr an Zusagen erinnern zu können. Ein Gesprächsprotokoll, das beide unterschreiben, ist eine gute Gedächtnisstütze.
Häufige Fragen zur Gehaltsverhandlung im Tarifvertrag
Informationen zum Tarifvertrag erfragen Sie am besten in der Personalabteilung oder Betriebsrat. Wenn Sie Gewerkschaftsmitglied sind, können Sie sich mit den Fragen rund um den Tarifvertrag auch direkt an die Gewerkschaft wenden.
Die genauen Regelungen zur Eingruppierung und Einstufung variieren je nach Tarifvertrag. Generell erfolgt die Eingruppierung anhand der Anforderungen der Stelle und geforderten Qualifikation. Die Einstufung ergibt sich dann aus der relevanten Berufserfahrung. Gerade beim Quereinstieg ist es wichtig darauf zu achten, dass alle relevanten Berufserfahrungen (auch Praktika) bei der Einstufung angerechnet werden.
Ein interner Wechsel ist immer ein guter Zeitpunkt für eine Gehaltsverhandlung. Fragen Sie proaktiv ein Gespräch bei Ihrem (neuen) Vorgesetzten an. Sollte die neue Position mit mehr Verantwortung verbunden sein, achten Sie darauf, dass Sie entsprechend höher eingruppiert werden.
Über die Autorin
Ljubow Chaikevitch ist Unternehmerin und Gründerin von Frau verhandelt. Auf ihrer Website bietet sie unter anderem Verhandlungstrainings für Angestellte und Selbstständige an – vor allem für Frauen.
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