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Lohndumping: Was Sie wissen sollten

Trotz der Einführung des Mindestlohns gibt es teils noch immer keine angemessene Bezahlung für verrichtete Arbeit. Lohndumping wird teilweise sogar durch das Gesetz begünstigt. Wir klären, was Lohndumping genau bedeutet, wann von Lohndumping gesprochen wird, wer betroffen ist und was Sie dagegen tun können…



Lohndumping: Was Sie wissen sollten

Lohndumping Definition: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Der Begriff Lohndumping ist ein Anglizismus und setzt sich aus dem deutschen Wort Lohn und englisch dumping zusammen. Lohn steht für das Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit, Dumping bedeutet soviel wie die Preisunterbietung.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) definiert Lohndumping folgendermaßen:

Von Lohndumping wird gesprochen, wenn für eine Vollzeitbeschäftigung Löhne vereinbart werden, die unterhalb des Existenzminimums liegen. Auch Löhne unterhalb des tariflichen Niveaus der jeweiligen Branche gelten als Dumping, ebenso Entgelte von weniger als zwei Drittel des ortsüblichen Lohnes für eine Tätigkeit.

Andere Definitionen sprechen von Lohndumping, wenn das Arbeitsentgelt eines Arbeitnehmers trotz Vollbeschäftigung nur unwesentlich über oder sogar unter der Armutsgrenze liegt. Beide Begriffe, sowohl das Existenzminimum, als auch die Armutsgrenze werden häufig synonym verwendet, obwohl die Sätze dafür jeweils unterschiedlich definiert werden.

Lohndumping, synonym wird auch von Niedriglohn gesprochen, wird teilweise als politischer Kampfbegriff gewertet, da bestimmte Teile der Gesellschaft eine politische Agenda damit verfolgen könnten.

Es stellt sich die Frage, ob Synonyme wie Niedriglohn oder umgangssprachlich Billiglohn neutraler oder gar positiver besetzt sind: eine Form von Mangel steckt immer drin.

Die Verwendung von Lohndumping synonym zu Niedriglohn oder Billiglohn ist ungenau, denn Lohndumping beschreibt eher die Praxis mancher Arbeitgeber, die Löhne zu drücken. Hingegen geht Niedriglohn vom Lohn an sich aus, der gering ist.

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Auswirkungen von Lohndumping

Den Begriffen Existenzminimum und Armutsgrenze ist gemeinsam, dass sie stellvertretend für eine finanzielle Situation stehen, in der ein Arbeitnehmer nicht die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe hat, die viele andere Menschen haben.

Im schlimmsten Fall kann das Einbußen bei der Deckung lebensnotwendiger Mittel bedeuten, etwa Probleme beim Zahlen der Miete, des Stroms oder der Kleidung und Lebensmittel.

In Deutschland liegt das Existenzminimum für eine alleinstehende Person seit Juli 2017 bei 1.133,80 Euro netto pro Monat. Die Armutsgrenze liegt bei Singles bei 917 Euro netto; eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind unter sechs Jahren gilt bei einem Einkommen von 1.192 Euro als arm.

Obwohl noch über 200 Euro weniger zwischen dem Existenzminimum und der Armutsgrenze liegen, reicht alles, was dazwischen liegt eigentlich schon nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Betroffene Arbeitnehmer sind daher auf Transferleistungen wie Wohngeld oder Arbeitslosengeld II angewiesen, um über die Runden zu kommen.

Arbeitsrechtliche Einordnung: Eine Form von Sittenwidrigkeit?

Lohndumping synonym GlobalisierungViele sehen es kritisch, dass Arbeitnehmer trotz einer Vollzeittätigkeit nicht über die Runden kommen und mit staatlicher Hilfe aufstocken müssen. Letztlich subventioniert der Steuerzahler damit den Arbeitgeber.

Wie genau Lohndumping zu bewerten ist, darüber herrscht oftmals Uneinigkeit, allerdings berufen sich einige auf § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dort heißt es:

Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Nun ist natürlich die Frage, wann ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Dazu hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz entschieden, dass ein Lohn, der um mehr als ein Drittel unter dem üblichen Tariflohn liegt, grundsätzlich sittenwidrig ist (Urteil vom 19. 5. 2008 – 5 Sa 6/08).

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Lohndumping Deutschland: Welche Branche ist betroffen?

Manche Berufe sind eher dem Niedriglohnsektor zuzuordnen, das heißt, die Tariflöhne sind dort von vornherein niedrig. Ein Arbeitnehmer, der dort tariflich bezahlt wird, erhält also keinen Dumpinglohn in dem Sinne, sondern lediglich ein geringes Gehalt.

Dennoch verschwimmen die Begriffe in der öffentlichen Meinung, so dass auch in anderen Fällen von Lohndumping die Rede ist. Beispielsweise, wenn ein Arbeitgeber zwar ortsüblich bezahlt, sein Mitarbeiter jedoch kein seiner Leistungsfähigkeit und Ausbildung entsprechendes Gehalt erhält.

In folgenden Branchen ist häufiger Lohndumping anzutreffen:

  • Bäckergewerbe
  • Bauhilfsgewerbe
  • Callcenter
  • Friseure
  • Hotel- und Gastgewerbe
  • Lieferdienste
  • Pflegedienste
  • Reinigungsbranche
  • Sicherheitsdienste
  • Taxigewerbe

Gerade bei Subunternehmern besteht die Gefahr von Lohndumping, oft auch in Verbindung mit Schwarzarbeit. Billige Arbeitskräfte – im Baugewerbe meist aus Osteuropa – bekommen Stundenlöhne deutlich unter dem Mindestlohn. Die Differenz streicht der Subunternehmer ein.

Lohndumping liegt hier vor, weil der Tariflohn und sämtliche Bestimmungen des Tarifvertrags wie etwa Urlaubs- oder Weihnachtsgeld nicht automatisch gezahlt werden. Das ist nur der Fall, wenn der Supermarkt zum Konzern gehört. Allerdings gehören 60 Prozent aller Rewe-Filialen und 80 Prozent aller Edeka-Filialen selbständigen Einzelkaufleuten.

Somit wird Weihnachts- und Urlaubsgeld nur noch als freiwillige Leistung gezahlt und offenbar auch nach eigenem Gutdünken beziehungsweise Sympathie.

Wer ist betroffen?

Besonders häufig betroffen von Lohndumping sind Minijobber: 2015 haben fünf Millionen Arbeitnehmer in Minijobs gearbeitet, von denen fast die Hälfte keinen Mindestlohn bekommen hat. Empirischen Studien zufolge sind besonders die folgenden Personengruppen einem überdurchschnittlich hohen Risiko ausgesetzt:

  • Frauen
  • Berufsanfänger
  • Geringqualifizierte
  • Hilfsarbeiter
  • Arbeitnehmer bei Zeitarbeitsfirmen
  • Teilzeitbeschäftigte
  • Arbeitnehmer in Aus- und Weiterbildung

Manche Arbeitgeber sind sehr kreativ, wenn es darum geht, den Mindestlohn zu vermeiden:

  • Zeiterfassung

    Mindestlöhne werden hier unterwandert, indem zum Beispiel die Zeit zum Umziehen aufwendiger Kleidung oder zusätzliche Überstunden nicht angerechnet werden.

  • Lohnabzug

    Es gibt Fälle, in denen der Arbeitgeber Werkwohnungen stellt. Bei Krankmeldung des Mitarbeiters über zwei Tage hinaus wird eine Extrazahlung in Form von Miete erwartet.

  • Anrechnung

    Besonders in der Gastronomie wird diese Form des Lohndumpings angewandt: Die zu erwartenden Trinkgelder werden auf den Stundenlohn mit angerechnet, der Mindestlohn also umgangen.

  • Naturalien

    Statt des Mindestlohns wird die Differenz zum neuen Lohn in Form von Gutscheinen für den eigenen Betrieb ausgezahlt, oder es darf in Bäckereien das übrig gebliebene Brot mitgenommen werden. Das ist laut der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten nicht zulässig.

  • Dokumentation

    In Branchen, in denen die Schwarzarbeit besonders bekämpft wird, muss die Arbeitszeit dokumentiert werden. Manche Arbeitgeber begehen Lohndumping, indem sie gegen die Aufzeichnungspflicht verstoßen und die Listen nicht entsprechend führen.

  • Leistungsvorgaben

    Die Leistungsvorgaben werden derart hoch gesetzt, dass die Arbeit in der anberaumten Zeit nicht zu schaffen ist – wenn beispielsweise eine Reinigungskraft satte drei Minuten zur Reinigung eines Büros hat, sechs Minuten jedoch realistisch wären.

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Lohndumping: Globalisierung fördert prekäre Verhältnisse

Auch die Globalisierung hat ihren Anteil an Lohndumping. Technische Veränderungsprozesse und internationaler Handel führten dazu, dass niedrigproduktive Beschäftigungen immer mehr durch Importe ersetzt wurden. Die Nachfrage nach geringqualifizierten Beschäftigungen riss trotz technischer Neuerungen nicht ab, da mehr erwerbstätige Frauen und Migranten auf den Arbeitsmarkt drängten.

Dies führte zu niedrigeren Löhnen bei geringqualifizierten Beschäftigungen. Gleichzeitig konnte der Niedriglohnsektor anwachsen, da es keinen gesetzlichen Mindestlohn gab und nur wenig Arbeitnehmer gewerkschaftlich aktiv waren.

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Das können Arbeitnehmer tun

Hier offenbart sich der schwierigste Part: Man beißt nicht die Hand, die einen füttert, heißt es. Zunächst einmal ist es wichtig, die entsprechenden Stellen zu kennen, die von staatlicher Seite Lohndumping eindämmen. Da wäre vor allem der Zoll zu nennen, der dem Bundesfinanzministerium untersteht.

Seine Aufgabe war ursprünglich die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung gemäß des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG), später kam die Kontrolle der Mindestlöhne hinzu. Ausgeübt wird diese durch die Arbeitseinheit „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS).

  • Sie haben die Möglichkeit einer Anzeige bei der FKS.

    Da das Unterschreiten des Mindestlohns eine Ordnungswidrigkeit ist, führt diese Anzeige zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren, das möglicherweise ein Bußgeld für den Arbeitgeber bedeutet.

  • Sie können sich an die Deutsche Rentenversicherung wenden.

    Das Lohndumping hat nämlich zur Folge, dass zu wenig Sozialbeiträge gezahlt werden. Die Rentenversicherung kann eine Betriebsprüfung veranlassen und ein Strafverfahren gegen den Arbeitgeber anstrengen. Das könnte in einer Haftstrafe für den Arbeitgeber enden.

Dies sind eher die brachialen Methoden, deren Ausgang unsicher ist. Nicht jeder Arbeitnehmer bringt den Mut auf, seinen Boss zu verpfeifen, zumal bei einer Anzeige der Name des Arbeitnehmers fallen könnte.

Empfehlenswert sind daher folgende Methoden der Vorbeugung:

  • Sie treten in einen Betriebsrat ein.

    Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie in einem Unternehmen arbeiten, in dem mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer sind – anderenfalls wird kein Betriebsrat existieren. Sie können sich aber auch jederzeit Unterstützung durch Gewerkschaften holen, die schließlich maßgeblich die Tarifverträge verhandeln.

  • Sie bilden sich weiter.

    Bildung in Form von Weiterbildung ist noch immer der beste Schutz zumindest gegen geringqualifizierte Jobs. Und da ist das Risiko deutlich höher, in einer Branche mit Lohndumping zu landen.

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[Bildnachweis: Vladyslav Starozhylov by Shutterstock.com]