Leiharbeit: Definition, Beispiel, Vor- und Nachteile

Leiharbeit erlaubt flexible Reaktionen auf die Auftragslage. Arbeitnehmer sind nicht im Betrieb selbst angestellt, sondern werden von einer Leiharbeitsfirma ausgeliehen. Für Arbeitgeber eine gute Möglichkeit, aber was ist die Arbeitnehmersicht? Leiharbeit hat nicht den besten Ruf, auch wenn gesetzlich in den letzten Jahren nachgebessert wurde. Trotzdem fühlen sich Leiharbeiter oft als Arbeitnehmer zweiter Klasse. Wir erklären, was Sie zur Leiharbeit wissen müssen und welche Probleme, aber auch Vorteile damit verbunden sind…

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Definition: Was ist Leiharbeit?

Leiharbeit ist ein Synonym für Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ). Der Begriff stammt aus dem 1972 verabschiedeten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Nach Meinung der Leiharbeitsbranche ist der Leiharbeit zunehmend negativ konnotiert, weshalb bevorzugt von Zeitarbeit gesprochen wird. Zwischen den Begrifflichkeiten besteht inhaltlich kein Unterschied, sie werden synonym verwendet. Die Bundesagentur für Arbeit definiert Leiharbeit so:

Zeitarbeit, Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber einem Dritten gegen Entgelt und für eine begrenzte Zeit überlassen wird. Der Arbeitgeber wird dabei zum Verleiher, der Dritte zum Entleiher.

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Wie funktioniert Leiharbeit?

Der Leiharbeiter ist beim Verleiher, also der Leiharbeitsfirma angestellt. Die zahlt wie jeder andere Arbeitgeber sein Gehalt, Lohnnebenkosten, Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und dergleichen mehr. Der Entleiher leistet keine Bezahlung an den ausgeliehenen Mitarbeiter, sondern den vereinbarten Preis an die Leiharbeitsfirma.

Auf diese Weise entsteht ein Dreieck aus Arbeitnehmer, Leiharbeitsfirma und Unternehmen (siehe obige Grafik). Dies sieht im Einzelnen folgendermaßen aus:

  1. Der Arbeitnehmer hat einen Arbeitsvertrag als Leiharbeiter mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossen, die ihn jedoch nicht direkt beschäftigt, sondern an verschiedene Unternehmen ausleiht.
  2. Die Leiharbeitsfirma (Verleiher) berechnet dem Unternehmen als ihrem Kunden dafür eine Gebühr. Auf diese Weise entsteht ihr Gewinn.
  3. Das Unternehmen (Entleiher) bucht sich über die Leiharbeitsfirma je nach Bedarf Leiharbeitskräfte und kann auf diese Weise das Stammpersonal gering halten und geht keine langfristigen Bindungen ein. Dadurch werden Kosten gespart.

Das Besondere an diesem Arbeitsverhältnis: Der Leiharbeiter ist in die Arbeitsstrukturen des Entleihers eingebunden und unterliegt dessen Weisungen, wie die Arbeit auszuführen ist. Gleichzeitig besteht kein Rechtsverhältnis zwischen diesen beiden Parteien, sondern nur mit dem Leiharbeitnehmer und der Leiharbeitsfirma.

Sinn und Zweck der Leiharbeit ist, vorübergehende Spitzen in der Produktion oder saisonale Schwankungen abzufedern. Damit wird vermieden, einen Arbeitnehmer dauerhaft einzustellen und ihn gegebenenfalls weiter beschäftigen zu müssen, obwohl das Arbeitsaufkommen eine Festanstellung unrentabel erscheinen lässt.

Schlechter Ruf der Leiharbeit

Leiharbeiter gelten als Mitarbeiter zweiter Klasse, leicht austauschbare und schnell wieder entlassene Mitarbeiter, da Unternehmen kaum Verpflichtungen eingehen. Der schlechte Ruf geht bereits bis in die 1970er zurück, als aufgrund des neuen Gesetzes zur Leiharbeit die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse rückläufig war. Firmen deckten fortan verstärkt ihren Bedarf an Arbeitskräften mit Leiharbeitern. Endet der Bedarf, endet der Einsatz an diesem Arbeitsplatz. Zwar ist der Leiharbeiter bei der Zeitarbeitsfirma angestellt, aber die hat ebenfalls die Möglichkeit, sich des Arbeitnehmers zu entledigen, indem sie ihrerseits das Arbeitsverhältnis befristet.

Leiharbeit ist zwar nicht dasselbe wie ein befristetes Arbeitsverhältnis, kann aber gleichbedeutend damit sein. Leiharbeitsfirmen müssen ebenfalls rentabel arbeiten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bezeichnet Leiharbeit daher als ein Win-win-lose-Verhältnis, da das Risiko immer beim Leiharbeitnehmer liegt, während Entleiher und Verleiher deutlich profitieren.

Wo ist Leiharbeit zu finden?

Leiharbeit wird häufig mit der Industrie- oder Handwerksbranche assoziiert. Dies liegt auch an der öffentlichen Wahrnehmung der Tarifparteien. Insbesondere die IG Metall gilt als eine Gewerkschaft, die sich besonders für die Rechte von Leiharbeitern einsetzt und stark macht. Leiharbeit ist in weit mehr Berufsfeldern zu finden als man gemeinhin annimmt. So ist sie in der Pflege verbreitet, aber auch für Bürotätigkeiten wird das System oft genutzt.

Insbesondere bei personalintensiven Tätigkeiten wie Inventur oder hohen Kundennachfragen sind Firmen dankbar für diese zeitweilige Unterstützung. Selbst viele Lehrer sind inzwischen als Leiharbeiter beschäftigt. Nach einem Bericht des Weser Kuriers waren vor einigen Jahren allein an Bremer Schulen fast 1.200 Lehrer über Leiharbeit beschäftigt.


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Rechte der Leiharbeiter in der Zeitarbeit

Lange Zeit waren Arbeitnehmer, die über Leiharbeit in Unternehmen kamen, schlechter gestellt als die festangestellten Kollegen. Gerade im Niedriglohnsektor wurden Arbeitnehmer ausgenutzt, bei gleicher Arbeit und langer Ausleihe gab es trotzdem nur geringe Bezahlung.

Eine Überarbeitung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der Tarifverträge hat das vor einigen Jahren geändert. Die neuen Regelungen stärken die Rechte in der Leiharbeit. Zudem soll verhindert werden, dass Leiharbeit ein Dauerzustand für Beschäftigte wird. Folgendes gilt:

  • Mindestlohn
    Leiharbeit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns ist nicht zulässig. Mitarbeiter haben Anspruch entsprechend bezahlt zu werden.
  • Bezahlung
    Nach neun Monaten im Betrieb gilt das sogenannte Equal Pay. Das bedeutet, dass ein Leiharbeiter nach dieser Zeit genauso viel Lohn bekommen muss, wie ein festangestellter Mitarbeiter. Er darf finanziell nicht schlechter gestellt werden.
  • Streik
    Wer als Leiharbeiter in eine Firma kommt, darf nicht als Streikbrecher eingesetzt werden, wenn andere Teile der Belegschaft streiken. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Unternehmen Streiks durch Leiharbeit einfach aussitzen.
  • Konkretisierung
    Für die Leiharbeit gilt ein Vertrag, der zwischen Verleiher und Entleiher zustande kommt. In diesem muss sowohl die Tätigkeit, als auch der Arbeitnehmer genau bezeichnet werden. Es muss konkret benannt werden, für welche Aufgaben und Tätigkeiten ein Mitarbeiter eingesetzt wird.
  • Kettenüberlassung
    Leiharbeiter dürfen nicht an andere Unternehmen weiterverliehen werden. Dies soll die Gefahr von Subunternehmern mindern.
  • Höchstüberlassungsdauer
    Ein Mitarbeiter darf per Leiharbeit nur maximal für 18 Monate an ein Unternehmen verliehen werden, sofern seine Tätigkeit nicht für mehr als drei Monate unterbrochen wurde. Will das Unternehmen ihn länger behalten, muss es den Leiharbeitnehmer fest anstellen.

Kritikpunkte

Trotz der Verbesserungen gibt es weiterhin einige Kritikpunkte an der Leiharbeit – und wieder sind es die Angestellten, die letztlich darunter leiden. Im Zentrum stehen dabei drei kritische Fragen:

Wie lange darf ein Leiharbeiter beschäftigt werden?

Ursprünglich dient Leiharbeit der kurzfristigen Überbrückung von Engpässen. Oft werden geliehene Mitarbeiter aber eingesetzt, um Festanstellungen und Verpflichtungen aus dem Weg zu gehen. Die Höchstdauer von 18 Monaten soll das umgehen – doch nach diesen anderthalb Jahren wird aus dem Leiharbeitsplatz kein versicherungspflichtiger Arbeitsplatz im Entleiher-Unternehmen.

Im Gegenteil: Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen lassen Abweichungen zu. Es besteht die legale Möglichkeit, nach Ablauf der Zeit einen Austausch des Leiharbeitnehmers vorzunehmen. Der Entleiher kann damit bei der Leiharbeitsfirma einen neuen Leiharbeiter anfordern und diesen auf denselben Arbeitsplatz setzen. Somit ist de facto eine dauerhafte Besetzung des Arbeitsplatzes mit Leiharbeitnehmern möglich, die allesamt nach spätestens 18 Monaten rotieren.

Gleiche Bezahlung für alle?

Auch das wohlklingende Equal Pay ist bei näherer Betrachtung nicht immer gegeben. Die größte Hürde ist die Beschäftigungsdauer: Erst nach neun Monaten muss ein Leiharbeiter genauso entlohnt werden wie ein Stammarbeitnehmer. Viele Leiharbeiter bleiben nicht lange genug im jeweiligen Unternehmen, um davon zu profitieren. Auch ist es für Leiharbeiter nicht immer leicht, überhaupt zu erfahren, ob sie bei der Bezahlung gleichgestellt sind. Geplant sind Regelungen, die es ermöglichen, im Entleih-Betrieb Auskunft zu erhalten.

Welcher Betriebsrat ist zuständig?

Bei Problemen können sich Arbeitnehmer größerer Unternehmen an einen Betriebsrat wenden. Bei Leiharbeit stellt sich die Frage, welcher Betriebsrat für Leiharbeiter zuständig ist? Dem AÜG nach ist es der Betriebsrat beim Verleiher, also der Leiharbeitsfirma. In der Praxis haben viele Zeitarbeitsfirmen aber gar keinen Betriebsrat. Somit fehlt Leiharbeitern auch keine Lobby, die für sie spricht.

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Vor- und Nachteile für Leiharbeiter

Bei aller Kritik gilt: Leiharbeit kann durchaus positiv sein. So kann sie ein Sprungbrett in eine dauerhafte Beschäftigung sein. Es ist daher wichtig, die Vor- und die Nachteile aus der Perspektive der Arbeitnehmer genauer zu beleuchten, um Risiken und Chancen abzuwägen. Oftmals ist die Alternative zur Leiharbeit eine längere Arbeitslosigkeit, die mit viel größerer Wahrscheinlichkeit in eine Sackgasse mündet, als eine Beschäftigung in der Leiharbeit.

Vorteile von Leiharbeit

  • Berufserfahrung

    Gerade Arbeitnehmer, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen oder noch nicht die erforderliche Berufserfahrung besitzen, können über Leiharbeit unkompliziert einen Einstieg in eine Arbeit bekommen und Praxiserfahrung sammeln. Der Bewerbungsprozess ist in der Regel schnell und einfach zu bewerkstelligen, eine langwierige und umständliche Suche entfällt.

  • Übernahme

    Wer einmal in einem Betrieb gearbeitet und die internen Abläufe verinnerlicht hat, besitzt einen Vorteil gegenüber externen Bewerbern. Insofern kann Leiharbeit einen positiven Klebeeffekt nach sich ziehen, sobald der entleihende Betrieb eine entsprechende Position ausschreibt und fest besetzt.

  • Netzwerk

    Wer in der Leiharbeit beschäftigt ist, kommt unter Umständen viel herum. In jedem Betrieb lernt man nicht nur neue Inhalte und Impulse bezüglich der Tätigkeit kennen, sondern auch neue Menschen. Auf diese Weise kann der Leiharbeiter ein berufliches Netzwerk knüpfen, das ihm langfristig von Vorteil sein kann.

  • Lohnfortzahlung

    Wer als Leiharbeiter angestellt ist, erhält wie jeder Arbeitnehmer sein Gehalt und hat seinen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Beides besteht auch dann, wenn gerade kein Unternehmen einen Bedarf an der Arbeitskraft anmeldet, da das Arbeitsverhältnis mit der Leiharbeitsfirma und nicht mit dem Entleiher-Betrieb geschlossen wurde.

Nachteile von Leiharbeit

  • Tätigkeiten

    Da Leiharbeiter meist für eine kurze Dauer im Betrieb sind und ihre Einarbeitung jedes Mal vergleichsweise lange dauert, sind Unternehmen dazu übergangen, ihnen hauptsächlich Hilfsarbeiten aufzutragen. Auf diese Weise verhindern die Firmen auch, dass mit dem Ende der Leiharbeit ein erheblicher Wissensverlust stattfindet.

  • Lohn

    Die Entlohnung in der Leiharbeit ist zwar an bestimmte tarifvertragliche Vereinbarungen gebunden, dennoch ist sie in den meisten Fällen niedriger als die der Stammbelegschaft. Dies ist gerade auch darauf zurückzuführen, dass es sich bei Leiharbeit um die angesprochenen Helfertätigkeit handelt und das Equal Pay erst nach neun Monaten greift.

  • Team

    Wer über Leiharbeit in ein Unternehmen kommt, hat wenig Chancen als vollwertiges Teammitglied wahrgenommen zu werden. Viele Leiharbeiter berichten von schlechter Stimmung und mangelndem Zugehörigkeitsgefühl bis hin zu Erfahrungen von Ausgrenzung oder gar Mobbing.

  • Einsatzort

    Leiharbeit wird meist regional in großem Umkreis betrieben. Oftmals holen Fahrer der Leiharbeitsfirma die Arbeitnehmer früh morgens von einem Sammelpunkt mit einem Kleinbus ab und fahren diese in die umliegenden Städte und Gemeinden. Nur wenigen Leiharbeitern ist es vergönnt, auf Dauer direkt an ihrem Wohnort eingesetzt zu werden.


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