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Normalarbeitsverhältnis: Nicht immer die Norm

Ein Normalarbeitsverhältnis scheint dem Namen nach das zu sein, was der Norm entspricht, also normal ist. Was aber entspricht noch der Norm? Beschäftigungen wie sie noch vor 40, 50 Jahren gang und gäbe waren, existieren immer weniger. So sind beispielsweise im Vergleich zu früher deutlich mehr Frauen erwerbstätig. Allerdings sind laut Statistik der Arbeitsagentur knapp die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen in Teilzeit beschäftigt. Manche sprechen daher von der Krise des Normalarbeitsverhältnisses. Wir gehen der Frage nach, was „normal“ ist und worauf Sie bei einer atypischen Beschäftigung achten müssen…



Normalarbeitsverhältnis: Nicht immer die Norm

Normalarbeitsverhältnis Merkmale: Was zählt dazu?

Die Definitionen und Vorstellungen darüber, was einem Normalarbeitsverhältnis entspricht, schwanken. Geprägt wurde der Begriff maßgeblich in den achtziger Jahren vom deutschen Professor für Arbeits- und Sozialrecht, Ulrich Mückenberger.

Grob gesagt lässt sich das Normalarbeitsverhältnis unter zweierlei Gesichtspunkten betrachten:

  • Es kann die vorherrschende Form eines Beschäftigungsverhältnisses sein, an der sich alle staatlichen Systeme orientieren. So beispielsweise die Sozialversicherungen, das Renten- und das Steuersystem sowie die Arbeitslosenversicherung. All dies hängt mit der Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers zusammen.
  • Das Normalarbeitsverhältnis kann außerdem als ein normatives Konzept verstanden werden. Gewissermaßen ein Idealzustand, den es zu erreichen gilt.

Laut Wikipedia sind es folgende Merkmale, die ein Normalarbeitsverhältnis kennzeichnen:

  • ein unbefristeter Arbeitsvertrag,
  • ein geregeltes Gehalt,
  • nicht selbständige, sozialversicherungspflichtige Arbeit,
  • der Arbeitnehmer ist dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterstellt,
  • räumliche Trennung von Arbeitsplatz und Wohnung,
  • keine Zeitarbeit,
  • Vollzeitarbeit beziehungsweise mehr als Halbtagsarbeit,
  • eine Interessenvertretung für Arbeitsbedingungen.

Nun ließe sich über den einen oder anderen Punkt der obigen Merkmale sicherlich streiten. Denn häufig werden Arbeitsverhältnisse, die diese Merkmale nicht tragen, als prekär eingestuft. Die Arbeit im Home Office hat beispielsweise auch keine räumlicheTrennung zwischen Arbeitsplatz und Wohnung.

Sie ist allerdings ein Resultat geänderter Arbeitszeitmodelle, mitnichten automatisch prekär und kommt als solches durchaus dem Arbeitnehmer zugute. Wer seine Zeit flexibler einteilen möchte, um die Arbeit besser mit anderen Verpflichtungen kombinieren zu können, dem kommt die Arbeit von Zuhause aus absolut gelegen.

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Normalarbeitsverhältnis versus atypische Beschäftigung

Fakt ist aber auch: Beschäftigungen wie sie noch in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts in der Bundesrepublik weit verbreitet waren, haben in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich abgenommen.

Da war – zumindest unter Männern – die Vollzeitbeschäftigung bei Festanstellung, also mit unbefristetem Arbeitsvertrag, die Regel.

Stattdessen sind Arbeitsverhältnisse wie der Minijob entstanden, wenngleich es immer Tätigkeiten gegeben hat, die nicht in Vollzeit ausgeübt wurden. Zu denken wäre hier an Jobs in der Gastronomie oder Saisonarbeit. Aber die Anzahl der atypische Beschäftigungen hat deutlich zugenommen.

Atypische Beschäftigung, das heißt, dass die oben genannten Kriterien nicht oder zumindest nur teilweise erfüllt werden. Während das Normalarbeitsverhältnis darauf ausgerichtet ist, den Lebensunterhalt und gegebenenfalls noch den von Familienmitgliedern zu bestreiten, kann ein atypisches Arbeitsverhältnis dies häufig nicht gewährleisten.

Das ist beispielsweise der Fall bei:

Nun mag die Selbständigkeit in dieser Aufzählung verwundern, da es durchaus sehr erfolgreiche Selbständige gibt und die wenige Gemeinsamkeiten mit prekären Lebensumständen zeigen. Es ist aber eben kein Normalarbeitsverhältnis, da die Masse der arbeitenden Bevölkerung Geld aus nicht selbständiger Arbeit verdient.

Darüber hinaus ist das Risiko eines selbständigen Unternehmers höher als das eines Arbeitnehmers. Und letztlich sind nicht wenige Selbständige Ein-Mann-Unternehmen, die als Freelancer oder Freiberufler arbeiten.

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Konsequenzen von atypischen Beschäftigungsverhältnissen

Atypisches Beschäftigungsverhältnis heißt nicht automatisch prekäre Beschäftigung; nicht jeder, der nicht in einem Normalarbeitsverhältnis arbeitet, leidet darunter. Die Beispiele von Selbständigen und im Home Office Beschäftigten belegen das.

Ebenso gibt es Millionen von Frauen, die nach der Elternzeit per Teilzeit wieder in den Job zurückkehren, obwohl ihre Vollzeitstelle zur Verfügung stünde. Über 80 Prozent aller Teilzeitbeschäftigungen werden von Frauen ausgeübt.

Wahr ist aber auch, dass atypische Beschäftigungsverhältnisse oftmals verschiedene Risiken bergen.

  • Altersarmut

    Um beim Beispiel der jungen Mutter zu bleiben: Vielen bleibt schlichtweg keine andere Möglichkeit, weil beispielsweise die Möglichkeiten der Kinderbetreuung schlecht sind. Und was auch nicht vergessen werden sollte: Kinder bedeuten für Frauen oft ein hohes Armutsrisiko, gerade weil sie meist nur Teilzeit arbeiten können und dementsprechend später eine geringere Rente bekommen. Bricht dann noch die mögliche Versorgung durch einen Ehepartner weg, ist die Altersarmut vorprogrammiert.

  • Gesundheit

    Die Unsicherheit, was die berufliche Zukunft wohl bringen mag, bedeutet für viele Menschen psychischen Stress. Wer sich aber ständig darum sorgen muss, ob sein Vertrag verlängert wird und wenn nicht, wie es weitergeht, ist häufiger krank. Und nicht nur das Immunsystem leidet: Menschen mit Existenzängsten sind nachweislich häufiger übergewichtig, viele rauchen außerdem, das Herzinfarktrisiko steigt.

  • Finanzen

    Häufiger arbeiten die Beschäftigten in Jobs, die in finanzieller Hinsicht unattraktiver sind als andere Berufe. Das fängt mit einem geringer bezahltem Gehalt oder Lohn an und geht bis hin zu Einbußen finanzieller Art. Beispielsweise werden Überstunden häufiger nicht vergütet. Es gibt keinerlei Interessenvertretungen für die Beschäftigten, weshalb die Arbeitsverträge keinerlei Tarifbindung enthalten. Sozialleistungen wie Essenszuschuss, Betriebskindergärten, betriebliche Gesundheitsvorsorge oder Urlaubsgeld sind damit oft geringer oder gar nicht vorhanden.

  • Erwerbsbiographie

    Es kommt zu unfreiwilligem Jobhopping, da sich die Arbeitnehmer von einem befristeten Arbeitsverhältnis zum nächsten hangeln. Das führt zu geringeren sozialen Kontakten am Arbeitsplatz, aber vor allem zu schlechteren beruflichen Netzwerken insgesamt, die wiederum einen Schutz vor Arbeitslosigkeit bedeuten können.

Unterscheidung zwischen atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnissen

Wie oben ausgeführt, gehen mit atypischer Beschäftigung häufig einige Risiken einher, weshalb atypische und prekäre Beschäftigung teilweise gleichgesetzt werden. Diese Gleichsetzung ist allerdings nicht korrekt.

Zwar sind prekär Beschäftigte häufig in atypischen Jobs, aber längst nicht ausschließlich. Auch in Normalarbeitsverhältnissen können prekäre Bedingungen herrschen, etwa wenn Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor arbeiten.

Von außen betrachtet werden als prekär solche Beschäftigungsverhältnisse bezeichnet, die durch unsichere, als unwürdig empfundene, wenig anerkannte und schlecht bezahlte Jobs gekennzeichnet sind. Diese Charakteristika können recht subjektiv sein.

Bevor jedoch wirklich von prekär gesprochen werden kann, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, beispielsweise, wenn Jobs nicht auf Dauer den Lebensunterhalt einer Person sicherstellen können. Zur jeweiligen Einschätzung gehört außerdem die Betrachtung der persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers, seine bisherige Berufsbiographie und der Haushaltskontext.

Umgekehrt sollte bei atypischer Beschäftigung…

  • das Einkommen mindestens 60 Prozent des mittleren Gehalts betragen,
  • die Möglichkeit zum Wechsel in ein Normalarbeitsverhältnis gegeben sein, beispielsweise durch Entfristung,
  • betriebliche Maßnahmen wie Gesundheitsförderung und Weiterbildung vorhanden sein, so dass ein Arbeitnehmer erst gar nicht Gefahr läuft, aufgrund veralteten Wissens in prekäre Beschäftigungsverhältnisse abzusteigen,
  • das Arbeitsverhältnis so gestaltet sein, dass möglichst umfassend in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt wird.
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Gegenwärtige Arbeitsmarktaussichten

In ihrem Bericht über die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2017 (PDF) stellen die Verfasser fest, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehrheitlich männlich sind.

Für sie gelten immer noch im stärkeren Maße Normalbeschäftigungsverhältnisse als für Frauen. Allerdings kommt das Statistische Bundesamt in seinen Auswertungen von 2017 zu dem Ergebnis, dass Normalarbeitsverhältnisse zunehmen.

So waren mit rund 25,8 Millionen Personen 116.000 mehr Arbeitnehmer in einem Normalarbeitsverhältnis als noch 2016. Rückläufige Zahlen hingegen bei Arbeitnehmern in befristeter Beschäftigung: Hier ging der Anteil von 7,2 auf 6,9 Prozent zurück, immerhin ein Rückgang um 105.000 Personen.

Atypische Arbeitsverhältnisse haben in diesem Zeitraum zwar ebenfalls zugenommen, allerdings nur in dem Maß, in dem es mehr Zeitarbeitnehmer gab. Hier spielt mit hinein, dass 2017 eine Auskunftspflicht für Zeitarbeit eingeführt wurde.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

  • Die Chancen auf eine Beschäftigung waren lange nicht mehr so gut wie in den letzten Jahren. Aufgrund des hohen Bedarfs werden Teilzeitbeschäftigungen oder befristete Verträge eher in Normalarbeitsverhältnisse umgewandelt als noch vor wenigen Jahren.
  • Wer aus unfreiwilligen Stücken dennoch in einem atypischen Arbeitsverhältnis steckt, hat jetzt noch eher die Chance in einen anderen Job zu wechseln als sonst. Für die nötige Qualifikation kann die Bildungsprämie ein erster Schritt sein.
[Bildnachweis: Stokkete by Shutterstock.com]

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