Kontern: Gegenangriff aus der Defensive
Kontern kennen Sie aus dem Sport. Beim Fußball gibt es einen Konter genauso wie beim Tennis. Und beim Kampfsport wird der Kontrahent „ausgekontert“. Das Prinzip bleibt aber stets gleich: Ein gegnerischer Angriff wird durch ein geschicktes Manöver ausgehebelt. Statt sich in die Verteidigungsposition drängen zu lassen, starten Sie eine Gegenattacke.
In der Rhetorik gibt es das genauso: Fiese Sprüche, Killerphrasen oder Totschlagargumente sollen uns einschüchtern, irritieren, mundtot machen. Das Gegengift liefert der Konter: Statt sich von seinem Gegenüber ins Lächerliche ziehen zu lassen, entkräften Sie die verbale Attacke mit einem schlagkräftigen Konterspruch. So geraten Sie gar nicht erst in die Defensive. Mehr noch: Sie zeigen, dass Sie sich Frechheiten, Beleidigungen oder Schmähungen (im Job) nicht gefallen lassen. Und schon gar nicht auf den Mund gefallen sind!
Verbale Heckenschützen zum Schweigen bringen
Ziel eines solchen Konters ist es allerdings nicht, ein langes und offenes Wortgefecht zu beginnen. Wie im Sport soll auch das verbale Kontern einen schnellen und möglichst präzisen Gegenangriff starten, mit dem Sie Ihr Gegenüber klar und deutlich in die Schranken weisen und der im besten Fall dafür sorgt, dass Sie zum eigentlichen Thema zurückkehren können. Der fiese Heckenschütze wird mit seinen eigenen Waffen geschlagen und gibt Ruhe.
Warum fällt das Kontern vielen so schwer?
Können Sie dumme Sprüche einfach so ignorieren oder überhören? Die meisten Menschen können das nicht auf sich sitzen lassen – erst recht, wenn der verbale Angriff persönlich war oder unter die Gürtellinie ging. Dann ist das Ego gekränkt, der Hals schwillt und die Rachsucht gleich mit.
Gleichzeitig tun erstaunlich viele Menschen genau das: Nämlich gar nichts. Sie bieten weder Paroli, noch werden beleidigende Aussagen oder Anfeindungen gekontert. Stattdessen: Schockstarre. Gleich mehrere Gründe können dafür verantwortlich sein, dass Sie derlei Verbalinjurien nicht sofort kontern, sondern erstmal nach Worten ringen:
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Sie sind eingeschüchtert
Einmal runtergemacht und in die Defensive gedrängt, fehlt vielen das Selbstbewusstsein, um zum Gegenangriff auszuholen und dem Gegenüber mit einem Konter zu zeigen, dass Sie so nicht mit sich umgehen lassen.
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Sie wollen nicht beleidigen
Eine gute Kinderstube und die guten Manieren verbieten uns den verbalen Gegenschlag. Erstens begeben wir uns damit auf dasselbe Niveau; zweitens wollen wir niemanden beleidigen oder ausfällig werden. Grundsätzlich eine noble und positive Charaktereigenschaft. Hier aber wird es eher als Schwäche ausgelegt.
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Sie sorgen sich um Ihren Ruf
Gerade im Job geht es um Professionalität und einen guten Leumund. Verbale Auseinandersetzung mit Kollegen schaden eher dem eigenen Ruf. Also versuchen wir gar nicht erst laut zu werden und lassen die Sache lieber auf sich beruhen. Provokationen und Sticheleien werden passiv überhört. Ein saurer Apfel!
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Sie finde keine passende Antwort
Der einfachste Grund ist aber auch der, der uns selbst am meisten ärgert: Wir sind völlig überrumpelt und uns fällt partout keine passende Erwiderung ein. Verloren – der Punkt geht an den Aggressor. Meist blockieren und Schock, Stress und Ärger über den dreisten Kommentar. Entsprechend fallen uns nicht gleich schlagfertige Antworten und Kontersprüche ein.
Richtig kontern: Beispiele, Sprüche und Tipps
Je öfter Sie anderen derlei Spitzen und Seitenhiebe durchgehen lassen, desto schwerer kommen Sie aus der Opferrolle bei verbalen Attacken wieder heraus. Mit der Zeit kann sinken womöglich sogar Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Trainieren Sie daher frühzeitig Ihre rhetorischen Stärken. Lassen Sie sich nicht in die Defensive drängen und unterbinden Sie Verbalangriffe sofort mit gezielten Kontern. So ersticken Sie weitere Attacken im Keim.
Zur Unterstützung haben wir für Sie die besten Tipps, Beispiele und Sprüche gesammelt, die beim erfolgreichen und schlagfertigen Kontern helfen…
1. Niveau bewahren
Grundsätzlich gilt: Schimpfwörter oder persönliche Beleidigungen sind bei einem solchen Schlagabtausch tabu. Egal, wie sehr Ihr Gegenüber sich im Ton vergreift – Ihre Konter sollten sticheln und den anderen treffen, aber zugleich Stil haben. Lassen Sie sich bitte nie auf ein Niveau-Limbo ein. Das wird immer zum Bumerang. Indem Sie aber beweisen, dass Sie die Situation weiterhin im Griff haben und professionell damit umgehen können, geben Sie Ihr Gegenüber viel mehr der Lächerlichkeit preis. Beispiel: Statt jemanden einen „Dummkopf“ oder „Idiot“ zu nennen, antworten Sie beispielsweise…
2. Sofort kontern
Ein erfolgreicher Konter sollte sofort erfolgen, um seine volle Wirkung zu entfalten. Direkte Antworten – locker aus der Hüfte geschossen – lassen die meisten Angreifer sofort verstummen. Und auch beim nächsten Mal werden sich diese genau überlegen, ob sie Ihre Gegenwehr mit einem dummen Spruch riskieren. Klar, mit einer solchen Schlagfertigkeit wird keiner geboren – sie lässt sich aber üben.
3. Sprüche nutzen
Lassen Sie sich nicht einschüchtern und üben Sie sich bloß nicht in falscher Zurückhaltung. Wenn Sie offen von Sprüchen oder Kommentaren angegriffen werden, trauen Sie sich bitte, prompt darauf mit einem Konter zu reagieren. Sicher, das erfordert ein gewisses Maß an Mut und Courage. Die funktionieren aber wie ein Muskel: Je öfter Sie diese trainieren, desto stärker werden sie.
Wenn Ihnen in der Situation keine passenden Sätze einfallen, um Ihrem Gegenüber Kontra zu geben und Grenzen zu setzen, gibt es immer noch ein paar allgemeine Sprüche zum Kontern. Die passen praktisch immer und lassen sich leicht auswendig lernen:
- „Ich habe nichts gegen ein geistiges Duell, aber Sie sind leider unbewaffnet.“
- „Ich bin sicher, du wirst weit kommen. Am besten gehst jetzt schon.“
- „Sag mal, warum verdrehst die Augen? Auf der Suche nach Gehirn?“
- „Das Niveau lässt grüßen: Ihr seht euch ja nicht mehr so oft.“
- „Sag mal, hast du keinen Friseur, den das interessiert?“
- „Hast du ein Problem mit den Ohren oder eher dazwischen?“
- „Wenn ich dir jetzt recht gebe, liegen wir beide falsch.“
- „Ich glaube, einer von uns beiden ist blöder als ich.“
- „Komm, geh auf der Autobahn spielen.“
Oft reichen schon solch kleine Konter, um die Kontrahenten aus dem Konzept zu bringen, Souveränität zu beweisen – und mehr Übung zu bekommen. Mit der Zeit werden Sie sich zunehmend wohler und entspannter fühlen, wenn Sie sich nicht mehr alles gefallen lassen. Und prompt fallen Ihnen dann auch bessere situationsbezogene Antworten ein.
4. Gegenfragen stellen
Eine der erfolgreichsten Strategien für das Kontern sind Gegenfragen. Überhören Sie die Spitze oder missverstehen Sie den Verbalangriff absichtlich und hinterfragen Sie die Aussage. Das funktioniert besonders gut bei Killerphrasen, Behauptungen, Pauschalurteilen und typischen leeren Totschlagargumenten. Effekt: Ihr Gegenüber muss sich jetzt erstmal erklären oder rechtfertigen und gerät in die Defensive. Die Anfeindung verpufft. Fragen Sie aber unbedingt in einem ruhigen Ton nach:
- „Das ist interessant. Wie kommen Sie darauf?“
- „Können Sie das überhaupt einschätzen?“
- „Eine bemerkenswerte Schlussfolgerung. Worauf basiert Sie?“
- „Haben Sie sich das gerade ausgedacht oder auch belastbare Belege?“
- „Ist das wirklich DAS Niveau, auf dem Sie weitermachen wollen?“
- „Wie definieren Sie Schwachsinn?“
- „Was wollten Sie uns damit eigentlich sagen?“
Je nachdem wie groß das Publikum ist, können Sie auch in die Metaebene wechseln und das Verhalten direkt ansprechen, Beispiel: „Finden Sie Ihr Verhalten angemessen?“ Dadurch zwingen Sie Ihr Gegenüber dazu, sein Handeln zu überdenken und bringen ihn seinerseits in eine für ihn oder sie moralisch unangenehme Situation.
5. Subtil bleiben
Für schlagfertiges Kontern benötigen Sie keine schweren Geschütze. Schon kleine, aber gezielte Stiche, funktionieren mindestens genauso gut und lassen sich subtil in die Konversation einstreuen. Wenn beispielsweise ein Kollege Ihre Idee unfair kritisiert, können Sie in aller Ruhe sagen:
- „Wie ich sehe, sind manche mit den neuesten Entwicklungen in diesem Bereich nicht vertraut und haben die aktuellen Studien nicht gelesen. Ich kann in dem Fall natürlich Ihre Bedenken verstehen, aber sobald Sie wieder auf dem aktuellen Stand sind, werden Sie mir sicher zustimmen.“
Auf professionelle Art und subtile Weise haben Sie mit diesem Konter deutlich gemacht, dass Sie über mehr und aktuelles Wissen verfügen und der Kollege erstmal seine Hausaufgaben machen sollte. Wenn Sie etwas direkter kontern und zurückschießen wollen, können Sie auch sagen: „Das ist aber ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung!“
6. Gelangweilt reagieren
Die letzte Konter-Strategie eignet sich für Angriffe, die der Mühe nicht wert sind, Motto: Was kümmert es den Mond, dass ihn der Wolf anheult? Es kommt eben immer auch darauf an, ob Sie sich überhaupt davon provozieren lassen wollen und dem Angreifer so viel Bühne und Aufmerksamkeit bieten wollen. Im Zweifel kontern Sie nonchalant mit der gelangweilten Miene eines wahren Königs…
- „Ach?“
- „Soso.“
- „Wenn Sie es sagen.“
- „Na, dann…“
Schlagfertiges Kontern kann auch ganz einfach sein. Es ist ein Irrglaube, Eloquenz und Schlagfertigkeit bedürfen immer genialer Sprüche. Bügeln Sie Verbalattacken mit Ignoranz ab. Der Rest ist überlegenes Schweigen.
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