Einfach erklärt: Was bedeutet Deeskalation?
Deeskalieren (Englisch: to de-escalate) bedeutet, eine angespannte Situation oder einen Streit schrittweise zu entschärfen und einen Konflikt zu beruhigen oder konstruktiv zu beenden.
Deeskalation ist eine gezielte Strategie im Konfliktmanagement, um Gewalt und eine weitere Ausweitung des Konflikts zu verhindern. Das Gegenteil von Deeskalation ist Eskalation.
Merkmale der Deeskalation
- Konflikte entschärfen, bevor sie sich zuspitzen
- Gewalt und Aggressionen entgegenwirken
- Psychische und physische Schäden verhindern
- Machtkämpfe vermeiden
- Die Kontrolle über den Streit erhalten
Deeskalieren Synonyme
Synonyme für Deeskalation sind: besänftigen, beschwichtigen, beruhigen oder „die Situation entschärfen“.
Konflikte deeskalieren bevor sie eskalieren
Konflikte sind unvermeidbar und können schnell eskalieren. Laut dem österreichischen Konfliktforschers Friedrich Glasl durchlaufen solche Auseinandersetzungen dabei drei Phasen bzw. 9 Eskalationsstufen.
Wer die 9 Phasen der Konflikteskalation kennt, kann rechtzeitig gegensteuern und eine Auseinandersetzung deeskalieren – bevor ein Streit ausartet:
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Stufe 1: Verhärtung
Konflikte beginnen oft mit subtilen Spannungen und Meinungsverschiedenheiten. Pochen dann beide auf ihren Standpunkt verhärten die Fronten, und die Positionen werden unnachgiebiger.
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Stufe 2: Debatte und Polarisation
Beide Seiten entwickeln Strategien, um die eigenen Argumente durchzusetzen – rhetorische Mittel oder fiese Ad-hominem-Angriffe.
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Stufe 3: Taten statt Worte
Die verbale Kommunikation endet, die Konfliktparteien wollen den anderen durch Fakten oder vollendete Tatsachen bezwingen.
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Stufe 4: Sorge um Image und Koalition
Die Debatte wird unsachlich. Ziel ist, den Konflikt zu gewinnen. Dafür sucht jede Konfliktpartei Verbündete und redet gleichzeitig die andere Partei schlecht, um deren Image zu ruinieren.
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Stufe 5: Gesichtsverlust
Dem Gegner werden moralische Fehler verworfen; die Beleidigungen werden persönlicher und polemischer. Für den Sieg ist nahezu jedes Mittel recht.
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Stufe 6: Drohstrategien
Es kommt jetzt zu Machtspielen durch Drohgebärden. Wessen Drohung jetzt die größere Glaubwürdigkeit besitzt, hat die Oberhand.
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Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge
Die Eskalation ist soweit fortgeschritten, dass es keine Gewinner mehr geben kann. Beide Seiten haben sich hoffnungslos verkämpft und akzeptieren sogar eigenen Schaden – Hauptsache, der andere verliert.
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Stufe 8: Zersplitterung
Die Zerstörungswut richtet sich jetzt auch gegen die Unterstützer einer Konfliktpartei. Wer Partei für den anderen ergreift, wird sofort und systematisch angegriffen.
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Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund
An diesem Punkt akzeptiert jede Konfliktpartei die eigene Vernichtung, wenn der Kontrahent damit mit in den Abgrund gerissen wird. Niemand nimmt noch Rücksicht auf sich selbst oder auf das Umfeld.
1. Phase: Win-Win
2. Phase: Win-Lose
3. Phase: Lose-Lose
Eskalationsspirale stoppen – Situation deeskalieren
Mit fortschreitender Eskalation braucht es laut Glasl unterschiedliche Methoden, um die Auseinandersetzung und deren Konfliktpotenzial zu entschärfen. Seine Empfehlungen:
- 1. – 3. Stufe: Coaching und Moderation
- 3. – 5. Stufe: Vermittlung und Schlichtung
- 4. – 6. Stufe: Soziotherapeutische Maßnahmen
- 5. – 7. Stufe: Meditation und Supervision
- 6. – 8. Stufe: Gerichtliches Verfahren
- 7. – 9. Stufe: Eingriff von außen
Im Job kommt den Führungskräften bei der Konfliktlösung eine besondere Bedeutung und Rolle zu: Sie müssen die Eskalation frühzeitig erkennen und gegensteuern sowie eine gewaltfreie und konstruktive Streitkultur fördern.
Was sind die 12 Grundregeln der Deeskalation?
Die sogenannten 12 Regeln der Deeskalation sind eine strukturierte Anleitung, um Konflikte schrittweise zu beruhigen und potenziell gefährliche Situationen sicher zu entschärfen. Die Regeln im Überblick:
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Eskalationssignale erkennen
Erkennen Sie frühzeitig ernste Konfliktsymptome und greifen Sie proaktiv ein, bevor der Konflikt eskaliert.
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Selbstschutz sicherstellen
Der Eigenschutz hat bei einem potenziell gewalttätigen Konflikt oberste Priorität. Halten Sie Abstand und schätzen Sie Risiken realistisch ein.
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Schaulustige entfernen
Versuchen Sie unbeteiligte Personen aus der Situation zu entfernen, um zusätzliche Spannungen zu reduzieren. Im Job gilt: Suchen Sie das 4-Augen-Gespräch mit dem Kontrahenten.
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Ruhe bewahren
Bewahren Sie unbedingt Ruhe und Selbstbeherrschung. Eigenes impulsives Verhalten trägt nicht zur Deeskalation bei (siehe: Impulskontrolle)!
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Ansprechpartner reduzieren
Treten Sie niemals im Tribunal mit mehreren Konfliktparteien gegen eine Person auf! Diese wird sich dadurch sofort angegriffen werden und verteidigen. Nur ein Ansprechpartner wirkt dagegen beruhigend.
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Körpersprache beruhigen
Setzen Sie bewusst langsame Bewegungen ein und vermeiden Sie hektische oder bedrohliche Gesten sowie eine laute Stimme oder verächtliche Mimik. Zeigen Sie stattdessen eine entspannte und friedliche Haltung.
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Augenkontakt herstellen
Halten Sie Blickkontakt – ohne zu starren! Indem Sie Ihrem Gegenüber in die Augen schauen, bauen Sie Vertrauen auf und behalten Gefahrenpotenziale im Blick.
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Machtspiele vermeiden
Versuchen Sie nie, die andere Person zu manipulieren oder zu kontrollieren. Machtkämpfe sind tabu und wirken kontraproduktiv. Kontrollieren Sie die Situation, nicht den Menschen!
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Provokationen ignorieren
Eine wichtige Voraussetzung, um einen Konflikt zu deeskalieren, ist die eigene Gelassenheit. Lassen Sie sich zu keinem Zeitpunkt von verbalen Attacken provozieren und ignorieren Sie diese konsequent.
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Vorwürfe verkneifen
Umgekehrt sollten Sie stets wertfreie und respektvolle Formulierungen nutzen. Vorwürfe, Belehrungen oder Ermahnungen sind ein No-Go. Zeigen Sie vielmehr Verständnis für die Gefühle der betroffenen Person.
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Wertschätzung zeigen
Die eigene innere Haltung trägt viel zur Deeskalation bei und spiegelt sich immer im Außen. Respektieren Sie die Sichtweise Ihres Gegenübers und suchen Sie Gemeinsamkeiten statt Gegensätze.
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Bedürfnisse identifizieren
Die meisten Konflikte kratzen an der Oberfläche, darunter aber stecken die wahren Bedürfnisse oder Gefühle (siehe: Eisbergmodell). Versuchen Sie diese zu verstehen und darauf einzugehen – und Sie deeskalieren den Konflikt!
Die 12 Deeskalationsregeln helfen dabei, Spannungen unmittelbar abzubauen und tragen zur konstruktiven Konfliktbewältigung erheblich bei.
Was sind die 4 Phasen der Deeskalation?
Wer einen Konflikt deeskalieren möchte, kann sich ebenfalls an den vier Phasen der Deeskalation orientieren. Diese sind ein strukturierter Ansatz, um Konflikte oder aggressive Auseinandersetzungen zu entschärfen. Die 4 Phasen werden häufig in der Pflege, Sozialarbeit oder im Konfliktmanagement angewendet:
1. Kontaktphase
In der ersten Phase wird geht es darum die Situation zu beruhigen und Vertrauen aufzubauen, indem Sie die Aufmerksamkeit der Person gewinnen, Augenkontakt herstellen und durch die eigene Körpersprache deeskalierend einwirken.
2. Beziehungsphase
Eine offene, ruhige und respektvolle Sprache sowie gezeigte Empathie, aktives Zuhören und Verständnis für den Ärger und Reaktionen stellen eine persönliche Verbindung her und schaffen die Basis für einen konstruktiven Dialog.
3. Konkretisierungsphase
In dieser Phase werden die wahren Ursachen und tieferen Auslöser der Konfrontation identifiziert. Mit gezielten Fragen versuchen Sie Motive und Bedürfnisse zu verstehen und diese zu benennen.
4. Lösungsphase
Abschließend suchen die Konfliktparteien gemeinsam nach einer Lösung, die für alle Beteiligten akzeptabel und umsetzbar ist. Diese letzte Phase dient dazu, die Situation nachhaltig zu entschärfen und eine Wiederholung des Konflikts dauerhaft zu vermeiden.
Verbale Deeskalation
Die Sprache, Stimme und Wortwahl haben bei der Deeskalation eine zentrale Bedeutung und tragen entscheidend zur Entschärfung oder Gewaltbereitschaft in einer Konfliktsituation bei. Sarkasmus, Ironie oder ein passiv-aggressiver Unterton können einen Streit eher noch eskalieren.
Umgekehrt können Sie verbal und mit den richtigen Worten, einer ruhigen, leisen Stimme und langsamen und deutlichen Sprechweise enorm deeskalierend wirken. Eine gewaltfreie Kommunikation ist deshalb einer der Grundpfeiler der verbalen Deeskalation.
Verbale Deeskalation – weitere Tipps
- Angriffe nicht persönlich nehmen
- Sachlich bleiben & ruhig reagieren
- Aggressor nicht weiter provozieren
- (Selbst-)Kontrolle behalten
- In kurzen, verständlichen Sätzen antworten
- Ich-Botschaften formulieren
- Augenkontakt halten
- Ausreden lassen
- Nachfragen und verstehen
- Verstandenes mit eigenen Worten wiederholen
- Gegenüber mit Namen ansprechen
- Bei Bedarf neutrale Person hinzuziehen
Das Wichtigste bei der verbalen Deeskalation aber bleibt, dass Sie einander zuhören, Barrieren abbauen und immer wieder auf das fokussieren, was verbindet – und nicht, was trennt. Dann ist das Deeskalieren gar nicht so schwer.
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