Gespräche mit dem Chef beenden: Das Problem
Sagen wir es, wie es ist: Es gibt ein Hierarchiegefälle. Wenn der Chef etwas (Wichtiges) zu sagen hat, hören Mitarbeiter zu. Vorgesetzte haben ein Weisungsrecht. Sie geben Anweisungen ebenso wie Feedback, verkünden Entscheidungen oder erklären (neue) Strategien oder verteilen Arbeit im Team neu. Es also durchaus sinnvoll und auch geboten, hierbei aufmerksam zuzuhören. Schon aus Respekt gegenüber der Führungskraft und seiner Funktion.
Die Wahrheit ist aber auch: Nicht wenige Chefs suchen geradezu die Aufmerksamkeit oder den Applaus ihrer Mitarbeiter. Meetings sind für Sie Bühnen der eigenen Eitelkeit, Mitarbeitergespräche neigen bei ihnen eher zum Monolog. Und ganz ehrlich: Nicht alles, was der Chef ventiliert ist gleich wichtig oder gar witzig. Unnötiges Gelaber abzukürzen, spart daher nicht nur Zeit. Es erhöht zugleich die eigene Produktivität.
Chef unterbrechen? – Pro und Contra
Zugegeben, die Mission ist heikel. Den Chef abzuwürgen oder seinen Redefluss zu unterbrechen, hat persönlich viele Vorteile. Es gibt aber auch ein paar veritable (potenzielle) Nachteile:
- Der Chef könnte verärgert sein und Ihren Hinweis persönlich nehmen.
- Die Unterbrechung könnte das Gespräch verlängern, weil der Chef nun eine Diskussion vom Zaun bricht, warum er keine Unterbrechungen wünscht.
Allerdings muss man sagen, dass wohl die meisten Mitarbeiter das nötige Fingerspitzengefühl mitbringen, wann ein Gespräch ein harmloses Geplänkel ist und deshalb vorzeitig beendet werden kann und wann sie besser die Klappe halten. Entsprechend gibt es auch ein paar Vorteile, die dafür sprechen, den Chef zu unterbrechen:
- Sie beweisen schnelle Auffassungsgabe und sparen Zeit.
- Sie verweisen auf wichtige Prioritäten (Deadlines) und halten diese ein.
- Sie setzen Grenzen und beweisen Selbstbewusstsein und Souveränität.
Auch ein Chef darf eben nicht alles.
Gespräche mit dem Chef beenden: 4 Situationen + Tipps
Wie das gelingt, wie Sie Gespräche mit dem Chef beenden können, zeigen wir Ihnen mithilfe der folgenden Beispiele und Situationen:
Ihr Chef ist eine Labertasche
Gerade hat er Sie auf dem Weg von der Toilette zurück abgepasst. Er selbst hat offenbar gerade wenig Lust zu arbeiten, und Sie kommen ihm gerade recht. Also verwickelt er Sie in ein Gespräch. Harmloser Smalltalk, aber auch zeitraubend und gerade ganz unpassend. Außerdem besteht Ihre Aufgabe nicht darin, den Unterhaltungsclown oder die Kummerkastentante zu spielen.
Das können Sie tun: Die nächstbeste Redepause nutzen und direkt zum Ende kommen. Sagen Sie etwas Nettes, plaudern Sie nur kurz – um gleich darauf sehr deutlich zu machen, dass Sie einen dringenden Anruf erwarten oder unbedingt etwas fertigstellen müssen, das keinen Aufschub duldet. Bleiben Sie dabei höflich und zugewandt, aber auch bestimmt. Selbst wenn Ihr Chef im ersten Moment irritiert ist, die Botschaft ist: Sie müssen Ihren Job machen, freuen sich über ein Gespräch – nur nicht jetzt.
Die Hütte brennt
Es existiert tatsächlich ein dringendes Problem, der Kunde ist extrem unzufrieden. Es muss gehandelt werden. Leider ergeht sich der Vorgesetzte in Endlostiraden, was alles schief gelaufen ist und wer alles wo Fehler gemacht hat. Stimmt alles, bleibt aber rückwärtsgewandt. Außerdem ist allen klar, dass schon die zweite Wiederholung nur noch aufgestauten Frust transportiert. Die Sachlage ist längst geklärt.
Das können Sie tun: Wenn sich der Chef erstmal in Rage geredet hat, kriegen Sie ihn aus der Schleife kaum noch raus. Daher: Früher ansetzen – gleich zugeben, was Ihr Fehler war und sofort den Blick nach vorn richten. Beschwichtigend wirkt zudem, wenn Sie in der nächste Atempause, seine Kritik in eigenen Worten zusammenfassen, zustimmen und sofort zur Lösung kommen, Motto: „Sie haben völlig Recht, das war schlecht. Jetzt erwarten Sie von uns, dass… Deshalb machen wir jetzt…“
Das Meeting dehnt sich ins Unendliche
Alle erscheinen pünktlich zum Meeting – nur der Chef kommt später. Dann erzählt er auch noch irgendwelche Anekdoten oder erzählt schlechte Witze. Wegen ihm zieht sich die Besprechung scheinbar endlos in die Länge. Die Agenda – wenn es überhaupt eine gab – tritt immer mehr in den Hintergrund.
Das können Sie tun: Hinter einem solchen Verhalten steckt nicht selten Narzissmus oder eine veritable Profilneurose. Beide lassen sich gut durch Lob befriedigen. Lächeln, kopfnicken, zustimmen – beim ersten Mal. Bei zweiten aber bleiben Sie neutral. Das verunsichert solche Typen sofort – und sie halten inne. Gut so: Die Gelegenheit sollten Sie umgehend nutzen, um zur Agenda zurückzukehren, auf den engen Zeitrahmen zu verweisen und auf ein Ergebnis zu drängen. Dazu war das Meeting schließlich anberaumt. Den subtilen Wink verstehen die meisten Chefs und suchen sich eine andere Gelegenheit zur Selbstdarstellung (siehe erster Punkt).
Die Situation steht vor der Eskalation
Es gibt allerdings Fälle, in denen der Chef Mitarbeiter als Blitzableiter nutzt. Vergreift er sich im Ton, wird er persönlich, schreit nur noch herum, müssen Sie klare Grenzen ziehen. Es ist nicht nur unprofessionell, seine Mitarbeiter zu beleidigen – es ist auch unzulässig. Auch hier gilt allerdings: Lassen Sie es gar nicht erst soweit kommen. In einem frühen Stadium des Gesprächs eingegriffen, verhindern Sie womöglich Schlimmeres.
Das können Sie tun: Weisen Sie den Vorgesetzten höflich aber bestimmt in die Schranken. Zum Beispiel, indem Sie sagen: „In diesem Ton möchte ich das Gespräch nicht weiterführen.“ Das erfordert sicher Mut und Überwindung, ist aber notwendig. Einerseits geht es darum, die Selbstachtung zu wahren. Andererseits MÜSSEN Sie ein deutliches Signal an den Chef senden: „Das geht zu weit. So nicht!“ Sonst wird das immer wieder passieren. Öfter und heftiger.
Bessere Gespräche mit dem Chef: Vorbeugende Tipps
Vorsorge ist besser als Nachsorge. Um solche Situation künftig zu vermeiden, können Sie ebenfalls einiges tun. Zum Beispiel, indem Sie für Gespräche mit dem Chef vorab feste Gesprächszeiten definieren. Klare Zeitlimits disziplinieren alle, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ebenso sollten Sie die Termine mit dem Chef clever planen: Montagmorgen oder Freitagnachmittag sind erfahrungsgemäß keine guten Zeiten. Wenn Sie jedoch ahnen, das Gespräch könnte sich in die Länge ziehen, legen Sie es – falls möglich – kurz vor die Mittagspause oder vor den Feierabend. Hunger oder Müdigkeit bremsen auch den Chef – ganz natürlich.
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