Bürokämpfe haben viele Facetten
Es ist schwer, sich eine Gruppe von Kollegen vorzustellen, in der versteckte Konkurrenz vollständig fehlt. Sie steigt, wenn diese Gruppe in einem angesehenen Unternehmen arbeitet und die Hierarchien flach sind – alle Mitarbeiter unterstehen einem Vorgesetzten. Setzen sich zwei oder mehr Mitarbeiter an ein Projekt, ohne vorher die Zuständigkeit zu klären, gibt es womöglich ein Durcheinander. Fügen Sie noch ungelöste Konflikte hinzu – da haben wird die explosive Mischung.
Bürokämpfe lassen sich nach unterschiedlichen Faktoren klassifizieren:
- Nach Dauer: langfristig und kurzfristig
- Nach der Zahl der Beteiligten: lokal oder organisatorisch
- Nach Unternehmensrisiken: gefährlich oder ungefährlich
- Nach Erscheinung: versteckt (kalt) oder offen
Bürokämpfe: Wie sie entstehen
Bürokämpfe ähneln häufig politischen Machtkämpfen. Auch hier werden Koalitionen gebildet, am besten mit einflussreichsten Verbündeten. Auch hier gibt es entscheidende militärische und diplomatische Handlungen – Schlachten, die auf Diskreditierung des Feindes gerichtet sind. Auch hier werden regelmäßige Stabsversammlungen durchgeführt, in denen weitere Taktik der Schlacht überdenkt wird.
Die wichtigste Ähnlichkeit liegt aber in der Tatsache, dass diese Kämpfe nicht ohne Verluste für beide Seiten von statten gehen. In Folge des Bürokampfs gehen Ansehen, Zeit und Kraft verloren, die Effektivität der Leistung von jedem beteiligten Mitarbeiter sinkt. Je nach Ausmaß kann es sogar große Auswirkungen auf das Unternehmen im Ganzen haben.
Es gibt einige grundlegende Elemente, die zu Bürokämpfen führen:
- flache Hierarchien,
- persönliche Merkmale und
- ungesunde Elemente der Unternehmensstruktur.
Treten diese Elemente einzeln auf, entsteht vermutlich ein kurzer, lokaler, ungefährlicher Kampf. Sind aber alle Elemente in einem Büro vereint, dann führt es zum Ausbruch.
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Flache Hierarchien
Jeder Physiker wird zustimmen, dass die ideale Form für feste körnige Materialien eine Pyramide ist, in der nur ein einziges Korn an der Spitze sitzt. Eine steile Hierarchie in Büros ist wie eine Pyramide: Mitarbeiter sind Sandkörner, die aufeinander bauen und so das System zusammenhalten. Unten ist die Hierarchie flach, oben sollte sie aber immer steiler zur Spitze laufen. Wenn also zwei gleichberechtigte Mitarbeiter (oder mehr) an eine Aufgabe gehen, ohne vorher die Zuständigkeiten zu klären, dann verwandeln sich Entscheidungsprozesse und Kontrollprozesse in einen verzweigten Krimi.
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Persönliche Merkmale der Mitarbeiter
Für einige Menschen ist die Konfliktatmosphäre die perfekte Lebensbedingung schlechthin. Sie versuchen in praktisch allen Lebensbereichen eine Konfrontation zu erzeugen. Häufig entsteht ein Konflikt sogar dort, wo es keinem Anlass dafür gab, in dem sie Umstände falsch verstehen oder andere provozieren. Nicht immer werden ihre Erwartungen vom Umgang mit Kollegen erfüllt. Argwohn und Misstrauen führen so passiv zur Voraussetzung für einen Bürokampf. Unsichere Menschen suchen häufig in Gesten, Ausdrücken, Blicken, Intonation der anderen nach negativen Anzeichen und denken noch nicht einmal daran, dass diese auch hunderte andere Ursachen haben können. Auf diese Weise entsteht ein unbegründeter Verdacht, der dann zum aggressiven Rückschlag führt.
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Ungesunde Elemente der Unternehmenskultur
Oft beginnen Bürokämpfe in der oberen Hierarchieebene. Mit der Zeit wachsen ungelöste Konflikte in die Unternehmenskultur ein und beeinflussen die Kommunikationsprozesse. Es existieren Unternehmen, in denen Intrigen und destruktive Kommunikation zur grundlegenden Kultur gehören. Verhält sich ein Kollege ungewohnt, meidet er Intrigen und würgt Gerüchte ab, führt das zu Argwohn und später auch zu Feindschaften. Auch neue Mitarbeiter haben es sehr schwer, dort Fuß zu fassen.
Bürokämpfe: Lassen sich diese im Keim ersticken?
Wie lassen sich Bürokämpfe vermeiden? Und wer soll diese Aufgabe unternehmen: Chefs oder Mitarbeiter – oder alle zusammen? Durch dieses Phänomen leidet die Arbeitsmoral und sogar das Unternehmen selbst. Sie sehen, Prophylaxe-Maßnahmen sind notwendig.
Egal, ob Vorgesetzte oder Mitarbeiter – sie alle sollten langwierige Konflikte lösen.
Es gibt Menschen, die sich im ständigen Konflikt wohl fühlen, für emotional gesunde Menschen ist es aber eine Belastung. Aus einer kleinen Auseinandersetzung zweiter Kollegen kann mit der Zeit ein ausgewachsener Kampf werden, der auch das Umfeld miteinbezieht – andere Kollegen werden gezwungen eine Seite zu wählen und jemanden zu unterstützten.
Das ganze Büro wird so in zwei Lager gespalten und verliert so rund ein Drittel seiner Effektivität – sie brauchen ja Zeit, um sich die Strategie zu überlegen und Schlachten zu führen.
Ein weiterer negativer Aspekt des Bürokampfes ist die gezwungene Aufteilung der Belastung unter den Partnern: „Feinde“ müssen es strikt vermeiden, in Kontakt zu treten und einander um Hilfe zu bitten – entsprechend müssen sie mehr Kraft in eigene Aufgaben stecken.
Entsprechend sollte im Büro nach ungelösten Konflikten geforscht werden. Ist etwas in den letzten Wochen passiert, das die Stimmung im Büro vermiest hat? Sind Kollegen bekannt, die schon lange einen Groll gegeneinander hegen? Oder gibt es bestimmte Mitarbeiter, die gezielt jeden Kontakt miteinander vermeiden?
Chefs und Mitarbeiter sollten genau hinsehen, beobachten, zuhören. Falls die Suche erfolgreich war, bietet es sich an, die Betroffenen an einen Tisch zu bitten und durch gezielte Moderation eines Dritten ein Gespräch zu führen. Danach werden sich alle befreiter und zufriedener fühlen, der Konflikt wird begraben und artet nicht in einen Bürokampf aus.
Gründe für Bürokämpfe: Krisen und Konkurrenz
Neben den oben bereits angesprochenen internen Faktoren, die Bürokämpfe begünstigen, gibt es externe Gründe, die das Arbeitsklima vergiften. Dazu gehören beispielsweise eine Auftragsflaute oder auch wie vor einigen Jahren die Wirtschaftskrise.
Solche Umstände verstärken den Konkurrenzkampf zwischen Mitarbeitern oder sogar Abteilungen. Die Angst vor Jobverlust kann dabei sogar merkwürdige Blüten treiben, denn eskaliert so ein Konkurrenzkampf, bei dem ganze Abteilungen einander boykottieren, hat das am Ende genau das zur Folge, was der ursprüngliche Auslöser war.
Beispielsweise wenn die Ingenieure eines Konzerns ein vielversprechendes Produkt entwickeln, der Vertrieb es jedoch allein aus Gründen der Rivalität nicht auf den Markt bringt.
Solche Empfindungen wie auch Neid sind einerseits völlig normal. Im besten Fall befruchten sich Teammitglieder auch gegenseitig, weil jeder der Beste sein will. Schwierig wird es allerdings, wenn Neid und Konkurrenz in Missgunst umschlagen und der Wunsch, den anderen zu schädigen Überhand nimmt.
In so einem Fall wird aus potentiellen Win-win-Situationen eine Lose-lose-Situation und alle verlieren am Ende. Teilweise ist die Arbeit in Teams auch nicht für jeden das Richtige, denn nicht jeder ist altruistisch eingestellt. Dennoch ist aus Unternehmenssicht die Teamarbeit am besten, da Teams meist bessere Ergebnisse erarbeiten als einzelne Mitarbeiter.
Hier liegt auch die Crux: Einerseits will so mancher Mitarbeiter beruflich weiterkommen, andererseits soll er gemeinsam mit anderen im Team arbeiten. Wenn dann noch äußere Faktoren einwirken, kann so ein Gebilde Risse bekommen. Tipps für Unternehmen:
- Kommunizieren Sie offen. Themen wie Konkurrenz und Wettbewerb können besser gesteuert werden, wenn sie besprochen werden. Konfliktpotenzial entsteht viel eher, wenn Dinge im Unklaren gelassen werden.
- Belohnen Sie gute Arbeit. Im Team erarbeitete Erfolge sollten honoriert werden, auch Lob und Wertschätzung gehören dazu. Das schweißt Teams zusammen.
- Erleben Sie gemeinsam. Verbringen Sie Zeit mit den Mitarbeitern, sei es das Betriebsfest oder Rituale wie das gemeinsame Mittagessen. So ist klar, dass alle auf derselben Seite stehen und am selben Strang ziehen.
Kämpfen oder aufgeben?
Die erste und vollkommen natürliche Reaktion auf unbegründete Wut des anderen ist eigene Gegenwut – auf den Menschen (Wie kann er nur?) oder auf die Situation (Es ist falsch, so sollte es nicht sein!). Dann fängt der Betroffene an, seine Motive laut zu begründen, lange aggressive E-Mails zu schreiben, deren Kopie er an alle möglichen Vorgesetzten schickt, und nach Schwächen im Verhalten des Gegners zu suchen, um Informationen für den Vergeltungsschlag zu sammeln.
Andere häufige Reaktionen sind abstreiten, passiv bleiben oder das Problem meiden. Im direkten Sinne bedeutet es, einfach aus dem Raum zu gehen, im übertragenden, keine Diskussion aufkommen zu lassen, die Entscheidung hinauszuzögern und abzuwarten, bis die Wogen sich von alleine geglättet haben.
Sie sollten verstehen, dass beide Reaktionen zu keiner Lösung führen.
- Durch die erste Möglichkeit entstehen gegenseitige Beschuldigungen und nicht konstruktive Beschimpfungen, was dann dazu führt, dass Sie sich noch nicht einmal im selben Raum aufhalten können. Einige Personaler entscheiden sich sogar, beide Streithähne aus dem Büro zu verjagen, ohne sich dafür zu interessieren, wer im Recht und wer im Unrecht ist.
- Die zweite Reaktion kann zwar zur Deeskalation des Problems beitragen. Die Situation wird sich beruhigen, die Gefühle der Hilflosigkeit und der Ungerechtigkeit aber bleiben erhalten.
Bürokämpfe: In der Ruhe liegt die Kraft
Ruhe und Gelassenheit, Selbstsicherheit, Standhaftigkeit, objektive Einschätzung der eigenen Taten durch Analyse möglicher Folgen und nicht durch Lob oder Kritik anderer Kollegen – dies ist das Reaktionsmodell, an das Sie sich im Fall eines Konfliktes halten sollten. Selbstbehauptung ist hier das Schlüsselwort.
Welchen Vorteil erlangen Sie dadurch?
- Zum Einen wird offen über mögliche Komplikationen, Ursachen, Voraussetzungen gesprochen – Ihre Worte wirken so überzeugender und Sie gewinnen mehr Vertrauen, Sie haben ja nichts zu verbergen.
- Zum Zweiten können während des Auseinanderpflückens des Problems Details ans Licht kommen, die vorher nicht sichtbar waren – so setzt sich das Bild wie ein Puzzle vollständig zusammen.
- Zum Dritten signalisieren Sie mit diesem Verhalten, dass ein Kompromiss das Ziel ist, dass Sie nicht das eigene Ego oder verletzten Stolz schützen, sondern das Interesse des Unternehmens im Blick haben. So wird es dem Kontrahenten schwerfallen, Sie weiter anzugreifen.
Bürokämpfe: 6 Regeln für gute Reaktion
Diese Regeln sind nicht schwierig, Sie müssen diese nur annehmen. Erinnern Sie sich an vergangene Streitereien und an andere negative Situationen, als Sie sich vielleicht nicht zurückhalten konnten und aus Wut alles ausgesprochen haben – alles Nötige und Unnötige.
Oder wenn Sie geschwiegen haben, sich aber nachts herumgewälzt oder aus Wut geweint haben. Oder wenn Sie Ihre Kündigung eingereicht haben.
Mit diesen sechs Regeln werden Sie kommende Konflikte besser im Griff haben und lösen können:
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Behaupten Sie sich.
Der wichtigste Aspekt der Selbstbehauptung ist eigene Verantwortung für Worte und Taten zu übernehmen. Wenn etwas passiert ist, dann nicht, weil jemand anderer falsch gehandelt hat. Folgen Sie diesem Prinzip – in erster Linie für sich selbst. Wenn aber jemand auf Konfrontationskurs geht und seine Meinung durch Aggressivität ausdrückt – lassen Sie ihn, dafür soll er selbst die Verantwortung übernehmen. Sie sind nur für eigene Taten verantwortlich und lassen anderen das Recht, so zu reagieren, wie sie es für richtig halten.
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Hören Sie zu.
Die Bereitschaft den anderen ausreden zu lassen, ohne ihn zu unterbrechen, ohne die eigene Position direkt zu verteidigen und ohne die Augen zu rollen, bringt Ihnen einige Punkte mehr ein. Damit zeigen Sie Ihre Bereitschaft, die Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und an der Lösung zu arbeiten – an einem Kompromiss, der beide Seiten zufrieden stellt.
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Werden Sie nicht persönlich.
Dies ist absolut unzulässig. Achten Sie darauf, dass diese Regel für beide Seiten gilt: Persönliche Grenzen dürfen nicht verletzt werden. Wenn dies dennoch passiert, erinnern Sie den Gesprächspartner ruhig und gezielt an das Thema, das sie gerade besprechen. Schlagen Sie vor, sich auf das Problem zu konzentrieren und nicht auf eigene persönliche Besonderheiten. Es wird Ihnen nicht schwer fallen, wenn Sie sich ständig in Erinnerung rufen, dass diese Anmerkungen unbegründet sind – dieser Mensch ist nicht Ihr Freund, er kennt Sie nicht genug, um Sie zu verurteilen. Warum sollten Sie SEINE Sicht der Dinge als eigene annehmen?
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Reden Sie mit einem Menschen.
Es ist kein programmierter Roboter oder eine eingebildete Person. Ihr Kontrahent ist ein Mensch wie Sie, mit eigenen Ängsten, Ansichten, Vorzügen, Gewohnheiten, Plänen. Ihr Ziel ist es nicht, Dominanz zu zeigen. Auch wenn der Gesprächspartner Ihnen zuwider ist, es hat nichts mit der aktuellen Situation zu tun.
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Verzeihen Sie.
Sie müssen nicht alles vergessen und beste Freunde werden. Ziehen Sie Schlüsse, verstehen Sie die schwierige Situation und finden Sie mögliche Wege, diese zu vermeiden und folgen Sie diesen. Tragen Sie keinen Groll mit sich herum – diese Last werden Sie alleine tragen müssen und mit der Zeit wird sie sich von einem Schneeball in einen Eisbrocken verwandeln.
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Senden Sie Ich-Botschaften aus.
Diese Botschaften sind eine Selbstoffenbarung. Sie setzt sich aus einer Bedingung (wenn…), einer Beschreibung des Verhaltens und eigenen Empfindungen zusammen, die dieses Verhalten auslöst. Wenn Sie schreien, dann bekomme ich Kopfschmerzen. Der große Vorteil an diesen Botschaften ist, dass der Gesprächspartner sich nicht verteidigen muss, da er ja nicht angegriffen wird. Sie machen nur deutlich, dass diese Verhalten eine Reaktion bei Ihnen auslöst und Ihnen damit nicht gleichgültig ist.
Vor dem Gespräch sollten Sie sich klar machen, ob Sie im Recht sind. Sobald dies für Sie feststeht, steigt das Selbstbewusstsein, Sie kommen zur Ruhe und werden es nicht nötig haben, den Kontrahenten anzugreifen – im Inneren werden Sie die Komplexität der Situation erkennen und so einen Ausweg finden, der alle Beteiligten zufrieden stellt.
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