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Konflikteskalation: Ausrasten in 9 Stufen

Bricht sich ein Streit richtig Bahn, durchläuft er klassische Phasen. Er wächst zu einem ausgewachsenen Problem, das die Betroffenen alleine kaum noch in den Griff bekommen. Den Ablauf dieser Konflikteskalation zu kennen, kann dabei helfen, richtig zu reagieren und die Meinungsverschiedenheit zu klären. Besonders bekannt ist das Modell der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl, der insgesamt neun Stufen in drei Ebenen aufteilt. Je nach Phase der Konflikteskalation, in der sich eine Auseinandersetzung befindet, lassen sich auch Methoden zur Lösung ableiten. Wie die Konflikteskalation verläuft, welche Stufen es dabei gibt und wie Sie mit Konflikten auf der jeweiligen Stufe umgehen können…



Konflikteskalation: Ausrasten in 9 Stufen

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Das Modell der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl

Das Phasenmodell der Konflikteskalation ist eine der bekanntesten und meist genutzten Möglichkeiten zur Analyse von Konfliktsituationen. Entwickelt hat es Friedrich Glasl, österreichische Ökonom, Organisationsberater und Konfliktforscher.

Konflikteskalation Phasenmodell Friedrich Glasl Grafik 9 Stufen

Grundsätzlich lassen sich die in Glasls Modell enthaltenen neun Stufen auf jede Form eines Konfliktes anwenden: Das beginnt bereits im kleinen Rahmen bei persönlichen Differenzen und Streitigkeiten. Das setzt sich fort im Job bei Ärger mit den Kollegen, dem Chef oder Kunden. Sogar auf der größten Ebene, bei großen Konflikten zwischen Staaten, lässt sich die Analyse der Konflikteskalation anwenden.

Das Modell unterteilt die neun Stufen in drei Ebenen. Sie zeigen, wie der Konflikt in der jeweiligen Stufe endet. Die erste Ebene (Stufe 1 bis 3) kann eine Win-Win Situation ergeben, bei der beide Konfliktparteien von der Auseinandersetzung profitieren können oder zumindest nicht darunter leiden. In der zweiten Ebene (Stufe 4 bis 6) gewinnt eine der beiden Seiten und die andere verliert, wodurch eine Win-Lose Situation entsteht. In der letzten Ebene (Stufe 7 bis 9) verlieren alle Beteiligten und es bleibt eine Lose-Lose Situation.

1. Ebene: Win-Win

  • Stufe 1: Verhärtung
    Der Anfang eines Konflikts sind Spannungen und Differenzen, mit denen die Konfliktparteien falsch umgehen. Anstatt verschiedene Ansichten und Meinungen zu akzeptieren und vielleicht sogar die eigene Haltung zu hinterfragen, pochen beide Seiten auf dem eigenen Standpunkt, bis sich die Fronten verhärten und die Positionen unnachgiebiger werden.
  • Stufe 2: Polarisation und Debatte
    In der zweiten Stufe der Konflikteskalation geht es darum, den anderen von der eigenen Position zu überzeugen. Beide Seiten entwickeln Strategien, um die eigenen Argumente durchzusetzen und versuchen, den anderen unter Druck zu setzen. Im Verlauf entsteht ein Schwarz-Weiß-DenkenIch habe recht, die anderen liegen falsch.
  • Stufe 3: Taten statt Worte
    Als letzte Stufe der ersten Ebene kommt die verbale Kommunikation zum Erliegen. Beide Seiten üben immer mehr Druck aufeinander aus. Selbst Gespräche helfen nicht mehr weiter, weshalb diese abgebrochen werden. Stattdessen soll das Gegenüber durch Fakten und vollendete Tatsachen bezwungen werden, auf die es keine passende Antwort und Reaktion hat. Mitgefühl und Empathie gehen in dieser Stufe verloren.

2. Ebene: Win-Lose

  • Stufe 4: Sorge um Image und Koalition
    Mit Beginn der zweiten Ebene wird es immer mindestens einen Verlierer des Konflikts geben. Das zeigt sich auch in der insgesamt vierten Stufe: Eine sachliche Debatte und Auseinandersetzung findet nicht mehr statt. Das einzige Ziel ist es, den Konflikt zu gewinnen und selbst im Recht zu bleiben. Dafür sucht die jeweilige Konfliktpartei Verbündete, Fürsprecher und Sympathisanten, die den eigenen Standpunkt unterstützen. Gleichzeitig macht sie die andere Partei schlecht, um deren Glaubwürdigkeit und Image zu ruinieren.
  • Stufe 5: Gesichtsverlust
    Zu diesem Zeitpunkt geht es nur noch darum, dem anderen zu schaden, wobei die moralischen Vorstellungen zunehmend verworfen werden. Es ist nahezu jedes Mittel recht und wird gebilligt, solange man das Gegenüber damit demütigen, schlecht machen oder gleich vollkommen vernichten kann. Die Konflikteskalation ist soweit fortgeschritten, dass die eine Seite die andere erniedrigt und herabgewürdigt.
  • Stufe 6: Drohstrategien
    In der sechsten Stufe der Konflikteskalation kommt es zu Machtspielen durch Drohungen. Beide Seiten drohen einander mit Konsequenzen, um ihre Macht zu demonstrieren. Entscheidend dabei ist, wessen Drohung die größere Glaubwürdigkeit besitzt. Wer also eher in der Lage ist, seine drohenden Worte und Gesten durchzusetzen, hat die Oberhand.

3. Ebene: Lose-Lose

  • Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge
    Ab der dritten Ebene ist die Konflikteskalation in einem Bereich angekommen, bei dem es keine Gewinner mehr geben kann. Beide Seiten akzeptieren sogar, selbst unter der Auseinandersetzung zu leiden und Schaden zu nehmen. Hauptsache ist dabei, dass es dem anderen noch schlechter ergeht als einem selbst. Jegliche Menschlichkeit geht verloren und dem Kontrahenten abgesprochen. Moral und Werte haben keine Bedeutung mehr. Es geht nur noch darum, den anderen so gut es geht zu zerstören.
  • Stufe 8: Zersplitterung
    Ziel ist, nicht nur die gegnerische Konfliktpartei, sondern auch diejenigen, die sie unterstützen, zu zerstören. Dabei geht die jeweils andere Konfliktpartei sehr systematisch vor. In Kriegshandlungen geht es dabei soweit, dass man Feinde von jeder Versorgung und Überlebenschance abschneidet.
  • Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund
    An diesem Punkt akzeptiert die jeweilige Konfliktpartei sogar die eigene Vernichtung, um den Kontrahenten mit in den Abgrund zu reißen. Es wird absolut keine Rücksicht mehr auf sich selbst oder auch auf das Umfeld genommen. Beide Seiten sehen nur noch die vollständige und endgültige Zerstörung des anderen – und zwar um jeden Preis.
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Eskalationsspirale vermeiden: So deeskalieren Sie auf den Stufen

Mit fortschreitender Konflikteskalation braucht es unterschiedliche Methoden und Vorgehensweisen, um eine wachsende Auseinandersetzung beizulegen. Je weiter ein Konflikt auf den Stufen der Eskalation fortgeschritten ist, desto schwerer fällt es, diesen zu beenden. Für private und berufliche Konflikte ist es wichtig, dass Betroffene die aus dem Modell abgeleiteten Deeskalations-Strategien erkennen.

So verstehen beispielsweise Führungskräfte, wie sie Konfliktpotenzial entschärfen und wie sie auf Konflikte unter Mitarbeitern reagieren sollten. Voraussetzung ist eine vorherige Analyse, in welcher Stufe sich ein Konflikt aktuell befindet. Das ermöglicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen:

Deeskalation in Stufe 1 bis 3

In den frühen Phasen der Konflikteskalation ist noch kein Eingreifen von außen notwendig. Die Konfliktparteien haben es noch selbst in der Hand, die Streitigkeiten frühzeitig beizulegen und sogar mit beidseitigem Nutzen aus der Situation zu gehen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn sich Ansichten ergänzen, statt aufeinanderzuprallen. Dabei braucht es ab Stufe drei möglicherweise eine Moderation, um die gemeinsame Kommunikation aufrechtzuerhalten und fortzuführen.

Deeskalation in Stufe 3 bis 5

Wechselt die Konflikteskalation von einer sachlichen auf eine persönliche Ebene, ist es mit der Möglichkeit zur Selbsthilfe vorbei. Nun braucht es Moderation und Hilfe von außen, wobei Glasl eine professionelle Prozessbegleitung empfiehlt, um den Konflikt zu überwinden (PDF).

Deeskalation in Stufe 4 bis 6

Mit fortschreitender Konflikteskalation empfiehlt Glasl eine sozio-therapeutische Prozessbegleitung. Diese ist spätestens dann notwendig, wenn die Parteien sich gegenseitig drohen und auch bereit sind, einander ernsthaften Schaden zuzufügen.

Deeskalation in Stufe 5 bis 7

Neben der Prozessbegleitung kann eine professionelle Mediation in höheren Stufen der zweiten Ebene helfen, um eine weitere Eskalation zu verhindern und zwischen den Parteien zu vermitteln.

Deeskalation in Stufe 6 bis 8

Ist weiterhin keine Einigung zu erzielen und droht der Konflikt sogar noch weiter zu eskalieren, kann ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden, um zu einer Lösung zu kommen. Eine weitere Möglichkeit ist auch ein freiwilliges oder verpflichtendes Schiedsgericht, das die Situation möglichst ein für alle Mal klärt.

Deeskalation in Stufe 7 bis 9

Sollten alle vorherigen Maßnahmen scheitern und die Konflikteskalation nicht stoppen können, hilft als letztes Mittel nur noch ein externer Machteingriff durch eine höher gestellte Instanz. Sie beendet den Konflikt also autoritär.

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[Bildnachweis: FGC by Shutterstock.com]

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