Sexismus im Job: Mehr als unangebrachte Kommentare
Es ist eine traurige Wahrheit: Es gibt zahllose Beispiele für Sexismus im Job. Große Bekanntheit haben inzwischen die vielen verbalen und teils körperlichen Übergriffe des Filmproduzenten Harvey Weinstein in Hollywood. Viele Schauspielerinnen machten publik, wie Weinstein sie bedrängte, ihnen zu nahe tritt, eindeutige Anspielungen machte oder sie ohne Einverständnis berührte bis zu sexueller Belästigung.
So etwas passiert aber nicht nur auf der großen Bühne Hollywoods, sondern alltäglich in vielen Unternehmen. Vom Konzern, über mittelständische Arbeitgeber bis zum Familienunternehmen. Leider ist der Sexismus im Job in vielen Fällen sehr offen und direkt. Frauen werden auf Ihr Aussehen reduziert, es werden Kommentare gemacht, die mit einer professionellen und respektvollen Zusammenarbeit nichts zu tun haben, Geste, Blicke oder Witze sind eindeutig anzüglich oder es finden Berührungen statt, die zufällig wirken sollen, es aber mit Sicherheit nicht sind.
Teilweise werden sogar Gehaltserhöhungen und Beförderungen versprochen und angeboten, um Frauen im Job näher zu kommen. Mit solch erschreckenden und abstoßenden Verhaltensweisen ist der Sexismus im Job jedoch längst nicht vollends beschrieben.
Manche Jobs werden sogar nach Aussehen und Attraktivität vergeben. Manager und Führungskräfte suchen gezielt nach hübschen Frauen oder beziehen das äußere Erscheinungsbild zumindest in die Entscheidung mit ein. Sind die beruflichen Fähigkeiten bei mehreren Kandidaten ähnlich, kann ein gutes Aussehen helfen.
Doch Sexismus im Job zeigt sich nicht nur durch Verhalten oder Kommentare, die direkt auf die Sexualität bezogen sind. Oftmals berichten Frauen davon, dass Sie es am Arbeitsplatz schwerer haben als ihre männlichen Kollegen. Zur Verdeutlichung: Es kann durchaus einen Unterschied machen, ob ein Mann oder eine Frau einen Vorschlag macht. Weibliche Kollegen müssen häufiger dafür kämpfen, im Beruf ernst genommen zu werden.
Es ist eine häufige und verbreitete Form des Sexismus im Job, dass Frauen für weniger kompetent gehalten und auch so behandelt werden. Sie müssen sich beweisen, während die Fähigkeiten von Männern nicht hinterfragt werden.
Hinter dem Sexismus im Job steht Macht
Experten sind sich beim Sexismus im Job einer Sache sicher: Typischerweise geht es dabei gar nicht um Sex. Der gezeigte Sexismus – egal in welcher Form er stattfindet – ist ein Mittel zum Zweck. Er wird als Werkzeug genutzt, um Macht zu demonstrieren oder das Gefühl einer solchen zu erzeugen. Männer, die sich Frauen gegenüber sexistisch verhalten, wollen sich damit selbst höher stellen und sich selbst in einer Position darstellen, die überlegen ist.
Um das zu erreichen, werden Frauen herabgewürdigt, auf ihren Körper reduziert oder es wird in deren Privatsphäre eingedrungen, um die eigene Macht zu demonstrieren. Im Berufsleben spielt die Hierarchie eine große Rolle und mit solchen Machtspielen soll die eigene Position gefestigt werden. Viele Männer haben Angst, von Frauen abgehängt zu werden und fühlen sich in ihrer Männlichkeit und ihrem Rollenverständnis bedroht.
Fehlt es an anderen Mitteln, um dem eigenen Selbstverständnis gerecht zu werden, ist Sexismus im Job ein Weg, um das eigene angekratzte Ego zu stärken. Herabwürdigung anderer als Zeichen der eigenen Macht, Stärke oder Kompetenz.
Wie lässt sich mit Sexismus im Job umgehen?
Frauen, die mit Sexismus im Job konfrontiert werden, wissen meist nicht, wie Sie darauf reagieren oder wie sie sich verhalten sollen. Viele sind erst einmal beschämt, fühlen sich schlecht, ziehen sich zurück oder suchen sogar den Fehler bei sich selbst. Statt offener Entrüstung und Ärger über das Verhalten ist die erste Reaktion Scham.
Die Demütigung, die mit dem Sexismus einhergeht, hinterlässt eine langfristige Unsicherheit und damit einhergehende Selbstzweifel.
Trotz weltweiter Debatte um Sexismus bleibt für Betroffene die Frage, was sie tun können. Nicht darauf eingehen, über dem herablassenden Kommentar oder Verhalten stehen, sich nicht auf das Niveau begeben und den Sexismus im Job ignorieren? Ein häufiger Rat, allerdings ist es nicht genug, stillschweigend hinzunehmen, wenn sexistische Grenzen überschritten werden. Auch wenn es nicht leicht ist, sollten Frauen sich aktiv gegen Sexismus im Job wehren.
Dabei gibt es verschiedene Strategien:
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Den Sexismus hinterfragen
Wenn Sie nicht direkt selbst in die Offensive gehen wollen, kann es ein Weg sein, den Sexismus im Job offen zu hinterfragen. Fällt ein Kollege oder auch der Chef mit sexistischem Verhalten auf, sprechen Sie geradeheraus an, was gerade passiert. Stellen Sie dabei möglichst kritische Fragen, etwa Ist Ihnen überhaupt bewusst, wie sexistisch das ist? oder auch Finden Sie es wirklich in Ordnung, sich Frauen gegenüber so zu verhalten?
Dem ein oder anderen Mann wird dabei möglicherweise bewusst, wie sexistisch und unverschämt er sich verhält. -
Das Gegenüber bloßstellen
Die meisten Frauen, die von Sexismus im Job betroffen sind, reagieren eher verhalten und zurückhaltend. Sie versuchen weiterhin freundlich und professionell zu bleiben, wobei das Gegenüber dieses Recht mit seinen Äußerungen und Verhaltensweisen längst verspielt hat. Es ist nicht nur legitim, sondern eine gute Strategie, denjenigen, der sich sexistisch zeigt, bloßzustellen oder lächerlich zu machen.
Zeigen Sie auf, wie absurd die Aussagen sind, wie derjenige sich damit selbst disqualifiziert und vor anderen zum Idioten macht. Sie müssen nicht richtig antworten oder reagieren, sondern schlichtweg klare Grenzen aufzeigen – Nettigkeiten und Sympathie spielen dabei keine Rolle. -
Die eigene Macht demonstrieren
Dient der Sexismus im Job als Machtdemonstration, können Sie versuchen, den Spieß umzudrehen. Lassen Sie sich nicht einschüchtern und klein reden, sondern gehen Sie in die Offensive und übernehmen Sie die Kontrolle über die Situation. Eine starke Körpersprache sowie eindeutige Kommunikation sind dafür entscheidend.
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