Was ist Rechthaberei?
Rechthaberei beschreibt einen Menschen, der den eigenen Standpunkt stur gegen alle anderen durchsetzen will und auf der eigenen Meinung beharrt – selbst wenn das Gegenteil längst bewiesen ist. Mit Beharrlichkeit hat das nichts zu tun: Rechthaberische Menschen sind unverbesserlich und ignorieren Widersprüche, Fakten oder Logikfehler. Es geht ihnen schlicht darum, am Ende als Sieger dazustehen und Recht zu behalten.
Häufige Synonyme für eine Rechthaber sind: Besserwisser, Neunmalkluge, Betonkopf oder Schlaumeier. Während es für die Betroffen einfach nur ums Prinzip geht, ist es für das Umfeld schlicht nervig und eine kräfteraubende Zerreißprobe, mit rechthaberischem Verhalten umzugehen.
Der Kluge lernt aus allem und jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiss alles besser.“ (Sokrates)
Woher kommt Rechthaberei?
Die Ursachen und Auslöser für Rechthaberei sind individuell unterschiedlich. Im Kern steckt darin ein erlerntes Verhalten, hervorgerufen durch Vorbilder, Eltern oder falsche Freunde, die ebenfalls rechthaberisches Verhalten zeigen – und damit durchkommen oder sich zumindest Gehör verschaffen und durchsetzen. Das wird dann nachgeahmt, weil es offensichtlich funktioniert. Weitere Gründe sind:
- Unsicherheit
Rechthaber sind meist getrieben von Unsicherheit und Selbstzweifeln. In dem Fall ersetzt die Vehemenz die fehlende Substanz. Kurz: Die Rechthaberei soll verschleiern, dass man eigentlich keine Ahnung oder sich geirrt hat. Den Fehler einzugestehen, wird jedoch als Schwäche empfunden. - Geltungsbedürfnis
Rechthaberei entwickelt sich ebenfalls oft aus einem gesteigerten Geltungsbedürfnis. Die Betroffenen wollen für ihre Ansichten geschätzt werden. Recht zu haben, ist für sie eine Form der Bestätigung und Aufwertung. Umso aggressiver reagiert der Sturkopf, wenn diese Reaktion ausbleibt.
Medizinische Gründe für Rechthaberei
Laut Forschern um Nick Wright vom University College in London könnte Rechthaberei zudem an einem hohen Testosteronspiegel liegen. Ihren Studien zufolge machte ein überhöhter Gehalt an Testosteron im Blut die Probanden rechthaberisch, egoistisch und unkooperativ.
Woran kann ich einen Rechthaber erkennen?
Rechthaber enttarnen sich meist selbst. Natürlich ist nicht jeder Kollege, der auf seiner Meinung beharrt, automatisch rechthaberisch. Er oder sie könnte schließlich tatsächlich Recht haben! Der Unterschied ist nicht immer leicht zu erkennen. Es gibt aber ein paar Indizien: Rechthaber sind in der Regel…
- …stur.
Die offensichtlichste Eigenschaft des Rechthabers ist seine Sturheit. Auch wenn alle Zahlen, Daten, Fakten gegen ihn sprechen, will der Trotzkopf weiterhin mit dem Kopf durch die Wand und lässt sich von seiner Meinung nicht abbringen. - …forsch.
Rechthaberei ist nie dezent oder bescheiden. Rechthaber sind vielmehr laut, wollen sich einmischen, ihre Meinung verbreiten und andere überzeugen. Das liegt letztlich daran, dass sie damit andere Ziele verfolgen – zum Beispiel eine Profilneurose oder Minderwertigkeitsgefühle zu therapieren.
Tipps: Richtig auf Rechthaberei reagieren
Haben Sie es mit einem Rechthaber zu tun, brauchen Sie vor allem zwei Dinge: viel Geduld und starke Nerven. Der Umgang mit eigensinnigen Besserwissern und notorischen Rechthabern ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Trotzdem wollen wir Ihnen Mut machen: Es gibt ein paar bewährte Methoden und Strategien, mit denen Sie Rechthaberei parieren können und Neunmalkluge in die Schranken weisen:
1. Bleiben Sie objektiv
Rechthaber bleiben selten sachlich, wenn sie merken, dass sie auf verlorenem Posten sitzen. Sie aber bitte schon. Zugegeben, das ist ein Kraftakt. Indem Sie aber sachlich, objektiv und bei den Fakten bleiben, zeigen sie dem Rechthaber, dass Sie sich von seiner Sturheit und Lautstärke nicht beeindrucken lassen.
2. Bleiben Sie freundlich
Auch wenn Sie den Rechthaber am liebsten anschreien würden – widerstehen Sie dem Impuls! Damit zeigen Sie nur, dass SIE die Kontrolle verloren haben. Das gilt erst recht vor Publikum. Die bessere Strategie ist Freundlichkeit, viel Lächeln und subtile Spitzen vom Typ: „Wenn ich Ihnen jetzt zustimmen würde, hätten wir beide Unrecht.“ Das unterstreicht Ihre Souveränität und beweist, dass Sie sich Ihrer Sache noch sicherer sind.
3. Bleiben Sie gelassen
Nehmen Sie das Gesagte nie persönlich. Auch wenn der Standpunkt Ihres Gegenübers noch so schwachsinnig erscheint. Zeigen Sie vielmehr Verständnis und erweichen Sie den Rechthaber, indem Sie sein geringes Selbstwertgefühl kurzfristig stärken, Motto: „Das ist eine bemerkenswerte Sichtweise!“ Weil Rechthaber für Gegenargumente taub sind, sollten Sie diese vielmehr durch neutrale Fragen und Nachfragen dazu bringen, den eigenen Denkfehler zu erkennen. Dann wird er oder sie von sich aus das Gespräch abbrechen.
4. Bleiben Sie selbstkritisch
Hand aufs Herz: Warum ist es Ihnen so wichtig, den Rechthaber von seinem Unrecht zu überzeugen? Ist dies gerade notwendig und zielführend? Oder treffen hier am Ende zwei gleiche Typen aufeinander? Einen Rechthaber in die Schranken zu weisen, bedeutet immer, sich auf sein Niveau zu begeben, um selber Recht zu behalten. Manchmal ist es besser, den verbalen Schlagabtausch einfach zu beenden, Motto: „Ich stehe für eine solche Diskussion nicht zur Verfügung.“
Was bei Rechthaberei nicht funktioniert
Neben dem richtigen Verhalten gegenüber Rechthaberei, gibt es auch falsche Reaktionen. Dazu zählt etwa die laute Vorwärtsverteidigung oder noch größerer Sturheit. Das führt nur zu verhärteten Fronten. Auch andere Taktiken bringen nicht den gewünschten Erfolg:
- Lange Diskussionen
Es ist egal, ob Sie mit einem notorischen Rechthaber 30, 60 oder 120 Minuten streiten. Er wird sich von Argumenten nicht überzeugen lassen. Das ist also nur verschwendete Lebenszeit. Wenn Sie merken, dass harte Fakten verhallen: Brechen Sie ab! - Neue Fürsprecher
Manchmal können weitere Fürsprecher und Kollegen auf Ihrer Seite für ein Einlenken sorgen und den Besserwisser überzeugen. Meistens aber nicht. Denn das wäre – so widersinnig es auch klingt – für den Rechthaber ein Gesichtsverlust. Auch hier gilt: Abbruch. - Leere Drohungen
Wer droht, hat es nötig. Und leere Drohungen sind nicht nur peinlich – sie offenbaren auch Ihre Hilflosigkeit. Sie untergraben damit nur Ihre Souveränität und Autorität. Coolness mit einer Prise Humor dagegen zeigen dem Rechthaber: Bei Ihnen zieht die Masche nicht. Und er sucht sich in Zukunft lieber ein anderes Publikum. Gut so!
Was andere Leser dazu gelesen haben
- Schwierige Menschen: So kommen Sie mit ihnen klar
- Nachgeben – oder stur bleiben? Die bessere Strategie
- Ich habe Recht: Darum sehen andere es nicht ein
- Beratungsresistenz: Wann sich Beratung gar nicht lohnt