Selbstkritik: Lernen, sich konstruktiv zu kritisieren

Aus Fehlern lernen wir am meisten. Manche Menschen gehen aber zu hart mit sich ins Gericht: Die Selbstkritik wird zur Selbstzerfleischung. Betroffene fühlen sich unvollkommen, unzulänglich und minderwertig – und resignieren. Tipps, wie Sie konstruktive Selbstkritik lernen…

Selbstkritik Definition Bedeutung Beispiele Tipps

Definition: Was bedeutet Selbstkritik?

Selbstkritik (Englisch: self-criticism) ist die Fähigkeit, das eigene Denken, Handeln und Entscheiden kritisch zu hinterfragen, mögliche Fehler zu erkennen und so besser zu werden.

Selbstkritische Menschen beschäftigen sich mit eigenen Kompetenzen, ergründen Ihr Verhalten und erkennen Ihre Stärken und Schwächen.

Der Schauspieler Peter Weck hat das so formuliert: „Selbstkritik ist die Kunst, auf dem Teppich zu bleiben, obwohl das Parkett so schön glänzt.“

Selbstkritik Psychologie: 5 wichtige Faktoren

Damit Selbstkritik eine positive Wirkung hat, sind laut Psychologie fünf Faktoren entscheidend:

  1. Ziel
    Definieren Sie zuerst ein Ziel, das Sie durch Selbstkritik erreichen wollen.
  2. Offenheit
    Setzen Sie sich ergebnisoffen mit sich selbst auseinander.
  3. Ehrlichkeit
    Bleiben Sie ehrlich und bewerten sich fair.
  4. Genauigkeit
    Konzentrieren Sie sich auf konkrete Eigenschaften, nicht verallgemeinern!
  5. Motivation
    Haben Sie den Willen, zu lernen und sich zu positiv verändern.
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Konstruktive vs. destruktive Selbstkritik

Ist Selbstkritik immer gut? Ein verbreiteter Irrtum ist: „Ist doch egal, wie ich mich kritisiere, solange ich daraus lerne!“ Studien belegen: Unsere Motivation und Leistung hängen enorm davon ab, wie realistisch wir uns einschätzen und wie konstruktiv wir unsere Selbstkritik formulieren.

In der Psychologie werden vor allem zwei Formen der Kritik unterschieden:

Übermäßige Selbstkritik führt jedoch entweder zu Selbstbetrug (wir geben anderen die Schuld, um uns besser zu fühlen) oder in eine destruktive Abwärtsspirale: Betroffene übertreiben maßlos, sprechen sich selbst jegliche Fähigkeiten ab, degradieren sich zum Nichtsnutz und Tunichtgut.

Unterschied zwischen Frauen und Männern

Von negativer bzw. destruktiver Selbstkritik sind vor allem Frauen betroffen. Im Berufsleben bewerten sie ihre Stärken häufig niedriger als ihr Umfeld, so das Ergebnis einer Studie der Internationalen Hochschule Bad Honnef (IUBH).

Generell sind Frauen selbstkritischer Männer. Letztere neigen sogar eher zur Selbstüberschätzung – insbesondere in kommunikativen Bereichen, wie dem Einfühlungsvermögen oder Verhandlungsgeschick.

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Selbstkritik Beispiele

Laut Studien richten wir bis zu 90 Prozent des inneren Dialogs gegen uns selbst. Kommt der sogenannte „innere Kritiker“ zu Wort, reden sich viele schlechter als sie sind. Typische Beispielsätze für diese übertrieben negativen Selbstgespräche sind:

  • „Immer machst du alles falsch.“
  • „War klar, dass du das nicht schaffst.“
  • „Du bist einfach zu blöd.“
  • „Ich bin einfach nicht gut genug.“
  • „Was stimmt bloß nicht mit mir?“
  • „Ich habe keine Freunde.“
  • „Du bist eine totale Niete!“

Es stimmt: Unser schärfster Kritiker sind wir oft selbst. Wir machen uns für Fehler fertig und verfallen in endlose Grübeleien. Am Ende fühlen sich Betroffene ineffektiv, wertlos und inkompetent. Statt durch positive Selbstkritik ihre Entwicklung zu fördern, wird genau diese blockiert.

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Ursachen für übersteigerte Selbstkritik

Neigen Sie zu destruktiver Selbstkritik oder Selbstverachtung, liegen die Ursachen häufig in der Kindheit und dem Gefühl, „nicht in Ordnung“ zu sein. Vermittelt wird das teils von den Eltern („Du machst nur Ärger!“), von Freunden oder anderen Bezugspersonen („Du bist zu nichts nütze!“).

Weitere Ursachen sind:

Als Erwachsene übernehmen Betroffene diese Haltung und glauben Selbsthass sei ein probates Mittel, um besser zu werden. Oft hilft dann nur eine Therapie, um der Abwärtsspirale zu entkommen und Selbstannahme und Selbstliebe neu zu lernen.

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Test: Bin ich zu selbstkritisch?

Unser kurzer Test gibt Ihnen eine erste Orientierung, ob Sie womöglich zu selbstkritisch sind. Beantworten Sie bitte ehrlich die folgenden 10 Fragen (direkt im Browser abhaken). Die Auflösung finden Sie über den Buchstaben, den Sie am häufigsten gewählt haben:

Machen Sie hier den Selbsttest!

1. Frage: Wie reagieren Sie auf Lob und Komplimente?

  • Ich freue mich darüber, dass jemand meine Vorzüge und Fähigkeiten richtig erkannt hat und bedanke mich mit einem Lächeln. (A)
  • Ich bin verunsichert und glaube nicht, dass der andere es ernst meint. Warum sollte ich ein Kompliment bekommen? (B)
  • Ich finde es sehr nett, wenn das Lob meiner Meinung nach gerechtfertigt ist. (C)

2. Frage: Kennen Sie Ihre größten Stärken?

  • Da fallen mir schon ein oder zwei ein, an einigem könnte ich aber sicherlich noch arbeiten. (C)
  • Aber natürlich, das sollte doch jeder. Vor allem mein Selbstbewusstsein zeichnet mich aus, aber auch meine Spontaneität, meine Geduld und mein Durchsetzungsvermögen… (A)
  • Stärken? So auf Anhieb eher nicht. Da müsste ich erstmal überlegen. (B)

3. Frage: Was essen Sie, wenn Sie mit Freunden gemeinsam zum Abendessen verabredet sind?

  • Selbst wenn ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, belasse ich es sicherheitshalber bei einer kleinen Beilage oder einem Salat. (B)
  • Ich achte schon darauf, was die anderen bestellen. Wenn alle nur eine Kleinigkeit nehmen, passe ich mich an. (C)
  • Immer das, worauf ich gerade Hunger habe. (A)

4. Frage: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie ein Foto von sich selbst sehen?

  • Wenn es sich um schöne Fotos handelt, gucke ich mir diese gerne an. Auf den meisten Bildern gefalle ich mir gut. (C)
  • Ich liebe Fotos von mir und mache eigentlich ständig Selfies, die ich dann gleich poste. (A)
  • Falls möglich schaue ich mir erst gar keine Bilder von mir an. Darauf sehe ich eigentlich immer ganz grausam aus. (B)

5. Frage: Sie haben eine Idee für bessere Prozesse im Job. Schlagen Sie es Ihrem Chef vor?

  • Ich schaue mir mein Konzept noch einmal an oder halte Rücksprache mit einem Kollegen, aber dann stelle ich dem Chef vor, was ich mir überlegt habe. (C)
  • Erst einmal natürlich nicht. Wer weiß, ob die Idee wirklich etwas taugt. Ich warte lieber erst ab. (B)
  • Aber sofort! Wieso Zeit verschwenden, wenn die optimierten Abläufe schon in ein paar Tagen umgesetzt werden könnten? (A)

6. Frage: Was denken Sie, wenn Sie sich für einen neuen Job bewerben?

  • Ich weiß genau, was ich kann und wieso ich genau richtig für den Job bin. Wenn ein Personaler das nicht erkennt, dann halt der nächste. (A)
  • Natürlich gibt es viele Bewerber, aber wenn ich meine Qualifikationen und Erfahrungen gut einsetze, stehen meine Chancen ganz gut. (C)
  • Leider ist die Konkurrenz in der Bewerbung immer sehr groß und hoch qualifiziert. Das wird nicht leicht. (B)

7. Frage: Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Kollegen: Worum beneiden diese Sie?

  • Meine Büronachbarin hat einmal gesagt, dass sie es toll findet, dass ich ihr immer bei Aufgaben helfe und Projekt übernehme. (B)
  • Ich hoffe, dass sie meine Motivation und fachliche Kompetenz schätzen – und meine freundliche Art. Das sind die Dinge, die mir selbst besonders gut gefallen. (C)
  • Das dürfte vor allem mein beruflicher Erfolg und mein sicherer Umgang mit wichtigen Kunden und der Führungsetage sein. (A)

8. Frage: Sie beobachten ein Gespräch unter 4 Augen. Was geht Ihnen zuerst durch den Kopf?

  • Darüber mache ich mir wirklich keine Gedanken. Wenn es um mich geht, werden sie es mir schon sagen. (A)
  • Vermutlich reden die beiden über mich. Ich hatte schon den ganzen Tag das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. (B)
  • Man kommt schon ins Grübeln, ob vielleicht gelästert wird. Aber selbst wenn: Man kann es nicht jedem recht machen. (C)

9. Frage: Ihnen ist ein dummes Missgeschick unterlaufen. Wie gehen Sie damit um?

  • Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Eigentlich bin ich besseres von mir gewohnt. (C)
  • Ach, das ist jedem schon einmal passiert. Keine große Sache. (A)
  • Das ist einfach so typisch für mich. Ich kann einfach nichts richtig machen. Hoffentlich nehmen die anderen meine Entschuldigung an. (B)

10. Frage: Wie reagieren Sie auf Kritik von anderen?

  • Ich nehme mir die Aussagen sehr zu Herzen und fühle mich in meinen eigenen Zweifeln bestätigt. (B)
  • Ich schaue mir die Kritik an, analysiere das Gesagte und überlege, ob ich davon etwas für mich persönlich nutzen kann. (C)
  • Das lässt mich in der Regel kalt. Oft ist es nur Neid oder schlechte Laune, die aus anderen spricht. (A)
Auflösung: Antwort A

Sie sind nicht zu selbstkritisch, eher gilt das Gegenteil: Sie scheinen vor Selbstsicherheit nur so zu strotzen und sind fest von sich und Ihren Fähigkeiten überzeugt. Hin und wieder könnte sogar ein wenig mehr Selbstkritik nicht schaden.

Auflösung: Antwort B

Die Antworten sprechen dafür, dass Sie zu selbstkritisch sind. Sie machen sich grundlos schlecht, haben destruktive Gedanken und verkennen Ihre Vorteile, Vorzüge und Kompetenzen. Bleiben Sie fair sich selbst gegenüber und machen Sie sich bewusst, dass Sie mehr können, als Sie sich eingestehen.

Auflösung: Antwort C

Ein gutes Mittelmaß an Selbstkritik! Sie sind reflektiert und selbstkritisch, übertreiben es aber nicht. Sie wissen, was Sie gut können und dass es keinen Grund gibt, das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen. Klasse!

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Selbstkritik üben: Wie gehe ich mit Selbstkritik um?

Die Auseinandersetzung mit eigenen Unzulänglichkeiten oder Fehlern ist nie leicht. Wir müssen unser Selbstbild korrigieren, Verantwortung übernehmen, an uns arbeiten… Selbstkritik und Selbstreflexion sind damit zentrale Voraussetzungen für die Persönlichkeitsentwicklung.

Gleichzeitig kann jeder konstruktive Selbstkritik lernen – zum Beispiel mit dieser Anleitung und den folgenden bewährten Schritten:

  1. Nur spezifische Dinge kritisieren

    Kritisieren Sie sich nicht generell, Verallgemeinerungen wie „Ich bin einfach zu dumm.“ sind tabu. Das ist keine Selbstkritik, sondern eine toxische Einstellung! Gute selbstkritische Gedanken sollten stets konkret und kausal sein: „Weil ich abends zu lange aufbleibe, bin ich morgens oft müde und mache Flüchtigkeitsfehler.“ Diese Erkenntnis ist ehrlich, erkennt das Problem und bietet bereits einen Lösungsweg: Früher ins Bett gehen.

  2. Nicht mit anderen vergleichen

    Vergleiche mit anderen haben in der Selbstkritik keinen Platz. Andere können etwas besser, verdienen mehr, haben eine schönere Wohnung… Richten Sie Ihren Blick nicht nach außen, sondern ausschließlich auf sich selbst! Durch konstruktives und selbstkritisches Denken wollen Sie sich selbst entwickeln – unabhängig von anderen.

  3. Das richtige Umfeld suchen

    Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen ehrlich und wohlwollend (!) Ihre Stärken und Schwächen spiegeln und die Ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen fördern. Toxische Menschen dagegen stärken nur den inneren Kritiker und destruktive Gedanken. Mit einem positiven Umfeld gewinnen Sie gleichzeitig eine positive Denkweise und schöpfen Ihre Potenziale besser aus.

  4. An den Umständen arbeiten

    Manchmal können Sie nichts dafür, dass Dinge schieflaufen. Sie haben es aber zugelassen, dass es so weit kommen konnte! Genau daran können Sie für die Zukunft arbeiten. Belassen Sie es also nicht bei einer Entschuldigung, die ist bequem, sondern arbeiten Sie konstruktiv an den offensichtlich mangelhaften Umständen. Zum Beispiel: „Das nächste Mal setze ich mir engere Deadlines, um rechtzeitig fertig zu werden und mir Zeitreserven zu schaffen.“

  5. Gegenüber sich selbst fair bleiben

    Perfektionismus ist Sache der Götter, Fehler zu machen dagegen menschlich. Sie passieren jedem – deshalb sind Sie nicht schlechter oder weniger wert! Üben Sie Nachsicht mit sich: „Shit happens.“ Man kann sich selbst annehmen – und trotzdem selbstkritisch sein.

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Selbstkritik Bedeutung: Warum ist sie im Beruf wichtig?

Vor allem im Beruf hat gesunde und konstruktive Selbstkritik eine hohe Bedeutung. Wer ehrlich zu sich ist, und sein Handeln, Verhalten sowie Erfolge und Misserfolge kritisch hinterfragt, kann sich kontinuierlich verbessern und so die eigene Leistungsfähigkeit steigern. Das führt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern erhöht ebenso die Zufriedenheit im Job.

Selbstkritische Menschen sehen im Feedback von Vorgesetzten oder Kollegen keinen Angriff, sondern vielmehr als Chance zur Weiterentwicklung. Dadurch fördert Selbstkritik zugleich ein produktives Arbeitsklima sowie das Vertrauen und die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen.

Ein Gedicht über Selbstkritik

„Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
So hab‘ ich erstens den Gewinn,
Dass ich so hübsch bescheiden bin;

Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp‘ ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;

Und viertens hoff‘ ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Dass ich ein ganz famoses Haus.“ – Wilhelm Busch


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