Was spricht gegen ein Meeting?
Studien zufolge ist die Hälfte aller Meetings überflüssig. Keine gute Bilanz in Sachen Effizienz also. Ursache dafür: Häufig fehlt eine klare Agenda. Und die Motivation der Teilnehmer ist offenbar auch nicht die beste. Umfragen zufolge beschäftigen sich 41 Prozent lieber mit ihrem Smartphone – und das, obwohl Dreiviertel aller Konferenzteilnehmer es als störend empfinden, wenn jemand mit seinem Smartphone spielt.
Daneben gibt es Zeitgenossen, die ein Meeting vor allem zur Selbstdarstellung nutzen und vom Thema eher ablenken. Schlechte Vorbereitung und fehlende Zeitvorgaben runden das schlechte Gesamtbild ab. Mitarbeiter verplempern gut die Hälfte der Arbeitszeit mit sinnlosen Zusammenkünften dieser Art, Manager kommen sogar auf 7.000 Stunden im Jahr. Im Englischen wird sowas etwas drastisch death by meeting genannt.
Des Rätsels Lösung: die Stehkonferenz
Kein Wunder also, dass der ständige Ruf nach Meetings nicht gerade Begeistungsstürme hervorruft. Das Dilemma: Die einen halten Meetings für überflüssig. Die anderen für essentiell: Meetings können die Teamarbeit fördern. Sie helfen dabei, die Mitarbeiter auf den neusten Stand zu bringen und sicherzustellen, dass jeder seine Rolle kennt. Sie tragen dazu bei, Missverständnisse zu klären und verbessern so die Beziehung untereinander.
Die Stehkonferenz ist so gesehen ein guter Kompromiss: Es wird von vornherein nur eine kurze Zeit angesetzt, etwa 15 Minuten. Innerhalb derer soll eine fokussiertere und daher effizientere Arbeit möglich sein. Der Hintergedanke ist dabei, dass nach etwa 30 Minuten den meisten Teilnehmern die Beine ohnehin schwer werden, weshalb ein gesteigertes Bedürfnis danach besteht, die Stehkonferenz hinter sich zu bringen.
Ablauf: Stehkonferenz als Daily Scrum
So eine Stehkonferenz – auch Stand-up Meeting genannt – sollte aber schon geplant werden. Wer alles dem Zufall überlässt und auf ein Wunder wartet, wird auch innerhalb von 15 oder 30 Minuten keine Ergebnisse erzielen. Entlehnt ist die Idee aus der Scrum-Methode.
Dort gibt es innerhalb sich selbst organisierender Teams den Daily Scrum. Bei dieser Stehkonferenz trifft sich das Team zu Beginn eines jeden Arbeitstages zu einem maximal viertelstündigen Meeting. Es findet bevorzugt im Stehen statt. Das soll die Konzentration auf die wesentlichen Aspekte fördern. Jedes Teammitglied erläutert kurz seinen Stand der Dinge:
- Was wurde seit dem letzten Meeting erledigt?
- Was wird bis zum nächsten Meeting geplant?
- Welche Hindernisse/Probleme behindern das Vorankommen?
Dieses Vorgehen gewährleistet einmal am Tag den Austausch mit allen Teammitgliedern. Die Reflexion und die Selbstorganisation des Teams werden so maßgeblich gefördert. Nur bei Problemen, die sich nicht innerhalb dieser Zeitvorgabe lösen lassen, zieht das Team den Scrum Master hinzu. Hier liegt der Charme für Manager: Wer eine eher flache Hierarchie fördern möchte, kann so zu enormer Zeitersparnis gelangen. Ob eine Stehkonferenz nun unbedingt morgens stattfinden muss, wenn alle Teilnehmer noch die meiste Energie haben, kann überlegt werden.
Vorteile des kurzen Meetings
Vor allem Unternehmen aus der Softwareentwicklung wie Atlassian haben ein Faible für Stehkonferenzen, denn sie arbeiten bevorzugt mit der Scrum-Methode. Zufälligerweise ergab eine Auswertung einer von ihnen geführten Zeitmanagement-Studie, wie ineffizient viele Meetings sind. Da passt es gut, dass viele andere Studien zu dem Ergebnis kommen, dass das dauerhafte Sitzen im Büro in vielerlei Hinsicht schädlich für die Gesundheit ist: Für den Rücken, fürs Herz und den ganzen Bewegungsapparat sowieso. Dann kann man auch das Sitzen in Konferenzen abschaffen und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.
Stehen hat nicht nur Fans
Dabei greift die Formel „Stehkonferenz gleich dynamisch gleich fokussiert gleich produktiv“ etwas zu kurz. Eine Studie der Sportmedizinerin Louise Mansfield und des Psychologen Benjamin Gardner beobachtete Probanden bei Besprechungen im Stehen. Und die Ergebnisse fallen längst nicht uneingeschränkt positiv aus:
- Stehen macht eine Person sichtbarer. Nicht jeder möchte im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, manche Personen fürchten so, falsche Signale auszusenden.
- Vielen ist das längere Stehen nach einer Weile unangenehm. Im Gegensatz zu dem bisher propagiertem Rückschluss, dass dieses Gefühl sich automatisch in Produktivität ummünzen lässt, erfuhren die Wissenschaftler in den anschließend geführten Interviews, dass die Teilnehmer durch das lange Stehen vor allem Probleme hatten, sich engagiert am Meeting zu beteiligen.
- Die Rollen wirken uneindeutig. Auch unter psychologischen Gesichtspunkten kann die Stehkonferenz ungünstig sein: Üblicherweise wird demjenigen eine stehende Position zugestanden, der das Meeting leitet. Nun galt diese Haltung für alle Teilnehmer. Das führte dazu, dass viele sich fühlten, als ob sie sich eine Rolle anmaßen würden, die ihnen nicht zusteht.
7 Tipps für eine gelungene Stehkonferenz
Wie kann eine Lösung aussehen? Im Prinzip ganz einfach: Extreme sind nie gut. Wenn fortan Stehkonferenzen die Option auf einen Sitzplatz einräumen – vielleicht auch themenabhängig – dann ist das bereits ein Ansatz. Eine weitere Möglichkeit ist anzusprechen, aus welchen Gründen es für notwendig erachtet wird, eine Stehkonferenz zu halten. Aber damit die Stehkonferenz zur Zufriedenheit aller ausfällt, bedarf es mehrerer Aspekte als nur die Position der Teilnehmer zu berücksichtigen:
Timeboxing
Beim Timeboxing werden feste Zeitfenster (Timebox) für verschiedene Aufgaben eingerichtet. Eine Möglichkeit wäre, so eine feste Timebox für die Stehkonferenz zu nutzen. Dabei macht sich diese Methode das Parkinsonsche Gesetz zunutze, heißt: Sie brauchen genau so lange, wie Ihnen Zeit zur Verfügung steht.
Pünktlichkeit
Eine Voraussetzung dafür, dass eine Stehkonferenz funktioniert, sind feste Zeiten. Das bedeutet, pünktlich zu beginnen – ganz gleich, ob alle anwesend sind oder nicht. Das verschafft den nötigen Druck, damit auch diejenigen zukünftig pünktlich erscheinen, die sonst eher zu spät sind.
Agenda
Eine gute Vorbereitung beinhaltet eine Agenda, der die Teilnehmer den Inhalt der Stehkonferenz entnehmen können. Das zeigt, dass hinter diesem Treffen Gedanken zur Organisation und zum Inhalt stecken. Die Teilnehmer können wichtige Punkte auf einen Blick erkennen und sich bereits inhaltlich damit auseinandersetzen.
Regeln
Es erleichtert den Umgang miteinander ungemein, wenn für alle Teilnehmer die gleichen Regeln gelten – ohne Ausnahme. Solche können beispielsweise das pünktliche Erscheinen und das Weglassen von Smartphones umfassen. Zu einer guten Gesprächskultur gehört außerdem, dass jeder ausreden darf, ohne unterbrochen zu werden. Es darf diskutiert, aber nicht gestritten werden.
Vorbereitung
Alle Teilnehmer bereiten sich auf das Thema vor. Das reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass der Diskussionsleiter oder einzelne Teammitglieder Selbstverständlichkeiten erklären müssen. So etwas wirbelt nur die Tagesordnungspunkte der ohnehin knapp kalkulierten Zeit durcheinander.
Moderation
Es gibt einen Moderator, der darauf achtet, dass die Teilnehmer thematisch über die jeweilige Sache diskutieren und keine Nebenschauplätze aufmachen. Das stellt sicher, dass die vorgegebene Zeit und die gesteckten Ziele wirklich erreicht werden. Diese Funktion kann bei eingespielten Teams wegfallen.
Teilnehmerzahl
Je größer die Stehkonferenz von der Teilnehmerzahl ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, im Chaos zu versinken. Gerade bei größeren Meetings fällt nicht auf, wenn einzelne Teilnehmer nichts sagen – und stattdessen immer dieselben Gestalten. Mit der Zwei-Pizza-Regel haben Sie die richtige Größe.
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